Friedrich Frank, Bernhard Isenring, Patrick Götze, Stefan Wehrenberg

Länderbericht Schweiz- Aktuelles Wirtschaftsstrafrecht

I. Einleitung

Der Begriff des Wirtschaftsstrafrechts und die Vorstellung davon, was hierunter zu verstehen ist, ist in der Schweiz nicht weniger umstritten als im sog. „großen Kanton“, also in Deutschland. Man könnte sogar sagen, dass die Diskussionen, bedingt durch die teilweise großen kantonalen Unterschiede, noch viel weiter gehen. So gibt es eine „Zürcher Definition“, eine „Basler Definition“, eine „Berner Definition“, eine „Zuger Definition“ und eine „Freiburger Definition“ davon, was unter dem eingangs genannten Begriff zu verstehen ist.[1] Und das sind nur die Definitionen einiger deutschsprachiger Kantone. In der französischsprachigen Schweiz, also etwa in Genf oder Lausanne, und im italienischsprachigen Tessin stellt sich die Situation noch einmal anders dar.

Ein gemeinsamer Zugang findet sich aber zumindest darin, dass das „materielle schweizerische Wirtschaftsstrafrecht“ seit jeher in Bundesgesetzen – allen voran dem Schweizerischen Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (im Folgenden: ch-StGB) – verankert ist, welche in allen Kantonen Geltung beanspruchen. In prozessualer Hinsicht sah dies anders aus. So war das in der Schweiz geltende Strafprozessrecht in 29 – in Worten: neunundzwanzig – Prozessordnungen verankert; neben den 26 Prozessordnungen der jeweiligen Kantone gab es noch eine Bundesstrafprozessordnung, eine Militärstrafprozessordnung sowie das Verfahrensrecht des Verwaltungsstrafrechts. Mit Inkrafttreten der eidgenössischen Strafprozessordnung zum 1. Januar 2011 gibt es nunmehr ein einheitliches Prozessrecht, welches für sämtliche Kantone gilt. Dies stellt für sämtliche Rechtsanwender eine erhebliche Erleichterung dar und ist zu Recht als „großer Wurf“ bezeichnet worden.

Im Folgenden werden nun materiell-rechtliche und prozessuale[2] Neuerungen im schweizerischen Wirtschaftsstrafrecht dargestellt. Da in der jüngsten Vergangenheit nur wenige wirtschaftsstrafrechtlich relevante Entscheidungen ergingen, umfasst der Berichtszeitraum deswegen auch gleich zwei Jahre, nämlich die Jahre 2010 und 2011.[3]

II. Neue wirtschaftsstrafrechtliche Gesetzesvorhaben

1) Kartellstrafrecht

Das derzeit geltende Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen[4] – kurz: Kartellgesetz (KG) – entstammt dem Jahr 1995; die darin vorgesehene Sanktionierung richtet sich nach den Art. 49a ff. KG vornehmlich gegen Unternehmen, nicht aber gegen natürliche Personen, und wird im Rahmen eines reinen Verwaltungsverfahrens ausgefällt.[5] In der seit der Gesetzesschaffung vergangenen Zeit wurde es nur einmal, Anfang des neuen Jahrtausends, einer größeren Revision unterzogen, welche am 1. April 2004 in Kraft trat. Als wesentliche Änderungen wurden dabei zum einen sog. direkte Sanktionsmöglichkeiten geschaffen, zum anderen wurden auch vertikale Wettbewerbsabreden unter Strafe gestellt. Betroffen war dabei aber stets nur das Unternehmen selbst. In Hinblick auf die Entwicklungen im europäischen Kartellrecht und vor dem Hintergrund der Präventivwirkung wird dies für einen umfassenden Schutz des Wettbewerbs allerdings als noch nicht ausreichend angesehen.

Die parlamentarische Motion – ein Gesetzesvorschlag – des Ständerates Schweiger vom 20. Dezember 2007 „Ausgewogeneres und wirksameres Sanktionssystem für das Schweizer Kartellrecht“ sieht deswegen vor, dass auch natürliche Personen im Falle ihrer aktiven Beteiligung an einer Kartellabsprache sanktioniert werden können. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, dass Unternehmen, welche ein den hohen Anforderungen genügendes Compliance-Programm zur Beachtung der kartellgesetzlichen Regelungen betreiben, mit reduzierten bzw. beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen mit keiner Verwaltungssanktion belegt werden können.

Aufgrund der vorgenannten Motion hat der Bundesrat am 30. Mai 2010 eine zweite Vernehmlassung zur Änderung des Kartellgesetzes eröffnet.[6] Der erläuternde Bericht des Bundesrates zur Umsetzung der Motion Schweiger enthält zwei Varianten.[7] Die eine sieht lediglich sog. Verwaltungssanktionen gegen natürliche Personen vor (Variante A), die andere echte Kriminalstrafen (Variante B). Die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen bestehen aus einer zeitlich begrenzten Untersagung der beruflichen Tätigkeit bei der an der Kartellabrede beteiligten Firma. Die zweite Umsetzungsvariante sieht für natürliche Personen im Fall ihrer Mitwirkung an Kartellabsprachen mit Wettbewerbern strafrechtliche Sanktionen vor. Beide Varianten wurden von zwei Prämissen geleitet, die aus den parlamentarischen Debatten zur Motion hervorgegangen sind: Einerseits soll die Verfolgung von Unternehmen auch nach Einführung von Sanktionen gegen natürliche Personen das primäre Anliegen bleiben. Andererseits sollen die Durchsetzungsinstrumente des Kartellrechts durch die Einführung von Strafsanktionen gegen natürliche Personen nicht geschwächt werden. Vielmehr sollen die bisherigen Instrumente, etwa die sog. Bonusregelung, die dem beteiligten Anzeiger Straffreiheit zusichert, nach Möglichkeit ergänzt und die (Präventiv-)Wirkung des Gesetzes dadurch gestärkt werden. Wie das heute geltende Kartellrecht zeigt, lehnte der Bundesrat seit jeher die Sanktionierung natürlicher Personen ab. Folgerichtig spricht er sich deswegen gegen beide Umsetzungsvarianten aus. Soweit der zweite Teil der Motion Schweiger trotzdem umgesetzt werden sollte, bevorzugt der Bundesrat aus verschiedenen Gründen die Variante A.

Mit Schreiben vom 20. März 2011 hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) die Vernehmlassungsvorlage mit Bitte um Stellungnahme den Kantonen und weiteren interessierten Kreisen unterbreitet.[8] Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (WEKO), welche für die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Unternehmen zuständig ist, steht insbesondere einer Sanktionierung natürlicher Personen kritisch gegenüber und begründet dies damit, dass das Hauptaugenmerk nach wie vor auf die Verfolgung von Unternehmen gerichtet sein sollte, was durch die neue Sanktionsform erheblich verkompliziert und verlangsamt werde. Die für diese vorgesehenen Kriminalstrafen könnten in einem reinen Verwaltungsverfahren gar nicht durchgesetzt werden.[9] Dieser Kritik ist durchaus zuzustimmen; allerdings könnte man sie auch gegenüber dem geltenden Kartellstrafrecht vorbringen. So handle es sich bei den in Art. 49a ff. KG angedrohten Verwaltungssanktionen um einen bloßen „Etikettenschwindel“, da sie im Hinblick auf ihre repressive Funktion und ihre Höhe[10] nach herrschender Meinung Rechtsfolgen strafrechtlicher Natur darstellten.[11] Gleiches gilt wohl vorherrschend für Art. 50, 51 u. 52 KG.[12] Vor diesem Hintergrund wäre auch das derzeit geltende Verfahren nach strafprozessualen Grundsätzen auszugestalten.

All dies bestätigte den Bundesrat in seiner bisherigen Haltung. Im Rahmen der Bundesratssitzung vom 16. November 2011 wurde deswegen beschlossen, dass keine Strafsanktionen gegen natürliche Personen in das Kartellgesetz aufgenommen werden. Ansonsten will der Bundesrat das Kartellrecht aber verschärfen; Unternehmen können also nach wie vor in einem reinen Verwaltungsverfahren – mithin ohne Einhaltung strafprozessualer Grundsätze wie etwa dem Aussageverweigerungsrecht – gebüßt werden. Es bleibt diesbezüglich also beim bisher betriebenen „Etikettenschwindel“. Gleichwohl will der Bundesrat Sanktionsminderungen zugunsten der betroffenen Unternehmen zulassen, wenn „eine Unternehmung darlegen kann, dass sie ein wirksames Programm zur Verhinderung kartellrechtlicher Verstöße implementiert hat.“[13] Damit wird zumindest einer Forderung der Motion Schweiger Rechnung getragen. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) beauftragt, bis Anfang 2012 eine Botschaft zur Kartellrechtsreform auszuarbeiten. Man wird sehen, was hier weiter geschieht.

2) Börsendelikte

Während in Bezug auf das Kartellstrafrecht wie gesehen noch zahlreiche Punkte ungeklärt bzw. als problematisch zu erachten sind, ist die Änderung des Börsenstrafrechts bereits konkreter und weiter fortgeschritten. Das Börsenstrafrecht – welches derzeit vor allem im ch-StGB in den Art. 161 (Insiderhandel) und Art. 161bis (Kursmanipulation) geregelt ist[14] – soll zum Schutz der einzelnen Marktteilnehmer wie auch zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes einer Revision unterzogen und ins Börsengesetz überführt werden. Der Bundesrat hat in diesem Zusammenhang am 31. August 2011 die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (SR 954.1; Börsengesetz, BEHG) verabschiedet.[15]

Grund für die vorgesehene Revision des Börsenstrafrechts bildet dabei unter anderem der Umstand, dass dem Bundesrat die bisherigen Bestimmungen zur Bekämpfung von missbräuchlichen Verhaltensweisen teils unzureichend erscheinen.[16] Er schließt dies daraus, dass es seit dem Inkrafttreten von Art. 161 ch-StGB vor über 20 Jahren erst einige wenige Verurteilungen gegeben hat. Die Bestimmung wird dementsprechend als „zahnloser Papiertiger“ bezeichnet.[17] Zudem waren Untersuchungen in den letzten Jahren in mehreren Fällen trotz dringenden Tatverdachts ins Stocken geraten.[18]

Als Reaktion hierauf werden im Rahmen der vorgesehenen Revision die bisher im Schweizerischen Strafgesetzbuch geregelten Tatbestände in das Börsengesetz überführt (vgl. Art. 40 E-BEHG sowie Art. 40a E-BEHG). Die Zuständigkeit zur strafrechtlichen Verfolgung und Beurteilung der erwähnten Tatbestände wird sodann von den kantonalen Behörden an die Bundesanwaltschaft und das Bundesstrafgericht übertragen, um Doppelspurigkeiten und Ineffizienzen zu vermeiden.[19] Zudem werden die soeben erwähnten Straftatbestände neu aufsichtsrechtlich – wie nachstehend zu erläutern sein wird – für sämtliche Marktteilnehmer verboten. In Erfüllung der Empfehlung der Groupe d’action financière (GAFI), sowie um die Unterzeichnung des Übereinkommens des Europarates vom 16. Mai 2005[20] zu ermöglichen, wird schließlich die Ausgestaltung der qualifizierten Straftatbestände des Insiderhandels und der Kursmanipulation als Verbrechen vorgeschlagen. Diese würden sodann als Vortaten zur Geldwäscherei gelten.[21]

Im Folgenden wird auf die wesentlichen und problematischen Aspekte des geltenden Rechts im Zusammenhang mit dem Tatbestand des Insiderhandels sowie der Kursmanipulation näher eingegangen, um sodann die im Rahmen der Revision vorgesehenen Änderungsvorschläge genauer darzulegen.

a) Insiderhandel

Der Tatbestand des Insiderhandels gemäß Art. ch-161 StGB fasst den Täterkreis im Vergleich zum europäischen Recht sehr eng, indem er ihn auf bestimmte erwähnte Personen – mithin solche mit einer Sondereigenschaft – beschränkt.[22] Aus Sicht des Bundesrates vermag die enge Umschreibung des Täterkreises die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes sowie die Chancengleichheit der Anlegerinnen und Anleger nicht hinreichend zu schützen und steht zudem im Widerspruch mit dem Recht der meisten EU-Mitgliedstaaten. Denn dieses betrachtet alle Personen als Insider, die über Insiderinformationen verfügen. Vor diesem Hintergrund wird der Täterkreis im Rahmen der Revision des Börsengesetzes insofern ausgedehnt, als jede natürliche Person als Täter in Frage kommt, die über solche Insiderinformationen verfügt. Die neue, in das Börsengesetz überführte Bestimmung, soll die Schwere der Straftat davon abhängig machen, aus welchem Grund eine Person Kenntnis von einer Insiderinformation hat.

Zudem wird die Beschreibung des Tatobjektes als zu unpräzise und teilweise überholt qualifiziert. Als Tatobjekt kommen gemäß heutigem Recht vertrauliche „Tatsachen“ in Frage, deren Bekanntwerden den Kurs erheblich beeinflussen. Der Begriff der „Tatsache“ soll zur Präzisierung durch den Begriff „Information“ ersetzt werden, womit die schweizerische Terminologie derjenigen der Europäischen Union angeglichen wird. [23]

Schließlich erfolgt mit der Revision eine Präzisierung des Beschriebs der vorausgesetzten Tathandlung. Neu sollen auch Transaktionen mit nicht standardisierten OTC-Produkten erfasst werden, sofern diese von Effekten abhängen, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Transaktion auf dem geregelten Markt oder außerhalb desselben getätigt wird.[24]

b) Kursmanipulation

Wie bereits erwähnt soll auch der bisherige Tatbestand der Kursmanipulation gemäß Art. 161bis ch-StGB in das Börsengesetz überführt werden. Er soll weitestgehend beibehalten werden. Allerdings wird dabei auf das Merkmal der Unrechtmäßigkeit des Vermögensvorteils verzichtet, was die Tatverfolgung in subjektiver Hinsicht erleichtern soll. Ferner wird in der revidierten Fassung verdeutlicht, dass nebst der Verbreitung von irreführenden Informationen auch die Verbreitung von falschen Informationen verboten ist. Wie auch beim Straftatbestand des Insiderhandels wird sodann neu auch bei der Kursmanipulation nicht mehr von börslich gehandelten Effekten gesprochen, sondern von Effekten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind. [25]

In Übereinstimmung mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU, welche die Ahndung der Vornahme von echten Transaktionen mit manipulatorischem Charakter „lediglich“ auf Stufe des Verwaltungsrechts ahnden, wird im Rahmen der vorliegenden Revision darauf verzichtet, den strafrechtlichen Tatbestand der Kursmanipulation auf echte Transaktionen mit manipulatorischem Charakter auszudehnen. Vielmehr wird der Schutz des Finanzmarktes und der Anlegerinnen und Anleger – wie den nachstehenden Erläuterungen entnommen werden kann – durch das vorgesehene aufsichtsrechtliche Verbot für sämtliche Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer Rechnung getragen.[26]

Schließlich wird ein qualifizierter Tatbestand in Art. 40a Abs. 2 E-BEHG eingeführt, welchen der Täter erfüllt, wenn er einen Vermögensvorteil von mehr als CHF 1’000’000 erzielt. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird dieser Betrag nun ins Gesetz aufgenommen.[27]

c) Strafrechtliche Sanktionen bei Verletzung der Angebotspflicht

Im Gegensatz zur Verletzung der Meldepflicht bezüglich qualifizierter Beteiligungen an einer Gesellschaft gemäß Art. 41 BEHG zieht die Verletzung der Angebotspflicht gemäß den heutigen Bestimmungen keine strafrechtlichen Sanktionen nach sich. Dies erweist sich nach Ansicht des Bundesrats nicht als sachgerecht, zumal die Verletzung der Angebotspflicht für Minderheitsaktionäre schwerwiegende Folgen haben kann, wenn ihnen nach erfolgter Kontrollübernahme keine Ausstiegmöglichkeit offeriert wird. Zur Verbesserung der Durchsetzbarkeit der Angebotspflicht soll mit Art. 41a E-BEHG deswegen eine Strafbestimmung geschaffen werden, die eine Buße bis zu CHF 10’000’000 vorsieht, wenn vorsätzlich einer rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots keine Folge geleistet wird.[28] Die Höhe der Buße orientiert sich an derjenigen bei Verletzung der Pflicht zur Offenlegung von Beteiligungen (vgl. dazu Art. 41 E-BEHG).[29]

d) Aufsichtsrechtliches Verbot von Insiderhandel und Marktmanipulation

Zum Schutz des Finanzmarktes wie auch zur Lückenfüllung im Vergleich zum europäischen Recht, werden Insiderhandel und Marktmissbrauch im Rahmen des Aufsichtsrechts für sämtliche Marktteilnehmer verboten (vgl. dazu Art. 33e ff. E-BEHG). Das vorgesehene Verbot umfasst sodann – im Unterschied zum Straftatbestand der Kursmanipulation – nebst Scheingeschäften auch sämtliche echte Transaktionen mit manipulatorischem Charakter.

Das Aufsichtsrecht zielt in erster Linie auf den Gläubigerschutz sowie auf den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte ab. Der strafrechtliche Vergeltungsgedanke spielt mithin nur eine untergeordnete Rolle, weshalb das aufsichtsrechtliche Verbot keinen Vermögensvorteil, keine Bereicherungsabsicht und auch kein subjektives Verschulden voraussetzt.[30]

3) Deutsch-schweizerische Steuerabkommen

Die Schweiz hat mit Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009 ihre Politik der internationalen Amtshilfe in Steuersachen an den international geltenden Standard von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens angepasst.[31] Dies stellt einen radikalen Kurswechsel dar, insbesondere in Hinblick auf das Bankgeheimnis, welches in Art. 47 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über Banken und Sparkassen (kurz: BankG) verankert ist. Das dahingehend revidierte Doppelbesteuerungsankommen mit Deutschland wurde am 27. Oktober 2010 unterzeichnet.[32] Am 21. Dezember 2011 ist es in Kraft getreten.[33] Die Bestimmungen des Abkommens finden hinsichtlich des Informationsaustausches ab dem 1. Januar 2011 und für die restlichen Bestimmungen ab dem 1. Januar 2012 Anwendung.

In der Zwischenzeit, am 21. September 2011, haben die beiden Finanzminister der Schweiz und Deutschlands das „Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt“[34], das weitere Fragen klären soll, unterzeichnet.[35] Die zentralen Neuerungen dieses Abkommens sind zum einen die Möglichkeit einer Nachversteuerung von Vermögenswerten bei einer schweizerischen Zahlstelle von in Deutschland ansässigen Personen, zum anderen die Möglichkeit zur zukünftigen Besteuerung der vorgenannten Personen auf Erträge und Gewinne aus Vermögenswerten bei schweizerischen Zahlstellen („Abgeltungssteuer“). Für die Aufnahme von neuen Kundenbeziehungen mit Schweizer Banken gelten spezielle Regeln. Sowohl die deutschen Kunden als auch deren Schweizer Banken werden in Zukunft gegenüber den deutschen Behörden auskunftspflichtig sein.

Daneben hat das Abkommen aber auch strafprozessual relevante Konsequenzen:[36]

Gemäß Art. 7 des Abkommens können deutsche Vermögenswerte in der Schweiz durch Einmalzahlung versteuert werden. Die Schweizer Banken erheben auf Anweisung der betroffenen Person fünf Monate nach Inkrafttreten des Ankommens eine solche Einmalzahlung auf den verbuchten Vermögenswerten und leiten den zuständigen Behörden in der Schweiz den entsprechenden Betrag weiter. Diese transferieren dann die Gelder nach Deutschland. Der betroffene Bankkunde erhält von der Schweizer Bank eine Bescheinigung, dass dieser Vorgang stattgefunden hat; gegenüber den deutschen Behörden bleibt er anonym. Der abzuliefernde Betrag errechnet sich nach einer Formel, welche in Anhang I des Abkommens aufgeführt ist. Der Steuersatz dieser Abgeltungssteuer beträgt maximal 34%. Mit dieser Bezahlung der Abgeltungssteuer können Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die unversteuertes Geld auf einem schweizerischen Bankkonto haben, neben einer Steuerpflicht auch einer Strafbarkeit entgehen. Art. 8 des Abkommens hält dazu folgendes fest: „Soweit Steueransprüche durch Einmalzahlung nach Artikel 7 erloschen sind, findet keine Verfolgung von Steuerstraftaten nach Paragraph 369 AO oder Steuerordnungswidrigkeiten nach Paragraph 377 AO statt.

Der deutsche „Steuersünder“ hat noch eine zweite Möglichkeit, einer künftigen Strafverfolgung durch die deutschen Behörden zu entgehen. Gem. Art. 9 des Ankommens kann er seine Schweizer Bank ermächtigen, Meldung an die zuständige deutsche (Steuer-)Behörde zu erstatten. Die Bank übermittelt dann alle relevanten Daten an die zuständigen deutschen Behörden. Dazu gehören die Angaben über die Vermögenswerte aber auch die Identität des Kontoinhabers.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) erklärt diese Lösungen folgendermaßen: „Für die Vergangenheit wurde eine pauschale Lösung gefunden, die deutschen Anlegern mit Kapitalerträgen in der Schweiz einen Weg aus der Steuerflucht eröffnet, der mit gerechter Steuerlast verbunden ist und der in der Gesamtbetrachtung zu einer fairen, materiell vergleichbaren Belastung mit Anlegern führt, die schon bisher steuerehrlich waren. Wer bislang das Erlöschen der Steuer- und Strafansprüche oft durch Verjährung ohne etwas zu bezahlen abwarten konnte, muss nun seinen steuerlichen Pflichten nachkommen.[37]

Neben den beiden im Abkommen erwähnten Legalisierungsmöglichkeiten soll der deutsche Bankkunde mit schweizerischem Bankkonto auch weiter Selbstanzeige bei der zuständigen Steuerbehörde in Deutschland erstatten können. Dabei ist aber zu beachten, dass die im Abkommen vorgesehenen Möglichkeiten zwar vor einer Bestrafung, nicht aber – und anders als ein Selbstanzeigeverfahren – vor strafrechtlichen Ermittlungen wegen des bereits legalisierten schweizerischen Depots schützen. Denn sie erfolgen anonym, so dass nicht im Vorhinein feststeht, dass der vermeintliche Täter sein schweizerisches Bankdepot bereits legalisiert hat.

Ein automatischer Informationsaustausch in Sachen Bankkundendaten ist im Abkommen nicht vorgesehen. Gleichwohl besteht zwischen beiden Seiten Einverständnis darüber, „dass das vereinbarte System in seiner Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommt“.[38] Ebenso wenig findet man im Abkommen eine Bestimmung zu den sog. „fishing expeditions“, eine Form der Amtshilfe, die ohne konkrete Anhaltspunkte stattfindet. Diese wird mit Sicherheit auch in Zukunft nicht möglich sein – denn eine verdachtsunabhängige Beweisausforschung ist sowohl nach der schweizerischen Amtshilfepraxis als auch nach geltendem Strafprozessrecht nicht zulässig.[39]

Zuletzt sei in Hinblick auf die in Deutschland und der Schweiz intensiv diskutierte Problematik des „Datenklau mittels Steuer-CDs“[40] auf folgenden Passus am Schluss des Abkommens hingewiesen: „Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, dass sich die deutschen Finanzbehörden nicht aktiv um den Erwerb von bei Banken in der Schweiz entwendeten Kundendaten bemühen werden.“ Auch wenn damit dem „Datenklau“ für die Zukunft ein Riegel vorgeschoben zu sein scheint, schließt Thebrath aus dieser Formulierung, dass sich Deutschland hiermit eine Türe offen halten wollte; werden nämlich Steuer-CDs angeboten, so können diese weiterhin angekauft werden, da dies keine „aktive“ Bemühung darstelle.[41] Gleichwohl ist zu bedenken, dass solche Datenträger nach Inkrafttreten des Steuerabkommens keine derart hohen Preise mehr erzielen werden und die strafrechtlichen Konsequenzen[42] potentielle „Datendiebe“ wahrscheinlich abschrecken.

Das Abkommen bedarf der Genehmigung durch die Parlamente beider Staaten und soll Anfang 2013 in Kraft treten. Die größten Hürden auf deutscher Seite sind einerseits die Konformität mit dem EU-Recht und andererseits der innenpolitische Widerstand. In der Schweiz ist das Abkommen zwar nicht ganz unumstritten, es hat aber gute Chance ohne Nachbesserungen vor dem Parlament und allenfalls auch vor dem Volk zu bestehen.

4) Parlamentarische Vorstöße zur Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts

In Hinblick auf das Wirtschaftsstrafrecht gibt es immer wieder parlamentarische Vorstöße, welche von einschneidender Bedeutung sein können. Aktuell betrifft dies einerseits die Verjährungsfristen andererseits den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 ch-StGB[43]), der in Deutschland der Untreue – § 266 d-StGB – entspricht.

a) Verlängerung des Verjährungsfristen

Gemäß den Motionen von Nationalrat Jositsch[44]– ordentlicher Professor für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Zürich – und von Ständerat Janiak[45] soll bei „schwerwiegenden Vergehen“ die derzeit bestehende Verjährungsfrist[46] von sieben auf zehn Jahre verlängert werden. Dies deswegen, weil die geltenden Verjährungsfristen für große Fälle von Wirtschaftsdelikten, zu welchen etwa die ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 ch-StGB) und die Geldwäscherei (Art. 305bis ch-StGB) gezählt werden, zu kurz bemessen seien, so dass die Strafverfolgungsbehörden immer wieder auf eine Strafverfolgung verzichten oder unter extremer Zeitnot arbeiten müssten. So hätten sich die Verjährungsfristen insbesondere in den Fällen «Oil for Food»[47] und «Swissair»[48] als problematisch erwiesen. Im Fall «Oil for Food» konnte wegen bereits eingetretener Verjährung gegen verschiedene Unternehmen überhaupt erst gar kein Strafverfahren durchgeführt werden. Und im Fall Swissair musste innerhalb von sieben Jahren ein rechtskräftiges Urteil ergehen, weil sonst die Hälfte der angezeigten Delikte verjährt gewesen wäre.

Der Bundesrat hat am 12. Oktober 2011 eine entsprechende Gesetzesrevision in die Vernehmlassung geschickt.[49] Da es für den Begriffs des „Wirtschaftsdelikts“ keine einheitliche Definition gebe und um die Einheitlichkeit des Verjährungsrechts zu gewährleisten, schlägt der Bundesrat vor, die Verjährungsfristen für ausgewählte Vergehenstatbestände zu verlängern: die Verjährungsfrist für schwerwiegende Vergehen, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht sind, soll von sieben auf zehn Jahre verlängert werden. Für leichte und mittelschwere Vergehen wie Verletzungen des Urheber- oder Markenrechts soll hingegen die Verjährungsfrist bei sieben Jahren belassen werden. Diese Abstufung trägt der unterschiedlichen Schwere der Vergehen angemessen Rechnung. Die Verlängerung der Verjährungsfrist fußt auf dem Gedanken, dass Wirtschaftsdelikte meist nicht unmittelbar nach deren Begehung bekannt werden und daher oft nur Jahre später – z.B. nach dem Zusammenbruch eines betrügerischen Unternehmenskonstrukts – angezeigt werden können. Zudem sind Wirtschaftsstrafverfahren in der Regel zeitintensiv. Andererseits nimmt bei längeren Verjährungsfristen das Risiko zu, dass die Beweiserhebung zunehmend schwieriger wird und mangels Beweisen die Strafverfolgungsbehörden das Verfahren einstellen bzw. die Gerichte Freisprüche fällen müssen.

Die für Verbrechen geltende Verjährungsfrist von 15 Jahren will der Bundesrat dagegen nicht verlängern. Es seien keine Fälle von Wirtschaftskriminalität bekannt, wo sich diese Frist als zu knapp oder als unzureichend erwiesen hätte.

b) Herabsetzung der subjektiven Anforderungen an Art. 158 ch-StGB

Der vorerwähnte Nationalrat Jositsch reichte am 17. Dezember 2008 eine sog. parlamentarische Initiative ein, in welcher er forderte, dass der Straftatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung, Art. 158 ch-StGB, in der Weise abgeändert werden solle, dass er auch bei lediglich grob fahrlässiger Begehung erfüllt sein könne.[50] An der derzeit geltenden Gesetzesfassung bemängelt er, dass Fälle von gravierendem wirtschaftlichen Versagen – als Beispiele werden das sog. „Grounding“ der Swissair und die Krise der schweizerischen Bank UBS einschliesslich der exzessiven Bonuszahlungen vorgebracht – auf strafrechtlicher Ebene nicht erfasst werden könnten.[51] Den Grund für diese „Strafbarkeitslücken“ sieht Jositsch insbesondere im Tatbestand des Art. 158 ch-StGB (Treuebruchstatbestand), welcher in derartigen Fällen (mangels anderer Normen) eigentlich eingreifen sollte, was aufgrund der hohen Anforderungen, die an dessen subjektive Seite gestellt würden (nämlich Vorsatz sowie die Absicht unrechtmäßiger Bereicherung durch den vermögensbetreuungspflichtigen Täter), aber nicht gelänge.[52]

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beschloss indes, dieser Initiative keine Folge zu leisten und am Vorsatzerfordernis festzuhalten.[53] Diese Entscheidung steht in Einklang mit der wohl herrschenden Meinung in der schweizerischen Strafrechtswissenschaft, nach welcher eine Herabsetzung der subjektiven Voraussetzungen des ohnehin schon zu unbestimmten und durch vorhergehende Gesetzesänderungen in materiell-rechtlicher Hinsicht stark ausgeweiteten Art. 158 ch-StGB[54] die Problematik auf die subjektive Ebene ausweitet. Ausreichend seien vielmehr Sanktionen auf zivilrechtlicher Ebene. [55]

III. Neues aus der wirtschaftsstrafrechtlichen Rechtsprechung

1) Geldwäscherei durch Unterlassung

Die Bekämpfung der Geldwäscherei[56] hat in der Schweiz eine lange Tradition. Es überrascht deswegen umso mehr, dass das schweizerische Bundesgericht in seinem Urteil vom 3. November 2010[57] erstmals die Frage zu prüfen hatte, ob Geldwäscherei (Art. 305bis ch-StGB) auch durch Unterlassen (Art. 11 ch-StGB) begangen werden kann. Das Gericht hat diese Frage bejaht, nachdem sich die Lehre zuvor uneins gewesen war.[58]

a) Sachverhalt

Drei Steuerbeamte des brasilianischen Bundesstaates Rio de Janeiro überwiesen Bestechungsgelder, welche sie von Unternehmen im Rahmen von Steuerprüfungsverfahren erhalten hatten, von Konten ihrer brasilianischen Bank auf Konten, welche sie bei einer schweizerischen Bank in Zürich führten. Der Beschwerdeführer (vor dem Bundesgericht) war zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Ausschusses der Direktion der Niederlassung dieser Bank in Zürich. Er wurde im Mai 2000 auf Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den Konten der Steuerbeamten hingewiesen. Drei Monate später beauftragte der Compliance-Ausschuss der Bank den Beschwerdeführer damit, die Verdachtsgründe vor Ort zu überprüfen und dem Ausschuss über die dabei getroffenen Erkenntnisse zu berichten. Die verfügbaren Informationen ließen bereits zu diesem Zeitpunkt eine mögliche deliktische Herkunft der Vermögenswerte vermuten. In den folgenden Sitzungen des Direktionsausschusses wurde das Thema nicht behandelt, im März 2001 wurde lediglich festgestellt, dass noch keine zusätzlichen Informationen über den einen Steuerbeamten eingegangen waren. Deshalb sollte der Fall der Generaldirektion zum Entscheid unterbreitet werden, ob eine Verdachtsmeldung an die Meldestelle für Geldwäscherei zu erstatten sei, was jedoch nie geschah. Der Fall flog erst auf, als die Bank im Juni 2002 von einer anderen Bank übernommen wurde.

b) Urteil

Das Bundesstrafgericht verurteilte den Bankdirektor am 18. Mai 2009 wegen Geldwäscherei zu einer bedingten Freiheitsstrafe und einer unbedingten Geldstrafe.

Das Bundesgericht bestätigte dieses Urteil am 3. November 2010. In seinen Erwägungen hielt es fest, dass der Beschwerdeführer seine Aufgaben nicht erfüllt habe, zu denen er rechtlich eigentlich verpflichtet gewesen wäre. Aufgrund der bekannten Tatsachen hätte der Bankdirektor annehmen müssen, dass die Gelder womöglich deliktischer Herkunft waren. Dabei sah das Bundesgericht die zur Begründung der Garantenstellung relevante Handlungspflicht in erster Linie in den Sorgfalts- und Meldepflichten des Geldwäschereigesetzes (GwG) und der Geldwäschereirichtlinien der früheren Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), der heutigen FINMA, verankert. Wer einen begründeten Verdacht habe, sei verpflichtet, die Meldestelle für Geldwäscherei zu informieren. Die Finanzintermediäre seien seit dem Inkrafttreten des GwG also in einer besonderen rechtlichen Lage, die sie unter Umständen zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichte.

c) Bemerkung

Die mangels bundesgerichtlicher Rechtsprechung bestehende Rechtsunsicherheit darüber, ob der Tatbestand der Geldwäscherei durch Unterlassen erfüllt werden kann, gehört von nun an der Vergangenheit an.

2) Veruntreuung des Stiftungsvermögens durch Stiftungsorgane

a) Sachverhalt

Der Beschwerdeführer vor dem Bundesgericht, also der von der Vorinstanz Verurteilte, war jahrelang Stiftungsratspräsident und zumindest faktisch alleiniger Geschäftsführer einer zum Zwecke der beruflichen Altervorsorge errichteten und gemäß Gesetz registrierten Personalvorsorgestiftung. In dieser Funktion hatte er das Stiftungsvermögen entsprechend den Grundsätzen des entsprechenden Gesetzes und den Stiftungsreglementen zu verwalten und möglichst sicher anzulegen. Unter Verletzung der gesetzlichen Vorschriften und der Stiftungsreglemente hat der Beschwerdeführer aus dem Stiftungsvermögen verschiedenen, bonitätsmäßig nicht einwandfreien Schuldnern unzureichend gesicherte Darlehen gewährt, wodurch der Stiftung ein Schaden in Höhe von (mindestens) CHF 13 Mio. zugefügt wurde. Sie musste schließlich liquidiert werden.

b) Urteil

In materiell-rechtlicher Hinsicht hatte sich das Bundesgericht in seiner Entscheidung vom 1. September 2010 (6B_415/2010) aufgrund der vom Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerde insbesondere mit der Frage zu beschäftigen, ob dieser sich durch die vorschriftswidrige Darlehensvergabe der ersten Instanz folgend „lediglich“ wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 ch-StGB oder der zweiten Instanz folgend sogar wegen Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 ch-StGB[59] strafbar gemacht hat.

Gemäß Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 ch-StGB macht sich wegen Veruntreuung strafbar, wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmäßig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet. Die relevante Rechtsfrage im vorliegenden Fall war, ob dem Beschwerdeführer als Präsidenten des Stiftungsrates und alleinigem Geschäftsführer der Stiftung das Stiftungsvermögen i.S.d. Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB anvertraut worden war. Vermögenswerte gelten nach der Rechtsprechung[60] als anvertraut, wenn der Treuhänder ohne Mitwirkung des Treugebers über diese verfügen kann, wobei er hierbei allerdings verpflichtet ist, sie in bestimmter Weise im Interesse des Treugebers zu verwenden, insbesondere sie zu verwahren, zu verwalten oder einem anderen abzuliefern. Der Beschwerdeführer stellte sich auf den Standpunkt, dass er als Organ der Stiftung gehandelt habe und deshalb die Vermögenswerte nicht als anvertraut gelten können. Das Bundesgericht folgte dieser Auffassung mit einem Hinweis auf die spezielle Natur einer Personalvorsorgestiftung nicht. Das höchste Schweizer Gericht bestätigte deshalb die Verurteilung wegen Veruntreuung (sowie anderen Vermögensdelikten wie Betrug) durch die Vorinstanz.

c) Bemerkung

Mit diesem Entscheid bestätigt das Bundesgericht seine bereits im Jahr 2007 vertretene Auffassung (BGE 6P.183/2006 E. 16.2.), nach welcher Stiftungsorganen das Stiftungsvermögen grundsätzlich anvertrautist und daher Gegenstand einer Veruntreuung i.S.d. Art 138 Ziff. 1 Abs. 2 ch-StGB sein kann.[61] Im Gegensatz dazu können Organe privatrechtlicher Körperschaften das Vermögen der hinter ihnen stehenden juristischen Person nicht veruntreuen, sich aber einer ungetreuen Geschäftsbesorgung strafbar machen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass etwa bei Handelsgesellschaften eine auf Gewinn abzielende wirtschaftliche Tätigkeit im Vordergrund stehe und nicht bloß – wie beim Treuhänder – die technische Verwaltung bzw. Werterhaltung der anvertrauten Vermögenswerte.[62]

3) Verurteilung eines Bankmitarbeiters wegen Lieferung von Bankkundendaten an Deutschland

a) Sachverhalt

In der Affäre um die Lieferung von Bankkundendaten auf sog. Steuer-CDs an Deutschland hat das schweizerische Bundesstrafgericht am 15. Dezember 2011 einen ehemaligen Mitarbeiter der Credit Suisse zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.[63] Nach den Feststellungen der schweizerischen Bundesanwaltschaft lag dem folgender Sachverhalt zugrunde: der nun verurteilte Bankmitarbeiter erstellte ab dem Jahre 2007 aus „Zeitvertreib, Leidenschaft sowie historischem Interesse an der Nazizeit“ handschriftliche Notizen von 1’500 bis 25’000 Bankkunden aus Deutschland mit einem Depotwert von CHF 1,8 bis 2 Mrd. Diese bewahrte er in einer Aktentasche auf, welche ihm bei einem Besuch eines Fitnessstudios verloren ging. Diese Tasche geriet in die Hände eines anderen Besuchers des Studios, einem in der Schweiz wohnhaften Österreicher, der später mit den deutschen Steuerbehörden verhandelte und den Verkauf der Daten durchführte. Bevor es hierzu kam, nahm der Österreicher, der sich der der Bedeutung seines Fundes gleich bewusst war, mit dem Bankangestellten Kontakt auf und bot ihm an, ihn für weitere Lieferungen deutscher Bankkunden zu bezahlen, worauf dieser einwilligte. Von den deutschen Behörden erhielt der Österreicher schließlich EUR 2.5 Mio; rund EUR 320’000 hiervon flossen an den Bankangestellten. Aufgrund von Pressemitteilungen eröffnete die Bundesanwaltschaft ein Verfahren gegen Unbekannt und nahm im September 2010 den österreichischen Haupttäter fest. Dieser beging zwei Wochen später in der Untersuchungshaft Suizid. Am 15. September 2010 wurde der nun verurteilte Bankangestellt festgenommen und verbrachte anschließend 155 Tage in Untersuchungshaft.

b) Urteil

Bei diesem ersten Urteil gegen einen „Datendieb“ entschied das Bundesstrafgericht in einem sog. abgekürzten Verfahren[64] über die Anklage der schweizerischen Bundesanwaltschaft und verurteilte den ehemaligen Credit Suisse-Mitarbeiter wegen qualifiziertem wirtschaftlichen Nachrichtendienst (Art. 273 ch-StGB[65]; diese Norm schützt den Staat, indem Spitzeltätigkeiten zwecks Erhaltung der nationalen Wirtschaft abgewehrt werden sollen), Geldwäscherei (Art. 305bis ch-StGB), der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses (Art. 162 ch-StGB[66]) und der Verletzung des Bankgeheimnisses (Art. 47 BankG). Das ausgefällte Strafmaß von zwei Jahren bedingt war dabei nach der Urteilsbegründung „knapp am unteren Ende von dem, was das Gericht noch als angemessen ansieht.“ Das Gericht sah es aber als noch vertretbar an, da der Bankmitarbeiter nicht der Drahtzieher der Affäre gewesen sei.

c) Bemerkung

Die vom Bundesstrafgericht festgestellte Strafbarkeit des schweizerischen Bankmitarbeiters findet weitestgehend Zustimmung in der schweizerischen Lehre. Anders stellt sich dies in Bezug auf die Strafbarkeit des deutschen Datenempfängers nach schweizerischem Recht dar, über welchen das Bundesstrafgericht aber nicht urteilte. Hier geht Eicker davon aus, dass, da der Datenankauf in Deutschland stattgefunden habe, aufgrund des Territorialitäts- und Ubiquitätsprinzips deutsches Strafrecht anwendbar sei (§§ 3 und 9 Abs. 1 d-StGB).[67] Die Ankäufer hätten sich deswegen nicht nach schweizerischem Strafrecht strafbar gemacht. Delnon und Niggli halten die Schlussfolgerungen Eickers zur Strafbarkeit des Datenkäufers für unzutreffend.[68] Art. 273 ch-StGB sei ein Staatsschutzdelikt und gem. Art. 4 ch-StGB zu verfolgen, unabhängig davon, ob die Tat in der Schweiz oder im Ausland begangen worden sei. Dass hier dennoch eine Lösung nach politischer Opportunität und nicht nach dem Recht gesucht werde, bezeichnen die Autoren deswegen gar als „skandalös“. Erwartungsgemäß widerspricht Eicker den Ausführungen der vorgenannten Autoren in seiner Replik.[69] Eine Strafbarkeit des Datenkäufers gem. Art. 273 Ziff. 1 Abs. 3 ch-StGB lehnt er beispielsweise mit dem Hinweis auf ungenügende Bestimmtheit dieser Vorschrift ab. Auch eine Anstiftung zu den Staatsschutzdelikten sieht er nicht, da die Person des Angestifteten in den Äußerungen deutscher Politiker und Behördenvertreter nicht ausreichend bestimmt sei. Beihilfe komme ebenfalls nicht in Frage, da die psychische Einwirkung auf den Täter nicht stark genug sei.

4) Herausgabe von Kundendaten einer Bank

Neben dem Datenverlust durch den Ankauf von sog. „Steuer-CDs“ durch deutsche Strafverfolgungsbehörden[70], beschäftige die Schweiz auch die Frage nach der staatlich veranlassten Herausgabe von Bankkundendaten.[71] Diese „unendliche Geschichte“ beschäftigte mehrere Behörden und Gerichte, so dass die nachfolgenden Ausführungen als Verfahrensdokumentation zu verstehen sind.

Am 19. Februar 2009 wies die schweizerische Finanzmarktaufsicht FINMA die UBS AG per Verfügung an, Daten von Bankkunden mutmaßlicher Steuerhinterzieher an die US-amerikanischen Behörden – genauer: dem Departement of Justice und allfälligen anderen, mit der Verfolgung von Steuerdelikten befassten Behörden – herauszugeben. Die UBS stand zum damaligen Zeitpunkt unter enormen Druck durch die amerikanischen Behörden, die der Großbank mit einer Strafklage drohten. Eine Klage in den USA hätte die UBS, die bereits in der Finanzkrise in Bedrängnis geraten war und vom Staat gerettet werden musste, in noch größere Schwierigkeiten gebracht. Für den Schweizer Finanzplatz und allenfalls sogar für die gesamte Volkswirtschaft der Schweiz hätte ein Kollaps der UBS verheerende Konsequenzen gehabt.

Von sich aus konnte die Bank die Daten jedoch nicht herausgeben, da sie sonst das Bankgeheimnis (Art. 47 BankG) verletzt hätte. Deshalb ordnete die FINMA die Herausgabe an. Mit Urteil vom 5. Januar 2010 stellte das Bundesverwaltungsgericht dann allerdings die Rechtswidrigkeit der FINMA-Verfügung fest. Das Gericht sprach der Maßnahme eine genügende gesetzliche Grundlage ab.[72]

In der Zwischenzeit, am 19. August 2009, war zwischen der Schweiz und den USA ein Abkommen geschlossen worden, in welchem vorgesehen war, dass die Schweiz „Amtshilfe“ betreffend ca. 4’450 UBS-Kunden in Fällen von Steuerbetrug, aber auch in bestimmten Fällen von Steuerhinterziehung, leisten würde.[73] In diesem Übereinkommen verpflichteten sich die US-Behörden endgültig, von einer Strafklage gegen die UBS abzusehen.

In einem Urteil vom 21. Januar 2010 kam das Bundesverwaltungsgericht[74] indes zum Schluss, dass auch das Abkommen nicht über alle Zweifel erhaben sei, da es dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den USA[75] widerspreche und Letzteres Vorrang habe[76]. Im Anschluss an dieses Urteil unterzeichneten die Schweiz und die USA ein Änderungsprotokoll zum UBS-Amtshilfeabkommen vom 19. August 2009 (im Folgenden: UBS-Zusatzübereinkommen 2010), welches zunächst einmal vorläufig angewendet wurde. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde dieses UBS-Zusatzübereinkommen 2010 von der Schweizerischen Bundesversammlung – dem Parlament – in Bern förmlich genehmigt. Den „richterlichen Segen“ erhielt es in einem Piloturteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2010[77] sowie in verschiedenen im Anschluss daran ergangenen Urteilen desselben Gerichts.

Das besagte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2010 erweist sich in verschiedenen Punkten als rechtsstaatlich fragwürdig und wird denn auch heftig kritisiert.[78] Die Grundproblematik des Urteils liegt darin, dass es sich bei der dem ganzen Verfahren zugrunde liegenden Anfrage der USA nach Herausgabe von UBS-Kundendaten bei richtiger Betrachtung nicht um Amts-, sondern vielmehr um Rechtshilfe gehandelt hat, womit grundsätzlich die Verfahrensvorschriften der EMRK, aber auch der Schweizerischen Bundesverfassung hätten angewandt werden müssen. Das Bundesverwaltungsgericht verneint indes die Anwendbarkeit der Verfahrensgarantien der EMRK wie auch der Schweizerischen Bundesverfassung, indem es das ganze Verfahren unter dem Titel der „Amtshilfe“ abhandelt; dies obwohl die US-amerikanische „Criminal Investigation Division“ der „International Revenue Service“ (IRS) auch zur Eröffnung von Strafverfahren ermächtigt ist und obwohl sämtlichen von der „Amtshilfe“ betroffenen Kontoinhabern, welche sich nicht „freiwillig“ für schuldig bekennen, ein Strafverfahren mit empfindlichen Strafdrohungen droht[79]. In der Literatur wird zum einen kritisiert[80], dass die von der „Criminal Investigative Division“ der IRS eröffneten Strafverfahren gegen UBS-Kontoinhaber, deren Daten gestützt auf das UBS-Zusatzübereinkommen 2010 an die USA übermittelt worden sind, zentrale Anforderungen von Art. 6 und 7 EMRK und von Art. 4 des 7. Protokolls der EMRK nicht erfüllen würden, weshalb die Schweiz unter dem Titel der Rechtshilfe gar keine Kontoinformationen an die USA hätte übermitteln dürfen. Als unzulässig werden in diesem Zusammenhang insbesondere die öffentlichen Anprangerungen (vorrangig im Internet) der „Steuersünder“ in den USA und die Tatsache der im Zusatzübereinkommen 2010 vorgesehenen Rückwirkung der Strafbarkeitsvoraussetzungen genannt.

Zum anderen wird aber auch das Schweizerische Verfahren, in welchem die gestützt auf das Zusatzübereinkommen an die USA übermittelten Kundendaten erhoben worden sind, als nicht verfassungsmäßig und die in der EMRK garantierten Verfahrensgarantien nicht wahrend qualifiziert. Ein wesentliches Problem wird in diesem Zusammenhang darin gesehen, dass die UBS AG von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) als Untersuchungsinstanz eingesetzt worden ist und gewissermaßen als Erfüllungsgehilfe der ESTV die von den USA angeforderten Kundendaten erhoben hat. In diesem Zusammenhang wird zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die UBS AG keinesfalls als unabhängige Instanz qualifiziert werden kann, sondern von der ESTV überwacht und kontrolliert worden ist. Zudem hatte die UBS AG ganz offensichtlich eigene Interessen, die Forderungen aus den USA zu erfüllen, um damit das der Bank drohende Strafverfahren abzuwenden. Den betroffenen Bankkunden wurden also bereits im Verfahren in der Schweiz die ihnen eigentlich gemäß Art. 6 EMRK, aber auch gemäß Art. 29 Abs. 1 und 2 BV, sowie Art. 32 Abs. 2 BV zukommenden Verfahrensrechte unrechtmäßig entzogen. Ganz abgesehen davon erweist sich die Begrenzung der „Amtshilfe“ gemäß UBS-Zusatzübereinkommen 2010 auf ca. 4’450 UBS-Kunden als unzulässige Diskriminierung dieser der Begehung von Steuerdelikten verdächtigter Bankkunden gegenüber anderen mutmaßliche Steuerdelinquenten, welche von diesem Übereinkommen nicht erfasst werden.

5) Weitere Urteile – knapp zusammengefasst

Im Urteil BGE 136 IV 127[81] hatte sich das Bundesgericht mit einem leitenden Bankangestellten zu befassen, der ein Brüderpaar dabei unterstützte, von ihnen angeworbene ausländische Investoren finanziell zu erleichtern. Das Brüderpaar hatte die Investoren mit hohen Gewinnversprechen dazu bewogen, Geld auf Konten bei der entsprechenden Bank zu überweisen. Das Geld sollte dann von einem kollektiven Anlagevehikel, das bei der selben Bank lagerte, investiert werden. Die beiden Brüder bereicherten sich daraufhin persönlich aus dem Anlagevehikel. Der leitende Bankangestellte hatte verschiedene Transaktionen zwischen den Konten und dem Anlagevehikel selbst ausgeführt. Auch die „Investitionen“ des Anlagevehikels liefen über seinen Tisch. Das Bundesgericht bestätigte eine Verurteilung wegen Gehilfenschaft zur Veruntreuung (Art. 138 i.V.m. 25 ch-StGB) und wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften (Art. 305ter ch-StGB). Betreffend des zweitgenannten Tatbestands konkretisierte es seine Rechtssprechung zur Dokumentationspflicht.

Eine prozessrechtliche Angelegenheit hatte das höchste Schweizer Gericht im BGE 136 IV 92 zu beurteilen.[82] Es stellte zunächst fest, dass Art. 93 Bundesgerichtsgesetz (BGG), der die Beschwerdemöglichkeiten gegen Vor- und Zwischenentscheide regelt, auch auf die Entscheide über Zwangsmaßnahmen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts anwendbar ist. Das Bundesgericht verneinte jedoch einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil durch die in Frage stehende Beschlagnahme von Bankdokumenten in einer Strafuntersuchung wegen Geldwäscherei und ungetreuer Amtsführung.

Der Inhaber einer Bäckerei in Bern wurde von den ersten zwei Instanzen wegen Geldwäscherei verurteilt, nachdem er für seinen langjährigen Chauffeur ohne Gegenleistung zwei Checks über CHF 60’000 bei der Bank eingelöst hatte. Das Bundesgericht hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob dem Bäckereiinhaber ein Eventualvorsatz hinsichtlich der verbrecherischen Vortaten (Drogenhandel etc.) vorzuwerfen ist. Der Bäckereiinhaber hatte den Beteuerungen seines Chauffeurs geglaubt, das Geld stamme aus einem Immobilienverkauf in der Heimat des Chauffeurs. Zudem waren die Checks von einem Berner Notar (!) ausgestellt worden. Das Bundesgericht folgte den Vorinstanzen nicht und sprach den Bäckereiinhaber vom Vorwurf der Geldwäscherei frei. Das höchste Schweizer Gericht wies insbesondere darauf hin, dass hohe Geldbeträge nicht per se ein Anhaltspunkt für eine deliktische Herkunft des Geldes seien.[83]

Das Bundesgericht anerkannte die Urkundenqualität der Jahresrechnung einer Aktiengesellschaft, obwohl diese weder von der Generalversammlung abgenommen, noch von der Revisionsstelle geprüft worden war. Die Nichtverbuchung von Provisionseinnahmen in die Buchhaltung einer Gesellschaft wurde als Urkundenfälschung gemäß Art. 251 ch-StGB[84] qualifiziert. Auch eine nachträgliche Verbuchung könne daran nichts ändern – die Wiedergutmachung kann nicht die Strafbarkeit der vorausgegangenen strafbaren Handlung beseitigen.

Gemäß einem bisher nicht publizierten Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 3. September 2010 (DG090293) erfüllt das Ausnützen von vertraulichen Informationen über eine bevorstehende Kundentransaktion zum eigenen Vorteil – das sog. Frontrunning – den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung.[85] Als Portfoliomanager und Kadermitglied einer Bank (Prokurist) erfüllte der Täter nach Ansicht des Bezirksgerichts die Voraussetzungen, welche das Sonderdelikt Art. 158 ch-StGB an einen Täter stellt. Auch verfügte er über das erforderliche Maß an Selbständigkeit, da er die konkreten Handelsentscheidungen betreffend Aktienanlagen – trotz einer vorgegebenen Anlagepolitik – eigenverantwortlich fällte. Rechtsgrund seiner Treuepflicht stellt der abgeschlossene Arbeitsvertrag mit der Geschädigten dar. Die Treuepflichtverletzung erblickte das Gericht darin, dass der Täter für die durch ihn verwalteten Portfolios der Geschädigten Aktientransaktionen durchführte, für welche überhöhte Preise bezahlt wurden. Dabei wurden die Preise durch gezielte Manipulationen zum eigenen Vorteil in die Höhe getrieben.[86]

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I. Einleitung

Der Begriff des Wirtschaftsstrafrechts und die Vorstellung davon, was hierunter zu verstehen ist, ist in der Schweiz nicht weniger umstritten als im sog. „großen Kanton“, also in Deutschland. Man könnte sogar sagen, dass die Diskussionen, bedingt durch die teilweise großen kantonalen Unterschiede, noch viel weiter gehen. So gibt es eine „Zürcher Definition“, eine „Basler Definition“, eine „Berner Definition“, eine „Zuger Definition“ und eine „Freiburger Definition“ davon, was unter dem eingangs genannten Begriff zu verstehen ist.[1] Und das sind nur die Definitionen einiger deutschsprachiger Kantone. In der französischsprachigen Schweiz, also etwa in Genf oder Lausanne, und im italienischsprachigen Tessin stellt sich die Situation noch einmal anders dar.

Ein gemeinsamer Zugang findet sich aber zumindest darin, dass das „materielle schweizerische Wirtschaftsstrafrecht“ seit jeher in Bundesgesetzen – allen voran dem Schweizerischen Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (im Folgenden: ch-StGB) – verankert ist, welche in allen Kantonen Geltung beanspruchen. In prozessualer Hinsicht sah dies anders aus. So war das in der Schweiz geltende Strafprozessrecht in 29 – in Worten: neunundzwanzig – Prozessordnungen verankert; neben den 26 Prozessordnungen der jeweiligen Kantone gab es noch eine Bundesstrafprozessordnung, eine Militärstrafprozessordnung sowie das Verfahrensrecht des Verwaltungsstrafrechts. Mit Inkrafttreten der eidgenössischen Strafprozessordnung zum 1. Januar 2011 gibt es nunmehr ein einheitliches Prozessrecht, welches für sämtliche Kantone gilt. Dies stellt für sämtliche Rechtsanwender eine erhebliche Erleichterung dar und ist zu Recht als „großer Wurf“ bezeichnet worden.

Im Folgenden werden nun materiell-rechtliche und prozessuale[2] Neuerungen im schweizerischen Wirtschaftsstrafrecht dargestellt. Da in der jüngsten Vergangenheit nur wenige wirtschaftsstrafrechtlich relevante Entscheidungen ergingen, umfasst der Berichtszeitraum deswegen auch gleich zwei Jahre, nämlich die Jahre 2010 und 2011.[3]

II. Neue wirtschaftsstrafrechtliche Gesetzesvorhaben

1) Kartellstrafrecht

Das derzeit geltende Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen[4] – kurz: Kartellgesetz (KG) – entstammt dem Jahr 1995; die darin vorgesehene Sanktionierung richtet sich nach den Art. 49a ff. KG vornehmlich gegen Unternehmen, nicht aber gegen natürliche Personen, und wird im Rahmen eines reinen Verwaltungsverfahrens ausgefällt.[5] In der seit der Gesetzesschaffung vergangenen Zeit wurde es nur einmal, Anfang des neuen Jahrtausends, einer größeren Revision unterzogen, welche am 1. April 2004 in Kraft trat. Als wesentliche Änderungen wurden dabei zum einen sog. direkte Sanktionsmöglichkeiten geschaffen, zum anderen wurden auch vertikale Wettbewerbsabreden unter Strafe gestellt. Betroffen war dabei aber stets nur das Unternehmen selbst. In Hinblick auf die Entwicklungen im europäischen Kartellrecht und vor dem Hintergrund der Präventivwirkung wird dies für einen umfassenden Schutz des Wettbewerbs allerdings als noch nicht ausreichend angesehen.

Die parlamentarische Motion – ein Gesetzesvorschlag – des Ständerates Schweiger vom 20. Dezember 2007 „Ausgewogeneres und wirksameres Sanktionssystem für das Schweizer Kartellrecht“ sieht deswegen vor, dass auch natürliche Personen im Falle ihrer aktiven Beteiligung an einer Kartellabsprache sanktioniert werden können. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, dass Unternehmen, welche ein den hohen Anforderungen genügendes Compliance-Programm zur Beachtung der kartellgesetzlichen Regelungen betreiben, mit reduzierten bzw. beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen mit keiner Verwaltungssanktion belegt werden können.

Aufgrund der vorgenannten Motion hat der Bundesrat am 30. Mai 2010 eine zweite Vernehmlassung zur Änderung des Kartellgesetzes eröffnet.[6] Der erläuternde Bericht des Bundesrates zur Umsetzung der Motion Schweiger enthält zwei Varianten.[7] Die eine sieht lediglich sog. Verwaltungssanktionen gegen natürliche Personen vor (Variante A), die andere echte Kriminalstrafen (Variante B). Die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen bestehen aus einer zeitlich begrenzten Untersagung der beruflichen Tätigkeit bei der an der Kartellabrede beteiligten Firma. Die zweite Umsetzungsvariante sieht für natürliche Personen im Fall ihrer Mitwirkung an Kartellabsprachen mit Wettbewerbern strafrechtliche Sanktionen vor. Beide Varianten wurden von zwei Prämissen geleitet, die aus den parlamentarischen Debatten zur Motion hervorgegangen sind: Einerseits soll die Verfolgung von Unternehmen auch nach Einführung von Sanktionen gegen natürliche Personen das primäre Anliegen bleiben. Andererseits sollen die Durchsetzungsinstrumente des Kartellrechts durch die Einführung von Strafsanktionen gegen natürliche Personen nicht geschwächt werden. Vielmehr sollen die bisherigen Instrumente, etwa die sog. Bonusregelung, die dem beteiligten Anzeiger Straffreiheit zusichert, nach Möglichkeit ergänzt und die (Präventiv-)Wirkung des Gesetzes dadurch gestärkt werden. Wie das heute geltende Kartellrecht zeigt, lehnte der Bundesrat seit jeher die Sanktionierung natürlicher Personen ab. Folgerichtig spricht er sich deswegen gegen beide Umsetzungsvarianten aus. Soweit der zweite Teil der Motion Schweiger trotzdem umgesetzt werden sollte, bevorzugt der Bundesrat aus verschiedenen Gründen die Variante A.

Mit Schreiben vom 20. März 2011 hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) die Vernehmlassungsvorlage mit Bitte um Stellungnahme den Kantonen und weiteren interessierten Kreisen unterbreitet.[8] Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (WEKO), welche für die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Unternehmen zuständig ist, steht insbesondere einer Sanktionierung natürlicher Personen kritisch gegenüber und begründet dies damit, dass das Hauptaugenmerk nach wie vor auf die Verfolgung von Unternehmen gerichtet sein sollte, was durch die neue Sanktionsform erheblich verkompliziert und verlangsamt werde. Die für diese vorgesehenen Kriminalstrafen könnten in einem reinen Verwaltungsverfahren gar nicht durchgesetzt werden.[9] Dieser Kritik ist durchaus zuzustimmen; allerdings könnte man sie auch gegenüber dem geltenden Kartellstrafrecht vorbringen. So handle es sich bei den in Art. 49a ff. KG angedrohten Verwaltungssanktionen um einen bloßen „Etikettenschwindel“, da sie im Hinblick auf ihre repressive Funktion und ihre Höhe[10] nach herrschender Meinung Rechtsfolgen strafrechtlicher Natur darstellten.[11] Gleiches gilt wohl vorherrschend für Art. 50, 51 u. 52 KG.[12] Vor diesem Hintergrund wäre auch das derzeit geltende Verfahren nach strafprozessualen Grundsätzen auszugestalten.

All dies bestätigte den Bundesrat in seiner bisherigen Haltung. Im Rahmen der Bundesratssitzung vom 16. November 2011 wurde deswegen beschlossen, dass keine Strafsanktionen gegen natürliche Personen in das Kartellgesetz aufgenommen werden. Ansonsten will der Bundesrat das Kartellrecht aber verschärfen; Unternehmen können also nach wie vor in einem reinen Verwaltungsverfahren – mithin ohne Einhaltung strafprozessualer Grundsätze wie etwa dem Aussageverweigerungsrecht – gebüßt werden. Es bleibt diesbezüglich also beim bisher betriebenen „Etikettenschwindel“. Gleichwohl will der Bundesrat Sanktionsminderungen zugunsten der betroffenen Unternehmen zulassen, wenn „eine Unternehmung darlegen kann, dass sie ein wirksames Programm zur Verhinderung kartellrechtlicher Verstöße implementiert hat.“[13] Damit wird zumindest einer Forderung der Motion Schweiger Rechnung getragen. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) beauftragt, bis Anfang 2012 eine Botschaft zur Kartellrechtsreform auszuarbeiten. Man wird sehen, was hier weiter geschieht.

2) Börsendelikte

Während in Bezug auf das Kartellstrafrecht wie gesehen noch zahlreiche Punkte ungeklärt bzw. als problematisch zu erachten sind, ist die Änderung des Börsenstrafrechts bereits konkreter und weiter fortgeschritten. Das Börsenstrafrecht – welches derzeit vor allem im ch-StGB in den Art. 161 (Insiderhandel) und Art. 161bis (Kursmanipulation) geregelt ist[14] – soll zum Schutz der einzelnen Marktteilnehmer wie auch zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes einer Revision unterzogen und ins Börsengesetz überführt werden. Der Bundesrat hat in diesem Zusammenhang am 31. August 2011 die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (SR 954.1; Börsengesetz, BEHG) verabschiedet.[15]

Grund für die vorgesehene Revision des Börsenstrafrechts bildet dabei unter anderem der Umstand, dass dem Bundesrat die bisherigen Bestimmungen zur Bekämpfung von missbräuchlichen Verhaltensweisen teils unzureichend erscheinen.[16] Er schließt dies daraus, dass es seit dem Inkrafttreten von Art. 161 ch-StGB vor über 20 Jahren erst einige wenige Verurteilungen gegeben hat. Die Bestimmung wird dementsprechend als „zahnloser Papiertiger“ bezeichnet.[17] Zudem waren Untersuchungen in den letzten Jahren in mehreren Fällen trotz dringenden Tatverdachts ins Stocken geraten.[18]

Als Reaktion hierauf werden im Rahmen der vorgesehenen Revision die bisher im Schweizerischen Strafgesetzbuch geregelten Tatbestände in das Börsengesetz überführt (vgl. Art. 40 E-BEHG sowie Art. 40a E-BEHG). Die Zuständigkeit zur strafrechtlichen Verfolgung und Beurteilung der erwähnten Tatbestände wird sodann von den kantonalen Behörden an die Bundesanwaltschaft und das Bundesstrafgericht übertragen, um Doppelspurigkeiten und Ineffizienzen zu vermeiden.[19] Zudem werden die soeben erwähnten Straftatbestände neu aufsichtsrechtlich – wie nachstehend zu erläutern sein wird – für sämtliche Marktteilnehmer verboten. In Erfüllung der Empfehlung der Groupe d’action financière (GAFI), sowie um die Unterzeichnung des Übereinkommens des Europarates vom 16. Mai 2005[20] zu ermöglichen, wird schließlich die Ausgestaltung der qualifizierten Straftatbestände des Insiderhandels und der Kursmanipulation als Verbrechen vorgeschlagen. Diese würden sodann als Vortaten zur Geldwäscherei gelten.[21]

Im Folgenden wird auf die wesentlichen und problematischen Aspekte des geltenden Rechts im Zusammenhang mit dem Tatbestand des Insiderhandels sowie der Kursmanipulation näher eingegangen, um sodann die im Rahmen der Revision vorgesehenen Änderungsvorschläge genauer darzulegen.

a) Insiderhandel

Der Tatbestand des Insiderhandels gemäß Art. ch-161 StGB fasst den Täterkreis im Vergleich zum europäischen Recht sehr eng, indem er ihn auf bestimmte erwähnte Personen – mithin solche mit einer Sondereigenschaft – beschränkt.[22] Aus Sicht des Bundesrates vermag die enge Umschreibung des Täterkreises die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes sowie die Chancengleichheit der Anlegerinnen und Anleger nicht hinreichend zu schützen und steht zudem im Widerspruch mit dem Recht der meisten EU-Mitgliedstaaten. Denn dieses betrachtet alle Personen als Insider, die über Insiderinformationen verfügen. Vor diesem Hintergrund wird der Täterkreis im Rahmen der Revision des Börsengesetzes insofern ausgedehnt, als jede natürliche Person als Täter in Frage kommt, die über solche Insiderinformationen verfügt. Die neue, in das Börsengesetz überführte Bestimmung, soll die Schwere der Straftat davon abhängig machen, aus welchem Grund eine Person Kenntnis von einer Insiderinformation hat.

Zudem wird die Beschreibung des Tatobjektes als zu unpräzise und teilweise überholt qualifiziert. Als Tatobjekt kommen gemäß heutigem Recht vertrauliche „Tatsachen“ in Frage, deren Bekanntwerden den Kurs erheblich beeinflussen. Der Begriff der „Tatsache“ soll zur Präzisierung durch den Begriff „Information“ ersetzt werden, womit die schweizerische Terminologie derjenigen der Europäischen Union angeglichen wird. [23]

Schließlich erfolgt mit der Revision eine Präzisierung des Beschriebs der vorausgesetzten Tathandlung. Neu sollen auch Transaktionen mit nicht standardisierten OTC-Produkten erfasst werden, sofern diese von Effekten abhängen, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Transaktion auf dem geregelten Markt oder außerhalb desselben getätigt wird.[24]

b) Kursmanipulation

Wie bereits erwähnt soll auch der bisherige Tatbestand der Kursmanipulation gemäß Art. 161bis ch-StGB in das Börsengesetz überführt werden. Er soll weitestgehend beibehalten werden. Allerdings wird dabei auf das Merkmal der Unrechtmäßigkeit des Vermögensvorteils verzichtet, was die Tatverfolgung in subjektiver Hinsicht erleichtern soll. Ferner wird in der revidierten Fassung verdeutlicht, dass nebst der Verbreitung von irreführenden Informationen auch die Verbreitung von falschen Informationen verboten ist. Wie auch beim Straftatbestand des Insiderhandels wird sodann neu auch bei der Kursmanipulation nicht mehr von börslich gehandelten Effekten gesprochen, sondern von Effekten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind. [25]

In Übereinstimmung mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU, welche die Ahndung der Vornahme von echten Transaktionen mit manipulatorischem Charakter „lediglich“ auf Stufe des Verwaltungsrechts ahnden, wird im Rahmen der vorliegenden Revision darauf verzichtet, den strafrechtlichen Tatbestand der Kursmanipulation auf echte Transaktionen mit manipulatorischem Charakter auszudehnen. Vielmehr wird der Schutz des Finanzmarktes und der Anlegerinnen und Anleger – wie den nachstehenden Erläuterungen entnommen werden kann – durch das vorgesehene aufsichtsrechtliche Verbot für sämtliche Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer Rechnung getragen.[26]

Schließlich wird ein qualifizierter Tatbestand in Art. 40a Abs. 2 E-BEHG eingeführt, welchen der Täter erfüllt, wenn er einen Vermögensvorteil von mehr als CHF 1’000’000 erzielt. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird dieser Betrag nun ins Gesetz aufgenommen.[27]

c) Strafrechtliche Sanktionen bei Verletzung der Angebotspflicht

Im Gegensatz zur Verletzung der Meldepflicht bezüglich qualifizierter Beteiligungen an einer Gesellschaft gemäß Art. 41 BEHG zieht die Verletzung der Angebotspflicht gemäß den heutigen Bestimmungen keine strafrechtlichen Sanktionen nach sich. Dies erweist sich nach Ansicht des Bundesrats nicht als sachgerecht, zumal die Verletzung der Angebotspflicht für Minderheitsaktionäre schwerwiegende Folgen haben kann, wenn ihnen nach erfolgter Kontrollübernahme keine Ausstiegmöglichkeit offeriert wird. Zur Verbesserung der Durchsetzbarkeit der Angebotspflicht soll mit Art. 41a E-BEHG deswegen eine Strafbestimmung geschaffen werden, die eine Buße bis zu CHF 10’000’000 vorsieht, wenn vorsätzlich einer rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots keine Folge geleistet wird.[28] Die Höhe der Buße orientiert sich an derjenigen bei Verletzung der Pflicht zur Offenlegung von Beteiligungen (vgl. dazu Art. 41 E-BEHG).[29]

d) Aufsichtsrechtliches Verbot von Insiderhandel und Marktmanipulation

Zum Schutz des Finanzmarktes wie auch zur Lückenfüllung im Vergleich zum europäischen Recht, werden Insiderhandel und Marktmissbrauch im Rahmen des Aufsichtsrechts für sämtliche Marktteilnehmer verboten (vgl. dazu Art. 33e ff. E-BEHG). Das vorgesehene Verbot umfasst sodann – im Unterschied zum Straftatbestand der Kursmanipulation – nebst Scheingeschäften auch sämtliche echte Transaktionen mit manipulatorischem Charakter.

Das Aufsichtsrecht zielt in erster Linie auf den Gläubigerschutz sowie auf den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte ab. Der strafrechtliche Vergeltungsgedanke spielt mithin nur eine untergeordnete Rolle, weshalb das aufsichtsrechtliche Verbot keinen Vermögensvorteil, keine Bereicherungsabsicht und auch kein subjektives Verschulden voraussetzt.[30]

3) Deutsch-schweizerische Steuerabkommen

Die Schweiz hat mit Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009 ihre Politik der internationalen Amtshilfe in Steuersachen an den international geltenden Standard von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens angepasst.[31] Dies stellt einen radikalen Kurswechsel dar, insbesondere in Hinblick auf das Bankgeheimnis, welches in Art. 47 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über Banken und Sparkassen (kurz: BankG) verankert ist. Das dahingehend revidierte Doppelbesteuerungsankommen mit Deutschland wurde am 27. Oktober 2010 unterzeichnet.[32] Am 21. Dezember 2011 ist es in Kraft getreten.[33] Die Bestimmungen des Abkommens finden hinsichtlich des Informationsaustausches ab dem 1. Januar 2011 und für die restlichen Bestimmungen ab dem 1. Januar 2012 Anwendung.

In der Zwischenzeit, am 21. September 2011, haben die beiden Finanzminister der Schweiz und Deutschlands das „Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt“[34], das weitere Fragen klären soll, unterzeichnet.[35] Die zentralen Neuerungen dieses Abkommens sind zum einen die Möglichkeit einer Nachversteuerung von Vermögenswerten bei einer schweizerischen Zahlstelle von in Deutschland ansässigen Personen, zum anderen die Möglichkeit zur zukünftigen Besteuerung der vorgenannten Personen auf Erträge und Gewinne aus Vermögenswerten bei schweizerischen Zahlstellen („Abgeltungssteuer“). Für die Aufnahme von neuen Kundenbeziehungen mit Schweizer Banken gelten spezielle Regeln. Sowohl die deutschen Kunden als auch deren Schweizer Banken werden in Zukunft gegenüber den deutschen Behörden auskunftspflichtig sein.

Daneben hat das Abkommen aber auch strafprozessual relevante Konsequenzen:[36]

Gemäß Art. 7 des Abkommens können deutsche Vermögenswerte in der Schweiz durch Einmalzahlung versteuert werden. Die Schweizer Banken erheben auf Anweisung der betroffenen Person fünf Monate nach Inkrafttreten des Ankommens eine solche Einmalzahlung auf den verbuchten Vermögenswerten und leiten den zuständigen Behörden in der Schweiz den entsprechenden Betrag weiter. Diese transferieren dann die Gelder nach Deutschland. Der betroffene Bankkunde erhält von der Schweizer Bank eine Bescheinigung, dass dieser Vorgang stattgefunden hat; gegenüber den deutschen Behörden bleibt er anonym. Der abzuliefernde Betrag errechnet sich nach einer Formel, welche in Anhang I des Abkommens aufgeführt ist. Der Steuersatz dieser Abgeltungssteuer beträgt maximal 34%. Mit dieser Bezahlung der Abgeltungssteuer können Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die unversteuertes Geld auf einem schweizerischen Bankkonto haben, neben einer Steuerpflicht auch einer Strafbarkeit entgehen. Art. 8 des Abkommens hält dazu folgendes fest: „Soweit Steueransprüche durch Einmalzahlung nach Artikel 7 erloschen sind, findet keine Verfolgung von Steuerstraftaten nach Paragraph 369 AO oder Steuerordnungswidrigkeiten nach Paragraph 377 AO statt.

Der deutsche „Steuersünder“ hat noch eine zweite Möglichkeit, einer künftigen Strafverfolgung durch die deutschen Behörden zu entgehen. Gem. Art. 9 des Ankommens kann er seine Schweizer Bank ermächtigen, Meldung an die zuständige deutsche (Steuer-)Behörde zu erstatten. Die Bank übermittelt dann alle relevanten Daten an die zuständigen deutschen Behörden. Dazu gehören die Angaben über die Vermögenswerte aber auch die Identität des Kontoinhabers.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) erklärt diese Lösungen folgendermaßen: „Für die Vergangenheit wurde eine pauschale Lösung gefunden, die deutschen Anlegern mit Kapitalerträgen in der Schweiz einen Weg aus der Steuerflucht eröffnet, der mit gerechter Steuerlast verbunden ist und der in der Gesamtbetrachtung zu einer fairen, materiell vergleichbaren Belastung mit Anlegern führt, die schon bisher steuerehrlich waren. Wer bislang das Erlöschen der Steuer- und Strafansprüche oft durch Verjährung ohne etwas zu bezahlen abwarten konnte, muss nun seinen steuerlichen Pflichten nachkommen.[37]

Neben den beiden im Abkommen erwähnten Legalisierungsmöglichkeiten soll der deutsche Bankkunde mit schweizerischem Bankkonto auch weiter Selbstanzeige bei der zuständigen Steuerbehörde in Deutschland erstatten können. Dabei ist aber zu beachten, dass die im Abkommen vorgesehenen Möglichkeiten zwar vor einer Bestrafung, nicht aber – und anders als ein Selbstanzeigeverfahren – vor strafrechtlichen Ermittlungen wegen des bereits legalisierten schweizerischen Depots schützen. Denn sie erfolgen anonym, so dass nicht im Vorhinein feststeht, dass der vermeintliche Täter sein schweizerisches Bankdepot bereits legalisiert hat.

Ein automatischer Informationsaustausch in Sachen Bankkundendaten ist im Abkommen nicht vorgesehen. Gleichwohl besteht zwischen beiden Seiten Einverständnis darüber, „dass das vereinbarte System in seiner Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommt“.[38] Ebenso wenig findet man im Abkommen eine Bestimmung zu den sog. „fishing expeditions“, eine Form der Amtshilfe, die ohne konkrete Anhaltspunkte stattfindet. Diese wird mit Sicherheit auch in Zukunft nicht möglich sein – denn eine verdachtsunabhängige Beweisausforschung ist sowohl nach der schweizerischen Amtshilfepraxis als auch nach geltendem Strafprozessrecht nicht zulässig.[39]

Zuletzt sei in Hinblick auf die in Deutschland und der Schweiz intensiv diskutierte Problematik des „Datenklau mittels Steuer-CDs“[40] auf folgenden Passus am Schluss des Abkommens hingewiesen: „Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, dass sich die deutschen Finanzbehörden nicht aktiv um den Erwerb von bei Banken in der Schweiz entwendeten Kundendaten bemühen werden.“ Auch wenn damit dem „Datenklau“ für die Zukunft ein Riegel vorgeschoben zu sein scheint, schließt Thebrath aus dieser Formulierung, dass sich Deutschland hiermit eine Türe offen halten wollte; werden nämlich Steuer-CDs angeboten, so können diese weiterhin angekauft werden, da dies keine „aktive“ Bemühung darstelle.[41] Gleichwohl ist zu bedenken, dass solche Datenträger nach Inkrafttreten des Steuerabkommens keine derart hohen Preise mehr erzielen werden und die strafrechtlichen Konsequenzen[42] potentielle „Datendiebe“ wahrscheinlich abschrecken.

Das Abkommen bedarf der Genehmigung durch die Parlamente beider Staaten und soll Anfang 2013 in Kraft treten. Die größten Hürden auf deutscher Seite sind einerseits die Konformität mit dem EU-Recht und andererseits der innenpolitische Widerstand. In der Schweiz ist das Abkommen zwar nicht ganz unumstritten, es hat aber gute Chance ohne Nachbesserungen vor dem Parlament und allenfalls auch vor dem Volk zu bestehen.

4) Parlamentarische Vorstöße zur Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts

In Hinblick auf das Wirtschaftsstrafrecht gibt es immer wieder parlamentarische Vorstöße, welche von einschneidender Bedeutung sein können. Aktuell betrifft dies einerseits die Verjährungsfristen andererseits den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 ch-StGB[43]), der in Deutschland der Untreue – § 266 d-StGB – entspricht.

a) Verlängerung des Verjährungsfristen

Gemäß den Motionen von Nationalrat Jositsch[44]– ordentlicher Professor für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Zürich – und von Ständerat Janiak[45] soll bei „schwerwiegenden Vergehen“ die derzeit bestehende Verjährungsfrist[46] von sieben auf zehn Jahre verlängert werden. Dies deswegen, weil die geltenden Verjährungsfristen für große Fälle von Wirtschaftsdelikten, zu welchen etwa die ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 ch-StGB) und die Geldwäscherei (Art. 305bis ch-StGB) gezählt werden, zu kurz bemessen seien, so dass die Strafverfolgungsbehörden immer wieder auf eine Strafverfolgung verzichten oder unter extremer Zeitnot arbeiten müssten. So hätten sich die Verjährungsfristen insbesondere in den Fällen «Oil for Food»[47] und «Swissair»[48] als problematisch erwiesen. Im Fall «Oil for Food» konnte wegen bereits eingetretener Verjährung gegen verschiedene Unternehmen überhaupt erst gar kein Strafverfahren durchgeführt werden. Und im Fall Swissair musste innerhalb von sieben Jahren ein rechtskräftiges Urteil ergehen, weil sonst die Hälfte der angezeigten Delikte verjährt gewesen wäre.

Der Bundesrat hat am 12. Oktober 2011 eine entsprechende Gesetzesrevision in die Vernehmlassung geschickt.[49] Da es für den Begriffs des „Wirtschaftsdelikts“ keine einheitliche Definition gebe und um die Einheitlichkeit des Verjährungsrechts zu gewährleisten, schlägt der Bundesrat vor, die Verjährungsfristen für ausgewählte Vergehenstatbestände zu verlängern: die Verjährungsfrist für schwerwiegende Vergehen, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht sind, soll von sieben auf zehn Jahre verlängert werden. Für leichte und mittelschwere Vergehen wie Verletzungen des Urheber- oder Markenrechts soll hingegen die Verjährungsfrist bei sieben Jahren belassen werden. Diese Abstufung trägt der unterschiedlichen Schwere der Vergehen angemessen Rechnung. Die Verlängerung der Verjährungsfrist fußt auf dem Gedanken, dass Wirtschaftsdelikte meist nicht unmittelbar nach deren Begehung bekannt werden und daher oft nur Jahre später – z.B. nach dem Zusammenbruch eines betrügerischen Unternehmenskonstrukts – angezeigt werden können. Zudem sind Wirtschaftsstrafverfahren in der Regel zeitintensiv. Andererseits nimmt bei längeren Verjährungsfristen das Risiko zu, dass die Beweiserhebung zunehmend schwieriger wird und mangels Beweisen die Strafverfolgungsbehörden das Verfahren einstellen bzw. die Gerichte Freisprüche fällen müssen.

Die für Verbrechen geltende Verjährungsfrist von 15 Jahren will der Bundesrat dagegen nicht verlängern. Es seien keine Fälle von Wirtschaftskriminalität bekannt, wo sich diese Frist als zu knapp oder als unzureichend erwiesen hätte.

b) Herabsetzung der subjektiven Anforderungen an Art. 158 ch-StGB

Der vorerwähnte Nationalrat Jositsch reichte am 17. Dezember 2008 eine sog. parlamentarische Initiative ein, in welcher er forderte, dass der Straftatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung, Art. 158 ch-StGB, in der Weise abgeändert werden solle, dass er auch bei lediglich grob fahrlässiger Begehung erfüllt sein könne.[50] An der derzeit geltenden Gesetzesfassung bemängelt er, dass Fälle von gravierendem wirtschaftlichen Versagen – als Beispiele werden das sog. „Grounding“ der Swissair und die Krise der schweizerischen Bank UBS einschliesslich der exzessiven Bonuszahlungen vorgebracht – auf strafrechtlicher Ebene nicht erfasst werden könnten.[51] Den Grund für diese „Strafbarkeitslücken“ sieht Jositsch insbesondere im Tatbestand des Art. 158 ch-StGB (Treuebruchstatbestand), welcher in derartigen Fällen (mangels anderer Normen) eigentlich eingreifen sollte, was aufgrund der hohen Anforderungen, die an dessen subjektive Seite gestellt würden (nämlich Vorsatz sowie die Absicht unrechtmäßiger Bereicherung durch den vermögensbetreuungspflichtigen Täter), aber nicht gelänge.[52]

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beschloss indes, dieser Initiative keine Folge zu leisten und am Vorsatzerfordernis festzuhalten.[53] Diese Entscheidung steht in Einklang mit der wohl herrschenden Meinung in der schweizerischen Strafrechtswissenschaft, nach welcher eine Herabsetzung der subjektiven Voraussetzungen des ohnehin schon zu unbestimmten und durch vorhergehende Gesetzesänderungen in materiell-rechtlicher Hinsicht stark ausgeweiteten Art. 158 ch-StGB[54] die Problematik auf die subjektive Ebene ausweitet. Ausreichend seien vielmehr Sanktionen auf zivilrechtlicher Ebene. [55]

III. Neues aus der wirtschaftsstrafrechtlichen Rechtsprechung

1) Geldwäscherei durch Unterlassung

Die Bekämpfung der Geldwäscherei[56] hat in der Schweiz eine lange Tradition. Es überrascht deswegen umso mehr, dass das schweizerische Bundesgericht in seinem Urteil vom 3. November 2010[57] erstmals die Frage zu prüfen hatte, ob Geldwäscherei (Art. 305bis ch-StGB) auch durch Unterlassen (Art. 11 ch-StGB) begangen werden kann. Das Gericht hat diese Frage bejaht, nachdem sich die Lehre zuvor uneins gewesen war.[58]

a) Sachverhalt

Drei Steuerbeamte des brasilianischen Bundesstaates Rio de Janeiro überwiesen Bestechungsgelder, welche sie von Unternehmen im Rahmen von Steuerprüfungsverfahren erhalten hatten, von Konten ihrer brasilianischen Bank auf Konten, welche sie bei einer schweizerischen Bank in Zürich führten. Der Beschwerdeführer (vor dem Bundesgericht) war zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Ausschusses der Direktion der Niederlassung dieser Bank in Zürich. Er wurde im Mai 2000 auf Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den Konten der Steuerbeamten hingewiesen. Drei Monate später beauftragte der Compliance-Ausschuss der Bank den Beschwerdeführer damit, die Verdachtsgründe vor Ort zu überprüfen und dem Ausschuss über die dabei getroffenen Erkenntnisse zu berichten. Die verfügbaren Informationen ließen bereits zu diesem Zeitpunkt eine mögliche deliktische Herkunft der Vermögenswerte vermuten. In den folgenden Sitzungen des Direktionsausschusses wurde das Thema nicht behandelt, im März 2001 wurde lediglich festgestellt, dass noch keine zusätzlichen Informationen über den einen Steuerbeamten eingegangen waren. Deshalb sollte der Fall der Generaldirektion zum Entscheid unterbreitet werden, ob eine Verdachtsmeldung an die Meldestelle für Geldwäscherei zu erstatten sei, was jedoch nie geschah. Der Fall flog erst auf, als die Bank im Juni 2002 von einer anderen Bank übernommen wurde.

b) Urteil

Das Bundesstrafgericht verurteilte den Bankdirektor am 18. Mai 2009 wegen Geldwäscherei zu einer bedingten Freiheitsstrafe und einer unbedingten Geldstrafe.

Das Bundesgericht bestätigte dieses Urteil am 3. November 2010. In seinen Erwägungen hielt es fest, dass der Beschwerdeführer seine Aufgaben nicht erfüllt habe, zu denen er rechtlich eigentlich verpflichtet gewesen wäre. Aufgrund der bekannten Tatsachen hätte der Bankdirektor annehmen müssen, dass die Gelder womöglich deliktischer Herkunft waren. Dabei sah das Bundesgericht die zur Begründung der Garantenstellung relevante Handlungspflicht in erster Linie in den Sorgfalts- und Meldepflichten des Geldwäschereigesetzes (GwG) und der Geldwäschereirichtlinien der früheren Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), der heutigen FINMA, verankert. Wer einen begründeten Verdacht habe, sei verpflichtet, die Meldestelle für Geldwäscherei zu informieren. Die Finanzintermediäre seien seit dem Inkrafttreten des GwG also in einer besonderen rechtlichen Lage, die sie unter Umständen zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichte.

c) Bemerkung

Die mangels bundesgerichtlicher Rechtsprechung bestehende Rechtsunsicherheit darüber, ob der Tatbestand der Geldwäscherei durch Unterlassen erfüllt werden kann, gehört von nun an der Vergangenheit an.

2) Veruntreuung des Stiftungsvermögens durch Stiftungsorgane

a) Sachverhalt

Der Beschwerdeführer vor dem Bundesgericht, also der von der Vorinstanz Verurteilte, war jahrelang Stiftungsratspräsident und zumindest faktisch alleiniger Geschäftsführer einer zum Zwecke der beruflichen Altervorsorge errichteten und gemäß Gesetz registrierten Personalvorsorgestiftung. In dieser Funktion hatte er das Stiftungsvermögen entsprechend den Grundsätzen des entsprechenden Gesetzes und den Stiftungsreglementen zu verwalten und möglichst sicher anzulegen. Unter Verletzung der gesetzlichen Vorschriften und der Stiftungsreglemente hat der Beschwerdeführer aus dem Stiftungsvermögen verschiedenen, bonitätsmäßig nicht einwandfreien Schuldnern unzureichend gesicherte Darlehen gewährt, wodurch der Stiftung ein Schaden in Höhe von (mindestens) CHF 13 Mio. zugefügt wurde. Sie musste schließlich liquidiert werden.

b) Urteil

In materiell-rechtlicher Hinsicht hatte sich das Bundesgericht in seiner Entscheidung vom 1. September 2010 (6B_415/2010) aufgrund der vom Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerde insbesondere mit der Frage zu beschäftigen, ob dieser sich durch die vorschriftswidrige Darlehensvergabe der ersten Instanz folgend „lediglich“ wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 ch-StGB oder der zweiten Instanz folgend sogar wegen Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 ch-StGB[59] strafbar gemacht hat.

Gemäß Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 ch-StGB macht sich wegen Veruntreuung strafbar, wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmäßig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet. Die relevante Rechtsfrage im vorliegenden Fall war, ob dem Beschwerdeführer als Präsidenten des Stiftungsrates und alleinigem Geschäftsführer der Stiftung das Stiftungsvermögen i.S.d. Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB anvertraut worden war. Vermögenswerte gelten nach der Rechtsprechung[60] als anvertraut, wenn der Treuhänder ohne Mitwirkung des Treugebers über diese verfügen kann, wobei er hierbei allerdings verpflichtet ist, sie in bestimmter Weise im Interesse des Treugebers zu verwenden, insbesondere sie zu verwahren, zu verwalten oder einem anderen abzuliefern. Der Beschwerdeführer stellte sich auf den Standpunkt, dass er als Organ der Stiftung gehandelt habe und deshalb die Vermögenswerte nicht als anvertraut gelten können. Das Bundesgericht folgte dieser Auffassung mit einem Hinweis auf die spezielle Natur einer Personalvorsorgestiftung nicht. Das höchste Schweizer Gericht bestätigte deshalb die Verurteilung wegen Veruntreuung (sowie anderen Vermögensdelikten wie Betrug) durch die Vorinstanz.

c) Bemerkung

Mit diesem Entscheid bestätigt das Bundesgericht seine bereits im Jahr 2007 vertretene Auffassung (BGE 6P.183/2006 E. 16.2.), nach welcher Stiftungsorganen das Stiftungsvermögen grundsätzlich anvertrautist und daher Gegenstand einer Veruntreuung i.S.d. Art 138 Ziff. 1 Abs. 2 ch-StGB sein kann.[61] Im Gegensatz dazu können Organe privatrechtlicher Körperschaften das Vermögen der hinter ihnen stehenden juristischen Person nicht veruntreuen, sich aber einer ungetreuen Geschäftsbesorgung strafbar machen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass etwa bei Handelsgesellschaften eine auf Gewinn abzielende wirtschaftliche Tätigkeit im Vordergrund stehe und nicht bloß – wie beim Treuhänder – die technische Verwaltung bzw. Werterhaltung der anvertrauten Vermögenswerte.[62]

3) Verurteilung eines Bankmitarbeiters wegen Lieferung von Bankkundendaten an Deutschland

a) Sachverhalt

In der Affäre um die Lieferung von Bankkundendaten auf sog. Steuer-CDs an Deutschland hat das schweizerische Bundesstrafgericht am 15. Dezember 2011 einen ehemaligen Mitarbeiter der Credit Suisse zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.[63] Nach den Feststellungen der schweizerischen Bundesanwaltschaft lag dem folgender Sachverhalt zugrunde: der nun verurteilte Bankmitarbeiter erstellte ab dem Jahre 2007 aus „Zeitvertreib, Leidenschaft sowie historischem Interesse an der Nazizeit“ handschriftliche Notizen von 1’500 bis 25’000 Bankkunden aus Deutschland mit einem Depotwert von CHF 1,8 bis 2 Mrd. Diese bewahrte er in einer Aktentasche auf, welche ihm bei einem Besuch eines Fitnessstudios verloren ging. Diese Tasche geriet in die Hände eines anderen Besuchers des Studios, einem in der Schweiz wohnhaften Österreicher, der später mit den deutschen Steuerbehörden verhandelte und den Verkauf der Daten durchführte. Bevor es hierzu kam, nahm der Österreicher, der sich der der Bedeutung seines Fundes gleich bewusst war, mit dem Bankangestellten Kontakt auf und bot ihm an, ihn für weitere Lieferungen deutscher Bankkunden zu bezahlen, worauf dieser einwilligte. Von den deutschen Behörden erhielt der Österreicher schließlich EUR 2.5 Mio; rund EUR 320’000 hiervon flossen an den Bankangestellten. Aufgrund von Pressemitteilungen eröffnete die Bundesanwaltschaft ein Verfahren gegen Unbekannt und nahm im September 2010 den österreichischen Haupttäter fest. Dieser beging zwei Wochen später in der Untersuchungshaft Suizid. Am 15. September 2010 wurde der nun verurteilte Bankangestellt festgenommen und verbrachte anschließend 155 Tage in Untersuchungshaft.

b) Urteil

Bei diesem ersten Urteil gegen einen „Datendieb“ entschied das Bundesstrafgericht in einem sog. abgekürzten Verfahren[64] über die Anklage der schweizerischen Bundesanwaltschaft und verurteilte den ehemaligen Credit Suisse-Mitarbeiter wegen qualifiziertem wirtschaftlichen Nachrichtendienst (Art. 273 ch-StGB[65]; diese Norm schützt den Staat, indem Spitzeltätigkeiten zwecks Erhaltung der nationalen Wirtschaft abgewehrt werden sollen), Geldwäscherei (Art. 305bis ch-StGB), der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses (Art. 162 ch-StGB[66]) und der Verletzung des Bankgeheimnisses (Art. 47 BankG). Das ausgefällte Strafmaß von zwei Jahren bedingt war dabei nach der Urteilsbegründung „knapp am unteren Ende von dem, was das Gericht noch als angemessen ansieht.“ Das Gericht sah es aber als noch vertretbar an, da der Bankmitarbeiter nicht der Drahtzieher der Affäre gewesen sei.

c) Bemerkung

Die vom Bundesstrafgericht festgestellte Strafbarkeit des schweizerischen Bankmitarbeiters findet weitestgehend Zustimmung in der schweizerischen Lehre. Anders stellt sich dies in Bezug auf die Strafbarkeit des deutschen Datenempfängers nach schweizerischem Recht dar, über welchen das Bundesstrafgericht aber nicht urteilte. Hier geht Eicker davon aus, dass, da der Datenankauf in Deutschland stattgefunden habe, aufgrund des Territorialitäts- und Ubiquitätsprinzips deutsches Strafrecht anwendbar sei (§§ 3 und 9 Abs. 1 d-StGB).[67] Die Ankäufer hätten sich deswegen nicht nach schweizerischem Strafrecht strafbar gemacht. Delnon und Niggli halten die Schlussfolgerungen Eickers zur Strafbarkeit des Datenkäufers für unzutreffend.[68] Art. 273 ch-StGB sei ein Staatsschutzdelikt und gem. Art. 4 ch-StGB zu verfolgen, unabhängig davon, ob die Tat in der Schweiz oder im Ausland begangen worden sei. Dass hier dennoch eine Lösung nach politischer Opportunität und nicht nach dem Recht gesucht werde, bezeichnen die Autoren deswegen gar als „skandalös“. Erwartungsgemäß widerspricht Eicker den Ausführungen der vorgenannten Autoren in seiner Replik.[69] Eine Strafbarkeit des Datenkäufers gem. Art. 273 Ziff. 1 Abs. 3 ch-StGB lehnt er beispielsweise mit dem Hinweis auf ungenügende Bestimmtheit dieser Vorschrift ab. Auch eine Anstiftung zu den Staatsschutzdelikten sieht er nicht, da die Person des Angestifteten in den Äußerungen deutscher Politiker und Behördenvertreter nicht ausreichend bestimmt sei. Beihilfe komme ebenfalls nicht in Frage, da die psychische Einwirkung auf den Täter nicht stark genug sei.

 

4) Herausgabe von Kundendaten einer Bank

Neben dem Datenverlust durch den Ankauf von sog. „Steuer-CDs“ durch deutsche Strafverfolgungsbehörden[70], beschäftige die Schweiz auch die Frage nach der staatlich veranlassten Herausgabe von Bankkundendaten.[71] Diese „unendliche Geschichte“ beschäftigte mehrere Behörden und Gerichte, so dass die nachfolgenden Ausführungen als Verfahrensdokumentation zu verstehen sind.

Am 19. Februar 2009 wies die schweizerische Finanzmarktaufsicht FINMA die UBS AG per Verfügung an, Daten von Bankkunden mutmaßlicher Steuerhinterzieher an die US-amerikanischen Behörden – genauer: dem Departement of Justice und allfälligen anderen, mit der Verfolgung von Steuerdelikten befassten Behörden – herauszugeben. Die UBS stand zum damaligen Zeitpunkt unter enormen Druck durch die amerikanischen Behörden, die der Großbank mit einer Strafklage drohten. Eine Klage in den USA hätte die UBS, die bereits in der Finanzkrise in Bedrängnis geraten war und vom Staat gerettet werden musste, in noch größere Schwierigkeiten gebracht. Für den Schweizer Finanzplatz und allenfalls sogar für die gesamte Volkswirtschaft der Schweiz hätte ein Kollaps der UBS verheerende Konsequenzen gehabt.

Von sich aus konnte die Bank die Daten jedoch nicht herausgeben, da sie sonst das Bankgeheimnis (Art. 47 BankG) verletzt hätte. Deshalb ordnete die FINMA die Herausgabe an. Mit Urteil vom 5. Januar 2010 stellte das Bundesverwaltungsgericht dann allerdings die Rechtswidrigkeit der FINMA-Verfügung fest. Das Gericht sprach der Maßnahme eine genügende gesetzliche Grundlage ab.[72]

In der Zwischenzeit, am 19. August 2009, war zwischen der Schweiz und den USA ein Abkommen geschlossen worden, in welchem vorgesehen war, dass die Schweiz „Amtshilfe“ betreffend ca. 4’450 UBS-Kunden in Fällen von Steuerbetrug, aber auch in bestimmten Fällen von Steuerhinterziehung, leisten würde.[73] In diesem Übereinkommen verpflichteten sich die US-Behörden endgültig, von einer Strafklage gegen die UBS abzusehen.

In einem Urteil vom 21. Januar 2010 kam das Bundesverwaltungsgericht[74] indes zum Schluss, dass auch das Abkommen nicht über alle Zweifel erhaben sei, da es dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den USA[75] widerspreche und Letzteres Vorrang habe[76]. Im Anschluss an dieses Urteil unterzeichneten die Schweiz und die USA ein Änderungsprotokoll zum UBS-Amtshilfeabkommen vom 19. August 2009 (im Folgenden: UBS-Zusatzübereinkommen 2010), welches zunächst einmal vorläufig angewendet wurde. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde dieses UBS-Zusatzübereinkommen 2010 von der Schweizerischen Bundesversammlung – dem Parlament – in Bern förmlich genehmigt. Den „richterlichen Segen“ erhielt es in einem Piloturteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2010[77] sowie in verschiedenen im Anschluss daran ergangenen Urteilen desselben Gerichts.

Das besagte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2010 erweist sich in verschiedenen Punkten als rechtsstaatlich fragwürdig und wird denn auch heftig kritisiert.[78] Die Grundproblematik des Urteils liegt darin, dass es sich bei der dem ganzen Verfahren zugrunde liegenden Anfrage der USA nach Herausgabe von UBS-Kundendaten bei richtiger Betrachtung nicht um Amts-, sondern vielmehr um Rechtshilfe gehandelt hat, womit grundsätzlich die Verfahrensvorschriften der EMRK, aber auch der Schweizerischen Bundesverfassung hätten angewandt werden müssen. Das Bundesverwaltungsgericht verneint indes die Anwendbarkeit der Verfahrensgarantien der EMRK wie auch der Schweizerischen Bundesverfassung, indem es das ganze Verfahren unter dem Titel der „Amtshilfe“ abhandelt; dies obwohl die US-amerikanische „Criminal Investigation Division“ der „International Revenue Service“ (IRS) auch zur Eröffnung von Strafverfahren ermächtigt ist und obwohl sämtlichen von der „Amtshilfe“ betroffenen Kontoinhabern, welche sich nicht „freiwillig“ für schuldig bekennen, ein Strafverfahren mit empfindlichen Strafdrohungen droht[79]. In der Literatur wird zum einen kritisiert[80], dass die von der „Criminal Investigative Division“ der IRS eröffneten Strafverfahren gegen UBS-Kontoinhaber, deren Daten gestützt auf das UBS-Zusatzübereinkommen 2010 an die USA übermittelt worden sind, zentrale Anforderungen von Art. 6 und 7 EMRK und von Art. 4 des 7. Protokolls der EMRK nicht erfüllen würden, weshalb die Schweiz unter dem Titel der Rechtshilfe gar keine Kontoinformationen an die USA hätte übermitteln dürfen. Als unzulässig werden in diesem Zusammenhang insbesondere die öffentlichen Anprangerungen (vorrangig im Internet) der „Steuersünder“ in den USA und die Tatsache der im Zusatzübereinkommen 2010 vorgesehenen Rückwirkung der Strafbarkeitsvoraussetzungen genannt.

Zum anderen wird aber auch das Schweizerische Verfahren, in welchem die gestützt auf das Zusatzübereinkommen an die USA übermittelten Kundendaten erhoben worden sind, als nicht verfassungsmäßig und die in der EMRK garantierten Verfahrensgarantien nicht wahrend qualifiziert. Ein wesentliches Problem wird in diesem Zusammenhang darin gesehen, dass die UBS AG von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) als Untersuchungsinstanz eingesetzt worden ist und gewissermaßen als Erfüllungsgehilfe der ESTV die von den USA angeforderten Kundendaten erhoben hat. In diesem Zusammenhang wird zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die UBS AG keinesfalls als unabhängige Instanz qualifiziert werden kann, sondern von der ESTV überwacht und kontrolliert worden ist. Zudem hatte die UBS AG ganz offensichtlich eigene Interessen, die Forderungen aus den USA zu erfüllen, um damit das der Bank drohende Strafverfahren abzuwenden. Den betroffenen Bankkunden wurden also bereits im Verfahren in der Schweiz die ihnen eigentlich gemäß Art. 6 EMRK, aber auch gemäß Art. 29 Abs. 1 und 2 BV, sowie Art. 32 Abs. 2 BV zukommenden Verfahrensrechte unrechtmäßig entzogen. Ganz abgesehen davon erweist sich die Begrenzung der „Amtshilfe“ gemäß UBS-Zusatzübereinkommen 2010 auf ca. 4’450 UBS-Kunden als unzulässige Diskriminierung dieser der Begehung von Steuerdelikten verdächtigter Bankkunden gegenüber anderen mutmaßliche Steuerdelinquenten, welche von diesem Übereinkommen nicht erfasst werden.

5) Weitere Urteile – knapp zusammengefasst

Im Urteil BGE 136 IV 127[81] hatte sich das Bundesgericht mit einem leitenden Bankangestellten zu befassen, der ein Brüderpaar dabei unterstützte, von ihnen angeworbene ausländische Investoren finanziell zu erleichtern. Das Brüderpaar hatte die Investoren mit hohen Gewinnversprechen dazu bewogen, Geld auf Konten bei der entsprechenden Bank zu überweisen. Das Geld sollte dann von einem kollektiven Anlagevehikel, das bei der selben Bank lagerte, investiert werden. Die beiden Brüder bereicherten sich daraufhin persönlich aus dem Anlagevehikel. Der leitende Bankangestellte hatte verschiedene Transaktionen zwischen den Konten und dem Anlagevehikel selbst ausgeführt. Auch die „Investitionen“ des Anlagevehikels liefen über seinen Tisch. Das Bundesgericht bestätigte eine Verurteilung wegen Gehilfenschaft zur Veruntreuung (Art. 138 i.V.m. 25 ch-StGB) und wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften (Art. 305ter ch-StGB). Betreffend des zweitgenannten Tatbestands konkretisierte es seine Rechtssprechung zur Dokumentationspflicht.

Eine prozessrechtliche Angelegenheit hatte das höchste Schweizer Gericht im BGE 136 IV 92 zu beurteilen.[82] Es stellte zunächst fest, dass Art. 93 Bundesgerichtsgesetz (BGG), der die Beschwerdemöglichkeiten gegen Vor- und Zwischenentscheide regelt, auch auf die Entscheide über Zwangsmaßnahmen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts anwendbar ist. Das Bundesgericht verneinte jedoch einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil durch die in Frage stehende Beschlagnahme von Bankdokumenten in einer Strafuntersuchung wegen Geldwäscherei und ungetreuer Amtsführung.

Der Inhaber einer Bäckerei in Bern wurde von den ersten zwei Instanzen wegen Geldwäscherei verurteilt, nachdem er für seinen langjährigen Chauffeur ohne Gegenleistung zwei Checks über CHF 60’000 bei der Bank eingelöst hatte. Das Bundesgericht hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob dem Bäckereiinhaber ein Eventualvorsatz hinsichtlich der verbrecherischen Vortaten (Drogenhandel etc.) vorzuwerfen ist. Der Bäckereiinhaber hatte den Beteuerungen seines Chauffeurs geglaubt, das Geld stamme aus einem Immobilienverkauf in der Heimat des Chauffeurs. Zudem waren die Checks von einem Berner Notar (!) ausgestellt worden. Das Bundesgericht folgte den Vorinstanzen nicht und sprach den Bäckereiinhaber vom Vorwurf der Geldwäscherei frei. Das höchste Schweizer Gericht wies insbesondere darauf hin, dass hohe Geldbeträge nicht per se ein Anhaltspunkt für eine deliktische Herkunft des Geldes seien.[83]

Das Bundesgericht anerkannte die Urkundenqualität der Jahresrechnung einer Aktiengesellschaft, obwohl diese weder von der Generalversammlung abgenommen, noch von der Revisionsstelle geprüft worden war. Die Nichtverbuchung von Provisionseinnahmen in die Buchhaltung einer Gesellschaft wurde als Urkundenfälschung gemäß Art. 251 ch-StGB[84] qualifiziert. Auch eine nachträgliche Verbuchung könne daran nichts ändern – die Wiedergutmachung kann nicht die Strafbarkeit der vorausgegangenen strafbaren Handlung beseitigen.

Gemäß einem bisher nicht publizierten Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 3. September 2010 (DG090293) erfüllt das Ausnützen von vertraulichen Informationen über eine bevorstehende Kundentransaktion zum eigenen Vorteil – das sog. Frontrunning – den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung.[85] Als Portfoliomanager und Kadermitglied einer Bank (Prokurist) erfüllte der Täter nach Ansicht des Bezirksgerichts die Voraussetzungen, welche das Sonderdelikt Art. 158 ch-StGB an einen Täter stellt. Auch verfügte er über das erforderliche Maß an Selbständigkeit, da er die konkreten Handelsentscheidungen betreffend Aktienanlagen – trotz einer vorgegebenen Anlagepolitik – eigenverantwortlich fällte. Rechtsgrund seiner Treuepflicht stellt der abgeschlossene Arbeitsvertrag mit der Geschädigten dar. Die Treuepflichtverletzung erblickte das Gericht darin, dass der Täter für die durch ihn verwalteten Portfolios der Geschädigten Aktientransaktionen durchführte, für welche überhöhte Preise bezahlt wurden. Dabei wurden die Preise durch gezielte Manipulationen zum eigenen Vorteil in die Höhe getrieben.[86]

[1] Vgl. dazu Suter, Strafverteidigung auf dem Gebiet der Wirtschaftskriminalität (2001), S. 14 ff.
[2] Zur Verteidigung in Wirtschaftsstraffällen in der Schweiz vgl. Strafverteidigung, 2002 (Hrsg. Niggli/Weissenberger) Baumgartner, S. 297 ff.
[3] Für die Entwicklung im Wirtschaftsstrafrecht der vorhergehenden Jahre vgl. Weber, Aktuelle Entwicklungen im Wirtschaftsstrafrecht, in: Jusletter vom 23. Juni 2008; für die Entwicklung im gesamten Strafrecht vgl. die Übersichten von Donatsch/Cavallo, Entwicklungen im Strafrecht, SJZ 107 (2011), S. 521 ff.; Donatsch/Käser, Entwicklungen im Strafrecht, SJZ 106 (2010), S. 541ff. und Donatsch/Frei, Entwicklungen im Strafrecht, SJZ 105 (2009), S. 524 ff.

[4] Die geltende Fassung des Kartellgesetzes ist abrufbar unter http://www.admin.ch/ch/d/sr/2/251.de.pdf (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011). Zum schweizerischen Kartellrecht allgemein vgl. Basler Kommentar (BSK) zum Kartellgesetz (Hrsg.: Amstutz/Reinert), 2010.

[5] Die in den Art. 54 und 55 KG vorgesehenen Strafsanktionen richten sich gegen natürliche Personen, stellen aber nicht die Mitwirkung an der Kartellabrede, sondern den Verstoss gegen Verfügungen der Wettbewerbsbehörde unter Strafe. Anders als im deutschen Strafrecht (§ 298 d-StGB) finden sich im ch-StGB keine Strafnormen, welche wettbewerbsbeschränkende Absprachen unter Strafe stellen.

[6] Erläuternder Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Teil 2: Umsetzung der Motion Schweiger (07.3856), S. 6 ff., abrufbar unter: http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/2008/Bericht_KG_Schweiger.pdf (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[7] Erläuternder Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Teil 2: Umsetzung der Motion Schweiger (07.3856), S. 4 ff., abrufbar unter: http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/2008/Bericht_KG_Schweiger.pdf (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011). Zustimmend Hirsbrunner/Werner, Überholt das schweizerische Kartellrecht das europäische Vorbild?, in: Jusletter vom 20. September 2010.

[8] Schreiben des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement vom 30. März 2011, abrufbar
unter: http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/2008/Brief_Org_de.pdf (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[9] Vgl. dazu auch Lehner, Aktuelle Fragen des Schweizer Kartellrecht – Bericht zur Tagung der Studienvereinigung Kartellrecht und des Instituts für Wirtschaftsrecht der Universität Bern vom 1. Juli 2011, in Jusletter vom 22. August 2011, Rz. 27 ff.; Ablehnend auch Lüscher, Der Ruf nach einem wirksameren und gerechteren Kartellstrafrecht – Ein irritierender Ruf?, in: Jusletter vom 15. März 2010.

[10] Im Kartellverfahren gegen das schweizerische Mobilfunkunternehmen Swisscom auferlegte die WEKO dieser eine kartellrechtliche Buße in Höhe von 333 Mio. CHF. Dieser Entscheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Februar 2010 (B-2050/2007; das Urteil findet sich unter: http://www.bvger.ch/publiws/pub/cache.jsf?displayName=B-2050/2007&;;decisionDate=2010-02-24; zuletzt besucht am 21. Dezember 2011) aufgehoben, was das Bundesgericht mit Urteil vom 11. April 2011 (2C_343/2010 und 2C_344/2010C; eine Pressemitteilung findet sich unter: http://www.bger.ch/mm_2c_343_2010_2c_344_2010_d.pdf; zuletzt besucht am 21. Dezember 2011) höchstrichterlich bestätigte. Beide Urteile bejahen den Strafcharakter der ausgefällten Kartellsanktion und mahnen ausdrücklich an, dass auch im Kartellverfahren die Verfahrensvoraussetzungen der EMRK gelten.

[11] Vgl. eingehend Basler Kommentar zum Kartellgesetz, 2010 (Hrsg.: Amstutz/Reinert) – Niggli/Riedo, Vor. 6. Abschnitt N 25 ff. (43) m.w.H., Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.2.2010 (B-2050/2007), E. 4.2 ff.; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.4.2010 (B 2977/2007), E. 8.1.1.1 und 8.2.2.2, je m. weit. Nachw.

[12] Handkommentar Kartellgesetz, 2007 (Hrsg.: Baker&McKenzie) – Reinert, Art. 50 N 9, Art. 52 N 11.

[13] Abrufbar unter http://www.evd.admin.ch/aktuell/00120/index.html?lang=de&;;msg-id=42256 (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[14] Zum derzeitigen Stand des Insiderhandels (Art. 161 ch-StGB) und der Kursmanipulation (Art. 161bis ch-StGB) vgl. Basler Kommentar Strafrecht II, 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Peter, Art. 161 N 1 ff. und BSK Strafrecht II – Amstutz/Reinert, Art. 161bis N 1 ff., Leuenberger, Die materielle kapitalmarktstrafrechtliche Regulierung des Insiderhandels de lege lata und de lege ferenda in der Schweiz (2010), Basler Kommentar Börsengesetz (BEHG)/Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG), 2. Aufl. 2010 (Hrsg.: Watter/Vogt) – Trippel/Urbach, Art. 161 und Art. 161bis StGB.

[15] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 15,
abrufbar unter:http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[16] Jurius, Börsengesetz: Bundesrat will härtere Strafen für Börsendelikte, Jusletter 5. September 2011, Rz. 10.

[17] Daeniker/Lambert, Kann ein Manager überhaupt noch Aktien seiner Gesellschaft erwerben?, in: GesKR 2008, S. 359.

[18]NZZonline vom 1. April 2011, abrufbar unter: http://www.nzz.ch/finanzen/nachrichten/amerikanisierung_bei_der_verfolgung_von_boersendelikten_1.10104300.html (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011). Dass im Börsenbereich strafrechtliche Verfahren häufig nicht einer Verurteilung führen, zeigte auch der Fall OC Oerlikon exemplarisch. Vgl. dazu Jurius, Freispruch für Vekselberg, Pecik und Stumpf im Fall OC Oerlikon, Jusletter 27. September 2010.

[19] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 15, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/0228/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[20] Übereinkommen des Europarates vom 16. Mai 2005 über Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten.

[21] Erläuternder Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (Börsendelikte und Marktmissbrauch), S. 5, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01634/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011); vgl. dazu auch Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht und internationale Standards, 3. Aufl. 2010, S. 329.

[22] Erläuternder Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (Börsendelikte und Marktmissbrauch), S. 11, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01634/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[23] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 13 ff. und S. 32 ff., abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[24] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 14, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[25] Zur Frage, inwiefern auch andere Marktplätze als Wertpapierbörsen unter den Tatbestand des Art. 161bis ch-StGB fallen können, vgl. Zumach, Rohwarenhandel und Marktmanipulation, Jusletter vom 28. November 2011.

[26] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 14, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[27] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 35, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[28] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, S. 9 und 16, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[29] Erläuternder Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (Börsendelikte und Marktmissbrauch), S. 19, abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01634/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[30] Vorabdruck zur Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes vom 31. August 2011, 16 und 35 f., abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02282/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[31] Vgl. dazu auch Donatsch/Heimgartner/Simonek, Internationale Rechtshilfe unter Einbezug der Amtshilfe im Steuerrecht, 2011, S. 144 ff.

[32] Botschaft in BBl 2011 485, abrufbar unter: http://www.admin.ch/ch/d/ff/2011/485.pdf (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[33] Medienmitteilung abrufbar unter: http://www.efd.admin.ch/00468/index.html?lang=de&;;;msg-id=42813 (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[34] Abrufbar unter: http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/24360.pdf (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[35] Siehe dazu Kubaile/Nelsen, Das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland, in: ST 12/2011, abrufbar unter: http://www.treuhaender.ch/de/ProductDetail.aspx?prdtName=Das_Steuerabkommen_zwischen_der_Schweiz_und_Deutschland&;;from=rubrik (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[36] Zu alldem auch Thebrath, Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, in: Jusletter vom 31. Oktober 2011.

[37] Abrufbar unter: http://www.estv.admin.ch/intsteuerrecht/themen/00170/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[38] Abrufbar unter: http://www.estv.admin.ch/intsteuerrecht/themen/00170/index.html?lang=de (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[39] Donatsch/Heimgartner/Simonek, Internationale Rechtshilfe unter Einbezug der Amtshilfe im Steuerrecht, 2011, S. 151; Basler Kommentar zum Schweizerischen Strafprozessordnung, 2011,(Hrsg.: Niggli/Herr/Wiprächtiger) – Gless, Art. 141 N 81 m.w.Hinw.

[40] Vgl. dazu auch das Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2011.21 vom 15. Dezember 2011 unten unter C.3. und Wyss, Illegal beschaffte Daten – eine Grundlage für Internationale Amts- und Strafrechtshilfe in Fiskalsachen?, AJP 2011, S. 731-738.

[41] Thebrath, Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, in: Jusletter vom 31.Oktober 2011, Rz. 42 ff.

[42] Vgl. dazu auch unten unter III. 3.

[43] Dazu Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Niggli,Art.158 N 1 ff.

[44] Abrufbar unter: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20083806 (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[45] Abrufbar unter: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20083930 (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[46] Zu den heute geltenden Verjährungsfristen, welche in Art. 97 ch-StGB geregelt sind vgl. Basler Kommentar Strafrecht I 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Müller, Vor Art. 97 N 1 ff.

[47] In diesem Fall wurden von Firmen mit Sitz in der Schweiz im Zusammenhang mit Ölkäufen illegale Zahlungen geleistet und humanitäre Güter an den Irak zu mutmasslich überhöhten Preisen geliefert.

[48] Im Nachgang zum Konkurs der Swissair waren verschiedene Exponenten angeklagt worden.

[49] Vgl. die Medienmitteilung, abrufbar unter: http://www.esbk.admin.ch/content/bj/de/home/dokumentation/medieninformationen/2011/ref_2011-10-120.html (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[50] Abrufbar unter: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20080508 (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[51] So auch in Jositsch/Schmid, Neue Tendenzen bei der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Organe, AJP 2010, S. 435.

[52] Jositsch/Schmid, Neue Tendenzen bei der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Organe,AJP 2010, S. 438.

[53] So auch der Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 05.05.2009 betreffend die Parlamentarische Initiative vom 17.12.2008 (Geschäft 08.508), abrufbar unter: http://www.parlament.ch/d/sessionen/sessionsvorschau/Documents/vorschau-hs-2009-nr.pdf, S.100 (zuletzt besucht am 21. Dezember 2011).

[54] Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Niggli, Art.158 N6, 9; Donatsch, Aspekte der ungetreuen Geschäftsbesorgung nach Art. 158 StGB, ZStrR 114 (1996), S. 203.

[55] Vgl. dazu Roberto/Petrin in: Verantwortlichkeit im Unternehmen, 2007 (Hrsg.: Niggli/Amstutz), S. 70 ff.
[56] Zur Geldwäscherei ausführlich und mit zahlreichen Hinweisen Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Pieth, Art. 305bis N 1 ff. und Basler Kommentar Börsengesetz/Finanzmarkt–aufsichtsgesetz, 2. Aufl. 2010 (Hrsg.: Watter/Vogt) – Schwab/Stupp, Art. 305bis StGB.

[57] BGE 136 IV 188. Das auf französisch abgefasste Urteil ist in der Zeitschrift „Die Praxis“, 2011, S. 558 ff. auf deutsch übersetzt.

[58] So ist etwa Pieth der Meinung, dass Art. 9 Geldwäschereigesetz (GwG) keine rechtliche Handlungspflicht des Finanzintermediärs begründe (Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Pieth, Art. 305bis N 45).

[59] Zu Art. 138 ch-StGB, der im weitesten Sinne der in § 246 Abs. 2 d-StGB geregelten veruntreuenden Unterschlagung entspricht, vgl. Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Niggli/Riedo, Art.138 N 1 ff.

[60] Entscheid des Bundesgerichts 6P.183/2006 E. 15.4.1.; BGE 120 IV 117 E 2. b.; BGE 133 IV 21 E. 6.2.

[61] Vgl. dazu auch die Anm. von Konopatsch, Digitaler Rechtsprechungs-Kommentar, Push-Service Entscheide, publiziert am 6. Dezember 2010.

[62] Rehberg/Schmid/Donatsch, Strafrecht III – Delikte gegen den Einzelnen (2003) § 7, 116, § 29, 257 f.; Donatsch, Strafrecht III – Delikte gegen den Einzelnen (2008) § 7 N 127, § 30 N 281; ders., Aspekte der ungetreuen Geschäftsbesorgung gemäß Art. 158 Ziff. 1 StGB in der Aktiengesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Delegation von Kompetenzen durch den Verwaltungsrat, ZStrR 98 (2002), S. 25; ders., Aspekte der ungetreuen Geschäftsbesorgung nach Art. 158 StGB, ZStR 92 (1996), S. 219; Urbach, Die ungetreue Geschäftsbesorgung gemäß Art. 158 StGB (2002) 160f.; Lanzer/Ryser, Strafrechtliche Aspekte der Financial Assistance, GesKR 2008, S. 41.

[63] Geschäftsnummer: SK.2011.21. Vgl. dazu auch Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 13. Dezember 2011, S. 13, und vom 16. Dezember 2011, S. 12.

[64] Das abgekürzte Verfahren (Art. 358 ff. ch-StPO) entspricht in seinen Grundzügen der in § 257 c d-StPO geregelten Verständigung in Strafsachen; vgl. dazu auch Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2010, N 1374 ff. m.w.Hinw.

[65] Zu Art. 273 ch-StGB vgl. Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Hopf, Art. 273 N 1 ff. und Stratenwerth/Bommer, Schweizerisches Strafrecht Besonderer Teil II, 6. Aufl. 2008, § 44 N 22 ff.

[66] Zu Art. 162 ch-StGB vgl. Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Amstutz/Reinert, Art.162 N 1 ff.

[67] Eicker, Zur Strafbarkeit des Kopierens und Verkaufens sowie des Ankaufens von Bankkundendaten als schweizerisch-deutsches Tatgeschehen, in: Jusletter vom 30. August 2011.

[68] Delnon/Niggli, Verkaufen und Kaufen von strafbar erlangten Bankkundendaten durch ausländische Behörden als schweizerisch-deutsches Tatgeschehen – Eine Anmerkung zum Aufsatz von Andreas Eicker, in: Jusletter vom 8. November 2010.

[69] Eicker, Ist die im Ausland geäusserte Bereitschaft, in der Schweiz illegal erlangte Daten anzukaufen, wirklich als Staatsschutzdelikt verfolgbar? – Eine Duplik zu den Anmerkungen von Vera Delnon und Marcel Alexander Niggli, in: Jusletter vom 10. Januar 2011.

[70] Vgl. dazu auch ausführlich oben III. 3.

[71] Kaufmann/Götze, Entwicklungen im Staatsrecht, SJZ 2010, S. 593 f.

[72] In seinem Urteil 2C_127/2010 vom 15. 7. 2011 kam dann allerdings das Bundesgericht mit dem Hinweis auf die polizeiliche Generalklausel zum Schluss, dass die Datenherausgabe durch die FINMA trotzdem rechtmässig war, obwohl eine genügende gesetzliche Grundlage gefehlt hatte.

[73] In der Schweiz ist nur der Steuerbetrug nach Art. 146 ch-StGB strafbar; die Steuerhinterziehung ist dagegen regelmässig nach kantonalem Recht (für die kantonal geregelten Steuern, etwa die Einkommenssteuer) bzw. Verwaltungsstrafrecht (für die Bundessteuern wie etwa die Mehrwertsteuer) nur mit Buße bedroht (vgl. dazu Basler Kommentar Strafrecht II 2. Aufl. 2007 (Hrsg.: Niggli/Wiprächtiger) – Arzt, Art.146 N 139; zum Verwaltungsstrafrecht und dem dort einschlägigen Art. 14 VStrR vgl. Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsstrafprozessrecht (2011), S. 104 ff.)

[74] Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4013/2010 vom 15. Juli 2010.

[75] DBA-USA von 1996.

[76] Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-7789/2009 vom 21. Januar 2010.

[77] Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4013/2010 vom 15. Juli 2010.

[78] Vgl. Schweizer, Der Rechtsstaat und die EMRK im Fall der Kunden der UBS AG, AJP 8/2011, S. 1007 ff.

[79] In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob die unabhängig vom Strafverfahren („criminal penalty“) vorgesehenen „civil penalties“ aus Schweizer Sicht strafrechtlichen Charakter aufweisen, was wohl zu bejahen ist.

[80] Vgl. Schweizer, Der Rechtsstaat und die EMRK im Fall der Kunden der UBS AG, AJP 8/2011, S. 1010.

[81] Das auf französisch abgefasste Urteil ist in der Zeitschrift „Die Praxis“, 2011, S. 405 ff. auf deutsch übersetzt.

[82] Das auf französisch abgefasste Urteil ist in der Zeitschrift „Die Praxis“, 2011, S. 68 ff. auf deutsch übersetzt.

[83] Urteil des Bundesgerichts 6B_321/2010 vom 25. August 2010; vgl. dazu auch die Anm. von Konopatsch, Digitaler Rechtsprechungs-Kommentar, Push-Service Entscheide, publiziert am 28. Juni 2011.

[84] Zur Urkundenfälschung siehe BSK Strafrecht II, 2. Aufl. 2007 (Hrsg. Niggli/Wiprächtiger) – Boog, Art. 251 N 1 ff.

[85] Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 6. September 2010, S. 23; König, Frontrunning zahlt sich nicht aus – oder: die ersten werden die letzten sein, Jusletter 06.12.2010.

[86] Zur Zeit der Tatbegehung im Jahre 2000 bis 2001 umfasste der Insidertatbestand im Sinne von Art. 161 ch-StGB das Ausnützen der Kenntnis um Kundentransaktionen nicht. Durch Streichung der Beschränkung des Insidertatbestandes auf bestimmte Ereignisse (Art. 3) per 1. Oktober 2008 untersagt Art. 161 ch-StGB nun generell das Ausnützen von vertraulichen Tatsachen, deren Bekanntwerden den Kurs von in der Schweiz börslich oder vorbörslich gehandelten Aktien und anderen Effekten in voraussehbarer Weise beeinflussen werden. Zur bevorstehenden Neufassung des Insidertatbestandes als Art. 40 E-BEHG vgl. oben unter B.2.

Autorinnen und Autoren

  • Friedrich Frank
    Nach dem Studium an der Universität Tübingen assistierte Friedrich Frank an der Universität Bern und arbeitete als Rechtsanwalt in Stuttgart sowie als Tutor für Wirtschaftsstrafrecht an der Universität St. Gallen (HSG). Er besitzt die deutsche und die bernische Rechtsanwaltszulassung, ist Fachanwalt SAV Strafrecht und arbeitet als Anwalt bei der Kanzlei Jetzer Frank in Zürich, ausschliesslich im Bereich Strafrecht.
  • Bernhard Isenring
    Bernhard Isenring studierte an der Universität Zürich und promovierte mit einer Dissertation zum Schweizerischen Untreue-Tatbestand ("Die Strafbarkeit des direkten bürgerlichen Stellvertreters nach Art. 158 Ziff. 2 StGB"). Er arbeitete als Assistent an den Universitäten Zürich und St. Gallen und erwarb nach Abschluss verschiedener Rechtspraktika das sankt gallische Anwaltspatent. Seit 2008 arbeitet er als Rechtsanwalt in Zürich.
  • Patrick Götze
    Patrick Götze studierte an den Universitäten Zürich und Tours (F) und assistierte an der Universität Zürich. Er promoviert im Bereich Finanzmarktrecht und arbeitet bei einer Rechtsanwaltskanzlei in Zürich.
  • Stefan Wehrenberg
    Stefan Wehrenberg studierte an der Universität Zürich. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und Partner in zürcherischen Anwaltskanzleien war er Mitglied der Anklagebehörde des Sondergerichts für Sierra Leone in Freetown. Er ist Chef Recht der schweizerischen Militärjustiz und Rechtsberater des Oberauditors. Herr Wehrenberg ist Partner bei Blum&Grob Rechtsanwälte AG und spezialisiert auf Wirtschaftsstrafrecht und internationale Rechtshilfe.

WiJ

  • Dr. Elias Schönborn , Jan Uwe Thiel

    Gesetzliche Regelungen zur Handy-Sicherstellung sind verfassungswidrig (Österreich)

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht