Folker Bittmann

Editorial

Herzlich willkommen zur nunmehr vierten Ausgabe des WiJ. Damit liegt nun ein vollständiger Jahrgang vor. INTERDISZIPLINÄRER AUSTAUSCH; INTERNATIONALE VERNETZUNG; MEHR RECHTSSICHERHEIT SCHAFFEN. Diesen Anspruch der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V. (WisteV), wiedergegeben auf der Abschlussseite der neuen WiJ-Ausgabe, löst diese zum Teil bereits selbst ein. Was sie nicht herzaubern kann, sind, wiewohl sehr wünschenswert, mehr Beiträge von in der Justiz beheimateten Autoren. Sehr hürdenhaft verläuft auch die Diskussion mit der 1. Gewalt. Immerhin war WisteV mit etlichen Mitgliedern an einer gemeinsam von der Hamburger Justizbehörde (dem dortigen funktionellen Justizministerium) und der Bucerius Law School veranstalteten, Judikative, Exekutive, Justizpraktiker und Wissenschafter immerhin örtlich zusammenführenden Diskussion zu den Vorschlägen der Justizministerkonferenz aus dem Herbst 2011 zur Zukunft des Wirtschaftsstrafrechts beteiligt.

Das WiJ 4/12 zeigt im „Länderbericht Österreich“ nicht nur, dass in unserem Nachbarland die Identität von im vorbereitenden Verfahren eingeschaltetem und im Hauptverfahren angehörten Wirtschaftssachverständigen kritischer als in der forensischen Praxis Deutschlands gesehen wird. Ersichtlich ist auch, dass der Österreichische Verfassungsgerichtshof der Justiz eine willkommene Einnahmequelle entriss, indem (erst!) er die Erhebung von Gebühren für selbstgefertigte Kopien für verfassungswidrig erklärte.

Die Wissenschaft findet zumindest in den 5 Rezensionen (mit einem Ausflug über die Grenzen des Wirtschaftsstrafrechts hinaus zu dem Werk Schlothauer/Weiders zum Recht der Untersuchungshaft) ihren Platz. Sie trug jedoch wesentlich auch zum Aufsatz von Felix Walther zur Zukunft des § 299 StGB unter dem Einfluss des EU-Rechts bei, handelt es sich bei dem Autor doch um einen der beiden WisteV-Preisträger 2012, dessen Dissertation zum Themenkomplex Dann im WiJ 2012, 156 f. vorgestellt hat. Der von Walther entwickelte Vorschlag einer Neufassung des Tatbestands (abweichend vom Vorschlag der Bundesregierung aus der vergangenen Legislaturperiode) weist erfreulicherweise keine Kollision mit der Untreuestrafbarkeit gemäß § 266 StGB auf.

Im Spitzenaufsatz zeigt Szesny, wie mühsam es ist, digitale Beweiserhebung angemessen zu begrenzen. Bemerkenswerterweise stellen weniger die teilweise bejahrten Rechtsvorschriften das Hauptproblem dar. Viel schwieriger ist es, mit dem Umfang der Daten in einer für die Bedürfnisse aller Beteiligten erträglichen Form zurechtzukommen. Unsystematische Ablage schreit nach Sicherung und Sichtung aller Daten auf der Festplatte, das Diskretionsbedürfnis Unbeteiligter oder von Erhebungsverboten geschützter Dritter nach dem Gegenteil. Die zu Abhilfezwecken vorgeschlagene Erstellung teilkopierter Daten eröffnet Raum für Streitigkeit über Auswahl und Daten-Identität.

Die mehraktige Darstellung des Arbeitsstrafrechts von Gercke/Leimenstoll, deren erster Teil in dieser Ausgabe zu lesen ist, setzt beinahe schon eine Tradition fort, hatten doch in den ersten drei Ausgaben des WiJ Lenger/Apfel eine Übersicht über das Insolvenzstrafrecht vermittelt. Der Inhalt der neuen Ausgabe wird abgerundet von einer Fortschreibung der Compliance-Standards und, thematisch den Aufsatz von Walther berührend, einem Bericht über eine Tagung in Recklinghausen zur Zukunft des Korruptionsstrafrechts bei Vertragsärzten.

Dieses Editorial soll nicht ohne ein Wort des Gedenkens an den Strafverteidiger, Revisionsspezialisten und Münchener Honorarprofessor Gunter Widmaier abgeschlossen werden, der vor wenigen Wochen auf tragische Weise aus seinem Leben und Schaffen gerissen wurde. Sein Leben und sein Lebenswerk angemessen zu würdigen, gibt es Berufenere als den Autor dieser Zeilen. Gleichwohl dies: Generationsübergreifend und auch für diejenigen, die seinen Lebensweg eher aus der Ferne begleitet haben, war und ist er ein Vorbild – und wird es bleiben.

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Herzlich willkommen zur nunmehr vierten Ausgabe des WiJ. Damit liegt nun ein vollständiger Jahrgang vor. INTERDISZIPLINÄRER AUSTAUSCH; INTERNATIONALE VERNETZUNG; MEHR RECHTSSICHERHEIT SCHAFFEN. Diesen Anspruch der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V. (WisteV), wiedergegeben auf der Abschlussseite der neuen WiJ-Ausgabe, löst diese zum Teil bereits selbst ein. Was sie nicht herzaubern kann, sind, wiewohl sehr wünschenswert, mehr Beiträge von in der Justiz beheimateten Autoren. Sehr hürdenhaft verläuft auch die Diskussion mit der 1. Gewalt. Immerhin war WisteV mit etlichen Mitgliedern an einer gemeinsam von der Hamburger Justizbehörde (dem dortigen funktionellen Justizministerium) und der Bucerius Law School veranstalteten, Judikative, Exekutive, Justizpraktiker und Wissenschafter immerhin örtlich zusammenführenden Diskussion zu den Vorschlägen der Justizministerkonferenz aus dem Herbst 2011 zur Zukunft des Wirtschaftsstrafrechts beteiligt.

Das WiJ 4/12 zeigt im „Länderbericht Österreich“ nicht nur, dass in unserem Nachbarland die Identität von im vorbereitenden Verfahren eingeschaltetem und im Hauptverfahren angehörten Wirtschaftssachverständigen kritischer als in der forensischen Praxis Deutschlands gesehen wird. Ersichtlich ist auch, dass der Österreichische Verfassungsgerichtshof der Justiz eine willkommene Einnahmequelle entriss, indem (erst!) er die Erhebung von Gebühren für selbstgefertigte Kopien für verfassungswidrig erklärte.

Die Wissenschaft findet zumindest in den 5 Rezensionen (mit einem Ausflug über die Grenzen des Wirtschaftsstrafrechts hinaus zu dem Werk Schlothauer/Weiders zum Recht der Untersuchungshaft) ihren Platz. Sie trug jedoch wesentlich auch zum Aufsatz von Felix Walther zur Zukunft des § 299 StGB unter dem Einfluss des EU-Rechts bei, handelt es sich bei dem Autor doch um einen der beiden WisteV-Preisträger 2012, dessen Dissertation zum Themenkomplex Dann im WiJ 2012, 156 f. vorgestellt hat. Der von Walther entwickelte Vorschlag einer Neufassung des Tatbestands (abweichend vom Vorschlag der Bundesregierung aus der vergangenen Legislaturperiode) weist erfreulicherweise keine Kollision mit der Untreuestrafbarkeit gemäß § 266 StGB auf.

Im Spitzenaufsatz zeigt Szesny, wie mühsam es ist, digitale Beweiserhebung angemessen zu begrenzen. Bemerkenswerterweise stellen weniger die teilweise bejahrten Rechtsvorschriften das Hauptproblem dar. Viel schwieriger ist es, mit dem Umfang der Daten in einer für die Bedürfnisse aller Beteiligten erträglichen Form zurechtzukommen. Unsystematische Ablage schreit nach Sicherung und Sichtung aller Daten auf der Festplatte, das Diskretionsbedürfnis Unbeteiligter oder von Erhebungsverboten geschützter Dritter nach dem Gegenteil. Die zu Abhilfezwecken vorgeschlagene Erstellung teilkopierter Daten eröffnet Raum für Streitigkeit über Auswahl und Daten-Identität.

Die mehraktige Darstellung des Arbeitsstrafrechts von Gercke/Leimenstoll, deren erster Teil in dieser Ausgabe zu lesen ist, setzt beinahe schon eine Tradition fort, hatten doch in den ersten drei Ausgaben des WiJ Lenger/Apfel eine Übersicht über das Insolvenzstrafrecht vermittelt. Der Inhalt der neuen Ausgabe wird abgerundet von einer Fortschreibung der Compliance-Standards und, thematisch den Aufsatz von Walther berührend, einem Bericht über eine Tagung in Recklinghausen zur Zukunft des Korruptionsstrafrechts bei Vertragsärzten.

Dieses Editorial soll nicht ohne ein Wort des Gedenkens an den Strafverteidiger, Revisionsspezialisten und Münchener Honorarprofessor Gunter Widmaier abgeschlossen werden, der vor wenigen Wochen auf tragische Weise aus seinem Leben und Schaffen gerissen wurde. Sein Leben und sein Lebenswerk angemessen zu würdigen, gibt es Berufenere als den Autor dieser Zeilen. Gleichwohl dies: Generationsübergreifend und auch für diejenigen, die seinen Lebensweg eher aus der Ferne begleitet haben, war und ist er ein Vorbild – und wird es bleiben.

Autorinnen und Autoren

  • Folker Bittmann
    Nach dem ersten Staatsexamen 1980 in Heidelberg und dem zweiten 1985 in Stuttgart war LOStA a.d. Rechtsanwalt Folker Bittmann zunächst kurze Zeit Rechtsanwalt in Heidelberg. 1986 wechselte er zur Staatsanwaltschaft Darmstadt, 1987 zur Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und übernahm dort nach gut einem halben Jahr ein insolvenzrechtliches Dezernat und 1992 zusätzlich die Koordination der Internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, bevor ihm 1993 die Leitung der Wirtschafts- und Korruptionsabteilungen der Staatsanwaltschaft Halle übertragen wurde. Seit 2005 leitete er die Staatsanwaltschaft Dessau, seit 2007 Dessau-Roßlau. Seit Sommer 2018 ist er Rechtsanwalt bei verte|rechtsanwälte.

WiJ

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht

  • Dr. Max Schwerdtfeger , Philip N. Kroner

    Parlamentarische Untersuchungsausschüsse und parallel geführte Wirtschaftsstrafverfahren

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)