Die Bundesnetzagentur und das Straf- und Bußgeldverfahren
A. Einführung
Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen („BNetzA“) ist allgemein als Regulierungsbehörde bekannt. Weniger bekannt dürfte ihre Rolle im Zusammenhang mit und im Vorfeld von Bußgeld- und Strafverfahren sein. Tatsächlich ist diese Rolle – vergleichbar der der BaFin – jedenfalls potenziell und zukünftig von durchaus erheblicher praktischer Bedeutung.
Die der BNetzA obliegende Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas, der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen sowie der gesamtwirtschaftlich optimierten Energieversorgung (§ 1 Abs. 2 EnWG). Da sich der Preis für Elektrizität nach wettbewerblichen Grundsätzen frei am Markt bilden soll (§ 1a EnWG), liegt nahe, dass die BNetzA als im Wesentlichen national zuständige Regulierungsbehörde aufgerufen ist, Marktmissbrauch durch Marktteilnehmer – im Sinne von Marktmanipulation und Insiderhandel auf den Energiegroßhandelsmärkten – zu verhindern bzw. zu minimieren, aber auch verwaltungs-, bußgeld- und strafrechtlich zu bekämpfen bzw. eine entsprechende Ahndung zu fördern.
B. Allgemeines zur BNetzA
I. Nationale Regulierungsbehörde und Zusammenarbeit mit u.a. Kartellbehörden
Die Aufgaben der Regulierungsbehörde der entsprechenden Märkte nehmen gem. § 54 Abs. 1 EnWG primär die BNetzA und (sekundär) nach Maßgabe des Abs. 2 die jeweiligen Landesregulierungsbehörden wahr. Mangels praktischer Relevanz im vorliegenden Kontext wird auf letztere hier nicht eingegangen.
Die BNetzA wurde als selbständige Bundesoberbehörde dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) untergeordnet (vgl. Art. 87 Abs. 3, S. 1 GG). Sie wird von einem Präsidenten bzw. einer Präsidentin geleitet; für die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche hat die BNetzA Abteilungen gebildet, wobei für die hier interessierende Energieregulierung die Abteilung 6 zuständig ist, der derzeit dreizehn Referate untergeordnet sind[1].
Die BNetzA nimmt all diejenigen Aufgaben wahr, die ausdrücklich der BNetzA zugewiesen sind bzw. die nicht in § 54 Abs. 2 EnWG aufgeführt sind und einer „Regulierungsbehörde“ übertragen wurden[2]. Im Einzelnen sind hier u. a. die Pflicht zur Zusammenarbeit mit Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kommission gem. § 57 EnWG sowie Aufsichtsmaßnahmen im Rahmen der allgemeinen Missbrauchsaufsicht gem. § 65 EnWG relevant. Zudem ist die BNetzA zur engen Zusammenarbeit mit den Kartellbehörden verpflichtet (vgl. u.a. § 58 EnWG, s.u.). Auf weitere Zuständigkeiten, die vorliegend besonders bedeutsam sind, wird unten näher eingegangen.
II. Europäische Architektur der Regulierungsbehörden
Zur Unterstützung der nationalen Regulierungsbehörden wurde durch die VO (EG) Nr. 713/2009 vom 13.07.2009 die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (European Agency for the Cooperation of Energy Regulators – „ACER“) mit Sitz in Ljubljana in Slowenien gegründet. Die Aufgabe der ACER besteht im Wesentlichen darin, die nationalen Regulierungsbehörden in der Ausübung ihrer Pflichten auf europäischer Ebene zu unterstützen und ihre Aktivitäten im Bedarfsfall zu koordinieren; sie soll zur Erfüllung dieser Aufgabe eine Koordinierungsfunktion ausüben. Allerdings erschöpft sich das ACER an die Hand gegebene Handlungsinstrumentarium im Wesentlichen in der Befugnis zur Abgabe von Stellungnahmen und Empfehlungen sowie der Vorlage von unverbindlichen Rahmenleitlinien; Bindungswirkungen entfalten lediglich bestimmte Einzelfallentscheidungen der ACER.[3]
C. Kompetenzen und Rolle der BNetzA im Vorfeld von Straf- und Bußgeldverfahren (Marktüberwachung, sonstige Zusammenarbeit mit den Kartellbehörden und anderen Behörden sowie Vorfeldkompetenzen)
I. Marktüberwachung durch die Markttransparenzstelle
47a GWB regelt die Einrichtung der Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas („MTS“), die organisatorisch bei der BNetzA angesiedelt ist (vgl. auch § 58a Abs. 2 S. 1 EnWG; nicht wie ursprünglich geplant, beim Bundeskartellamt[4] („BKartA“))[5]. Hiermit wurde 2012 eine institutionelle Struktur geschaffen, die darauf abzielt, die Bildung wettbewerbskonformer Großhandelspreise sicherzustellen und das Vertrauen in die Integrität der Energiegroßhandelsmärkte zu stärken[6]. Die MTS soll durch ein kontinuierliches und zentralisiertes Monitoring sämtlicher relevanter Markt- und Fundamentaldaten Auffälligkeiten bei der Preisbildung aufdecken, die auf Missbrauch von Marktmacht, Insiderinformationen oder Marktmanipulation beruhen können[7]. Die MTS ist mithin zugleich nationale Marktüberwachungsstelle nach der REMIT-VO; sie überwacht gemeinsam mit der BNetzA (§ 58a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 EnWG) den Strom- und Großhandel und kooperiert mit der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER)[8].
Die Zuweisung zur BNetzA (§ 58a Abs. 2 S. 1 EnWG) erschien sachgerecht, da Regulierungsbehörden besser für eine kontinuierliche Marktüberwachung aufgestellt sein dürften und im Unterschied zu den Wettbewerbsbehörden die Marktentwicklungen kontinuierlich verfolgen; weiter stehen der BNetzA umfangreiche Datenströme aus dem Strombereich zur Verfügung; zudem sprach für die Ansiedlung bei der BNetzA auch die auf Regulierungsbehörden zugeschnittene (Marktmissbrauchs-)Aufsichtsarchitektur der REMIT‑VO[9]. Die organisatorische Verantwortung für die Markttransparenzstelle liegt beim Präsidenten der BNetzA; letztere ist zugleich zuständig für die Vertretung im Außenverhältnis; innerbehördlich ist die Markttransparenzstelle auf Referatsebene (Referat 603) in der Abteilung Energieregulierung (Abteilung 6) der BNetzA angesiedelt[10].
Die Aufgaben der Markttransparenzstelle nehmen die BNetzA und das BKartA einvernehmlich wahr (§ 47a Abs. 2 GWB).
Die MTS beobachtet laufend den gesamten Großhandel mit Elektrizität und Erdgas, unabhängig davon, ob er auf physikalische oder finanzielle Erfüllung gerichtet ist, um Auffälligkeiten bei der Preisbildung aufzudecken, die auf Missbrauch von Marktbeherrschung, Insiderinformationen oder auf Marktmanipulation beruhen können (§ 47b Abs. 1 S. 1 GWB). Die Markttransparenzstelle beobachtet zu diesem Zweck auch die Erzeugung, den Kraftwerkseinsatz und die Vermarktung von Elektrizität und Erdgas durch die Erzeugungsunternehmen sowie die Vermarktung von Elektrizität und Erdgas als Regelenergie (§ 47b Abs. 1 S. 2 GWB).
Die MTS wertet die erhaltenen Daten und Informationen kontinuierlich aus, um insbesondere festzustellen, ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen §§ 1, 19, 20 oder 29 GWB, Art. 101 oder 102 AEUV (Marktmachtmissbrauch), das WpHG, das BörsenG oder die Verbote nach den Art. 3 und 5 REMIT-VO – d.h. des Insiderhandels- oder Marktmissbrauchsverbot nach der REMIT-VO – vorliegen (§ 47b Abs. 6 S. 1 GWB). Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass eine natürliche oder juristische Person gegen die vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen verstößt, muss die MTS umgehend die zuständigen Behörden – BKartA oder BNetzA, ggf. beide (§ 47b Abs. 7 S. 3 GWB) – informieren und den (Beobachtungs-)Vorgang an sie abgeben (§ 47b Abs. 6 S. 2 GWB). Bei Verdacht eines Verstoßes gegen die §§ 1, 19, 20 und 29 GWB oder gegen Art. 101, 102 AEUV (Marktmachtmissbrauch) informiert die MTS die zuständige Beschlussabteilung im BKartA (§ 47b Abs. 7 S. 1 GWB). Bei Verdacht eines Verstoßes gegen Art. 3, 5 REMIT-VO wird zuständigkeitshalber die BNetzA informiert (s.u. 3. zu § 58a EnWG).
Die MTS leitet gem. §§ 47b Abs. 7 S. 4, 47i GWB alle von diesen Behörden benötigten oder angeforderten Informationen und Daten unverzüglich an diese weiter.
II. Sonstige Zusammenarbeit der BNetzA mit den Kartellbehörden, § 58 EnWG
Auch § 58 Abs. 1 S. 1 EnWG sieht eine Zusammenarbeit der BNetzA mit dem BKartA vor. Gem. § 58 Abs. 1 EnWG entscheidet die BNetzA in den Fällen von Aufsichtsmaßnahmen gem. § 65 EnWG im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt zu diversen Fragen. Trifft die BNetzA Entscheidungen nach den Bestimmungen des Teiles 3 des EnWG, gibt sie dem BKartA und der Landesregulierungsbehörde, in deren Bundesland der Sitz des betroffenen Netzbetreibers belegen ist, rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 58 Abs. 1 S. 2 EnWG).
Führt die nach dem GWB zuständige Kartellbehörde – regelmäßig das BKartA – im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas Verfahren nach den §§ 19, 20 und 29 GWB, Artikel 102 AEUV (d.h. wegen Marktmachtmissbrauch) oder nach § 40 Abs. 2 GWB durch, gibt sie der BNetzA rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 58 Abs. 2 EnWG). Die BNetzA arbeitet mit der Europäischen Kommission bei der Durchführung von wettbewerblichen Untersuchungen durch die Europäische Kommission im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas zusammen (§ 58 Abs. 2b EnWG). BNetzA und BKartA sollen zudem auf eine einheitliche und den Zusammenhang mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wahrende Auslegung dieses Gesetzes hinwirken (§ 58 Abs. 3 EnWG).
Vor allem aber können die Regulierungsbehörden – regelmäßig die BNetzA – und die Kartellbehörden – regelmäßig das BKartA – unabhängig von der jeweils gewählten Verfahrensart untereinander Informationen einschließlich personenbezogener Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse austauschen, soweit dies zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlich ist, sowie diese in ihren Verfahren verwerten (§ 58 Abs. 4 S. 1 EnWG). Nur Beweisverwertungsverbote bleiben hiervon unberührt (§ 58 Abs. 4 S. 2 EnWG).
III. Zusammenarbeit mit Behörden zur Durchführung der REMIT-VO, § 58a EnWG
Die Vorschrift des § 58a EnWG regelt die Zusammenarbeit der BNetzA mit anderen Behörden zur Durchsetzung der VO (EU) Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (hier: REMIT‑VO) sowie eine Pflicht zur gegenseitigen Mitteilung von Beobachtungen und Feststellungen, die zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben erforderlich sind; nach der Gesetzesbegründung erfolgt dadurch eine Angleichung an die Zusammenarbeitsregelungen zwischen der BNetzA und dem BKartA in den §§ 47a ff. GWB insbesondere betreffend die MTS (s.o.)[11]. Innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist die BNetzA zuständig für die den Mitgliedstaaten in der REMIT-VO übertragenen Aufgaben (vgl. insbesondere §§ 33 Abs. 6, 56 Abs. 1 Nr. 4, 58a Abs. 4, 65 Abs. 6, 69 Abs. 11 EnWG)[12]. Nur für den Aufgabenbereich der Marktüberwachung gilt das nicht unmittelbar, denn der deutsche Gesetzgeber hat im Einklang mit Art. 7 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1 REMIT-VO die Einrichtung der MTS angeordnet (s.o.)[13].
58a Abs. 1 EnWG normiert die Befugnis der BNetzA zur Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dem BKartA sowie mit den Börsenaufsichtsbehörden und den Handelsüberwachungsstellen (insbesondere der MTS) zur Durchführung der REMIT‑VO; die Verordnung dient der Bekämpfung von Insiderhandel und Marktmanipulationen am Energiegroßmarkt (vgl. insbesondere Art. 2, 3, 5 REMIT-VO) und verpflichtet zu diesem Zweck die Mitgliedstaaten, die zuständigen Behörden zur Umsetzung der in der Verordnung festgelegten Verbote und Verpflichtungen mit den notwendigen Befugnissen auszustatten (vgl. Art. 13 REMIT-VO), für Deutschland mithin die BNetzA[14].
58a Abs. 2 EnWG sieht eine Pflicht zum Informationsaustausch zwischen der BNetzA und der dort eingerichteten MTS (s.o.), der BaFin, dem BKartA sowie den Börsenaufsichtsbehörden und den Handelsüberwachungsstellen vor, unabhängig von der jeweils gewählten Verfahrensart bezogen auf solche Informationen, Beobachtungen und Feststellungen einschließlich personenbezogener Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die zur Erfüllung der jeweiligen behördlichen Aufgaben erforderlich sind. Der wechselseitige Informationsaustausch zwischen den Behörden dient der Schaffung von Synergieeffekten im Rahmen der Behördentätigkeiten zur Umsetzung der REMIT‑VO[15]. Nach § 58a Abs. 2 S. 2 EnWG können die so gewonnen Informationen, Beobachtungen und Feststellungen in den Verfahren der jeweiligen Behörde grundsätzlich verwendet werden. § 58a Abs. 2 S. 3 EnWG weist deklaratorisch auf die davon unberührte Fortgeltung der allgemeinen gesetzlichen Beweisverwertungsverbote hin.
IV. Meldung von Verdachtsfällen durch Marktteilnehmer an die BNetzA, Art. 15 S. 1 REMIT-VO, § 5b EnWG
Ausgangspunkt für in der Konsequenz auch strafrechtliche Maßnahmen der BNetzA (insbesondere Strafanzeigen) oder Bußgeldverfahren sind – neben den Informationen der MTS (s.u.) – insbesondere (rechtlich zwingend angeordnete) Verdachtsmeldungen von Marktteilnehmern gem. Art. 15 REMIT-VO.
Nach Art. 15 Abs. 1, 2 REMIT-VO müssen alle Personen, die beruflich Transaktionen mit Energiegroßhandelsprodukten arrangieren, unverzüglich, spätestens jedoch vier Wochen, nachdem diese Personen Kenntnis über das verdächtige Ereignis erhalten, ACER sowie die zuständige nationale Regulierungsbehörde – die BNetzA – informieren, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass ein Handelsauftrag oder eine Transaktion, einschließlich deren Stornierung oder Änderung, unabhängig davon, ob dieser bzw. diese auf einem organisierten Markt oder außerhalb eines solchen platziert bzw. vorgenommen wurde, gegen Artikel 3, 4 oder 5 REMIT-VO verstoßen könnte, d.h. der Verdacht der Marktmanipulation oder des Insidertradings im Sinne dieser Vorschriften besteht. Für die Meldungen von Personen, die beruflich Transaktionen arrangieren oder ausführen, gelten die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der an dem potenziellen Verstoß beteiligte Marktteilnehmer registriert ist und in den das Energiegroßhandelsprodukt geliefert wird, d.h. für dt. Marktteilnehmer und bei Lieferungen in Deutschland das EnWG; eine solche Meldung ist dann an die nationale Regulierungsbehörde des Mitgliedstaats, hier die BNetzA, zu richten (Art. 15 Abs. 4 REMIT-VO).
Zudem besteht im Vorfeld hierzu die Verpflichtung desselben Personenkreises (d.h. professioneller Marktteilnehmer), wirksame Vorkehrungen, Systeme und Verfahren einzuführen und beizubehalten, mit denen potenzielle Verstöße gegen die Artikel 3-5 REMIT-VO festgestellt werden können, mit denen gewährleistet werden kann, dass ihre Mitarbeiter die Überwachungstätigkeiten gemäß diesem Artikel ausüben, keinerlei Interessenkonflikten unterliegen und unabhängig handeln sowie verdächtige Aufträge und Transaktionen aufgedeckt und gemeldet werden können (Art. 15 Abs. 3 REMIT-VO). Die BNetzA kann gem. § 5b Abs. 1 S. 2 EnWG Inhalt und Ausgestaltung dieser Vorkehrungen, Maßnahmen und Verfahren durch Festlegung nach § 29 Abs. 1 EnWG näher bestimmen.
Gemäß § 5b Abs. 1 S. 1 EnWG sind Personen, die der o.g. Meldepflicht unterliegen, grds. zur Geheimhaltung verpflichtet und dürfen nur Personen, die auf Grund ihres Berufs einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen (regelmäßig Rechtsanwälte), und staatliche Stellen von einer Anzeige im obigen Sinne oder von einer daraufhin eingeleiteten Untersuchung oder einem daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren in Kenntnis setzen. Die Auskunftspflicht ist im Hinblick auf die Selbstbelastungsfreiheit entsprechend § 55 StPO eingeschränkt (§ 5b Abs. 1 S. 3 EnWG).
Nicht nur die Auskunftspersonen, sondern auch „Adressaten“ von – nicht näher definierten – „Maßnahmen“ der BNetzA wegen eines möglichen Verstoßes gegen ein Verbot nach Artikel 3, 5 REMIT-VO sind grds. schweigepflichtig. Auch die Adressaten dieser Maßnahmen dürfen ausschließlich Personen, die auf Grund ihres Berufs einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, und staatliche Stellen von diesen Maßnahmen oder von einem daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren in Kenntnis setzen.
Indem den Anzeigenden und den Adressaten von Maßnahmen weitreichende Verschwiegenheitspflichten einerseits hinsichtlich der Anzeige selbst und andererseits hinsichtlich daraufhin eingeleiteter Untersuchungen oder Ermittlungsverfahren auferlegt werden, soll eine vorzeitige Kenntnis der angezeigten Personen bzw. der (Mit-)Beschuldigten von den Ermittlungen verhindert werden und dass diese entsprechende Verdunklungsmaßnahmen vornehmen können; im Ergebnis sind diese Pflichten nach § 5b Abs. 1 EnWG daher auf eine effektivere Verfolgung von Verstößen gegen die REMIT-VO gerichtet.[16]
V. (Verwaltungsrechtliche Ermittlungs-)Befugnisse der BNetzA zur Durchführung der REMIT-VO, § 69 Abs. 11 EnWG
Durch § 69 Abs. 11 EnWG werden die Befugnisse der BNetzA nach der REMIT-VO konkretisiert[17], genauer nach Art. 13 Abs. 2 Buchts. a, b und d REMIT-VO[18].
Die BNetzA kann nach § 69 Abs. 11 S. 1 EnWG von allen natürlichen und juristischen Personen Auskünfte und die Herausgabe von Unterlagen verlangen sowie Personen laden und vernehmen, soweit Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies für die Überwachung der Einhaltung der Artikel 3 und 5 REMIT-VO – d.h. des Insiderhandels- und Marktmanipulationsverbots – erforderlich ist. Sie kann in diesem Zusammenhang insbesondere die Angabe von Bestandsveränderungen in Energiegroßhandelsprodukten sowie Auskünfte über die Identität weiterer Personen, insbesondere der Auftraggeber und der aus Geschäften berechtigten oder verpflichteten Personen, verlangen (§ 69 Abs. 11 S. 2 EnWG). Darüber hinaus stehen der BNetzA – zur Durchsetzung der Verbote die weiteren verwaltungsrechtlichen Ermittlungsbefugnisse gem. § 69 Abs. 1 – Abs. 9 EnWG zur Verfügung; weiter sind auch die §§ 68 und 71 sowie 72 bis 74 EnWG entsprechend anzuwenden, welche der BNetzA weitere Ermittlungsbefugnisse einräumen (§ 69 Abs. 1 S. 3 EnWG). In diesem Zusammenhang sei kurz auf besonders wichtige bzw. weitreichende Befugnisse der BNetzA hingewiesen:
- Ermittlungen durch Augenscheinnahme, Zeugen- und Sachverständigenvernehmung (§ 68 EnWG)
- Das Betretungsrecht (§ 69 Abs. 3 EnWG)
- Das Antragsrecht bzgl. amtsgerichtlich anzuordnender Durchsuchungen; Durchsuchungsrecht bei Gefahr im Verzuge (§ 69 Abs. 4 EnWG)
- Recht auf Ingewahrsamnahme bzw. Beschlagnahme (§ 69 Abs. 5 EnWG)
- Beschlagnahme (§ 71 EnWG)
Gesetzliche Auskunfts- oder Aussageverweigerungsrechte sowie gesetzliche Verschwiegenheitspflichten bleiben unberührt (§ 69 Abs. 11 S. 4 EnWG).
D. Die Rolle der BNetzA im Zusammenhang mit Straf- und Bußgeldverfahren
I. Strafanzeige der BNetzA oder Einleitung eines Bußgeldverfahrens
1. Strafanzeige der BNetzA
Es ist offensichtlich, dass aus der umfangreichen Marktüberwachung, den Meldungen von Marktteilnehmern, der Behördenzusammenarbeit sowie der Überwachung der Verbote nach Art. 3, 5 REMIT-VO (s.o.) durch die BNetzA dieser Behörde Sachverhalte zur Kenntnis kommen können, die den Rückschluss auf einen Anfangsverdacht für Straftaten der Marktmanipulation bzw. des Insiderhandels (vergleiche § 95a EnWG) oder eines entsprechenden Bußgeldtatbestands (vgl. § 95 Abs. 1b EnWG, s.u. 2.) zulassen. Da naheliegenderweise solche Sachverhaltskenntnisse und Informationen über Verdachtsmomente zuerst und am ehesten bei der BNetzA (bzw. der MTS) zusammenlaufen, war es nach h. M. unabdingbar, eine entsprechende Strafanzeigepflicht der BNetzA gegenüber der zuständigen Staatsanwaltschaft festzulegen[19].
Die BNetzA hat Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat nach § 95a oder § 95b EnWG begründen, daher der zuständigen Staatsanwaltschaft unverzüglich anzuzeigen (§ 68a Abs. 1 S. 1 EnWG), d.h. für Straftaten der Marktmanipulation und des Insiderhandels trifft sie eine Strafanzeigepflicht (gebundene Entscheidung). Die BNetzA wird hier als Verwaltungs- und nicht als Strafverfolgungsbehörde tätig; die Strafverfolgungszuständigkeit verbleibt bei der Staatsanwaltschaft; die (verdachtsbezogene) Ermittlungsbefugnis der BNetzA endet mit Anzeige oder spätestens mit der Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen (vgl. § 68a S. 3 EnWG)[20].
Naturgemäß begründet die Anzeige der BNetzA keine Pflicht der Staatsanwaltschaft, die strafrechtlichen Ermittlungen aufzunehmen, sofern auf Basis der Anzeige kein strafrechtlicher Anfangsverdacht besteht, was allein die Staatsanwaltschaft zu entscheiden hat[21]. Insbesondere auch deshalb, weil Beamte der BNetzA regelmäßig über keine oder keine ausgeprägte strafprozessuale Erfahrung verfügen dürften, empfiehlt sich für die Staatsanwaltschaft eine kritische Überprüfung spezifisch strafrechtlicher Merkmale und Zurechnungskategorien der §§ 95a, 95b EnWG, insbesondere des Verdachts auch bzgl. des (regelmäßig erforderlichen) Vorsatzes und der Kausalität sowie auch der Beweiswürdigung der BNetzA.
Es trifft zwar zu, dass weder dem Gesetzestext noch den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen ist, welcher Verdachtsgrad für eine Anzeige erforderlich ist[22]. Daraus soll nach einer Ansicht folgen, dass der Konkretisierungsgrad dieser Tatsachen auch unterhalb der Schwelle eines Anfangsverdachts liegen kann[23]. Zurecht wird dem in der Literatur entgegengehalten, dass aus der allgemeinen Ermittlungspflicht der Staatsanwaltschaft erst ab Erreichen der Schwelle des Anfangsverdachts nach § 152 Abs. 2 StPO i.V.m. § 160 Abs. 1 StPO geschlossen werden muss, dass eine Vorlage von Tatsachen seitens der BNetzA, welche nicht einmal diese Schwelle erreichen, zwecklos wäre und daher eine Anzeigepflicht diesbezüglich nicht gewollt sein kann[24]. Mithin hat die BNetzA der Staatsanwaltschaft nur einen solchen Sachverhalt mitzuteilen, bei dem sie aufgrund ihrer eigenen Ermittlungen der Auffassung ist, dass ein Anfangsverdacht vorliegt[25]. Ein solcher liegt vor, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat gem. §§ 95a, 95b EnWG vorliegen[26]. Dieser Maßstab entspricht auch der h. M. zur Vorbild- und Parallelvorschrift des § 11 WpHG; eine vorschnelle Anzeige oder formlose Verdachtsmitteilung kann daher – wie nach Maßgabe des WpHG – Amtshaftungsansprüche begründen[27]. Dementsprechend ist es aus diesseitiger Sicht gerade nicht sachgerecht, wenn die BNetzA in Zweifelsfällen frühzeitig mit der Staatsanwaltschaft in Kontakt tritt und das weitere Vorgehen abklärt[28]; vielmehr darf der Staatsanwaltschaft nur ein solcher Sachverhalt – auch außerhalb einer formalen Anzeige – zur Kenntnis gebracht werden, bei der die BNetzA von einem Anfangsverdacht ausgeht. Es liegt zunächst in der Verantwortung der Verwaltungsbehörde, dies zu bewerten.
Sofern einem zuständigen Beamten bzw. Mitarbeiter der BNetzA der Anfangsverdacht einer Straftat nach §§ 95a, 95b EnWG dienstlich zur Kenntnis gelangt, dürfte sich eine Strafanzeigepflicht indirekt auch aus der ansonsten möglicherweise eingreifenden Strafdrohung wegen Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen (§§ 258 a, 13 StGB) herleiten lassen. Umgekehrt besteht mangels Anzeigepflicht kein entsprechendes Strafverfolgungsrisiko bei der Nichtanzeige anderer mutmaßlicher Straftaten.
Die BNetzA „kann“ die personenbezogenen Daten der betroffenen Personen, gegen die sich ihr Verdacht richtet oder die als Zeugen in Betracht kommen, der Staatsanwaltschaft übermitteln, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist (§ 68a Abs. 1 S. 2 EnWG). Diese Formulierung begründet kein Ermessen der BNetzA, Daten an die Staatsanwaltschaft weiterzugeben, sondern stellt sich gem. § 161 Abs. 1 StPO vielmehr als Pflicht der BNetzA dar; in der Vorschrift dürfte eine Befugnis zur Datenweitergabe gem. Art. 6 Abs. 1 lit. e DS-GVO zu sehen sein[29]. Da es sich um eine Befugnisnorm handelt, ist allerdings davon auszugehen, dass ausschließlich die genannten personenbezogenen Daten und diese nur soweit erforderlich proaktiv übermittelt werden dürfen; alles weitere bleibt der Ausübung von Ermittlungsbefugnissen der Staatsanwaltschaft (etwa gem. § 161 Abs. 1 StPO) vorbehalten. Die weiteren Hinweise auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für Ermittlungsmaßnahmen und der BNetzA für verwaltungsrechtliche Sachverhaltsaufklärung nach §§ 56, Abs. 1 S. 2, 69 Abs. 3, Abs. 11 EnWG haben deklaratorischen Charakter und verdeutlichen, dass beide Verfahren parallel geführt werden können[30]. Die verwaltungsrechtlichen Ermittlungsbefugnisse der BNetzA unterliegen jedoch bei Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen erheblichen Einschränkungen. Diese Maßnahmen müssen für die Durchführung von Verwaltungsmaßnahmen oder die Zusammenarbeit nach Art. 7 Abs. 2 und Art. 16 der REMIT-VO erforderlich sein und eine Gefährdung des Untersuchungszwecks von Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden oder der für Strafsachen zuständigen Gerichte darf nicht zu erwarten sein (§ 68a S. 4 Nr. 1 und Nr. 2 EnWG). Da es sich bei diesen Maßnahmen um offene handelt, wird die BNetzA hier sehr zurückhaltend vorgehen müssen, sofern sie nicht sicher ist, ob die Staatsanwaltschaft ihrerseits strafprozessuale Maßnahmen beabsichtigt.
2. Bußgeldverfahren
a) Bußgeldtatbestände des EnWG
Für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens bzgl. der Bußgeldtatbestände gem. § 95 EnWG ist regelmäßig die BNetzA die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde (§ 36 OWiG; §§ 95 Abs. 5, 54 Abs. 2 EnWG; Annexkompetenz) und verfolgt diese daher grds. selbst; lediglich im Fall des § 95 Abs. 1 Nr. 2b EnWG ist die zuständige Behörde danach das Bundesamt für Sicherheit für Informationstechnik[31].
Sofern z. B. aus Behördensicht also eine Marktmanipulation vorliegt, welche aber nicht auf den Preis einwirkt, wie es der Wortlaut des § 95a Abs. 1 EnWG für den Straftatbestand verlangt, kann die BNetzA dies als OWi gem. § 95 Abs. 1b EnWG verfolgen.
Sofern die BNetzA allerdings bzgl. eines Sachverhaltskomplexes neben dem Verdacht von Ordnungswidrigkeiten – ggf. später (§ 41 Abs. 1 OWiG) – auch den Anfangsverdacht einer Straftat sieht, liegt es nahe, dass sie einen etwaigen Gesamtkomplex der Staatsanwaltschaft anzeigt. Soweit die Staatsanwaltschaft einleitet, ist sie im Strafverfahren für die Verfolgung derselben Tat (§ 264 StPO) auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zuständig (§ 40 OWiG). Die Staatsanwaltschaft kann aber die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit auch dann übernehmen, wenn sie eine Straftat verfolgt, die mit der Ordnungswidrigkeit zusammenhängt (§ 42 Abs. 1 S. 1 OWiG) und dies sachdienlich ist (§ 42 Abs. 2 OWiG), was bei zusammenhängenden Sachverhaltskomplexen mit Teilidentität von mutmaßlichen Tätern nicht selten der Fall sein wird. Zwischen einer Straftat und einer Ordnungswidrigkeit besteht gem. § 42 Abs. 1 S. 2 OWiG ein Zusammenhang, wenn jemand sowohl einer Straftat als auch einer Ordnungswidrigkeit oder wenn hinsichtlich derselben Tat eine Person einer Straftat und eine andere einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird.
Sofern also eine Serie von Manipulationstaten mit der Teilidentität von mutmaßlichen Tätern angenommen wird, bei denen teilweise der Anfangsverdacht einer Straftat gem. § 95a Abs. 1 EnWG, teilweise der Verdacht der entsprechenden Ordnungswidrigkeit gem. § 95 Abs. 1b EnWG besteht, bietet sich wohl oft die Übernahme der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft insgesamt als sachdienlich an.
b) Verbandsgeldbußen wegen Straftaten oder Aufsichtspflichtverletzungen
Es ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen, dass die BNetzA für Verbandsgeldbußen gem. § 30 OWiG (auch für deren selbständige Verhängung, § 30 Abs. 4 OWiG) zuständig ist, soweit diese auf Bußgeldtatbestände in ihrer Zuständigkeit (d.h. gem. § 95 EnWG) zurückzuführen ist.
Darüber hinaus ist die BNetzA gem. § 96 S. 1 EnWG aber auch für Verfahren wegen der Festsetzung einer selbständigen Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung (§ 30 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 OWiG) in solchen Fällen als Verwaltungsbehörde ausschließlich zuständig, in denen (Nr. 1) eine Straftat, die auch den Tatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 4 EnWG verwirklicht, oder (Nr. 2) eine vorsätzliche oder fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG, bei der eine mit Strafe bedrohte Pflichtverletzung auch den Tatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 4 EnWG verwirklicht, zugrunde liegt.
Der Grundsatz der einheitlichen Verfolgung der juristischen Person oder Personenvereinigung gem. § 30 OWiG und der daran anknüpfenden (Straf-)Tat der natürlichen Person wird durch § 96 EnWG durchbrochen (vgl. entsprechend § 82 GWB)[32]. Dies ist zulässig, da § 30 Abs. 4 S. 2 OWiG eine Aufspaltung der Verfahren bei einer besonderen gesetzlichen Regelung ausdrücklich erlaubt.
Der praktische Anwendungsbereich des § 96 EnWG dürfte allerdings deutlich kleiner sein als der des § 82 GWB (der typischerweise bei strafrechtlichen Vorwürfen gem. §§ 263, 298 StGB im Zusammenhang mit Kartellabsprachen zur Anwendung kommt). Die Zuständigkeit der BNetzA setzt nämlich voraus, dass ein Missbrauchstatbestand des § 95 Abs. 1 S. 4 EnWG (Missbrauch einer Marktstellung entgegen § 30 Abs. 1 S. 1 EnWG) vorliegt und dieser zugleich einen Straftatbestand erfüllt; in Betracht soll etwa der Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB) kommen[33]. § 30 Abs. 1 S. 1 EnWG bezieht sich jedoch ausschließlich auf Betreiber von Energieversorgungsnetzen (§ 3 Nr. 4 ff. EnWG) und verbietet diesen den Missbrauch ihrer Marktstellung, wie insbesondere in § 30 Abs. 1 S. 2 EnWG näher definiert. Daraus ergibt sich, dass sonstige Energieversorgungsunternehmen (§ 3 Nr. 18 EnWG), die keine Netzbetreiber sind, sondern Energie liefern, nicht in den Anwendungsbereich fallen und regelmäßig diese Unternehmen – gerade auch wegen Straftaten nach §§ 95a, 95b EnWG – nicht der Verfolgungszuständigkeit der BNetzA gem. § 96 EnWG i.V.m. § 30 OWiG unterliegen.
Auch ihr gem. § 96 EnWG vorbehaltene Verfahren zur Verhängung einer Verbandsgeldbuße kann die BNetzA an die Staatsanwaltschaft abgeben (§ 96 S. 2 EnWG). Dies liegt besonders nahe, wenn die Staatsanwaltschaft bereits ein den Vorwürfen zu Grunde liegendes Strafverfahren führt.
II. Die BNetzA im Strafverfahren, § 58b EnWG
1. Allgemeines und Grundsätzliches
Im Übrigen ist die Beteiligung der BNetzA am Strafverfahren in § 58b EnWG geregelt. Die Vorschrift dient der innerstaatlichen Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben aus Art. 13 Abs. 2 REMIT-VO. Demgemäß soll § 58b EnWG die BNetzA in die Lage versetzen, die ihr aus der REMIT-VO zukommende Rolle bei der Umsetzung der Marktmissbrauchsverbote auszufüllen[34]. Dies betrifft nur solche Verfahren, die strafbare Zuwiderhandlungen gegen das Insiderhandels- und Marktmanipulationsverbot nach der REMIT-VO zum Gegenstand haben[35]: Dies ergibt sich hinreichend deutlich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die in Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 ausdrücklich (und den Anwendungsbereich beschränkend) auf die Strafvorschriften der §§ 95a, 95b EnWG Bezug nimmt. Der Gesetzgeber hat § 58b EnWG überdies zum 12.12.2012 auf Grundlage des Art. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas kodifiziert[36]. Die Einführung erfolgte im engen Sachzusammenhang mit den ebenso eingeführten §§ 58a, 68a, 95a und § 95b EnWG[37]. Der Gesetzgeber weist in seiner Begründung weiter ausdrücklich darauf hin, dass die Norm an die im WpHG geregelte Beteiligung der BaFin an der Strafverfolgung der kapitalmarktrechtlichen Marktmanipulations- und Insiderhandelstaten angelehnt ist; diese ist deshalb im Lichte der entsprechenden Vorschrift des WpHG (heute § 122 WpHG; früher § 40a WpHG a.F.) auszulegen[38]. Da vorsätzliche und teilweise auch leichtfertige Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot gemäß Art. 3 REMIT-VO und gegen das Marktmanipulationsverbot gemäß Art. 5 REMIT-VO unter den Voraussetzungen der §§ 95a, 95b EnWG strafbar sind, soll die BNetzA (nur) hier strafprozessuale Informations- und Beteiligungsrechte haben[39]. Diese werden ihr im Hinblick auf ihre diesbezüglichen verwaltungsrechtlichen Ermittlungsbefugnisse (§ 69 Abs. 11 EnWG), die von der BNetzA in diesem Zusammenhang betriebenen Vorermittlungen sowie wegen der von ihr federführend geleiteten Bußgeldverfahren zur konsistenten Durchsetzung des Marktmanipulations- und Insiderhandelsverbots eingeräumt, damit sie ihren energierechtlichen und energiewirtschaftlichen Sachverstand in das strafrechtliche Verfahren einbringen kann[40].
Diese materiell-rechtliche Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 58b EnWG ist insofern signifikant, als soweit die BNetzA z.B. gemäß § 96 EnWG für eine Festsetzung einer selbstständigen Verbandsgeldbuße gemäß § 30 OWiG wegen zugrunde liegender Betrugsvorwürfe (siehe oben) oder anderer strafrechtlicher Vorwürfe außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 95a, 95b EnWG ausschließlich zuständig ist, die BNetzA dennoch in einem zugrunde liegenden Strafverfahren der Staatsanwaltschaft z.B. wegen Betruges (§ 263 StGB) gegen Individualbeschuldigte nicht über die Beteiligungsrechte nach § 58b EnWG verfügt.
Die in § 58b EnWG normierten Regelungen sind nach h. M. bloße Ordnungsvorschriften; der BNetzA stehen keine förmlichen Rechtsmittel zu, wenn die Staatsanwaltschaft oder das Gericht der BNetzA die in § 58b Abs. 1 S. 1 und S. 3, Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 eingeräumten Rechte und Befugnisse vorenthalten[41]. Sie kann allerdings eine Gegenvorstellung einreichen oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen[42].
Teilweise wird in der Lit. betont, dass in dem hoch komplexen Bereich der Ermittlungen wegen Marktmanipulation bzw. Insiderhandels auf den Energiemärkten ein „Zusammenwirken zwischen Strafverfolgern und der Verwaltung“ sinnvoll sei, weshalb „faktisch“ ein „Verfolgungsverbund zwischen den Behörden“ bestehe und nur „rechtsformal“ die Unabhängigkeit der Behörden gewahrt werde[43]. Dieses Verständnis des § 58b EnWG (und eine entsprechende Verfahrensweise) wäre jedoch schlicht gesetzeswidrig. Insbesondere sind Mitarbeiter der BNetzA gerade nicht Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft. Nach geltendem Recht kann mithin von einem „Verfolgungsverbund“ keine Rede sein, die Staatsanwaltschaft bleibt Herrin des Ermittlungsverfahrens, die BNetzA hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut lediglich abschließend aufgeführte und sehr begrenzte Rechte im bzw. in Bezug auf das Strafverfahren, auch weil die wechselseitigen Rechte und Pflichten schon deshalb begrenzt bleiben müssen, damit der Grundsatz der Gewaltenteilung gewahrt bleibt[44].
2. Informationspflicht der Staatsanwaltschaft bzgl. Verfahrenseinleitung, § 58b Abs. 1 S. 1 EnWG
58b Abs. 1 S. 1 EnWG verpflichtet die Staatsanwaltschaft, die BNetzA über die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aufgrund des Verdachts einer Zuwiderhandlung gegen das Marktmanipulations- und Insiderhandelsverbot zu informieren; der Gesetzgeber formuliert allerdings keine konkreten inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen an diese Informationspflicht[45]. Die (proaktiv erteilte) Auskunft der StA an die BNetzA muss nach § 58b EnWG jedoch mindestens diejenigen Angaben enthalten, die notwendig sind, damit die BNetzA ihre in § 58b EnWG verankerten Beteiligungsrechte wahrnehmen kann; die Staatsanwaltschaft muss die BNetzA deshalb nach h. M. über den konkreten Straftatbestand, der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bildet, sowie über das zugrundeliegende Aktenzeichen informieren[46]. Zweifelhaft ist, ob die Beschuldigten zu nennen sind, denn an sich genügt das Aktenzeichen zur trennscharfen Identifizierung; dagegen könnten Gründe des Datenschutzes streiten. Es genügt, da keine anderen Voraussetzungen geregelt sind, grds. eine formlose Mitteilung (fernmündlich oder per E-Mail)[47].
Soweit vertreten wird, dass in zeitlicher Hinsicht eine unverzügliche Information nötig sei, denn nur wenn die BNetzA von Anfang an Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren habe, könne sie ungehindert und damit effektiv ihre Expertise in das Ermittlungsverfahren einbringen und von ihren Informationsbefugnissen Gebrauch machen[48], ist dem nicht zu folgen[49]. Die Staatsanwaltschaft muss stets die Möglichkeit haben, aus ihrer Sicht unaufschiebbare Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen; sie kann insbesondere nicht gezwungen sein, eine – sachgerecht wohl erst nach Akteneinsicht mögliche – Eingabe der Verwaltungsbehörde bzw. Stellungnahme abzuwarten. Zutreffend ist allerdings auch, dass die Vermeidung von doppelter Ermittlungsarbeit (verwaltungsrechtlicher und strafprozessualer Natur) für eine eher frühzeitige Information der BNetzA streitet[50].
3. Sachverständigenstellung fachkundiger BNetzA-Mitarbeiter im Strafverfahren, § 58b Abs. 1 S. 2 EnWG
58b Abs. 1 S. 2 EnWG berechtigt die Staatsanwaltschaft, (unter anderem auch) einen fachkundigen Mitarbeiter der BNetzA im Ermittlungsverfahren als Sachverständigen einzusetzen; der Regelung soll angesichts der ohnehin gültigen allgemeinen strafprozessualen Bestimmungen im Zusammenhang mit Sachverständigen nur eine Klarstellungsfunktion zukommen[51]. Eine entsprechende (Vorbild-)Regelung enthält § 122 Abs. 1 S. 2 WpHG für die BaFin.
Nach § 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. §§ 72 ff. StPO (vgl. auch Nr. 70 Abs. 1 RiStBV) ist die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren – im gerichtlichen Verfahren das Gericht der Hauptsache (§ 73 Abs. 1 StPO)[52] – grundsätzlich berechtigt, Sachverständige zur Sachverhaltsaufklärung zu bestellen; das können nach h. M. grundsätzlich auch fachkundige Mitarbeiter einer Behörde sein[53]. Bei der Sachverständigenauswahl muss die Staatsanwaltschaft gem. § 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 StPO darauf achten, dass die ausgewählte Person vorher nicht selbst ermittelnd tätig war und das Gutachten eigenverantwortlich und frei von jeder (insbesondere behördeninternen) Beeinflussung erstatten kann[54]. Dies muss auch für Hilfskräfte (Techniker, Informatiker etc.) gelten, welche der Sachverständige grds. in eigener Verantwortung hinzuziehen darf (und bzgl. derer ebenfalls zu klären ist, ob sie Mitarbeiter der BNetzA sein können)[55]. Soweit geäußert wird, die Regelung stelle klar, dass die Weisungsgebundenheit eines Mitarbeiters der BNetzA bei der Erfüllung seiner Dienstpflicht nicht genüge, um diesen bei der Gutachterauswahl auszuschließen, gilt dies nur insoweit, als seine volle Unabhängigkeit von u.a. behördlichen Einflüssen bei der Gutachtenerstattung gewährleistet ist[56]. Sofern die BNetzA an Vorermittlungen beteiligt war oder hinsichtlich desselben Sachverhalts ein Bußgeldverfahren nach § 96 EnWG gegen das Unternehmen oder nach § 95 EnWG gegen Kollegen des Beschuldigten führt, darf m.E. kein Mitarbeiter der BNetzA als Sachverständiger ausgewählt werden, der an diesen Verfahren bzw. Ermittlungen persönlich beteiligt war oder der nachweisbar unter dem Einfluss von daran beteiligten Personen – etwa durch die Involvierung seines unmittelbaren Vorgesetzten – steht, sonst wäre ein Befangenheitsgrund nicht fernliegend[57]. Darüberhinausgehend wird kritisch zu prüfen sein, ob Beamte oder Mitarbeiter der BNetzA, die im Bereich der Missbrauchsaufsicht arbeiten, und Beamte oder Mitarbeiter der gemeinsamen Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas und Aufgaben nach REMIT („MTS“) der BNetzA und des BKartA (vgl. §§ 47a, 47b GWB) als Sachverständige in Betracht kommen, sofern das Verbandsbußgeld- oder Strafverfahren auf eine Strafanzeige bzw. Vorermittlungen der BNetzA bzw. der MTS zurückgeht. Insbesondere die MTS ist gem. § 47a Abs. 5 S. 1 GWB hierarchisch organisiert und trifft Entscheidungen stets durch ihren Leiter. Soweit also die MTS die erforderlichen Daten für eine Strafanzeige zusammengestellt und bewertet hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass deren Angehörige i.o.S. unbefangen und als Sachverständige geeignet wären. Auch bzgl. der BNetzA wird stets zu klären sein, welche Hierarchieebenen in eine Entscheidung über eine Anzeigeerstattung o.ä. involviert waren und ob und inwieweit der mögliche Sachverständige in einem Näheverhältnis bzw. in einem engen Unterordnungsverhältnis zu diesen für die (Vor-)Ermittlungen zuständigen Beamten steht. Nr. 70 Abs. 1 RiStBV stellt klar, dass vor der Gutachterauswahl in der Regel eine Anhörung des Verteidigers zu erfolgen hat[58]. Der Beschuldigte ist zudem natürlich gem. § 74 StPO i.V.m. § 24 StPO berechtigt, einen Sachverständigen ggf. aufgrund von Befangenheit abzulehnen.
Soweit formuliert wird, dass ein Mitarbeiter der BNetzA (oder ein sonstiger Experte), der, von der Staatsanwaltschaft als Sachverständiger bestellt wurde, dieser (basierend auf § 80 StPO) „von der Staatsanwaltschaft die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen verlangen, diesen Vernehmungen beiwohnen und dabei auch selbst Fragen stellen“ könne[59], erscheint dies zu weitreichend. Staatsanwalt oder Gericht müssen einem solchen Verlangen nicht uneingeschränkt nachkommen, ihnen verbleibt ein selbständiges Ermessen; Anfragen des Sachverständigen sind an der Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung iSd § 244 Abs. 2 StPO zu messen; der Auftraggeber hat letztlich in dem hierdurch gesteckten Rahmen zu entscheiden, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise er dem Sachverständigen eine weitere Tatsachengewinnung eröffnet[60]. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass ein Mitarbeiter der BNetzA als Sachverständiger etwaige Aufklärungsmöglichkeiten nach § 80 StPO nur insoweit ausüben darf, als dies für die Erfüllung des konkreten Gutachtenauftrags zweckmäßig und erforderlich ist und dass eine Ausübung der Aufklärungsbefugnisse zur Förderung von Ermittlungstätigkeiten oder sonstigen Erkenntnisinteressen der BNetzA unzulässig wäre[61]. Eine eigenständige verfahrensbezogene Ermittlungstätigkeit zur Aufklärung des Tatgeschehens selbst ist dem Sachverständigen ebenfalls nicht gestattet, soweit es nicht um die Beantwortung der Gutachtenfrage auf Grundlage seiner besonderen Sachkunde geht[62]. Daher bleibt die Vernehmung von Zeugen oder Beschuldigten, wie die Vorschrift klarstellt, regelmäßig dem Gericht oder der Ermittlungsbehörde vorbehalten; etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn gerade hierfür die besondere Sachkunde des Sachverständigen notwendig ist[63]. Anders als bei aussagepsychologischen oder psychiatrischen Sachverständigen ist bei (sachverständigen) Bediensteten der BNetzA nicht von Vernehmungserfahrung auszugehen; regelmäßig sollten diese daher keine Vernehmungsfunktion wahrnehmen.
Soweit vertreten wird, dass es für die BNetzA bei der Bestellung eines Sachverständigen ratsam sei, vom Akteneinsichtsrecht gem. § 58b Abs. 3 EnWG Gebrauch zu machen (s.u.)[64], ist dies irreführend und beruht wohl auf einem Missverständnis. Der Sachverständige erhält lediglich die – aus Sicht des Auftraggebers, Staatsanwaltschaft oder Gericht – erforderlichen Aktenbestandteile, und zwar der behördenangehörige Sachverständige hat keinen Akteneinsichtsanspruch aus § 58b Abs. 3 EnWG; dies hat nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift lediglich seine Behörde; letztere ist auch nicht befugt, ihm die Akten zur Verfügung zu stellen. Der Umstand, dass die BNetzA evtl. Akteneinsicht erhält, bedeutet gerade nicht, dass der Sachverständige diese benutzen dürfte, denn es handelt sich im Falle der Bestellung zum Sachverständigen bei diesem und der BNetzA um separate Entitäten mit völlig unterschiedlichen Rechtsstellungen.
Verfehlt ist daher auch die Auffassung, dass dann, wenn ein Sachverständiger aus den Reihen der BNetzA innerhalb seines Gutachterauftrags aufgrund von § 80 StPO Erkenntnisse erhalte, die für andere Verfahren relevant seien, „er und durch ihn auch die BNetzA“ diese Erkenntnisse im Rahmen von anderen Verfahren „als Zufallstatsachen“ berücksichtigen dürfe[65]. Auch dieser Annahme liegt eine offensichtlich unzulässige Gleichsetzung der Rechtsstellung von Behörde und behördenangehörigem Sachverständigen zu Grunde. Letzterer darf Erkenntnisse aus seiner Bestellung nur für die Zwecke der Erfüllung seines Gutachtenauftrags erfüllen, bestellt wird als Sachverständiger nämlich nicht die BNetzA, sondern ein „fachkundiger Mitarbeiter“ derselben ad personam, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 58b Abs. 1 S. 2 EnWG ergibt. Zufallsfunde gem. § 108 Abs. 1 StPO können nur durch Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft „bei der Gelegenheit einer Durchsuchung“ gemacht werden, nicht etwa durch staatsanwaltlich beauftragte Gutachter.
4. Akteneinsichtsrecht der BNetzA, § 58b Abs. 3 EnWG
a) Allgemeines
Der BNetzA ist gem. § 58b Abs. 3 EnWG auf Antrag Akteneinsicht zu gewähren, es sei denn, schutzwürdige Interessen des Betroffenen stehen dem entgegen oder der Untersuchungserfolg der Ermittlungen wird dadurch gefährdet. Da „ist“ verwandt wird, ist das Akteneinsichtsrecht der BNetzA bei Geltendmachung jedenfalls dem Grunde nach zwingend zu gewähren, sofern nicht (bzw. nicht mehr) einer der beiden Ausschlussgründe (Gefährdung des Ermittlungszwecks oder schutzwürdige Interessen des Betroffenen) entgegenstehen. Nach dem klaren Wortlaut reicht das Vorliegen eines der Ausschlussgründe („oder“) für die (ggf. teilweise) Versagung der Akteneinsicht aus. Der Umfang des Akteneinsichtsrechts wird – anders als in § 147 StPO – nicht ausdrücklich beschrieben.
Die Vorschrift des § 58b Abs. 3 EnWG entspricht ihrem Wortlaut nach im Wesentlichen der Akteneinsichtsrechtsvorschrift für die BaFin, heute gem. § 122 Abs. 3 WpHG. Sie wurde der seinerzeit geltenden (zu § 122 Abs. 3 WpHG wortlautgleichen) Vorschrift des § 40a Abs. 3 WpHG a.F. entlehnt, um Art. 13 Abs. 2 REMIT-VO umzusetzen[66]. Dementsprechend sind wohl die Auslegungsgrundsätze zum WpHG entsprechend heranzuziehen; dies entspricht auch dem Vorgehen der Kommentarliteratur.
b) Reichweite des Akteneinsichtsrechts
Das Akteneinsichtsrecht der BNetzA gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht soll nach der Lit. umfangmäßig dem Akteneinsichtsrecht des Verteidigers nach § 147 StPO entsprechen,[67] bzw. diesem „ähnlich“ sein[68]. Andernorts ist davon die Rede, dass § 58b Abs. 3 EnWG ein umfassendes Akteneinsichtsrecht der BNetzA normiert, was dem des § 147 StPO entsprechen dürfte und ergebnisbezogen wohl nichts Anderes besagt[69]. Ein berechtigtes Interesse müsse die BNetzA nicht darlegen, ein formaler Antrag oder eine Begründung sei nicht erforderlich.
Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Informationsbefugnisse der BNetzA sich nach europäischen Recht auf den Zweck der Untersuchung beschränken sollen (Art. 13 Abs. 2 S. 1 REMIT-VO). Sie werden laut Art. 13 Abs. 2 S. 2 REMIT-VO im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht ausgeübt und umfassen das Recht, nach Buchst. a) der Vorschrift relevante Unterlagen aller Art einzusehen und Kopien von ihnen zu erhalten[70]. Diese Vorschrift kann m. E. ergänzend herangezogen werden, um das wenig präzise normierte Akteneinsichtsrecht nach § 58b Abs. 3 EnWG zu konturieren. Bedeutsam ist hier die Verwendung des Begriffs der für die Zwecke der Untersuchung relevanten Unterlagen in Art. 13 Abs. 2 S. 1, 2 Buchst. a) REMIT-VO. Mithin sollte sich das Einsichtsrecht auf diejenigen Aktenbestandteile beschränken, die für die Zwecke des Art. 13 Abs. 1 S. 1, 2 REMIT-VO – Untersuchungen im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Verbote und Verpflichtungen insbesondere der Art. 3, 5 REMIT-VO – erforderlich sind. Daraus ist zu schließen, dass von dem Akteneinsichtsrecht nach seinem Sinn und Zweck nicht umfasst sein soll, was für die Zwecke des Art. 13 REMIT-VO ex ante nicht dienlich ist.
Der Sache nach betrifft dies Aktenbestandteile, die für mögliche Verstöße gegen die REMIT-VO nicht relevant sind (sondern ggf. andere Vorwürfe betreffen) oder die schlicht für Untersuchungs- und Durchsetzungszwecke (nach REMIT-VO) oder überhaupt ohne Bedeutung sind. Insoweit hat die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht zu versagen, wobei sie aber keine strengen Maßstäbe wird anlegen können. Letztlich kann sie im Wesentlichen im Hinblick auf legitime Ermittlungszwecke der BNetzA ersichtlich redundante Aktenbestandteile selbstständig von der Einsicht ausnehmen, d.h. auch solche, bzgl. derer die ausdrücklichen Ausschlussgründe nicht greifen. Nur im Übrigen ist – vorbehaltlich etwaiger Ausschlussgründe – der BNetzA in demjenigen Umfang Akteneinsicht zu gewähren, in welchem einem Verteidiger Ermittlungsakten ausgereicht werden würden (Umfang des § 147 Abs. 1 S. 1 StPO).
Da die BNetzA nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 58b Abs. 3 EnWG nur ein Akteneinsichtsrecht, nicht aber ein Besichtigungsrecht hat, bleibt ihr jedenfalls die Besichtigung von Beweismitteln (§ 147 Abs. 1 S. 2 StPO) – insbesondere von nicht zu den Akten i.e.S. genommenen Papier- und EDV-Asservaten – auch nach Beschlagnahme bzw. endgültiger Sicherstellung verwehrt. Erst recht gilt dies für lediglich zur Durchsicht vorläufig sichergestellte Gegenstände (vgl. § 110 StPO), insbesondere für Datenträger etc.; diese müssen nicht nur im Gewahrsam der Strafverfolgungsbehörden verbleiben, sondern dürfen auch nicht in Kopie zur Verfügung gestellt werden.
c) Ausschlussgründe
Teilweise wird in der Lit. behauptet, dass beide alternativen Ablehnungsvoraussetzungen in der Praxis äußerst selten vorliegen dürften[71]. Dies kann bezweifelt werden.
aa) Schutzwürdige Interessen des Betroffenen
Es wird weiter vertreten, dass es faktisch nur wenige Fälle gebe, in denen jedenfalls schutzwürdige Interessen des Betroffenen der Akteneinsicht entgegenstehen; in diesem Zusammenhang wird auch auf die Schweigepflicht der Behörde und deren Pflicht zur Objektivität verwiesen[72]. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen sollen nach h. Lit. der Akteneinsicht entgegenstehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung des Akteninhalts und darin enthaltener personenbezogener Informationen größer ist als das Informationsinteresse der BNetzA[73].
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass bekanntermaßen alle Behörden vergleichbare Schweigepflichten treffen, dennoch aber jedenfalls vom Steuergeheimnis (§ 30 Abs. 1, 2 AO) geschützte Daten und solche aus dem höchstpersönlichen Bereich (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sinnhafterweise nicht der Akteneinsicht der BNetzA unterliegen können – schon weil dies Art. 13 REMIT-VO nicht erfordern kann – aber jedenfalls von einer Schutzwürdigkeit (und von deren Überwiegen) auszugehen ist.
Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die die Informationsinteressen der BNetzA überwiegen, kommen überdies in Betracht, wenn sich der Tatverdacht im Laufe der Ermittlungen zerstreut hat[74]. Es stellt sich auch die Frage, ob ein – nicht weiter erhärteter – Anfangsverdacht jedenfalls zu Beginn der Ermittlungen nicht ebenfalls die zumindest im Hinblick auf personenbezogene Daten stets bestehenden schutzwürdigen Interessen der Betroffenen ebenfalls zunächst überwiegen lassen sollte. Erst recht gilt dies, solange die Staatsanwaltschaft auf eine Anzeige der BNetzA eingeleitet hat und die Ermittlungsergebnisse den Verdacht noch nicht erhärtet haben.
Regelmäßig wird hier in der Lit. nur auf schutzwürdige Beschuldigteninteressen abgestellt. Die ist unzutreffend, wie auch der Vergleich mit § 475 StPO zeigt, wo mit dem Betroffenen offensichtlich auch Dritte gemeint sind. Nach zutreffender Ansicht können schutzwürdige Interessen Dritter ebenfalls in Betracht kommen, insbesondere können Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie die Reputation im Geschäftsverkehr schutzwürdig sein[75]. Bzgl. eines Unternehmens kann ein Überwiegen des Interesses des Unternehmens insbesondere in Betracht kommen, wenn es proaktiv an der Aufklärung mitgewirkt hat, etwa in der Weise, dass vorgelegte besonders schutzwürdige oder wenig verfahrensrelevante Unterlagen von der Einsicht der Behörde ausgenommen oder deren Einsicht insofern zurückgestellt wird[76].
Jedenfalls dürfte eine Teilakteneinsicht der vollständigen Versagung vorzuziehen sein, wenn und soweit der o.g. Ausschlussgrund nicht vollumfänglich – für die Gesamtheit des Aktenbestands – eingreift.
Jedoch ist in jedem Fall – auch nach der Rspr. des BVerfG – vor Gewährung der Akteneinsicht – den in ihren schutzwürdigen Interessen Betroffenen (Beschuldigten und Dritten) Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren. Jedenfalls soweit diese ihrerseits über ein Akteneinsichtsrecht (gem. §§ 147 oder 475 StPO) verfügen, muss in effektiver Weise rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zum Antrag der BNetzA gewährt werden. Ohne Akteneinsicht wird es aber regelmäßig Beschuldigten oder Dritten nicht möglich sein, effektiv zu der Frage Stellung zu nehmen, ob ihre schutzwürdigen Interessen durch die Akteneinsicht beeinträchtigt werden. Regelmäßig müssen diese – sofern nach den einschlägigen Vorschriften zulässig – vor der Bescheidung des Antrags der BNetzA Akteneinsicht erhalten, sofern sie dies zur Ermöglichung einer Stellungnahme beantragen. Ansonsten muss die Staatsanwaltschaft die evtl. in schutzwürdigen Interessen verletzten Betroffenen vor Bescheidung eines Gesuchs der BNetzA auf potenziell schutzwürdige Aktenbestandteile konkret hinweisen.
bb) Gefährdung des Ermittlungszwecks
Die Ablehnung der Akteneinsicht zur Verhinderung der Gefährdung des Untersuchungserfolgs erfordere konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlungsmaßnahmen scheitern würden, wenn die BNetzA vom Akteninhalt Kenntnis erlangen würde; solche Umstände sollen in der Praxis aufgrund der Verschwiegenheitspflicht der BNetzA analog § 30 VwVfG kaum erfüllbar sein[77]. Auch sonst wird angenommen, dass diesem Vorbehalt eine vergleichsweise geringe praktische Bedeutung zukommt[78].
Regelmäßig dürften keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs bzw. des Ermittlungszwecks durch die Einsicht der Akten seitens der BNetzA bestehen. Für EDV-Asservate, insbesondere solche, die noch gesichtet werden, dürfte das Gegenteil gelten; auf diese bezieht sich nach zutreffender Ansicht das Akteneinsichtsrecht der BNetzA allerdings ohnehin nicht.
5. Anhörungsrecht der BNetzA vor Einstellung des Strafverfahrens, § 58b Abs. 1 S. 3 EnWG
58b Abs. 1 S. 3 EnWG verpflichtet die Staatsanwaltschaft, die BNetzA vor der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens anzuhören; § 58b Abs. 1 S. 3 EnWG stellt insofern laut der Lit. sicher, dass die Staatsanwaltschaft auf einer energierechtlich fundierten Grundlage über die Verfahrenseinstellung entscheidet[79]. Die Anhörungspflicht soll es der BNetzA ermöglichen, Einwände rechtlicher oder tatsächlicher Art gegen eine Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft vorzutragen[80]. Zutreffend wird allerdings darauf hingewiesen, dass die subjektive Seite der Tat (Vorsatz, Fahrlässigkeit) meist erst im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens bewertet wird, sodass auch hier durchaus entlastende Momente für den Beschuldigten zu Tage treten können[81]. Soweit vertreten wird, dass es durch diese Regelung der BNetzA ermöglicht werden soll, Einwände vorzubringen und auch nicht berücksichtigte Argumente vorzutragen[82], ist dies allerdings sowohl im Licht des eingangs zutreffend umrissenen Regelungszwecks zu sehen, als auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die BNetzA als Verwaltungsbehörde keine genuine Kompetenz zur und keine Erfahrung bei der Bewertung typisch strafrechtlicher Zurechnungskriterien (insbesondere Vorsatz, Fragen der obj. Zurechnung etc.) haben dürfte. Etwaige abweichende Bewertungen der BNetzA gegenüber der Bewertung der Staatsanwaltschaft sind also – anders als evtl. genuin technische oder verwaltungsrechtliche Aspekte – sinnvollerweise zu vernachlässigen. Für den Fall, dass die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage erwägt, soll die BNetzA nach e.A. „aufgrund ihrer branchenspezifischen Kenntnisse“ auch zweckdienliche Hinweise zur angemessenen Höhe einer solchen Auflage geben[83]. Diese können jedoch allenfalls indirekt Bedeutung erlangen, sofern diese Kenntnisse ausnahmsweise maßgeblich für die Bemessung des potenziellen Unrechtsgehalts der Tat sein könnten. Viel wichtiger sind hier – außer in komplexen Fällen – aber die vergleichenden Kenntnisse der Staatsanwaltschaft in der Anwendung des § 153a StPO in anderen Fällen im Gerichtsbezirk, welche die BNetzA nicht haben kann. Angebliches Sonderwissen der BNetzA ist demgegenüber regelmäßig zu vernachlässigen. Weitergehend ist die Frage, ob die BNetzA als Verwaltungsbehörde – sei es auch nur indirekt – an strafzumessungsähnlichen Überlegungen im Strafverfahren zu beteiligen ist, tendenziell zu verneinen.
6. Stellung der BNetzA im Hauptverfahren, § 58b Abs. 2 EnWG
Das zuständige Strafgericht ist nach § 58b Abs. 2 EnWG verpflichtet, der BNetzA den Termin zur Hauptverhandlung (und entsprechende Fortsetzungstermine) unaufgefordert mitzuteilen, um einem Vertreter der BNetzA die Teilnahme an der Hauptverhandlung zu ermöglichen[84]. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die BNetzA weder Verfahrensbeteiligte ist noch dies durch die Mitteilung wird[85] und ihr aus der Informationspflicht des Gerichts hinaus keinerlei zusätzlichen Rechte (insbesondere keine Beteiligungsrechte) erwachsen. Ihre Teilnahme wird ihr in derselben Weise (und mit denselben Einschränkungen) ermöglicht, wie der Öffentlichkeit (§§ 169 ff. GVG und insbesondere §§ 171b, 172 GVG); die BNetzA ist im Rahmen einer Hauptverhandlung (falls vertreten) ggf. Teil der passiv teilnehmenden Öffentlichkeit. Anders als nach § 407 AO für die Finanzbehörde („Beteiligung der Finanzbehörde in sonstigen Fällen“) ist gesetzlich schlicht keine besondere Rechtsstellung der BNetzA im Hauptverfahren vorgesehen, wie der Vergleich deutlich macht: Nach § 407 Abs. 1 S. 1 AO gibt das Gericht der Finanzbehörde Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind; dies gilt auch, wenn das Gericht erwägt, das Verfahren einzustellen (§ 407 Abs. 1 S. 2 AO). Gem. § 407 Abs. 1 S. 4 AO erhält der Vertreter des Finanzamts in der Hauptverhandlung auf Verlangen das Wort; ihm ist zu gestatten, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu richten (S. 5). Mangels entsprechender Regelungen im EnWG (wie auch im WpHG) steht fest, dass die BNetzA (wie die BaFin) diese (oder sonstige) Beteiligungsrechte in der Hauptverhandlung nicht hat.
7. Mitteilungen an die BNetzA in energierechtlichen Strafsachen, § 58b Abs. 4 EnWG
§ 58b Abs. 4 S. 1 EnWG normiert weitere Mitteilungspflichten gegenüber der BNetzA. Voraussetzung für die in § 58b Abs. 4 S. 1 EnWG normierten Mitteilungspflichten ist die Erhebung der öffentlichen Klage, also die Einreichung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen Gericht gemäß § 170 Abs. 1 StPO (Nr. 1) oder ein Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls gemäß § 407 Abs. 1 S. 2 StPO (Nr. 2), durch den die öffentliche Klage ebenfalls erhoben wird (§ 407 Abs. 1 S. 4 StPO)[86].
Adressaten der Mitteilungspflichten sind die Staatsanwaltschaft und das Gericht. Das geht aus der passiven Formulierung nach § 58b Abs. 4 S. 1 EnWG zwar nicht ausdrücklich hervor, ergibt sich indessen aus Nr. 4 Abs. 1 MiStra; demnach ist die Staatsanwaltschaft bis zur Anklageerhebung zuständig, das Gericht nach Anklageerhebung bis zur Rechtskraft der Entscheidung und wiederum die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde nach Rechtskraft der Entscheidung[87].
Dem klaren Wortlaut zufolge hat § 58b Abs. 4 EnWG allein solche Verfahren zum Gegenstand, die eine Strafbarkeit nach § 95a und § 95b EnWG betreffen; nur insoweit als diese Straftaten betroffen sind, sind die o.g. Dokumente zu übermitteln[88]. Die dargelegte Reduktion der Übermittlungspflicht entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung, der insbesondere darin liegt, es der BNetzA zu ermöglichen, an einem Strafverfahren nach § 95a und § 95b EnWG mitzuwirken und ihre besondere Sachkunde dadurch einzubringen, dass sie an das Gericht oder die Staatsanwaltschaft sachdienliche Anregungen heranträgt; die Mitteilung eines Sachverhalts, der ausschließlich die Strafbarkeit nach anderen Strafvorschriften betrifft, ist daher von dem Normentelos nicht mehr gedeckt[89].
Gemäß § 58b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EnWG sind außerdem „das Verfahren abschließende Entscheidungen“ mit Begründung sowie ein etwaiger Hinweis auf die Einlegung eines Rechtsmittels zu übermitteln. Darunter sollen Einstellungsverfügungen ebenso wie das verfahrensabschließende Urteil fallen[90]. Die Mitteilung sollte nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht werden, denn nur dann kann die BNetzA darüber informiert werden, ob gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt wurde[91].
In solchen Strafverfahren, die leichtfertig begangene Straftaten zum Gegenstand haben, wird der BNetzA gemäß § 58b Abs. 4 S. 2 EnWG die Anklageschrift sowie der Antrag auf Strafbefehlserlass nur dann übermittelt, wenn aus Sicht der übermittelnden Behörde – also der Staatsanwaltschaft – unverzügliche Entscheidungen oder andere Maßnahmen der BNetzA geboten sind. Die Regelung betrifft konkret nur Fälle leichtfertigen Insiderhandels gem. § 95a Abs. 4 EnWG[92].
Wichtig erscheint, diese Mitteilungspflichten und die damit zusammenhängende Rechtsstellung der BNetzA zutreffend einzuordnen. Unzutreffend ist die Auffassung, durch diese Mitteilungen werde der BNetzA die Möglichkeit gegeben, ihre Meinung hierzu gegenüber der zuständigen Staatsanwaltschaft mitzuteilen und so dieser die Möglichkeit zu geben, dies gegebenenfalls noch in den Prozess (im Falle des Rechtsmittels) einzuführen[93]. Der Sache nach werden hier Staatsanwaltschaft und Gericht nämlich nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nur Informationspflichten aufgebürdet, nicht etwa der Verwaltungsbehörde zusätzliche Beteiligungs-, Mitwirkung-, Antrags- oder Anhörungsrechte etc. eingeräumt. Ersichtlich dienen die Informationspflichten des § 58b Abs. 4 EnWG lediglich dazu, die BNetzA über den Stand bzw. den Ausgang des Strafverfahrens zu informieren, so dass diese die verfahrensbezogenen (Zwischen-)Ergebnisse der Strafjustiz bei der eigenen Behördenpraxis berücksichtigen kann[94]. Sonst ließe sich insbesondere nicht erklären, weshalb gem. § 58b Abs. 4 Nr. 3 EnWG eine abschließende Entscheidung unter Hinweis auf ein ggf. eingelegtes Rechtsmittel zu übermitteln ist – dann wird die Rechtmittelfrist der Staatsanwaltschaft abgelaufen sein – und weshalb nicht sichergestellt wird, dass ein Urteil noch während der laufenden Rechtsmittelfrist übermittelt wird. Allenfalls dann wäre davon auszugehen, dass die BNetzA die Möglichkeit erhalten soll, sich Staatsanwaltschaft oder Gericht gegenüber zu äußern. Soweit die BNetzA die Übermittlung zum Anlass nehmen sollte, sich gegenüber Staatsanwaltschaft oder Gericht zur Anklageschrift, zum Urteil etc. zu äußern, wäre dies eine informelle und völlig unverbindliche Äußerung eines nicht verfahrensbeteiligten Dritten, die nicht weiter zu beachten ist, soweit nicht ausnahmsweise die Amtsaufklärungspflicht dazu zwingen sollte. Anders als durch das gemäß § 58b Abs. 1 S. 3 EnWG explizit kodifizierte Anhörungsrecht im Hinblick auf eine etwaige Einstellung des Verfahrens wird der BNetzA hier offensichtlich kein Anhörungsrecht oder eine sonstige Rechtsstellung eingeräumt.
[1] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 54 Rn. 95, 96, beck-online.
[2] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 54 Rn. 100, beck-online.
[3] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 54 Rn. 120-122, beck-online.
[4] So noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. 6. 2012, BT-Drs. 17/10060, S. 1 ff.
[5] Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann/Lüdemann, 4. Aufl. 2020, GWB § 47a Rn. 3, beck-online.
[6] Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann/Lüdemann, 4. Aufl. 2020, GWB § 47a Rn. 1, beck-online.
[7] Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann/Lüdemann, 4. Aufl. 2020, GWB § 47a Rn. 1, beck-online.
[8] Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann/Lüdemann, 4. Aufl. 2020, GWB § 47a Rn. 2, beck-online.
[9] Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann/Lüdemann, 4. Aufl. 2020, GWB § 47a Rn. 3, beck-online.
[10] Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann/Lüdemann, 4. Aufl. 2020, GWB § 47a Rn. 4, beck-online.
[11] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58a Rn. 1, beck-online.
[12] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58a Rn. 2, beck-online.
[13] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58a Rn. 2, beck-online.
[14] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58a Rn. 3, beck-online.
[15] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58a Rn. 6, beck-online.
[16] Säcker EnergieR/Säcker EnWG § 5b Rn. 1; BeckOK EnWG/Vallone, 12. Ed. 1.9.2024, EnWG § 5b Rn. 1, 2.
[17] BT-Drs. 17/10060, 34; Bourwieg/Hellermann/Hermes/Burmeister, 4. Aufl. 2023, EnWG § 69 Rn. 22, beck-online.
[18] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 69 Rn. 59, beck-online.
[19] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 68a Rn. 3, beck-online.
[20] BR-Drs. 253/12, S. 42; BerlKommEnergieR/Wende, 4. Aufl. 2019, EnWG § 68a, beck-online; Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 68a Rn. 6, beck-online.
[21] Theobald/Kühling/Theobald/Werk § 68a Rn. 5; BeckOK EnWG/Adam, 13. Ed. 1.12.2024, EnWG § 68a Rn. 3, beck-online.
[22] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 68a Rn. 7, beck-online.
[23] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 68a Rn. 7, beck-online.
[24] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 68a Rn. 4, beck-online.
[25] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 68a Rn. 4, beck-online.
[26] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 68a Rn. 4, beck-online.
[27] Schwark/Zimmer/Zetzsche/Lehmann, 5. Aufl. 2020, WpHG § 11 Rn. 5, beck-online; vgl. OLGR Frankfurt 2003, 458.
[28] So aber Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 68a Rn. 7, beck-online.
[29]BeckOK EnWG/Adam, 13. Ed. 1.12.2024, EnWG § 68a Rn. 4, beck-online.
[30] Vgl. BT-Drs. 17/10060, 33; BeckOK EnWG/Adam, 13. Ed. 1.12.2024, EnWG § 68a Rn. 5, beck-online.
[31] BeckOK EnWG/Pastohr, 13. Ed. 1.12.2024, EnWG § 95 Rn. 49, beck-online.
[32]BeckOK EnWG/Pastohr, 13. Ed. 1.12.2024, EnWG § 96 Rn. 4, beck-online.
[33]BeckOK EnWG/Pastohr, 13. Ed. 1.12.2024, EnWG § 96 Rn. 5, beck-online.
[34]Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 1, beck-online.
[35]BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b, beck-online.
[36] BGBl. 2012 I 2043.
[37] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 1, beck-online.
[38]BT-Drs. 17/10060, 33; BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 1, beck-online.
[39] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 2, 3 beck-online.
[40] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 3, beck-online.
[41] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 6, beck-online.
[42] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 11, beck-online; BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 6, beck-online.
[43] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 7, beck-online.
[44] Schwark/Zimmer/Böse/Jansen, 5. Aufl. 2020, WpHG § 122 Rn. 1, beck-online zur parallelen Rolle der BaFin.
[45] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 8, beck-online.
[46] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 8, beck-online.
[47] Kment, Energiewirtschaftsgesetz, EnWG § 58b Rn. 3, beck-online.
[48] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 8, beck-online.
[49] Vgl. auch Fuchs/Zimmermann/Weick-Ludewig WpHG § 122 Rn. 7.
[50]Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 7, beck-online; Schwark/Zimmer/Böse/Jansen WpHG § 122 Rn. 4.
[51] Kment EnWG/Görisch/Wolff § 58b Rn. 4; BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 10, beck-online.
[52] Das erkennende Gericht kann einen anderen Sachverständigen bestellen, ist aber nicht dazu verpflichtet, vgl. BGHSt 44, 26, 32; BeckOK StPO/Monka, 54. Ed. 1.1.2025, StPO § 73 Rn. 1, beck-online.
[53] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 10, beck-online; vgl. auch BeckOK StPO/Monka StPO § 72 Rn. 4.
[54]BGH BeckRS 2016, 9679 Rn. 10.
[55]Vgl. BeckOK StPO/Monka, 54. Ed. 1.1.2025, StPO § 73 Rn. 2, beck-online.
[56]Vgl. BGH BeckRS 2016, 9679 Rn. 10.
[57]Zurückhaltender BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 10, beck-online; vgl. BGH BeckRS 2016, 9679 Rn. 10.
[58]BeckOK StPO/Monka, 54. Ed. 1.1.2025, StPO § 73 Rn. 1, beck-online.
[59]So BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 12, beck-online.
[60] MüKoStPO/Trück, 2. Aufl. 2023, StPO § 80 Rn. 1, beck-online.
[61] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 12, beck-online.
[62] OLG Köln v. 28.10.2011 – 2 Ws 669/11, StraFo 2011, 504; Foth/Karcher NStZ 1989, 166, 169; MüKoStPO/Trück, 2. Aufl. 2023, StPO § 80 Rn. 1, beck-online.
[63] Hadamitzky in KK-StPO §80 Rn. 2; MüKoStPO/Trück, 2. Aufl. 2023, StPO § 80 Rn. 1, 4, beck-online; Bittmann wistra 2011, 47, 51.
[64] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 8, beck-online.
[65] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 12, beck-online.
[66] BerlKommEnergieR/Groebel, 4. Aufl. 2019, EnWG § 58b Rn. 1, beck-online; BT-Drs. 17/10060, S. 33.
[67] Kment, Energiewirtschaftsgesetz, EnWG § 58b Rn. 3, beck-online; vgl. auch Assmann/Schneider/Vogel, WpHG, 6. Aufl., § 40a Rn. 10; Assmann/Schneider/Mülbert/Spoerr, WpHG, 7. Aufl., § 122 Rn. 17, 18 zum WpHG.
[68]Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 11, beck-online.
[69]BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 16, beck-online.
[70]Vgl. BerlKommEnergieR/Rohlje, 4. Aufl. 2018, REMIT-VO Art. 13, beck-online.
[71]Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 6, beck-online.
[72] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 11, beck-online.
[73] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 18, beck-online.
[74] Vgl. Assmann/Schneider/Vogel, WpHG, 6. Aufl., § 40a Rn. 10.
[75] Assmann/Schneider/Mülbert/Spoerr, WpHG, 7. Aufl., § 122 Rn. 17.
[76] Vgl. ähnlich Assmann/Schneider/Mülbert/Spoerr, WpHG, 7. Aufl., § 122 Rn. 17.
[77]BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 19, beck-online.
[78]Kment, Energiewirtschaftsgesetz, EnWG § 58b Rn. 3, beck-online; Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 6, beck-online.
[79]BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 14, beck-online.
[80]Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 4, beck-online.
[81]Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 9, beck-online.
[82] Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 9, beck-online.
[83]Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 4, beck-online.
[84]Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 5, beck-online.
[85]Schwark/Zimmer/Böse/Jansen, 5. Aufl. 2020, WpHG § 122 Rn. 3, beck-online zu § 122 WpHG.
[86] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 21, beck-online.
[87] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 22, beck-online.
[88] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 8, beck-online.
[89] Theobald/Kühling/Theobald/Werk, 127. EL Oktober 2024, EnWG § 58b Rn. 9, beck-online.
[90] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 23, beck-online.
[91] BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 23, beck-online.
[92] Vgl. BeckOK EnWG/Wessling, 13. Ed. 1.9.2024, EnWG § 58b Rn. 24, beck-online.
[93] So Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 15, beck-online.
[94] Insoweit zutreffend Bourwieg/Hellermann/Hermes/Th. Eufinger, 4. Aufl. 2023, EnWG § 58b Rn. 15, beck-online.

