Alexander Schemmel/Dr. Felix Ruhmannseder/Dr. Tobias Witzigmann: Hinweisgebersysteme – Implementierung im Unternehmen
1. Auflage (2012), Verlag C.F. Müller
Mit diesem Buch ist den Autoren eine handwerklich solide, inhaltlich schlüssige und umfassend strukturierte sowie auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtete Bearbeitung dieses komplexen Themas gelungen. Eine in einem wahren Dschungel von einschlägigen und teilweise wenig überzeugenden Publikationen erfreuliche Ausnahmeerscheinung.
Die acht Kapitel, in die der gesamte Themenkomplex untergliedert ist, sind in der Logik der Verständnissequenz des dargebotenen Stoffes so aufgebaut, dass Kapitel 1 mit einer Begriffsklärung beginnt und sich dann in einem zweiten Absatz mit dem schwierigen Thema des Spannungsfeldes zwischen Denunziantentum und Zivilcourage beschäftigt. Dabei verkennen die Autoren nicht, dass aus diesem Spannungsfeld durchaus erhebliche Störungen des Betriebsklimas sowie des Betriebsfriedens resultieren können, die aber bei Implementierung eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems vermieden oder doch zumindest abgemildert werden können. Der dritte Absatz des ersten Kapitels gibt einen Überblick über die wichtigsten Ausgestaltungsmöglichkeiten des Hinweisgebersystems und muss insbesondere hinsichtlich deren rechtlicher Aspekte im Zusammenhang mit Kapitel fünf gelesen werden.
Die unvermittelte Konfrontation des vielleicht nicht so kundigen Lesers mit den Grundprinzipien der Compliance-Organisation in Kapitel 2 hätte vielleicht etwas sinnhafter erfolgen können, wenn im vorangegangenen Text bei den Begriffsklärungen der Terminus „Compliance“ nicht völlig losgelöst vom Gegenstand des Buches stünde. Man hätte sich die deutliche Hervorhebung gewünscht, dass das Hinweisgebersystem ein integrierter, wichtiger Bestandteil eines effektiven Compliance-Management-Systems darstellt. Die zum Verständnis einer funktionsfähigen Compliance-Organisation erforderlichen Informationsgrundlagen sowie die wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einem effizienten Compliance-Management-System sind umfassend, verständlich und praxisnah dargestellt.
Kapitel 3 führt mögliche Gründe für ein Unternehmen auf, ein Hinweisgebersystem zu implementieren. Sieht man von dem Sonderfall deutscher Unternehmen einmal ab, deren Wertpapiere an einer US-amerikanischen Wertpapierbörse gehandelt oder in den USA anderweitig öffentlich angeboten werden, so sind Unternehmen nach Maßgabe des geltenden deutschen Rechts nicht verpflichtet, ein Hinweisgebersystem einzurichten. Dennoch gibt es nach zutreffender Meinung der Autoren sechs gute Gründe, die für eine Implementierung eines Hinweisgebersystems sprechen. Wenngleich jeder dieser sechs Gründe für sich selbst spricht und entsprechend überzeugend dargestellt wird, ist der Hinweis auf die wechselseitige Wirkung des Hinweisgebersystems auf die Unternehmenskultur und der Unternehmenskultur auf das Hinweisgebersystem gerade wegen der Ambivalenz besonders verdienstvoll.
Gut gelungen ist auch das 4. Kapitel, das die Vorteile eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems aus Sicht potentieller Hinweisgeber beschreibt. Es gelingt den Autoren überzeugend darzustellen, wie strafrechtliche Risiken des Hinweisgebers auszuschließen und arbeits- und zivilrechtliche Risiken minimiert werden können. Eine praktische Verhaltenshilfe für den Hinweisgeber ist insbesondere dieses Kapitel, weil gezeigt wird, dass trotz der Vielzahl möglicher Pflichtverletzungen des Hinweisgebers ein rechtlich für ihn folgenloses Hinweisgeben dennoch möglich ist, wenn ein funktionstüchtiges Hinweisgebersystem implementiert ist und der „Whistleblower“ sich an die vom Arbeitgeber für die Hinweiserteilung vorgegebenen Regeln hält.
Das 5. Kapitel macht klar, dass das Hinweisgebersystem als wesentliche Komponente des in Kapitel 2 dargestellten Compliance-Management-Systems zwar in dieses eingebettet ist, aber einer eigenen Ausgestaltung bedarf. Bei der Bestimmung des Hinweisempfängers dürfte sich die Empfehlung der Verfasser, eine unternehmensexterne Ombudsstelle zu beauftragen, ohnehin mit dem Verfahren decken, das wohl derzeit als „best practice“ anzusehen ist. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich die Autoren von der Auslobung einer Prämie für Hinweisgeber doch ein wenig stärker distanzieren hätten. Wertvoll und zielführend ist die Darstellung der Implementierung des Hinweisgebersystems in einen Verhaltenscodex und die Einführung entsprechender Regelungen in das Arbeitsverhältnis.
Kapitel 6 zeigt eindrucksvoll, dass es bei der Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen aus dem Hinweisgebersystem in aller Regel zu einer Fülle datenschutzrechtlich relevanter Maßnahmen kommt. Wenn die Autoren darauf hinweisen, dass es deshalb bereits im Stadium der Planung eines Hinweisgebersystems zwingend erforderlich ist, sich frühzeitig Gedanken über dessen datenschutzkonforme Ausgestaltung zu machen, zeigt sich auch hier die sich wie ein roter Faden durch das Buch ziehende Praxisorientierung der Ausführungen.
Kapitel 7, das sich mit den Zugriffsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden auf die erlangten Informationen beschäftigt, zeigt auf, dass derjenige Hinweisgeber, der ggf. selbst in das in Rede stehende Fehlverhalten involviert war, sich zumindest im Falle eines externen Ombudsmannes wegen dessen Zeugnisverweigerungsrechtes sowie der Beschlagnahmefreiheit seiner sich in seinem Gewahrsam befindlichen Unterlagen zunächst in einem strafrechtsfreien Raum bewegt, es sei denn, der Ombudsmann ist von seiner Schweigepflicht entbunden worden. Dies dürfte sicherlich die Bereitschaft des Hinweisgebers erhöhen, Informationen preiszugeben, aber auch im Interesse des Unternehmens liegen.
Kapitel 8 schließlich macht die Publikation rund und liefert als Zusammenfassung einen vorbildlichen, synoptisch gefälligen und praxisorientierten Leitfaden für die Einführung eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems.
Das Buch wird die nicht immer emotionsfreie Diskussion zu diesem Thema entscheidend vorwärts bringen und einen begrüßenswerten Beitrag zur Stabilisierung einer „best practice“ leisten.
[:en]
Alexander Schemmel/Dr. Felix Ruhmannseder/Dr. Tobias Witzigmann, 1. Auflage (2012), Verlag C.F. Müller
Mit diesem Buch ist den Autoren eine handwerklich solide, inhaltlich schlüssige und umfassend strukturierte sowie auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtete Bearbeitung dieses komplexen Themas gelungen. Eine in einem wahren Dschungel von einschlägigen und teilweise wenig überzeugenden Publikationen erfreuliche Ausnahmeerscheinung.
Die acht Kapitel, in die der gesamte Themenkomplex untergliedert ist, sind in der Logik der Verständnissequenz des dargebotenen Stoffes so aufgebaut, dass Kapitel 1 mit einer Begriffsklärung beginnt und sich dann in einem zweiten Absatz mit dem schwierigen Thema des Spannungsfeldes zwischen Denunziantentum und Zivilcourage beschäftigt. Dabei verkennen die Autoren nicht, dass aus diesem Spannungsfeld durchaus erhebliche Störungen des Betriebsklimas sowie des Betriebsfriedens resultieren können, die aber bei Implementierung eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems vermieden oder doch zumindest abgemildert werden können. Der dritte Absatz des ersten Kapitels gibt einen Überblick über die wichtigsten Ausgestaltungsmöglichkeiten des Hinweisgebersystems und muss insbesondere hinsichtlich deren rechtlicher Aspekte im Zusammenhang mit Kapitel fünf gelesen werden.
Die unvermittelte Konfrontation des vielleicht nicht so kundigen Lesers mit den Grundprinzipien der Compliance-Organisation in Kapitel 2 hätte vielleicht etwas sinnhafter erfolgen können, wenn im vorangegangenen Text bei den Begriffsklärungen der Terminus „Compliance“ nicht völlig losgelöst vom Gegenstand des Buches stünde. Man hätte sich die deutliche Hervorhebung gewünscht, dass das Hinweisgebersystem ein integrierter, wichtiger Bestandteil eines effektiven Compliance-Management-Systems darstellt. Die zum Verständnis einer funktionsfähigen Compliance-Organisation erforderlichen Informationsgrundlagen sowie die wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einem effizienten Compliance-Management-System sind umfassend, verständlich und praxisnah dargestellt.
Kapitel 3 führt mögliche Gründe für ein Unternehmen auf, ein Hinweisgebersystem zu implementieren. Sieht man von dem Sonderfall deutscher Unternehmen einmal ab, deren Wertpapiere an einer US-amerikanischen Wertpapierbörse gehandelt oder in den USA anderweitig öffentlich angeboten werden, so sind Unternehmen nach Maßgabe des geltenden deutschen Rechts nicht verpflichtet, ein Hinweisgebersystem einzurichten. Dennoch gibt es nach zutreffender Meinung der Autoren sechs gute Gründe, die für eine Implementierung eines Hinweisgebersystems sprechen. Wenngleich jeder dieser sechs Gründe für sich selbst spricht und entsprechend überzeugend dargestellt wird, ist der Hinweis auf die wechselseitige Wirkung des Hinweisgebersystems auf die Unternehmenskultur und der Unternehmenskultur auf das Hinweisgebersystem gerade wegen der Ambivalenz besonders verdienstvoll.
Gut gelungen ist auch das 4. Kapitel, das die Vorteile eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems aus Sicht potentieller Hinweisgeber beschreibt. Es gelingt den Autoren überzeugend darzustellen, wie strafrechtliche Risiken des Hinweisgebers auszuschließen und arbeits- und zivilrechtliche Risiken minimiert werden können. Eine praktische Verhaltenshilfe für den Hinweisgeber ist insbesondere dieses Kapitel, weil gezeigt wird, dass trotz der Vielzahl möglicher Pflichtverletzungen des Hinweisgebers ein rechtlich für ihn folgenloses Hinweisgeben dennoch möglich ist, wenn ein funktionstüchtiges Hinweisgebersystem implementiert ist und der „Whistleblower“ sich an die vom Arbeitgeber für die Hinweiserteilung vorgegebenen Regeln hält.
Das 5. Kapitel macht klar, dass das Hinweisgebersystem als wesentliche Komponente des in Kapitel 2 dargestellten Compliance-Management-Systems zwar in dieses eingebettet ist, aber einer eigenen Ausgestaltung bedarf. Bei der Bestimmung des Hinweisempfängers dürfte sich die Empfehlung der Verfasser, eine unternehmensexterne Ombudsstelle zu beauftragen, ohnehin mit dem Verfahren decken, das wohl derzeit als „best practice“ anzusehen ist. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich die Autoren von der Auslobung einer Prämie für Hinweisgeber doch ein wenig stärker distanzieren hätten. Wertvoll und zielführend ist die Darstellung der Implementierung des Hinweisgebersystems in einen Verhaltenscodex und die Einführung entsprechender Regelungen in das Arbeitsverhältnis.
Kapitel 6 zeigt eindrucksvoll, dass es bei der Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen aus dem Hinweisgebersystem in aller Regel zu einer Fülle datenschutzrechtlich relevanter Maßnahmen kommt. Wenn die Autoren darauf hinweisen, dass es deshalb bereits im Stadium der Planung eines Hinweisgebersystems zwingend erforderlich ist, sich frühzeitig Gedanken über dessen datenschutzkonforme Ausgestaltung zu machen, zeigt sich auch hier die sich wie ein roter Faden durch das Buch ziehende Praxisorientierung der Ausführungen.
Kapitel 7, das sich mit den Zugriffsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden auf die erlangten Informationen beschäftigt, zeigt auf, dass derjenige Hinweisgeber, der ggf. selbst in das in Rede stehende Fehlverhalten involviert war, sich zumindest im Falle eines externen Ombudsmannes wegen dessen Zeugnisverweigerungsrechtes sowie der Beschlagnahmefreiheit seiner sich in seinem Gewahrsam befindlichen Unterlagen zunächst in einem strafrechtsfreien Raum bewegt, es sei denn, der Ombudsmann ist von seiner Schweigepflicht entbunden worden. Dies dürfte sicherlich die Bereitschaft des Hinweisgebers erhöhen, Informationen preiszugeben, aber auch im Interesse des Unternehmens liegen.
Kapitel 8 schließlich macht die Publikation rund und liefert als Zusammenfassung einen vorbildlichen, synoptisch gefälligen und praxisorientierten Leitfaden für die Einführung eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems.
Das Buch wird die nicht immer emotionsfreie Diskussion zu diesem Thema entscheidend vorwärts bringen und einen begrüßenswerten Beitrag zur Stabilisierung einer „best practice“ leisten.