Dr. Markus Rübenstahl, Mag. iur.

Die 8. GWB-Novelle und das Kartellbußgeldverfahren

Teil 1: Unverhältnismäßigkeit von Unternehmensdurchsuchungenim Kartellbußgeldverfahren aufgrund der neuenAuskunftspflicht (§ 81a GWB)

Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen der 8. GWB-Novelle[1] in Gestalt von § 81a GWB mit Wirkung zum 1. Juli 2013 eine Auskunftspflicht bzw. Herausgabepflicht des nebenbeteiligten – d.h. einem Beschuldigten gleichgestellten – Unternehmens betreffend bestimmter für die Bußgeldbemessung relevanter Unterlagen und Daten geschaffen. Diese gesetzgeberische Neuerung – die diesbezüglichen Herausgabeverlangen der Kartellbehörde bzw. -gerichte Verbindlichkeit verleiht – ist mit deren Befugnissen zur (Unternehmens-)­Durchsuchung ex § 46 OWiG i.V.m. §§ 102, 103 ff. StPO in Beziehung zu setzen. Die folgende Analyse zeigt, dass die neue Auskunftspflicht dazu führt, dass – auch über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 81a GWB hinaus – unter bestimmten Umständen eine Anordnung der Durchsuchung beim Unternehmen unverhältnismäßig (Art. 20 Abs. 3 GG) und allenfalls ein Herausgabeverlangen gemäß § 81a GWB – oder entsprechend § 95 StPO – zulässig ist.

 

I. GWB-Novelle und § 81a GWB

1. Gesetzgebungsverfahren

Der Neuregelung liegt ein recht langwieriges und – hinsichtlich der nicht das Bußgeldverfahren betreffenden Punkte – streitiges Gesetzgebungsverfahren zu Grunde. Ende 2011 veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einen Referentenentwurf für eine 8. GWB-Novelle.[2] Ein davon in wesentlichen Punkten abweichender Entwurf der Bundesregierung wurde im März 2012 publiziert.[3] Der Bundestag beschloss das Gesetz mit einigen Ergänzungen im Oktober 2012. Mitbeschlossen wurden Änderungen des OWiG, die zu einer Erhöhung der Bußgeldrahmen führten und die Gesamtrechtsnachfolge bei der Bußgeldverantwortlichkeit regelten[4]. Der Bundesrat rief – wegen der geplanten Einbeziehung der gesetzlichen Krankenkassen in den Anwendungsbereich des Kartellrechts – den Vermittlungsausschuss an, so dass die Reform zunächst nicht verabschiedet werden konnte.[5] Im Vermittlungsausschuss konnte Anfang Juni 2013 ein Kompromiss gefunden werden, weshalb die Novelle schließlich mit Ablauf des Monats in Kraft getreten ist.[6] Wesentliche Änderungen erfolgten bei der Neuordnung und textlichen Vereinfachung der Vorschriften über marktbeherrschende oder marktstarke Unternehmen, der weiteren Angleichung der deutschen Fusionskontrolle an die Vorschriften der europäischen Fusionskontrollverordnung, dem Kartellverfahrensrecht, der Einbeziehung von Verbraucherverbänden in die private Kartellrechtsdurchsetzung sowie – hier von besonderem Interesse – im Kartellordnungswidrigkeitenrecht.[7]

2. Regelungsinhalt des § 81a GWB

§ 81a GWB („Auskunftspflichten“) gliedert sich in drei Absätze. § 81a Abs. 1 S. 1 GWB bestimmt, dass dann, wenn die Festsetzung einer Geldbuße nach § 81 Abs. 4 S. 2 und 3 GWB gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung „in Betracht kommt“, diese juristische Person bzw. Personenvereinigung gegenüber der Verwaltungsbehörde (§ 81 Abs. 10 GWB) – regelmäßig dem Bundeskartellamt – auf Verlangen Auskunft zu erteilen hat. Diese Auskunftspflicht ist keinesfalls unbeschränkt, sondern in § 81a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB genau umrissen: Nach Nr. 1 besteht eine Auskunftspflicht über den Gesamtumsatz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung in demjenigen Geschäftsjahr, das für die Behördenentscheidung nach § 81 Abs. 4 S. 2 GWB voraussichtlich maßgeblich sein wird oder maßgeblich war – d.h. das der Behördenentscheidung vorausgehende Geschäftsjahr – sowie in den vorausgehenden fünf Geschäftsjahren. Nach Nr. 2 bezieht sich die Auskunftspflicht zusätzlich auf die Umsätze des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung, die mit allen, mit bestimmten oder nach abstrakten Merkmalen bestimmbaren Kunden oder Produkten innerhalb eines bestimmten oder bestimmbaren Zeitraums erzielt wurden. Sowohl bezüglich Nr. 1 als auch Nr. 2 beinhaltet die Pflicht des § 81a Abs. 1 S. 1 GWB ausdrücklich auch die Verpflichtung zur Herausgabe der diesbezüglichen Unterlagen. § 81a Abs. 1 S. 3 GWB sieht „insoweit“ – d.h. hinsichtlich der Umsatzermittlung – ausdrücklich die Unanwendbarkeit des ansonsten im Rahmen des Kartellbußgeldverfahrens entsprechend geltenden (§ 46 OWiG) Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit gem. §§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 3 u. 4 StPO im Hinblick auf die gem. § 81a Abs. 1 S. 1 GWB von der Auskunftspflicht umfassten Informationen und Unterlagen vor. Gemäß § 81a Abs. 2 GWB gilt für die Erteilung einer Auskunft oder die Herausgabe von Unterlagen an das Gericht Entsprechendes, d.h. auch das in Kartellbußgeldverfahren zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf kann im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens verbindlich Auskunft bzw. Herausgabe verlangen. Die entsprechende Kompetenz der Generalstaatsanwaltschaft im staatsanwaltschaftlichen Zwischenverfahren oder im gerichtlichen Verfahren dürfte sich aus § 69 Abs. 4 S. 1 OWiG ableiten lassen.[8] Gemäß § 81a Abs. 3 S. 1 u. 3 GWB bleibt das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit der für die juristische Person oder für die Personenvereinigung handelnden natürlichen Personen insofern – vergleichbar der Regelung des § 55 StPO – intakt, als diese die Auskunft auf solche Fragen verweigern darf, deren Beantwortung sie selbst oder einen Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Zudem darf sie insoweit auch die Herausgabe von Unterlagen verweigern. Gemäß § 81a Abs. 3 S. 1, 2. Hs. GWB sind hierüber die für die juristische Person oder Personenvereinigung handelnden natürlichen Personen zu belehren. Die Verpflichtung zur Glaubhaftmachung der Selbstbelastungsgefahr gem. § 56 StPO gilt entsprechend (§ 81a Abs. 3 S. 2 GWB).

 

II. Auskunfts- und Herausgabepflicht gem. § 81a GWB und Befugnis zur Durchsuchung gem. §§ 461 OWiG i.V.m. 102, 103 StPO

1. Verhältnismäßigkeitsgebot des20 Abs. 3 GG als Schranke der Durchsuchungsbefugnisse von Kartellbehörden und Gerichten

Da für das Kartellbußgeldverfahren, wie für jedes Bußgeldverfahren, soweit das OWiG nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozessordnung gelten (§ 46 Abs. 1 OWiG) und das GWB im Übrigen bisher keine speziellen Verfahrensvorschriften zur Beweisgewinnung enthält, richten sich die Durchsuchungsbefugnisse grundsätzlich nach den §§ 102 ff. StPO. Für das Bußgeldverfahren ist darüber hinaus anerkannt, dass der ohnehin zu berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) der Durchsuchungsbefugnis hier besonders enge Grenzen setzt.[9]

Bei Durchsuchungen – beim Verdächtigen (§ 102 StPO) und besonders beim Nichtverdächtigen (§ 103 StPO) – ist nach der ständigen Rspr. des BVerfG dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderem Maße Beachtung zu schenken.[10] Dieser verlangt, dass die jeweilige Maßnahme einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck verfolgt und zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Letzteres impliziert, dass der Eingriff den Betroffenen nicht übermäßig belasten darf, diesem also zumutbar sein muss[11]. Schwere der Tat, Verdachtsgrad, Erfolgsaussichten alternativer Ermittlungsmethoden und Umfang der Beeinträchtigung sind gegeneinander abzuwägen.[12] Die Durchsuchung ist nicht zulässig, wenn mit einer weniger einschneidenden Maßnahme der gleiche Zweck erreicht werden kann, weil dann der Eingriff nicht mehr in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts steht.[13] Soweit möglich, ist daher zu Beginn der Durchsuchung dem Betroffenen die Möglichkeit der Abwendung zu geben, indem die gesuchten Unterlagen freiwillig herausgegeben werden.[14] Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt aber auch bereits für die Anordnung, nicht erst die Durchführung der Durchsuchung.[15] Soweit vorhanden und erfolgversprechend, sind grundrechtsschonendere Ermittlungsmaßnahmen vorzuziehen.[16] Sofern also ein Auskunftsersuchen bzw. Herausgabeverlangen (vgl. § 95 StPO) erfolgversprechend erscheint, ist es vorzugswürdig. Bei unverhältnismäßigen Durchsuchungen kann ein Verwertungsverbot bestehen.[17]

2. Sinn und Zweck des § 81a GWB

Die Einführung des § 81a GWB hat nach dem Willen des Gesetzgebers offenkundig u.a. zum Hintergrund, den nebenbetroffenen Unternehmen den wirtschaftlichen Aufwand und die sonstigen Belastungen zu ersparen, die mit einer nach strafprozessualen Regeln erfolgenden Durchsuchung verbunden sind. In der Gesetzesbegründung wird hierzu insbesondere ausgeführt, dass § 81a GWB eine weitere Informationspflicht für die Wirtschaft einführe. Er sehe eine Auskunftspflicht für juristische Personen und Personenvereinigungen für bestimmte unternehmens- und marktbezogene Daten vor, die für die Bestimmung der Geldbuße erforderlich sind. Bei wirtschaftlicher Abwägung verringere sich durch diese Informationspflicht „der Erfüllungsaufwand für die Unternehmen um insgesamt 20.500 Euro, da die zur Beschaffung dieser Daten in der Vergangenheit erforderlichen Durchsuchungen von Unternehmen zukünftig wegfallen“.[18] Die Erfahrungen des Bundeskartellamtes würden laut dem Gesetzgeber zeigen, dass eine Durchsuchung die Betriebsabläufe im Unternehmen erheblich beeinträchtige, da neben Mitarbeitern der zu untersuchenden Abteilung oft auch die Geschäftsleitung und unter Umständen die Rechtsabteilung beteiligt seien. Durch den „zukünftigen Wegfall einer Durchsuchung“ ergebe sich „für die betroffenen Unternehmen ein Einsparpotential“, denn es entstehe zwar ein Aufwand der betroffenen Unternehmen, die angeforderten Informationen zusammenzustellen und an das Bundeskartellamt zu übermitteln, dieser Aufwand sei aber im Hinblick auf den Erfüllungsaufwand zu vernachlässigen, da die Informationen ohnehin dem Bundeskartellamt zur Verfügung gestellt werden müssten.[19] Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 81a GWB als milderes Mittel zur Vermeidung von für die Unternehmen regelmäßig insbesondere wirtschaftlich aufwändigeren Durchsuchungen gemäß §§ 102,103 StPO einführte. Die Vorschrift soll also letztlich den Unternehmen – durch Einführung einer bußgeldbewehrten Herausgabepflicht für die bußgeldzumessungsrelevanten Daten – indirekt zugutekommen. Sie soll zugleich eine klare Rechtsgrundlage für bisher schon – jedenfalls informell und ohne rechtliche Verbindlichkeit – im Kartellbußgeldverfahren jederzeit mögliche Herausgabeersuchen des Bundeskartellamts oder auch des Oberlandesgerichts Düsseldorf schaffen.

Der Gesetzgeber bedauert nämlich ausdrücklich, dass die Kartellbehörden in Deutschland derzeit in Bußgeldverfahren prinzipiell ohne (gesetzlich erzwingbare) Kooperation der betroffenen Unternehmen ermitteln müssen, weshalb auch Informationen, die nicht die Tat selbst betreffen, sondern nur für die Festsetzung der Geldbuße von Bedeutung sind, ermittelt werden müssen, wobei „in einigen Fällen auch nochmalige Durchsuchungen erforderlich geworden“ seien, die sowohl für die Kartellbehörden als auch „für die Unternehmen erheblichen zusätzlichen Aufwand verursacht“ hätten.[20] Die Europäische Kommission verfüge hingegen bereits heute über weitgehende bußgeldbewehrte Auskunftsrechte nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003.[21] Daher sehe der neue § 81a GWB eine Regelung über Auskunftspflichten von juristischen Personen und Personenvereinigungen vor, die „unter Wahrung der Verteidigungsinteressen“ den Abschluss von Kartellverfahren beschleunigen soll. Die Vorschrift stelle einen abgewogenen Ausgleich zwischen dem rechtsstaatlichen Gebot einer effektiven und effizienten Ahndung von Kartellrechtsrechtsverletzungen und der Wahrung von Verteidigungsinteressen dar[22]. Der Vergleich mit der europarechtlichen Regelung stellt eindeutig klar, dass § 81a GWB die Situation regeln soll, dass das nebenbeteiligte Unternehmen für die Bußgeldzumessung relevante Unterlagen und Daten nicht freiwillig oder auf der Basis einer bloßen Aufforderung herausgibt oder dies jedenfalls zu erwarten ist, weshalb nach bisheriger Rechtslage dann nur eine – gegebenenfalls nochmalige – Durchsuchung möglich, aber auch erforderlich war. Aus den Ausführungen ergibt sich zugleich, dass – nach Einschätzung des Gesetzgebers – ein verbindliches Herausgabeverlangen im Sinne von § 95 StPO an die nebenbeteiligten Unternehmen aufgrund ihrer beschuldigtenähnlichen Stellung nach bisheriger Rechtslage nicht gestellt werden konnte. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber erreichen will, dass Unterlagen und Daten der nebenbeteiligten Unternehmen zum Umsatz und anderen für die Bußgeldzumessung bedeutsamen Informationen vorrangig im Wege der Herausgabe und nicht im Rahmen einer – für alle Seiten belastenderen – Durchsuchung in den Gewahrsam des Bundeskartellamts bzw. des zuständigen Gerichts gelangen sollen.

 

III. Konsequenzen der Einführung des § 81a GWB für die Auslegung der §§ 102 ff. StPO

Vor dem Hintergrund des oben Gesagten wird der Rechtsgedanke und der Regelungsgehalt des § 81a GWB dazu führen müssen, dass sich Bundeskartellamt, Generalstaatsanwaltschaft und Gerichte in Kartellbußgeldverfahren bei der Beweisgewinnung besondere Zurückhaltung bei der Anordnung von Durchsuchungen auferlegen müssen und kritisch zu prüfen haben werden, ob ein Herausgabeverlangen bzw. Auskunftsersuchen gem. § 81a GWB ausreichend und daher eine Durchsuchung unverhältnismäßig ist.

Besonders ist durch die Kartellbehörden zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung der 8. GWB-Novelle offenbar davon ausgeht, dass eine Durchsuchung bezüglich der in § 81a GWB erfassten Unterlagen und Daten regelmäßig nur deshalb erforderlich ist, weil das nebenbetroffene Unternehmen zur freiwilligen Herausgabe auf Anfordern ohne gesetzliche Verpflichtung nicht bereit sein könnte und unterhalb der Schwelle der Durchsuchungsanordnung kein Auskunftsrecht vergleichbar Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zur Verfügung stand. Anders lässt sich der oben zitierte Hinweis in der Gesetzesbegründung auf Art. 18 kaum interpretieren. Diese der gesetzlichen Regelung offenkundig zu Grunde liegenden Überlegungen beruhen erkennbar darauf, dass der Gesetzgeber etwaige Beweisvereitelungsabsichten der nebenbetroffenen Unternehmen in Bezug auf die Daten im Sinne § 81a GWB nicht in Betracht zog, sondern deren Fehlen unterstellte. Denn ersichtlich ist der Gesetzgeber der Auffassung, durch die Einführung der Herausgabepflicht die Erforderlichkeit der Anordnung von Durchsuchungen im Hinblick auf Unterlagen und Daten zur Bußgeldbemessung für die Zukunft ausschließen zu können. Daraus ist zu schließen, dass der Bundesgesetzgeber eine Durchsuchung im Hinblick auf die in § 81a GWB genannten Unterlagen zur Vermeidung von hypothetischen Beweisvereitelungshandlungen oder Unterdrückungshandlungen grundsätzlich nicht als erforderlich ansieht.[23] Dies kann nur darauf zurückzuführen sein, dass er regelhaft die Rechtstreue der betroffenen Unternehmen unterstellt und davon ausgeht, dass diese die betreffenden Unterlagen und Daten gem. § 81a GWB zum einen aufbewahren und zum anderen – auf der Basis der nunmehr eingeführten Herausgabepflicht – auf Anforderung auch den Kartellbehörden zur Verfügung stellen werden. Faktisch hindert die neue bußgeldbewehrte Herausgabepflicht nämlich etwaige Beweisvereitelungsbemühungen nicht, und rechtlich waren diese auch früher angesichts regelmäßig bestehender gesetzlicher Aufbewahrungspflichten schon unzulässig. Durchsuchungen ohne vorheriges Herausgabeverlangen sind daher für Unterlagen im Sinne des § 81a GWB regelmäßig als unverhältnismäßig anzusehen.

Aus der Gesetzesbegründung muss weitergehend abgeleitet werden, dass der Bundesgesetzgeber ein Durchsuchungserfordernis zu Zwecken der Verhinderung von Beweisunterdrückungshandlungen im Kartellbußgeldverfahren auch über den Anwendungsbereich des § 81a GWB hinaus nur ausnahmsweise für geboten halten dürfte. Bekanntermaßen sind nämlich gerade die Unterlagen und Daten, die gemäß § 81 Abs. 4 S. 3 u. 4 GWB zu Umsatzberechnung zwecks Bemessung des Bußgelds erforderlich sind und damit von § 81a GWB erfasst sind, angesichts der einschneidenden Bußgeldsanktion – bis zu 10 % des Gesamtumsatzes der Unternehmensgruppe – im Kartellbußgeldverfahren von besonderer Sensibilität und der Sache nach – jedenfalls in einem späteren Stadium des Bußgeldverfahrens – vielleicht noch bedeutsamer als Unterlagen und Daten, die lediglich eine bloß ordnungswidrige Beteiligung an einem Kartell (§§ 1, 81 Abs. 2 GWB) an sich belegen.

Geht man von einer solchen, angesichts der Gesetzesbegründung nahe liegenden Sichtweise des Bundesgesetzgebers aus, ist zum einen eine Aufforderung des nebenbeteiligten Unternehmens zur Herausgabe von Unterlagen und Daten gemäß § 81a GWB jedenfalls so lange ein ex ante gleich geeignetes, milderes Mittel (im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG) gegenüber einer Durchsuchung gemäß §§ 102,103 StPO, solange nicht aufgrund von Tatsachen davon ausgegangen werden muss, dass diese Aufforderung – trotz Bestehen einer Rechtspflicht – in der Sache abgelehnt wird oder konkrete, tatsachenbasierte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Beweisvereitelungshandlungen hinsichtlich dieser Daten oder Unterlagen drohen. Von Ersterem kann regelmäßig erst ausgegangen werden, wenn eine solche Aufforderung ausgesprochen und explizit verneint wurde oder unangemessen lange unbeantwortet blieb (und hierdurch konkludent verneint wurde).

Die oben stehenden Überlegungen sind grundsätzlich auch auf Unterlagen und Daten, die nicht unter § 81a GWB fallen, zu übertragen. Dies gilt, weil in einem laufenden Kartellbußgeldverfahren, insbesondere in einem späten Stadium, in dem die Bußgeldzumessung in den Vordergrund der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung tritt, die Inzentivierung eines Unternehmens zur Beseitigung von Unterlagen im Sinne des § 81a GWB durchaus genauso groß oder größer sein kann als das Motiv, etwaige Beweismittel zu verbergen, die Tathandlungen im Sinne des Kartellbußgeldtatbestands belegen. Zwar besteht hier keine Herausgabepflicht im Sinne des § 81a GWB. Vor dem Hintergrund, dass wohl aus der Sicht des Gesetzgebers im Kartellbußgeldverfahren regelmäßig nicht mit Beweisvereitelungshandlungen zu rechnen ist, dürfte aber auch hier regelmäßig ein Herausgabeverlangen als gegenüber der Durchsuchung milderes Mittel geeignet sein, wenn kein konkreter Beweisvereitelungs- oder verweigerungsverdacht besteht.

Jedenfalls werden Kartellbehörden und Gerichte den ausweislich der Gesetzesbegründung der neuen Vorschrift zu Grunde liegenden Grundgedanken in allgemeiner Hinsicht bei der Auslegung der §§ 102 ff. StPO im Rahmen von Kartellbußgeldverfahren zu berücksichtigen haben. Danach sind Durchsuchungen in Kartellverfahren zulasten von Unternehmen wegen ihrer schädlichen Folgen und Kosten soweit als möglich zu vermeiden. Der Gesetzgeber sieht diese erkennbar als besonders belastende und möglichst zu vermeidende vermögensschädigende Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 12 GG, Art. 14 GG)[24] an. Der gesetzgeberische Wille sollte daher generell eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Durchsuchungsmaßnahmen im Kartellbußgeldverfahren zur Folge haben als in der Praxis bislang üblich. Zumindest wäre eine Orientierung an den anspruchsvolleren Maßstäben des § 103 StPO[25] geboten, auch soweit eine Durchsuchung nach § 102 StPO zulässig wäre[26]. Aus Sicht des Bundesgesetzgebers dürfte nämlich im Kartellbußgeldverfahren einer der typischen Unterschiede der beiden Durchsuchungssituationen – drohende Beweisvereitelung in der Sphäre des Betroffenen (bzw. Nebenbetroffenen) – gerade entfallen bzw. deutlich geringer sein als etwa im Strafverfahren. Auch vor diesem Hintergrund spricht – wie gesagt – Vieles dafür, auch über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 81a GWB hinaus eine Aufforderung des nebenbetroffenen Unternehmens zur freiwilligen Herausgabe mangels konkreter, auf erwiesenen Tatsachen beruhender Anhaltspunkte für zu befürchtende Beweisunterdrückungs- oder Beweisvereitelungshandlung als gleich geeignetes, milderes Mittel im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und damit als regelmäßig vorrangig anzusehen. Dies entspräche jedenfalls der herrschenden Sichtweise zu § 103 StPO.[27] Richtigerweise würde man eine Durchsuchung ohne die oben genannten Voraussetzungen und Herausgabeaufforderung gegebenenfalls als rechtswidrig anzusehen haben[28], mit der Folge, dass bei schwerwiegenden Fehlern, Vorsatz oder (objektiver) Willkür ein Beweisverwertungsverbot in Betracht kommt[29].

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber der 8. GWB-Novelle zu recht betont[30], dass die Durchsuchungen gegenüber der Herausgabepflicht zu einer Verlängerung des Verfahrens und zu aufwändigen Nachermittlungen durch die Kartellbehörden führen können. Dies ist erkennbar so zu verstehen, dass der Bundesgesetzgeber durch das Einführung des – im Anwendungsbereich des § 81a GWB regelmäßig allein verhältnismäßigen (s.o.) – Herausgabeverlangens auch eine Verfahrensbeschleunigung erreichen will. Die Verwirklichung dieses gesetzgeberischen Anliegens, die im Wesentlichen den Kartellbehörden aufgegeben ist, setzt naturgemäß ein gezieltes, genau umschriebenes Herausgabeverlangen hinsichtlich der Unterlagen im Sinne des § 81a GWB voraus, das mindestens den Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss gem. § 105 StPO stand hält. Demnach muss Zweck und Ziel des Herausgabeverlangens bzw. Auskunftsersuchens möglichst genau bezeichnet werden.[31] Mindestens annäherungsweise, gegebenenfalls in der Form beispielhafter Angaben, müssen die Art und der vorgestellte Inhalt derjenigen Beweismittel angegeben werden, denen das Herausgabeverlangen gilt.[32] Allgemeine Angaben über die Beweismittel oder eine sehr weite Fassung des Ersuchens ohne eine nach Sinn und Zweck mögliche Begrenzung wären unzureichend.[33] Die gesuchten Unterlagen bzw. Daten müssen gegebenenfalls in Form beispielhafter Angaben soweit konkretisiert werden, dass keine Zweifel über die zu suchenden Gegenstände entstehen können.[34] Zur Konkretisierung der Ersuchen im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 81a GWB ist an den Wortlaut dieser Norm (§ 81a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB) anzuknüpfen. Auch hier reicht aber eine bloße Bezugnahme auf diesen Wortlaut nicht aus, auch nicht in Verbindung mit der Angabe, alle diesbezüglichen Unterlagen und Daten seien herauszugeben. Da auch der Umfang dieses gesetzlich vorgesehenen Herausgabeverlangens den allgemeinen Verhältnismäßigkeitseinschränkungen unterworfen ist, ist eine Einschränkung und Konkretisierung regelmäßig möglich und dann auch erforderlich. Ist ein Herausgabeverlangen unzureichend und/oder wurde es aufgrunddessen (aus Sicht der Behörde) nicht umfassend erfüllt, bliebe eine Durchsuchung dennoch zunächst unverhältnismäßig. Die Kartellbehörde hätte zunächst das Herausgabeverlangen nachzubessern und zu wiederholen.

Insgesamt sind daher bei näherer Betrachtung die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit – insbesondere die Verhältnismäßigkeit – von Durchsuchungsanordnungen im Kartellbußgeldverfahren durch die Einführung des § 81a GWB[35] auch über dessen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus erheblich strenger geworden.

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Teil 1: Unverhältnismäßigkeit von Unternehmensdurchsuchungen
im Kartellbußgeldverfahren aufgrund der neuen
Auskunftspflicht (§ 81a GWB)

Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen der 8. GWB-Novelle[1] in Gestalt von § 81a GWB mit Wirkung zum 1. Juli 2013 eine Auskunftspflicht bzw. Herausgabepflicht des nebenbeteiligten – d.h. einem Beschuldigten gleichgestellten – Unternehmens betreffend bestimmter für die Bußgeldbemessung relevanter Unterlagen und Daten geschaffen. Diese gesetzgeberische Neuerung – die diesbezüglichen Herausgabeverlangen der Kartellbehörde bzw. -gerichte Verbindlichkeit verleiht – ist mit deren Befugnissen zur (Unternehmens-)­Durchsuchung ex § 46 OWiG i.V.m. §§ 102, 103 ff. StPO in Beziehung zu setzen. Die folgende Analyse zeigt, dass die neue Auskunftspflicht dazu führt, dass – auch über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 81a GWB hinaus – unter bestimmten Umständen eine Anordnung der Durchsuchung beim Unternehmen unverhältnismäßig (Art. 20 Abs. 3 GG) und allenfalls ein Herausgabeverlangen gemäß § 81a GWB – oder entsprechend § 95 StPO – zulässig ist.


I. GWB-Novelle und § 81a GWB

1. Gesetzgebungsverfahren

Der Neuregelung liegt ein recht langwieriges und – hinsichtlich der nicht das Bußgeldverfahren betreffenden Punkte – streitiges Gesetzgebungsverfahren zu Grunde. Ende 2011 veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einen Referentenentwurf für eine 8. GWB-Novelle.[2] Ein davon in wesentlichen Punkten abweichender Entwurf der Bundesregierung wurde im März 2012 publiziert.[3] Der Bundestag beschloss das Gesetz mit einigen Ergänzungen im Oktober 2012. Mitbeschlossen wurden Änderungen des OWiG, die zu einer Erhöhung der Bußgeldrahmen führten und die Gesamtrechtsnachfolge bei der Bußgeldverantwortlichkeit regelten[4]. Der Bundesrat rief – wegen der geplanten Einbeziehung der gesetzlichen Krankenkassen in den Anwendungsbereich des Kartellrechts – den Vermittlungsausschuss an, so dass die Reform zunächst nicht verabschiedet werden konnte.[5] Im Vermittlungsausschuss konnte Anfang Juni 2013 ein Kompromiss gefunden werden, weshalb die Novelle schließlich mit Ablauf des Monats in Kraft getreten ist.[6] Wesentliche Änderungen erfolgten bei der Neuordnung und textlichen Vereinfachung der Vorschriften über marktbeherrschende oder marktstarke Unternehmen, der weiteren Angleichung der deutschen Fusionskontrolle an die Vorschriften der europäischen Fusionskontrollverordnung, dem Kartellverfahrensrecht, der Einbeziehung von Verbraucherverbänden in die private Kartellrechtsdurchsetzung sowie – hier von besonderem Interesse – im Kartellordnungswidrigkeitenrecht.[7]

2. Regelungsinhalt des § 81a GWB

§ 81a GWB („Auskunftspflichten“) gliedert sich in drei Absätze. § 81a Abs. 1 S. 1 GWB bestimmt, dass dann, wenn die Festsetzung einer Geldbuße nach § 81 Abs. 4 S. 2 und 3 GWB gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung „in Betracht kommt“, diese juristische Person bzw. Personenvereinigung gegenüber der Verwaltungsbehörde (§ 81 Abs. 10 GWB) – regelmäßig dem Bundeskartellamt – auf Verlangen Auskunft zu erteilen hat. Diese Auskunftspflicht ist keinesfalls unbeschränkt, sondern in § 81a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB genau umrissen: Nach Nr. 1 besteht eine Auskunftspflicht über den Gesamtumsatz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung in demjenigen Geschäftsjahr, das für die Behördenentscheidung nach § 81 Abs. 4 S. 2 GWB voraussichtlich maßgeblich sein wird oder maßgeblich war – d.h. das der Behördenentscheidung vorausgehende Geschäftsjahr – sowie in den vorausgehenden fünf Geschäftsjahren. Nach Nr. 2 bezieht sich die Auskunftspflicht zusätzlich auf die Umsätze des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung, die mit allen, mit bestimmten oder nach abstrakten Merkmalen bestimmbaren Kunden oder Produkten innerhalb eines bestimmten oder bestimmbaren Zeitraums erzielt wurden. Sowohl bezüglich Nr. 1 als auch Nr. 2 beinhaltet die Pflicht des § 81a Abs. 1 S. 1 GWB ausdrücklich auch die Verpflichtung zur Herausgabe der diesbezüglichen Unterlagen. § 81a Abs. 1 S. 3 GWB sieht „insoweit“ – d.h. hinsichtlich der Umsatzermittlung – ausdrücklich die Unanwendbarkeit des ansonsten im Rahmen des Kartellbußgeldverfahrens entsprechend geltenden (§ 46 OWiG) Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit gem. §§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 3 u. 4 StPO im Hinblick auf die gem. § 81a Abs. 1 S. 1 GWB von der Auskunftspflicht umfassten Informationen und Unterlagen vor. Gemäß § 81a Abs. 2 GWB gilt für die Erteilung einer Auskunft oder die Herausgabe von Unterlagen an das Gericht Entsprechendes, d.h. auch das in Kartellbußgeldverfahren zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf kann im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens verbindlich Auskunft bzw. Herausgabe verlangen. Die entsprechende Kompetenz der Generalstaatsanwaltschaft im staatsanwaltschaftlichen Zwischenverfahren oder im gerichtlichen Verfahren dürfte sich aus § 69 Abs. 4 S. 1 OWiG ableiten lassen.[8] Gemäß § 81a Abs. 3 S. 1 u. 3 GWB bleibt das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit der für die juristische Person oder für die Personenvereinigung handelnden natürlichen Personen insofern – vergleichbar der Regelung des § 55 StPO – intakt, als diese die Auskunft auf solche Fragen verweigern darf, deren Beantwortung sie selbst oder einen Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Zudem darf sie insoweit auch die Herausgabe von Unterlagen verweigern. Gemäß § 81a Abs. 3 S. 1, 2. Hs. GWB sind hierüber die für die juristische Person oder Personenvereinigung handelnden natürlichen Personen zu belehren. Die Verpflichtung zur Glaubhaftmachung der Selbstbelastungsgefahr gem. § 56 StPO gilt entsprechend (§ 81a Abs. 3 S. 2 GWB).


II. Auskunfts- und Herausgabepflicht gem. § 81a GWB und Befugnis zur Durchsuchung gem. §§ 461 OWiG i.V.m. 102, 103 StPO

1. Verhältnismäßigkeitsgebot des20 Abs. 3 GG als Schranke der Durchsuchungsbefugnisse von Kartellbehörden und Gerichten

Da für das Kartellbußgeldverfahren, wie für jedes Bußgeldverfahren, soweit das OWiG nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozessordnung gelten (§ 46 Abs. 1 OWiG) und das GWB im Übrigen bisher keine speziellen Verfahrensvorschriften zur Beweisgewinnung enthält, richten sich die Durchsuchungsbefugnisse grundsätzlich nach den §§ 102 ff. StPO. Für das Bußgeldverfahren ist darüber hinaus anerkannt, dass der ohnehin zu berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) der Durchsuchungsbefugnis hier besonders enge Grenzen setzt.[9]

Bei Durchsuchungen – beim Verdächtigen (§ 102 StPO) und besonders beim Nichtverdächtigen (§ 103 StPO) – ist nach der ständigen Rspr. des BVerfG dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderem Maße Beachtung zu schenken.[10] Dieser verlangt, dass die jeweilige Maßnahme einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck verfolgt und zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Letzteres impliziert, dass der Eingriff den Betroffenen nicht übermäßig belasten darf, diesem also zumutbar sein muss[11]. Schwere der Tat, Verdachtsgrad, Erfolgsaussichten alternativer Ermittlungsmethoden und Umfang der Beeinträchtigung sind gegeneinander abzuwägen.[12] Die Durchsuchung ist nicht zulässig, wenn mit einer weniger einschneidenden Maßnahme der gleiche Zweck erreicht werden kann, weil dann der Eingriff nicht mehr in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts steht.[13] Soweit möglich, ist daher zu Beginn der Durchsuchung dem Betroffenen die Möglichkeit der Abwendung zu geben, indem die gesuchten Unterlagen freiwillig herausgegeben werden.[14] Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt aber auch bereits für die Anordnung, nicht erst die Durchführung der Durchsuchung.[15] Soweit vorhanden und erfolgversprechend, sind grundrechtsschonendere Ermittlungsmaßnahmen vorzuziehen.[16] Sofern also ein Auskunftsersuchen bzw. Herausgabeverlangen (vgl. § 95 StPO) erfolgversprechend erscheint, ist es vorzugswürdig. Bei unverhältnismäßigen Durchsuchungen kann ein Verwertungsverbot bestehen.[17]

2. Sinn und Zweck des § 81a GWB

Die Einführung des § 81a GWB hat nach dem Willen des Gesetzgebers offenkundig u.a. zum Hintergrund, den nebenbetroffenen Unternehmen den wirtschaftlichen Aufwand und die sonstigen Belastungen zu ersparen, die mit einer nach strafprozessualen Regeln erfolgenden Durchsuchung verbunden sind. In der Gesetzesbegründung wird hierzu insbesondere ausgeführt, dass § 81a GWB eine weitere Informationspflicht für die Wirtschaft einführe. Er sehe eine Auskunftspflicht für juristische Personen und Personenvereinigungen für bestimmte unternehmens- und marktbezogene Daten vor, die für die Bestimmung der Geldbuße erforderlich sind. Bei wirtschaftlicher Abwägung verringere sich durch diese Informationspflicht „der Erfüllungsaufwand für die Unternehmen um insgesamt 20.500 Euro, da die zur Beschaffung dieser Daten in der Vergangenheit erforderlichen Durchsuchungen von Unternehmen zukünftig wegfallen“.[18] Die Erfahrungen des Bundeskartellamtes würden laut dem Gesetzgeber zeigen, dass eine Durchsuchung die Betriebsabläufe im Unternehmen erheblich beeinträchtige, da neben Mitarbeitern der zu untersuchenden Abteilung oft auch die Geschäftsleitung und unter Umständen die Rechtsabteilung beteiligt seien. Durch den „zukünftigen Wegfall einer Durchsuchung“ ergebe sich „für die betroffenen Unternehmen ein Einsparpotential“, denn es entstehe zwar ein Aufwand der betroffenen Unternehmen, die angeforderten Informationen zusammenzustellen und an das Bundeskartellamt zu übermitteln, dieser Aufwand sei aber im Hinblick auf den Erfüllungsaufwand zu vernachlässigen, da die Informationen ohnehin dem Bundeskartellamt zur Verfügung gestellt werden müssten.[19] Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 81a GWB als milderes Mittel zur Vermeidung von für die Unternehmen regelmäßig insbesondere wirtschaftlich aufwändigeren Durchsuchungen gemäß §§ 102,103 StPO einführte. Die Vorschrift soll also letztlich den Unternehmen – durch Einführung einer bußgeldbewehrten Herausgabepflicht für die bußgeldzumessungsrelevanten Daten – indirekt zugutekommen. Sie soll zugleich eine klare Rechtsgrundlage für bisher schon – jedenfalls informell und ohne rechtliche Verbindlichkeit – im Kartellbußgeldverfahren jederzeit mögliche Herausgabeersuchen des Bundeskartellamts oder auch des Oberlandesgerichts Düsseldorf schaffen.

Der Gesetzgeber bedauert nämlich ausdrücklich, dass die Kartellbehörden in Deutschland derzeit in Bußgeldverfahren prinzipiell ohne (gesetzlich erzwingbare) Kooperation der betroffenen Unternehmen ermitteln müssen, weshalb auch Informationen, die nicht die Tat selbst betreffen, sondern nur für die Festsetzung der Geldbuße von Bedeutung sind, ermittelt werden müssen, wobei „in einigen Fällen auch nochmalige Durchsuchungen erforderlich geworden“ seien, die sowohl für die Kartellbehörden als auch „für die Unternehmen erheblichen zusätzlichen Aufwand verursacht“ hätten.[20] Die Europäische Kommission verfüge hingegen bereits heute über weitgehende bußgeldbewehrte Auskunftsrechte nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003.[21] Daher sehe der neue § 81a GWB eine Regelung über Auskunftspflichten von juristischen Personen und Personenvereinigungen vor, die „unter Wahrung der Verteidigungsinteressen“ den Abschluss von Kartellverfahren beschleunigen soll. Die Vorschrift stelle einen abgewogenen Ausgleich zwischen dem rechtsstaatlichen Gebot einer effektiven und effizienten Ahndung von Kartellrechtsrechtsverletzungen und der Wahrung von Verteidigungsinteressen dar[22].Der Vergleich mit der europarechtlichen Regelung stellt eindeutig klar, dass § 81a GWB die Situation regeln soll, dass das nebenbeteiligte Unternehmen für die Bußgeldzumessung relevante Unterlagen und Daten nicht freiwillig oder auf der Basis einer bloßen Aufforderung herausgibt oder dies jedenfalls zu erwarten ist, weshalb nach bisheriger Rechtslage dann nur eine – gegebenenfalls nochmalige – Durchsuchung möglich, aber auch erforderlich war. Aus den Ausführungen ergibt sich zugleich, dass – nach Einschätzung des Gesetzgebers – ein verbindliches Herausgabeverlangen im Sinne von § 95 StPO an die nebenbeteiligten Unternehmen aufgrund ihrer beschuldigtenähnlichen Stellung nach bisheriger Rechtslage nicht gestellt werden konnte. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber erreichen will, dass Unterlagen und Daten der nebenbeteiligten Unternehmen zum Umsatz und anderen für die Bußgeldzumessung bedeutsamen Informationen vorrangig im Wege der Herausgabe und nicht im Rahmen einer – für alle Seiten belastenderen – Durchsuchung in den Gewahrsam des Bundeskartellamts bzw. des zuständigen Gerichts gelangen sollen.


III. Konsequenzen der Einführung des § 81a GWB für die Auslegung der §§ 102 ff. StPO

Vor dem Hintergrund des oben Gesagten wird der Rechtsgedanke und der Regelungsgehalt des § 81a GWB dazu führen müssen, dass sich Bundeskartellamt, Generalstaatsanwaltschaft und Gerichte in Kartellbußgeldverfahren bei der Beweisgewinnung besondere Zurückhaltung bei der Anordnung von Durchsuchungen auferlegen müssen und kritisch zu prüfen haben werden, ob ein Herausgabeverlangen bzw. Auskunftsersuchen gem. § 81a GWB ausreichend und daher eine Durchsuchung unverhältnismäßig ist.

Besonders ist durch die Kartellbehörden zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung der 8. GWB-Novelle offenbar davon ausgeht, dass eine Durchsuchung bezüglich der in § 81a GWB erfassten Unterlagen und Daten regelmäßig nur deshalb erforderlich ist, weil das nebenbetroffene Unternehmen zur freiwilligen Herausgabe auf Anfordern ohne gesetzliche Verpflichtung nicht bereit sein könnte und unterhalb der Schwelle der Durchsuchungsanordnung kein Auskunftsrecht vergleichbar Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zur Verfügung stand. Anders lässt sich der oben zitierte Hinweis in der Gesetzesbegründung auf Art. 18 kaum interpretieren. Diese der gesetzlichen Regelung offenkundig zu Grunde liegenden Überlegungen beruhen erkennbar darauf, dass der Gesetzgeber etwaige Beweisvereitelungsabsichten der nebenbetroffenen Unternehmen in Bezug auf die Daten im Sinne § 81a GWB nicht in Betracht zog, sondern deren Fehlen unterstellte. Denn ersichtlich ist der Gesetzgeber der Auffassung, durch die Einführung der Herausgabepflicht die Erforderlichkeit der Anordnung von Durchsuchungen im Hinblick auf Unterlagen und Daten zur Bußgeldbemessung für die Zukunft ausschließen zu können. Daraus ist zu schließen, dass der Bundesgesetzgeber eine Durchsuchung im Hinblick auf die in § 81a GWB genannten Unterlagen zur Vermeidung von hypothetischen Beweisvereitelungshandlungen oder Unterdrückungshandlungen grundsätzlich nicht als erforderlich ansieht.[23] Dies kann nur darauf zurückzuführen sein, dass er regelhaft die Rechtstreue der betroffenen Unternehmen unterstellt und davon ausgeht, dass diese die betreffenden Unterlagen und Daten gem. § 81a GWB zum einen aufbewahren und zum anderen – auf der Basis der nunmehr eingeführten Herausgabepflicht – auf Anforderung auch den Kartellbehörden zur Verfügung stellen werden. Faktisch hindert die neue bußgeldbewehrte Herausgabepflicht nämlich etwaige Beweisvereitelungsbemühungen nicht, und rechtlich waren diese auch früher angesichts regelmäßig bestehender gesetzlicher Aufbewahrungspflichten schon unzulässig. Durchsuchungen ohne vorheriges Herausgabeverlangen sind daher für Unterlagen im Sinne des § 81a GWB regelmäßig als unverhältnismäßig anzusehen.

Aus der Gesetzesbegründung muss weitergehend abgeleitet werden, dass der Bundesgesetzgeber ein Durchsuchungserfordernis zu Zwecken der Verhinderung von Beweisunterdrückungshandlungen im Kartellbußgeldverfahren auch über den Anwendungsbereich des § 81a GWB hinaus nur ausnahmsweise für geboten halten dürfte. Bekanntermaßen sind nämlich gerade die Unterlagen und Daten, die gemäß § 81 Abs. 4 S. 3 u. 4 GWB zu Umsatzberechnung zwecks Bemessung des Bußgelds erforderlich sind und damit von § 81a GWB erfasst sind, angesichts der einschneidenden Bußgeldsanktion – bis zu 10 % des Gesamtumsatzes der Unternehmensgruppe – im Kartellbußgeldverfahren von besonderer Sensibilität und der Sache nach – jedenfalls in einem späteren Stadium des Bußgeldverfahrens – vielleicht noch bedeutsamer als Unterlagen und Daten, die lediglich eine bloß ordnungswidrige Beteiligung an einem Kartell (§§ 1, 81 Abs. 2 GWB) an sich belegen.

Geht man von einer solchen, angesichts der Gesetzesbegründung nahe liegenden Sichtweise des Bundesgesetzgebers aus, ist zum einen eine Aufforderung des nebenbeteiligten Unternehmens zur Herausgabe von Unterlagen und Daten gemäß § 81a GWB jedenfalls so lange ein ex ante gleich geeignetes, milderes Mittel (im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG) gegenüber einer Durchsuchung gemäß §§ 102,103 StPO, solange nicht aufgrund von Tatsachen davon ausgegangen werden muss, dass diese Aufforderung – trotz Bestehen einer Rechtspflicht – in der Sache abgelehnt wird oder konkrete, tatsachenbasierte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Beweisvereitelungshandlungen hinsichtlich dieser Daten oder Unterlagen drohen. Von Ersterem kann regelmäßig erst ausgegangen werden, wenn eine solche Aufforderung ausgesprochen und explizit verneint wurde oder unangemessen lange unbeantwortet blieb (und hierdurch konkludent verneint wurde).

Die oben stehenden Überlegungen sind grundsätzlich auch auf Unterlagen und Daten, die nicht unter § 81a GWB fallen, zu übertragen. Dies gilt, weil in einem laufenden Kartellbußgeldverfahren, insbesondere in einem späten Stadium, in dem die Bußgeldzumessung in den Vordergrund der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung tritt, die Inzentivierung eines Unternehmens zur Beseitigung von Unterlagen im Sinne des § 81a GWB durchaus genauso groß oder größer sein kann als das Motiv, etwaige Beweismittel zu verbergen, die Tathandlungen im Sinne des Kartellbußgeldtatbestands belegen. Zwar besteht hier keine Herausgabepflicht im Sinne des § 81a GWB. Vor dem Hintergrund, dass wohl aus der Sicht des Gesetzgebers im Kartellbußgeldverfahren regelmäßig nicht mit Beweisvereitelungshandlungen zu rechnen ist, dürfte aber auch hier regelmäßig ein Herausgabeverlangen als gegenüber der Durchsuchung milderes Mittel geeignet sein, wenn kein konkreter Beweisvereitelungs- oder verweigerungsverdacht besteht.

Jedenfalls werden Kartellbehörden und Gerichte den ausweislich der Gesetzesbegründung der neuen Vorschrift zu Grunde liegenden Grundgedanken in allgemeiner Hinsicht bei der Auslegung der §§ 102 ff. StPO im Rahmen von Kartellbußgeldverfahren zu berücksichtigen haben. Danach sind Durchsuchungenin Kartellverfahren zulasten von Unternehmen wegen ihrer schädlichen Folgen und Kosten soweit als möglich zu vermeiden. Der Gesetzgeber sieht diese erkennbar als besonders belastende und möglichst zu vermeidende vermögensschädigende Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 12 GG, Art. 14 GG)[24] an. Der gesetzgeberische Wille sollte daher generell eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Durchsuchungsmaßnahmen im Kartellbußgeldverfahren zur Folge haben als in der Praxis bislang üblich. Zumindest wäre eine Orientierung an den anspruchsvolleren Maßstäben des § 103 StPO[25] geboten, auch soweit eine Durchsuchung nach § 102 StPO zulässig wäre[26]. Aus Sicht des Bundesgesetzgebers dürfte nämlich im Kartellbußgeldverfahren einer der typischen Unterschiede der beiden Durchsuchungssituationen – drohende Beweisvereitelung in der Sphäre des Betroffenen (bzw. Nebenbetroffenen) – gerade entfallen bzw. deutlich geringer sein als etwa im Strafverfahren. Auch vor diesem Hintergrund spricht – wie gesagt – Vieles dafür, auch über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 81a GWB hinaus eine Aufforderung des nebenbetroffenen Unternehmens zur freiwilligen Herausgabe mangels konkreter, auf erwiesenen Tatsachen beruhender Anhaltspunkte für zu befürchtende Beweisunterdrückungs- oder Beweisvereitelungshandlung als gleich geeignetes, milderes Mittel im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und damit als regelmäßig vorrangig anzusehen. Dies entspräche jedenfalls der herrschenden Sichtweise zu § 103 StPO.[27] Richtigerweise würde man eine Durchsuchung ohne die oben genannten Voraussetzungen und Herausgabeaufforderung gegebenenfalls als rechtswidrig anzusehen haben[28], mit der Folge, dass bei schwerwiegenden Fehlern, Vorsatz oder (objektiver) Willkür ein Beweisverwertungsverbot in Betracht kommt[29].

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber der 8. GWB-Novelle zu recht betont[30], dass die Durchsuchungen gegenüber der Herausgabepflicht zu einer Verlängerung des Verfahrens und zu aufwändigen Nachermittlungen durch die Kartellbehörden führen können. Dies ist erkennbar so zu verstehen, dass der Bundesgesetzgeber durch das Einführung des – im Anwendungsbereich des § 81a GWB regelmäßig allein verhältnismäßigen (s.o.) – Herausgabeverlangens auch eine Verfahrensbeschleunigung erreichen will. Die Verwirklichung dieses gesetzgeberischen Anliegens, die im Wesentlichen den Kartellbehörden aufgegeben ist, setzt naturgemäß ein gezieltes, genau umschriebenes Herausgabeverlangen hinsichtlich der Unterlagen im Sinne des § 81a GWB voraus, das mindestens den Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss gem. § 105 StPO stand hält. Demnach muss Zweck und Ziel des Herausgabeverlangens bzw. Auskunftsersuchens möglichst genau bezeichnet werden.[31] Mindestens annäherungsweise, gegebenenfalls in der Form beispielhafter Angaben, müssen die Art und der vorgestellte Inhalt derjenigen Beweismittel angegeben werden, denen das Herausgabeverlangen gilt.[32] Allgemeine Angaben über die Beweismittel oder eine sehr weite Fassung des Ersuchens ohne eine nach Sinn und Zweck mögliche Begrenzung wären unzureichend.[33] Die gesuchten Unterlagen bzw. Daten müssen gegebenenfalls in Form beispielhafter Angaben soweit konkretisiert werden, dass keine Zweifel über die zu suchenden Gegenstände entstehen können.[34] Zur Konkretisierung der Ersuchen im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 81a GWB ist an den Wortlaut dieser Norm (§ 81a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB) anzuknüpfen. Auch hier reicht aber eine bloße Bezugnahme auf diesen Wortlaut nicht aus, auch nicht in Verbindung mit der Angabe, alle diesbezüglichen Unterlagen und Daten seien herauszugeben. Da auch der Umfang dieses gesetzlich vorgesehenen Herausgabeverlangens den allgemeinen Verhältnismäßigkeitseinschränkungen unterworfen ist, ist eine Einschränkung und Konkretisierung regelmäßig möglich und dann auch erforderlich. Ist ein Herausgabeverlangen unzureichend und/oder wurde es aufgrunddessen (aus Sicht der Behörde) nicht umfassend erfüllt, bliebe eine Durchsuchung dennoch zunächst unverhältnismäßig. Die Kartellbehörde hätte zunächst das Herausgabeverlangen nachzubessern und zu wiederholen.

Insgesamt sind daher bei näherer Betrachtung die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit – insbesondere die Verhältnismäßigkeit – von Durchsuchungsanordnungen im Kartellbußgeldverfahren durch die Einführung des § 81a GWB[35] auch über dessen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus erheblich strenger geworden.

[1] Dazu zusammenfassend: Bosch/Fritzsche, NJW 2013, 2225 ff.; Bechtold, NZKart 2013, 263 ff.; Bischke/Brack, NZG 2013, 736 ff.; Podszun, GWR 2013, 329 ff.; Mühlhoff NZWiSt 2013, 321 ff.

[2] Dazu Bechtold, BB 2011, 3075 ff.

[3] BT-Drucks. 17/9852; dazu Fritzsche, DB 2012, 845 ff.; Gronemeyer/Slobodenjuk, WRP 2012, 290 ff.; Ritter/Käseberg, WuW 2012, 661; Bosch/Fritzsche, NJW 2013, 2225.

[4] Bosch/Fritzsche, NJW 2013, 2225.

[5] BR-Drucks. 641/12 (Beschluss).

[6] Vgl. BT-Drucks. 17/13720 (Beschlussempfehlung) und BGBl. I, 2013, 1738, 1750 ff.

[7] Vgl. Bosch/Fritzsche, NJW 2013, 2225.

[8] Mühlhoff NZWiSt 2013, 321, 330.

[9] Hartmann, in: Dölling/Duttge/Rössner-, 3. Aufl.2013, StPO, § 102 Rn. 1; vgl. auch BVerfG NStZ 2008, 103; LG Verden NStZ 2005, 527.

[10] BVerfGE 42, 212 ff.; BVerfG NStZ 2006, 641; vgl. Jahn, NStZ 2007, 255, 259.

[11]BVerfGE 63, 131, 144.

[12]EGMR NJW 2006, 1495; BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976; BVerfG NStZ-RR 2006, 110; Jahn, NStZ 2007, 259; Kemper, wistra 2007, 252.

[13]BVerfGE 42, 212, 220; EGMR NJW 2006, 1495 ff.

[14]Meyer-Goßner, 56. Aufl.2013, StPO, § 102 Rn. 15.

[15]BVerfGE 59, 95; BVerfG NJW 1997, 2165; BGH NStZ 2000, 46.

[16]BVerfG NStZ-RR 2006, 110.

[17]LG Freiburg StraFo 2006, 168.

[18] BT-Drucks. 17/9852, S. 18.

[19] BT-Drucks. 17/9852, S. 18.

[20] BT-Drucks. 17/9852, S. 34.

[21] BT-Drucks. 17/9852, S. 34.

[22] BT-Drucks. 17/9852, S. 34.

[23] So auch – ohne nähere Begründung – für den „Regelfall“: Bosch/Fritzsche, NJW 2013, 2225, 2229.

[24]Vgl. BGHZ 43, 359, 361; 59, 30, 34; 65, 325, 328; 105, 346, 350; 166, 84, 110; BGH NJW 2003, 1040, 1041.

[25] Vgl. BVerfG NJW 2007, 1804; LG Neubrandenburg NJW 2010, 691; LG Potsdam JR 2008, 260; Meyer-Goßner, 56. Aufl. 2013, StPO, § 103 Rn. 1 m.w.N.

[26] Hier ist im Strafverfahren nach h.Rspr. insbesondere eine vorherige Aufforderung zur Herausgabe im Regelfall nicht geboten, vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.9.2008 – 2 BvR 1800/07, BeckRS 2010, 51388, jedoch u.U. im besonders gelagerten Einzelfall, vgl. BVerfG NJW 2005, 1640, 1641 f.

[27] LG Mühlhausen wistra 2007, 195; LG KaiserslauternNStZ 1981, 438; Meyer-Goßner, 56. Aufl. 2013, StPO, § 103 Rn. 1; vgl. auch BVerfGwistra 2008, 463.

[28] Nur zu § 103 StPO: Schäfer, in: Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2011, StPO, § 103 Rn. 8.

[29] Vgl. BVerfG NJW 2009, 3225.

[30] BT-Drucks. 17/9852, S.18, 34.

[31] BVerfGE 42, 212, 221.

[32] BVerfGE 42, 212, 221.

[33] Vgl. BVerfG NJW 2005, 275; Meyer-Goßner, 56. Aufl. 2013, StPO, § 105 Rn. 5.

[34] Vgl. zum Durchsuchungsbeschluss: BVerfG NJW 2003, 2669; BGH NStZ 2002, 215.

[35] Viel spricht dafür, dass bereits vor Inkrafttreten, nämlich ab Veröffentlichung des (insoweit unstrittigen) Gesetzesvorschlags mit Begründung die Motivation des Gesetzgebers bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im obigen Sinn zu berücksichtigen war.

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Markus Rübenstahl, Mag. iur.
    Der Autor ist Gründer der Kanzlei Rübenstahl Rechtsanwälte in Frankfurt am Main und Lehrbeauftragter der Universität Freiburg i. Br. Er ist seit 2002 als Verteidiger, Unternehmensvertreter und beratend im Bereich Wirtschafts- und Steuerstrafrecht tätig und befasst sich auch mit internationalen Aspekten des Wirtschaftsstrafrechts sowie mit Internal Investigations und Tax Compliance. Er ist Mitherausgeber der wistra, Mitglied des Vorstands der WisteV und Mitherausgeber sowie Redaktionsmitglied der WiJ.

WiJ

  • Dr. Simon Ulc , Marc Neuhaus

    Übernahme von Kosten für Verteidiger und Zeugenbeistände – eine Praxisübersicht

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Ricarda Schelzke

    BGH, Urteil vom 6. März 2024 – 1 StR 308/23

    Individual- und Unternehmenssanktionen

  • Dr. Marius Haak , Joshua Pawel LL.M.

    Umweltkriminalität im Visier der EU – Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom Rat beschlossen

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung