Dr. Michael Tsambikakis

Editorial

WiJ – Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V., vierte Ausgabe 2013

Die vierte Ausgabe 2013 des Journals der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung schließt den zweiten vollständigen Jahrgang dieser jungen Online-Zeitschrift ab. Wie der Verein selbst schreibt sie damit eine kleine Erfolgsgeschichte: Die WiJ wird inzwischen vielfach zitiert und ist damit schon jetzt mehr als eine (bloße) Mitgliederzeitschrift.

Rechtspolitisch steht eine hochinteressante Legislaturperiode an, die von der WisteV sicher kritisch begleitet werden wird. Zwar steht eine Regierungsbildung im Moment noch aus, dennoch ist es keine allzu gewagte Prognose, dass eine Verbandsstrafbarkeit so nahe gerückt ist, wie nie zuvor. Eine große Koalition könnte auch so manche liebgewonnene Bastion der Strafprozessordnung schleifen. In den nächsten vier Jahren rechne ich mit einigen fundamentalen Eingriffen des Gesetzgebers.

Jenseits von Untreue und Absprachen werden auf der WisteV-wistra-Neujahrstagung 2014 drei spannende Themenblöcke diskutiert. Die Überschriften lauten „Wirtschaftsstrafrechtlich relevante Entwicklungen im strafprozessualen Beweisrecht“, „Die Sozialrechts-Akzessorietät des § 266a StGB“ und „Rechtlicher Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie des geistigen Eigentums“.

Die Beiträge dieser WiJ-Ausgabe greifen wiederum verstärkt die Kernpunkte des materiellen und des prozessualen Wirtschaftsstrafrechts auf. Gerst versucht, jüngere Entscheidungen des BGH (Stichworte: AUB/Schelsky, Kölner Parteispenden, Telekom-Spitzelaffäre) zu ordnen, was freilich schon deshalb nicht zufriedenstellend gelingen kann, weil die Organuntreue durch gesetzeswidrige Zahlungen dort nicht kohärent behandelt wird. Entsprechend deutlich wird die Kritik formuliert. Ebenfalls reserviert fällt die Entscheidungsbesprechung von Lenger an einem zivilrechtlichen Versäumnisurteil des BGH aus, in dem es um Schadensersatzansprüche gegen einen Geschäftsführer aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (jetzt § 15a InsO) ging. Davon ausgehend werden die Gefahren einer unzureichenden Buchhaltung zivil- und strafrechtlich beleuchtet. In einem verfahrensrechtlichen Beitrag untersucht Rübenstahl die Auswirkungen der 8. GWB-Novelle auf die Durchsuchungsbefugnisse der Kartellbehörden. Die neuen Auskunftsrechte beschränken nämlich das strafprozessuale Zwangsmittel jedenfalls aus Verhältnismäßigkeitserwägungen: Durchsuchungen dürften häufiger nicht erforderlich sein, weil der Gesetzgeber ein milderes Mittel kreiert hat. Den Aufsatzteil schließt Elsner und stellt in einem Kurzbeitrag zum Steuerstrafrecht den neuen § 370 Abs. 6 S. 3 AO vor.

Der Länderbericht stammt dieses Mal aus Österreich. Bischof/Ehrbar/Wolm informieren gründlich über den neuen Straftatbestand der Verbotenen Intervention (§ 308 StGB); daneben weisen sie auf die neue Gesetzesbeschwerde und die Einführung der Diversion bei Amtsmissbrauch hin. Der Beitrag wird durch eine Rechtsprechungsübersicht abgerundet.

Rekordverdächtig präsentiert sich die Anzahl der Rezensionen (elf!). Mag sich auch nicht ausnahmslos der Bezug zum Wirtschaftsstrafrecht erschließen, so bleibt die Lektüre der WiJ in dieser Ausgabe auf jeden Fall ein Gewinn. Viel Spaß!

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Michael Tsambikakis
    Dr. Michael Tsambikakis ist Partner der Kanzlei Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte in Köln und leitet die Praxisgruppe Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Er ist Sprecher des Arbeitskreises Medizin- und Arztstrafrecht der WisteV.

WiJ

  • Dr. Simon Ulc , Marc Neuhaus

    Übernahme von Kosten für Verteidiger und Zeugenbeistände – eine Praxisübersicht

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Ricarda Schelzke

    BGH, Urteil vom 6. März 2024 – 1 StR 308/23

    Individual- und Unternehmenssanktionen

  • Dr. Marius Haak , Joshua Pawel LL.M.

    Umweltkriminalität im Visier der EU – Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom Rat beschlossen

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung