Ass. jur. Björn Fleck M.A.

Internal Investigations – Tendenzen privater Ermittlungen

Doktorarbeit von Philipp Reeb, erschienen 2011 im Duneker & Humbolt Verlag

Diese Arbeit setzt sich mit dem Spannungsfeld zwischen dem staatlichen Gewaltenmonopol und privaten Ermittlungen auseinander. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit private Ermittlungen zulässig (eventuell sogar zwingend erforderlich) sind und ob privat ermittelte Beweise vor Gericht verwertet werden können.

Durch die gesetzlichen Pflichten und aufgedeckten Korruptionen der letzten Jahre sind Themen wie Compliance, Risikomanagement, Anti-Fraud-Management, Interne Revision und Überwachung der Vorstände immer mehr in den Fokus von Gesetzgebern, Aufsichtsräten und Vorständen geraten. Es geht dabei um den Schutz des Unternehmens. Ein hinreichender Tatverdacht kann zu staatlichen oder internen Ermittlungen führen. Dabei stellen sich zwei grundlegende Fragen: Inwieweit sind private Ermittlungen überhaupt erlaubt und dürfen die ggf. gefundenen Beweise vor Gericht verwertet werden?

Diese und weitere Grundfragen werden auf 196 Seiten in DIN A5 ausgeführt. Die Doktorarbeit ist gut strukturiert und damit für den Leser verständlich und nachvollziehbar. Die verschiedenen Theorien zu den einzelnen Themen werden entsprechend einer wissenschaftlichen Arbeit erklärt und gegenüber gestellt. Neben dem umfassenden Literaturverzeichnis werden vereinzelt Urteile als Quellen angegeben.

Das Buch gliedert sich in fünf Hauptteile:

  • Private Ermittlungen: Systematisierung und Abgrenzung
  • Die Zulässigkeit privater Ermittlungen
  • Die Rechtmäßigkeit privater Ermittlungen
  • Die Verwertbarkeit der Ergebnisse privater Ermittlungen
  • Resümee

I. Zum Inhalt:

Der Autor stellt fest, dass durch die deutsche Gesetzgebung Unternehmen verpflichtet sind, Compliance-Maßnahmen zu ergreifen. Das Unternehmen ist damit aufgefordert, Verdachtsfällen nachzugehen. Wie es dieses tut, ob mit eigenen Ermittlungen oder durch staatliche Ermittlungsbehörden, liegt im Ermessen der Unternehmungsleitung.

Der Autor teilt die Ermittlungen in drei Kategorien auf:

  • staatliche Ermittlungen durch staatliche Akteure
  • staatliche Ermittlungen durch private Akteure
  • private Ermittlungen durch private Akteure

Die Einstufung ist nach Ansicht des Verfassers wichtig für die erlaubten Handlungen und die spätere Beweisverwertung. Als besonders Rechtsproblematisch hebt der Autor die staatlichen Ermittlungen durch private Akteure hervor. Hier unterscheidet er, ob der private Akteur Beliehener oder Verwaltungsgehilfe ist.

Ein wesentlicher Komplex des Buches ist der Frage gewidmet, ob und wieweit private Ermittlungen rechtmäßig sind, besonders wenn bereits staatliche Ermittlungen durchgeführt werden. So kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Vorherrschaftsstellung der staatlichen Stellen bei der Strafverfolgung und Sanktionierung private Ermittlungen gesetzlich legitimiert sein müssen, wenn die staatlichen Behörden ermitteln. Dieses ist nach Ansicht des Verfassers bereits dann gegeben, wenn bei einer Straftat ein Anfangsverdacht besteht. Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn private Ermittlungen durch Normen gesondert legitimiert werden.

Als Beispiel wird § 32 Abs. 1 BDSG angegeben, durch den private Ermittlungen erlaubt sind, auch wenn ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt. Fehlt eine solche Legitimation und besteht gleichzeitig der Anfangsverdacht, seien parallele Ermittlungen nicht mehr erlaubt. Mit Hilfe von Modellen werden die Ausführungen weiter untermauert. Als praktisches Beispiel wird das Geldwäschegesetz herangezogen. Hier übernehmen die Unternehmen die laufende Überwachung und werden dazu gesetzlich berechtigt und verpflichtet. Tritt das Stadium eines Verdachts ein, so muss unverzüglich die festgelegte staatliche Behörde informiert werden. Gleichzeitig darf nichts unternommen werden, was den möglichen Straftäter warnen könnte, z. B. keine Kündigung bestehender Vertragsverhältnisse. Eigene Maßnahmen sind folglich nicht erlaubt. Diese „Verstaatlichung“ privater Akteure wird kritisch beleuchtet.

Dieses wirft die Frage nach den Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes auf. Dieses ist unterschiedlich geschützt, abhängig vom privaten oder staatlichen Eingriff. Es greifen entweder die Schranken des Verfassungsrechts (vertikale Ebene) oder des Zivilrechts (horizontale Ebene). Dabei dürfen die Ermittlungen die Schranken nicht überschreiten, damit die Verwertbarkeit der Beweise gewährleistet bleibt. Die Überschreitung wird durch die Güter- und Interessenabwägung festgestellt. Dieses wird anhand von Beispielen erläutert, wie dem Zugriff privater Ermittler auf den Emailverkehr von Mitarbeitern.

Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass im Strafprozess Beweise nur verwertbar sind, wenn es gesetzlich legitimiert ist. Dogmatisch betrachtet ist danach das Beweisverwertungsverbot die Regel, während die Verwertbarkeit die Ausnahme ist. Dieses hat Auswirkungen auf Beweise, die illegal von privaten Ermittlern erlangt und an die staatlichen Stellen weitergeleitet wurden. Nur wenn hypothetisch die staatliche Beweiserhebung rechtmäßig gewesen wäre, darf der Beweis verwertet werden.

II. Fazit:

Der Autor setzt sich entsprechend seinem Ziel wissenschaftlich mit der Problemstellung auseinander. Er leitet seine Thesen nachvollziehbar und logisch aus dem Staatsrecht, den Grundrechten (Persönlichkeitsrechten) und dem Straf- und Zivilprozessrecht ab.


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Doktorarbeit von Philipp Reeb, erschienen 2011 im Duneker & Humbolt Verlag

Diese Arbeit setzt sich mit dem Spannungsfeld zwischen dem staatlichen Gewaltenmonopol und privaten Ermittlungen auseinander. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit private Ermittlungen zulässig (eventuell sogar zwingend erforderlich) sind und ob privat ermittelte Beweise vor Gericht verwertet werden können.

Durch die gesetzlichen Pflichten und aufgedeckten Korruptionen der letzten Jahre sind Themen wie Compliance, Risikomanagement, Anti-Fraud-Management, Interne Revision und Überwachung der Vorstände immer mehr in den Fokus von Gesetzgebern, Aufsichtsräten und Vorständen geraten. Es geht dabei um den Schutz des Unternehmens. Ein hinreichender Tatverdacht kann zu staatlichen oder internen Ermittlungen führen. Dabei stellen sich zwei grundlegende Fragen: Inwieweit sind private Ermittlungen überhaupt erlaubt und dürfen die ggf. gefundenen Beweise vor Gericht verwertet werden?

Diese und weitere Grundfragen werden auf 196 Seiten in DIN A5 ausgeführt. Die Doktorarbeit ist gut strukturiert und damit für den Leser verständlich und nachvollziehbar. Die verschiedenen Theorien zu den einzelnen Themen werden entsprechend einer wissenschaftlichen Arbeit erklärt und gegenüber gestellt. Neben dem umfassenden Literaturverzeichnis werden vereinzelt Urteile als Quellen angegeben.

Das Buch gliedert sich in fünf Hauptteile:

  • Private Ermittlungen: Systematisierung und Abgrenzung
  • Die Zulässigkeit privater Ermittlungen
  • Die Rechtmäßigkeit privater Ermittlungen
  • Die Verwertbarkeit der Ergebnisse privater Ermittlungen
  • Resümee

I. Zum Inhalt:

Der Autor stellt fest, dass durch die deutsche Gesetzgebung Unternehmen verpflichtet sind, Compliance-Maßnahmen zu ergreifen. Das Unternehmen ist damit aufgefordert, Verdachtsfällen nachzugehen. Wie es dieses tut, ob mit eigenen Ermittlungen oder durch staatliche Ermittlungsbehörden, liegt im Ermessen der Unternehmungsleitung.

Der Autor teilt die Ermittlungen in drei Kategorien auf:

  • staatliche Ermittlungen durch staatliche Akteure
  • staatliche Ermittlungen durch private Akteure
  • private Ermittlungen durch private Akteure

Die Einstufung ist nach Ansicht des Verfassers wichtig für die erlaubten Handlungen und die spätere Beweisverwertung. Als besonders Rechtsproblematisch hebt der Autor die staatlichen Ermittlungen durch private Akteure hervor. Hier unterscheidet er, ob der private Akteur Beliehener oder Verwaltungsgehilfe ist.

Ein wesentlicher Komplex des Buches ist der Frage gewidmet, ob und wieweit private Ermittlungen rechtmäßig sind, besonders wenn bereits staatliche Ermittlungen durchgeführt werden. So kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Vorherrschaftsstellung der staatlichen Stellen bei der Strafverfolgung und Sanktionierung private Ermittlungen gesetzlich legitimiert sein müssen, wenn die staatlichen Behörden ermitteln. Dieses ist nach Ansicht des Verfassers bereits dann gegeben, wenn bei einer Straftat ein Anfangsverdacht besteht. Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn private Ermittlungen durch Normen gesondert legitimiert werden.

Als Beispiel wird § 32 Abs. 1 BDSG angegeben, durch den private Ermittlungen erlaubt sind, auch wenn ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt. Fehlt eine solche Legitimation und besteht gleichzeitig der Anfangsverdacht, seien parallele Ermittlungen nicht mehr erlaubt. Mit Hilfe von Modellen werden die Ausführungen weiter untermauert. Als praktisches Beispiel wird das Geldwäschegesetz herangezogen. Hier übernehmen die Unternehmen die laufende Überwachung und werden dazu gesetzlich berechtigt und verpflichtet. Tritt das Stadium eines Verdachts ein, so muss unverzüglich die festgelegte staatliche Behörde informiert werden. Gleichzeitig darf nichts unternommen werden, was den möglichen Straftäter warnen könnte, z. B. keine Kündigung bestehender Vertragsverhältnisse. Eigene Maßnahmen sind folglich nicht erlaubt. Diese „Verstaatlichung“ privater Akteure wird kritisch beleuchtet.

Dieses wirft die Frage nach den Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes auf. Dieses ist unterschiedlich geschützt, abhängig vom privaten oder staatlichen Eingriff. Es greifen entweder die Schranken des Verfassungsrechts (vertikale Ebene) oder des Zivilrechts (horizontale Ebene). Dabei dürfen die Ermittlungen die Schranken nicht überschreiten, damit die Verwertbarkeit der Beweise gewährleistet bleibt. Die Überschreitung wird durch die Güter- und Interessenabwägung festgestellt. Dieses wird anhand von Beispielen erläutert, wie dem Zugriff privater Ermittler auf den Emailverkehr von Mitarbeitern.

Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass im Strafprozess Beweise nur verwertbar sind, wenn es gesetzlich legitimiert ist. Dogmatisch betrachtet ist danach das Beweisverwertungsverbot die Regel, während die Verwertbarkeit die Ausnahme ist. Dieses hat Auswirkungen auf Beweise, die illegal von privaten Ermittlern erlangt und an die staatlichen Stellen weitergeleitet wurden. Nur wenn hypothetisch die staatliche Beweiserhebung rechtmäßig gewesen wäre, darf der Beweis verwertet werden.

II. Fazit:

Der Autor setzt sich entsprechend seinem Ziel wissenschaftlich mit der Problemstellung auseinander. Er leitet seine Thesen nachvollziehbar und logisch aus dem Staatsrecht, den Grundrechten (Persönlichkeitsrechten) und dem Straf- und Zivilprozessrecht ab.


Autorinnen und Autoren

  • Ass. jur. Björn Fleck M.A.
    Ass. jur. Björn Fleck M.A. ist Jurist und arbeitet in der Revision einer Versicherung in Hannover.

WiJ

  • Dr. Elias Schönborn , Jan Uwe Thiel

    Gesetzliche Regelungen zur Handy-Sicherstellung sind verfassungswidrig (Österreich)

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht