Dr. Sascha Straube, M.A.

Schlothauer/Weider: Verteidigung im Revisionsverfahren

2. neu bearbeitete Auflage, C. F. Müller, Heidelberg u.a. 2013, 964 Seiten, Hardcover,  129,99 €; ISBN 978-3811441057 (Praxis der Strafverteidigung, Band 23)

Fünf Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage haben Schlothauer/Weider 2013 die 2. Auflage ihres Kompendiums zum Revisionsverfahren herausgebracht. Die Neuauflage berücksichtigt die Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis Mai 2013.

Mit fast 1000 Seiten kann man das Buch getrost als gewichtiges Standardwerk bezeichnen, das seine Seiten adäquat gebunden zusammenhält. Es soll ein Handbuch sein (so nennt es sich selbst: www.revisionshandbuch.de), nicht handlich, aber praxistauglich und durchaus umfassend. Der absolut überwiegende Teil des Buches behandelt die komplizierte Materie der Verfahrensrügen. Bis Seite 911 werden 304 Verfahrensrügen dargestellt, wobei teilweise noch Varianten unterhalb der eigentlichen Nummerierung ausgeführt werden. Dabei navigiert das Buch den Leser anhand von Fragen durch die übersichtlich gegliederten Kapitel, so dass der mit dem Hauptverhandlungsprotokoll und dem Urteil am Schreibtisch sitzende Verteidiger schnell und zielgenau ihm aufgefallene Unregelmäßigkeiten verorten oder sich durch die Fragen der Kapitel zu einer näheren Betrachtung seines Falles inspirieren lassen kann.

Die Sachrüge wird dagegen auf sehr überschaubaren aber vollkommen ausreichenden 12 Seiten behandelt.

Das Recht der Revision gehört bekanntlich zu den schwierigsten Feldern des Strafprozessrechts und hält für den Verteidiger nicht zuletzt aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die ihm immer weitergehende Pflichten aufbürdet, eine Vielzahl von Fallstricken bereit. Der Verteidiger in der Revision muss über vertiefte Kenntnisse der zahlreichen möglichen Verfahrensfehler verfügen, damit er die entsprechenden Rügen richtig formulieren und in der gebotenen Form erheben kann. Auch der Instanzverteidiger sollte sich jedoch eingehend mit dem Revisionsrecht befassen, da er mit seinen Aktionen den Boden für erfolgreiche Revisionen nur bereiten kann, wenn er die aktuelle Rechtsprechung zu diesen kennt, z.B. zu möglichen Situationen der Befangenheit (Kapitel 4) oder der Ablehnung von Beweisanträgen (Kapitel 21).

Nach einer kurzen Einleitung werden in Teil I die allgemeinen Grundsätze des Revisionsverfahrens dargestellt. Nach einer Übersicht über die Rechtsmittelwege werden die zu beachtenden Fristen dargestellt. Neben der Revisionseinlegung wird auch deren Begründung allgemein erläutert. Der Gang des Revisionsverfahrens nimmt den Großteil dieses Kapitels ein.

Bei dem folgenden Teil II handelt es sich um den kostbaren Hauptteil des Buches, der 304 Verfahrensrügen mit Unterspielarten auf 860 Seiten vorstellt. Dieser Teil ist in 29 Kapitel gegliedert, die thematisch zusammenfassend und dem Ablauf der Hauptverhandlung folgend Obergruppen bilden. Beispielhaft sei an dieser Stelle das kurze Kapitel 19 herausgegriffen.

Kapitel 19 stellt die übergeordnete Frage: „Wurde in der Hauptverhandlung Beweis im Wege einer Augenscheinnahme erhoben?“. Darunter folgen die dargestellten Rügen 138 bis 141a.

Rüge 138 fragt, ob an einer Augenscheinnahme ein blinder Richter oder Schöffe teilgenommen hat. Rüge 139, ob alle Mitglieder des erkennenden Gerichts teilgenommen haben und ob die übrigen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Teilnahme hatten.

Unter Rüge 140 wird für eine Augenscheinnahme außerhalb des Sitzungssaals der Grundsatz der Öffentlichkeit und die Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligter thematisiert. Die das Kapitel abschließende Rüge 141 stellt die Frage nach der Möglichkeit einer Erklärung nach der Augenscheinnahme nach § 257 StPO. Rüge 141a stellt klar, dass die Inaugenscheinnahme einer Urkunde nicht für die Einführung von deren Inhalt in die Hauptverhandlung geeignet ist.

Das herausgegriffene Kapitel zeigt, wie das Buch thematisch fragend den Verteidiger an der Hand nimmt, so dass er seine Hauptverhandlung, sein Protokoll und sein Urteil systematisch auf Rechtsfehler abklopfen kann.

In Teil III wird in aller Kürze die Sachrüge behandelt. Dabei greifen die Autoren nach einigen allgemeinen Grundsätzen mit der Beweiswürdigung und der Strafzumessung zwei zentrale und praxisrelevante Problembereiche heraus.

Jeder Teil verfügt über eine eigene Fußnotennummerierung. Der Hauptteil zeugt mit beeindruckenden 3467 Fußnoten von einer hohen Verweisungsdichte und zeigt anschaulich die breite Unterfütterung der dargestellten Rügen mit der jeweils zugehörigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Die 2. Auflage erläutert die Revisionsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren (Kapitel 13) und berücksichtigt dabei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.03.2013. Dieses Kapitel fällt mit 6 Seiten jedoch noch recht kurz aus und wird in einer Neuauflage sicher auszubauen sein, da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zahlreiche konkretisierende und die Dokumentationspflichten des Instanzgerichts beschreibende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen sind.

So stellt das Urteil vom 05.06.2014 klar, dass die Rüge eines Verstoßes gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflichten des § 243 Abs. 4 S. 2 StPO nicht voraussetzt, dass der Verteidiger zuvor von dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht hat. Auch die Entscheidung vom 10.07.2013 sowie die Beschlüsse vom 12.12.2013 und 15.04.2014 befassen sich mit der Zulässigkeit von Rügen zu Dokumentationspflichten im Rahmen von Verständigungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Band 23 der Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ in einzigartiger Weise das komplexe Feld der Verteidigung im Revisionsverfahren behandelt und dabei praxistauglich und zugleich mit der nötigen Tiefe den schnellen Weg zu zulässigen und begründeten Rügen weist.

Dieser Schlothauer/Weider darf in der Bibliothek des anspruchsvollen Verteidigers nicht fehlen. Wird der Instanzverteidiger selbst die Revision führen, so ist das Buch ein klares Must-have. Aber auch wenn für die Revision ein Spezialist hinzugezogen werden soll, sollte sich jeder Verteidiger die Lektüre von „Verteidigung im Revisionsverfahren“ gönnen, um schon in der Instanz den Grundstein für erfolgreiche Rügen zu legen und seine diesbezüglichen Rechte und auch Pflichten zu kennen.

 

2. neu bearbeitete Auflage, C. F. Müller, Heidelberg u.a. 2013, 964 Seiten, Hardcover,  129,99 €; ISBN 978-3811441057 (Praxis der Strafverteidigung, Band 23)

Fünf Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage haben Schlothauer/Weider 2013 die 2. Auflage ihres Kompendiums zum Revisionsverfahren herausgebracht. Die Neuauflage berücksichtigt die Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis Mai 2013.

Mit fast 1000 Seiten kann man das Buch getrost als gewichtiges Standardwerk bezeichnen, das seine Seiten adäquat gebunden zusammenhält. Es soll ein Handbuch sein (so nennt es sich selbst: www.revisionshandbuch.de), nicht handlich, aber praxistauglich und durchaus umfassend. Der absolut überwiegende Teil des Buches behandelt die komplizierte Materie der Verfahrensrügen. Bis Seite 911 werden 304 Verfahrensrügen dargestellt, wobei teilweise noch Varianten unterhalb der eigentlichen Nummerierung ausgeführt werden. Dabei navigiert das Buch den Leser anhand von Fragen durch die übersichtlich gegliederten Kapitel, so dass der mit dem Hauptverhandlungsprotokoll und dem Urteil am Schreibtisch sitzende Verteidiger schnell und zielgenau ihm aufgefallene Unregelmäßigkeiten verorten oder sich durch die Fragen der Kapitel zu einer näheren Betrachtung seines Falles inspirieren lassen kann.

Die Sachrüge wird dagegen auf sehr überschaubaren aber vollkommen ausreichenden 12 Seiten behandelt.

Das Recht der Revision gehört bekanntlich zu den schwierigsten Feldern des Strafprozessrechts und hält für den Verteidiger nicht zuletzt aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die ihm immer weitergehende Pflichten aufbürdet, eine Vielzahl von Fallstricken bereit. Der Verteidiger in der Revision muss über vertiefte Kenntnisse der zahlreichen möglichen Verfahrensfehler verfügen, damit er die entsprechenden Rügen richtig formulieren und in der gebotenen Form erheben kann. Auch der Instanzverteidiger sollte sich jedoch eingehend mit dem Revisionsrecht befassen, da er mit seinen Aktionen den Boden für erfolgreiche Revisionen nur bereiten kann, wenn er die aktuelle Rechtsprechung zu diesen kennt, z.B. zu möglichen Situationen der Befangenheit (Kapitel 4) oder der Ablehnung von Beweisanträgen (Kapitel 21).

Nach einer kurzen Einleitung werden in Teil I die allgemeinen Grundsätze des Revisionsverfahrens dargestellt. Nach einer Übersicht über die Rechtsmittelwege werden die zu beachtenden Fristen dargestellt. Neben der Revisionseinlegung wird auch deren Begründung allgemein erläutert. Der Gang des Revisionsverfahrens nimmt den Großteil dieses Kapitels ein.

Bei dem folgenden Teil II handelt es sich um den kostbaren Hauptteil des Buches, der 304 Verfahrensrügen mit Unterspielarten auf 860 Seiten vorstellt. Dieser Teil ist in 29 Kapitel gegliedert, die thematisch zusammenfassend und dem Ablauf der Hauptverhandlung folgend Obergruppen bilden. Beispielhaft sei an dieser Stelle das kurze Kapitel 19 herausgegriffen.

Kapitel 19 stellt die übergeordnete Frage: „Wurde in der Hauptverhandlung Beweis im Wege einer Augenscheinnahme erhoben?“. Darunter folgen die dargestellten Rügen 138 bis 141a.

Rüge 138 fragt, ob an einer Augenscheinnahme ein blinder Richter oder Schöffe teilgenommen hat. Rüge 139, ob alle Mitglieder des erkennenden Gerichts teilgenommen haben und ob die übrigen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Teilnahme hatten.

Unter Rüge 140 wird für eine Augenscheinnahme außerhalb des Sitzungssaals der Grundsatz der Öffentlichkeit und die Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligter thematisiert. Die das Kapitel abschließende Rüge 141 stellt die Frage nach der Möglichkeit einer Erklärung nach der Augenscheinnahme nach § 257 StPO. Rüge 141a stellt klar, dass die Inaugenscheinnahme einer Urkunde nicht für die Einführung von deren Inhalt in die Hauptverhandlung geeignet ist.

Das herausgegriffene Kapitel zeigt, wie das Buch thematisch fragend den Verteidiger an der Hand nimmt, so dass er seine Hauptverhandlung, sein Protokoll und sein Urteil systematisch auf Rechtsfehler abklopfen kann.

In Teil III wird in aller Kürze die Sachrüge behandelt. Dabei greifen die Autoren nach einigen allgemeinen Grundsätzen mit der Beweiswürdigung und der Strafzumessung zwei zentrale und praxisrelevante Problembereiche heraus.

Jeder Teil verfügt über eine eigene Fußnotennummerierung. Der Hauptteil zeugt mit beeindruckenden 3467 Fußnoten von einer hohen Verweisungsdichte und zeigt anschaulich die breite Unterfütterung der dargestellten Rügen mit der jeweils zugehörigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Die 2. Auflage erläutert die Revisionsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren (Kapitel 13) und berücksichtigt dabei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.03.2013. Dieses Kapitel fällt mit 6 Seiten jedoch noch recht kurz aus und wird in einer Neuauflage sicher auszubauen sein, da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zahlreiche konkretisierende und die Dokumentationspflichten des Instanzgerichts beschreibende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen sind.

So stellt das Urteil vom 05.06.2014 klar, dass die Rüge eines Verstoßes gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflichten des § 243 Abs. 4 S. 2 StPO nicht voraussetzt, dass der Verteidiger zuvor von dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht hat. Auch die Entscheidung vom 10.07.2013 sowie die Beschlüsse vom 12.12.2013 und 15.04.2014 befassen sich mit der Zulässigkeit von Rügen zu Dokumentationspflichten im Rahmen von Verständigungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Band 23 der Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ in einzigartiger Weise das komplexe Feld der Verteidigung im Revisionsverfahren behandelt und dabei praxistauglich und zugleich mit der nötigen Tiefe den schnellen Weg zu zulässigen und begründeten Rügen weist.

Dieser Schlothauer/Weider darf in der Bibliothek des anspruchsvollen Verteidigers nicht fehlen. Wird der Instanzverteidiger selbst die Revision führen, so ist das Buch ein klares Must-have. Aber auch wenn für die Revision ein Spezialist hinzugezogen werden soll, sollte sich jeder Verteidiger die Lektüre von „Verteidigung im Revisionsverfahren“ gönnen, um schon in der Instanz den Grundstein für erfolgreiche Rügen zu legen und seine diesbezüglichen Rechte und auch Pflichten zu kennen.

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Sascha Straube, M.A.
    Dr. Sascha Straube ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in der Kanzlei WITTING CONTZEN & KOLLEGEN in München und ausschließlich auf dem Gebiet des Strafrechts und dort insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht tätig. Weitere Informationen finden Sie unter: www.leokanzlei.de

WiJ

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht

  • Dr. Max Schwerdtfeger , Philip N. Kroner

    Parlamentarische Untersuchungsausschüsse und parallel geführte Wirtschaftsstrafverfahren

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)