Prof. Dr. Nina Nestler

Freiwilligkeit der Selbstanzeige gem. § 22 Abs. 4 AWG: Vom „autonomen Motiv“ zur Fiktion

I. Einführung [1]

Das Außenwirtschaftsstrafrecht in seiner aF stand permanent im Kreuzfeuer der Kritik. Den Strafnormen wurde ein verwirrender Aufbau nachgesagt, sie seien schwer überschaubar[2], die häufigen Änderungen führten zu Rechtsunsicherheit[3] und das Rechtsgebiet weise Überschneidungen[4] zwischen seinen einzelnen Tatbeständen auf. Das Außenwirtschaftsstrafrecht habe sich damit seit den 1990er Jahren zu einer der unübersichtlichsten Materien des Nebenstrafrechts entwickelt.[5] Von fast allen Seiten erfährt daher die Reform zum 1. September 2013[6] Zuspruch für die mit ihr verbundene Entzerrung der in §§ 33, 34 AWG aF enthaltenen Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände; sie soll – so heißt es[7] – ihr Ziel[8] erreicht haben. Die Normen seien nun für ihre Adressaten wesentlich verständlicher[9], Schieflagen beim Ausmaß der Strafbewehrung seien behoben worden[10] und endlich sei die in der Praxis kaum zu bewältigende Erfassung von Verstößen gegen sog. Umgehungsverbote weggefallen[11].

Zu den mit der Novelle des Außenwirtschaftsrechts verbundenen Neuerungen zählt auch die Möglichkeit zur Selbstanzeige gem. § 22 Abs. 4 AWG. Nach dieser Regelung unterbleibt die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen außenwirtschaftsrechtliche Vorschriften als Ordnungswidrigkeit in Fällen des § 19 Abs. 2 bis 5 AWG, sofern der Verstoß fahrlässig begangen, im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt wurde.

Der Gesetzgeber hatte im ursprünglichen Entwurf zunächst keine solche Selbstanzeigemöglichkeit vorgesehen, entschied sich aber später und mit knapper Begründung[12] dafür, ein solches Instrument in das AWG zumindest im Hinblick auf fahrlässig begangene Ordnungswidrigkeiten zu übernehmen. Die in ihrer inhaltlichen Konzeption eher misslungene Vorschrift bringt zwei aktuell an vielen Stellen zu verzeichnende Tendenzen zum Ausdruck: Zum einen äußert sich in ihr das Bestreben, die Strafverfolgungsorgane zu entlasten, indem das Strafverfahren einer zunehmenden Privatisierung zugeführt wird. Zum anderen – und scheinbar ganz im Widerspruch zur Privatisierungstendenz – werden die Anforderungen an eine entlastende Wirkung dieser Mithilfe weiter angehoben. Ziel dieses Beitrags ist es, beide Tendenzen nachzuweisen.

II. Konzeption der Selbstanzeige

1. Selbstanzeige im Steuerstrafrecht

Im Steuerrecht ist der Zweck der Selbstanzeige seit jeher umstritten. Es wird bereits als zweifelhaft angesehen, ob die Regelung mit kriminalpolitischen Erwägungen überhaupt zu begründen ist, oder ob sie im deutschen Strafrecht nur eine „Ausnahmeerscheinung“[13] bzw. einen „Fremdkörper“[14] darstellt. Schon der Begriff der Selbstanzeige in § 371 AO ist kein umfassender Terminus. Denn zur Straffreiheit verlangt § 371 AO auch die fristgerechte Nachzahlung hinterzogener Steuern.[15] Zudem erfordert eine wirksame Selbstanzeige gerade nicht, dass sich der Täter einer Straftat bezichtigt.[16]

Dem Institut werden daher verschiedene Zwecke zugeschrieben: Es soll dem Staat bislang verheimlichte Steuerquellen erschließen, so dass in erster Linie steuerpolitische Erwägungen hinter der Vorschrift stehen.[17] Darüber hinaus werde durch die Möglichkeit des § 371 AO und die Zurückstellung des staatlichen Strafanspruchs der Hinterziehungstäter motiviert, nachträglich seine steuerlichen Pflichten zu erfüllen und auf diese Weise das staatliche Steueraufkommen zu mehren. Der Selbstanzeigevorschrift wird damit eine psychologisch wirkende „Anreizfunktion“[18] zugeschrieben. Dies trägt zugleich dem kriminalpolitischen Interesse an der Aufklärung unbekannter Steuerstraftaten Rechnung und grds. schwer erkennbare[19] Steuerstraftaten gelangen ans Licht.[20]

Schließlich soll dem Steuerpflichtigen die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit erleichtert werden.[21] Allerdings wird dieser Zweck durchwegs nur „darüberhinaus“[22] und i.d.R. im Konjunktiv oder in indirekter Rede[23] genannt.[24] Nur ein Teil der Literatur zieht die den Rücktritt vom Versuch oder die tätige Reue tragenden Erwägungen heran.[25] Dem begegnet die ganz h.M. allerdings mit dem Einwand, bei diesen Regelungen des StGB handele es sich nicht um ein „geschlossenes System mit klaren Strukturprinzipien“[26]. Vielmehr liege den verschiedenen Vorschriften eine Vielfalt differierender Zwecke und Zielrichtungen zugrunde, so dass die Selbstanzeige nicht einfach pauschal diesem Regelungsfeld zugeordnet werden könne.[27]

2. Selbstanzeige gem. § 224 AWG

a) Zweck der Selbstanzeige gem. § 224 AWG

Es fragt sich, worin der Zweck der Regelung des § 22 Abs. 4 AWG besteht. Eine unreflektierte Übertragung der für das Steuerrecht geltenden Erwägungen erscheint angesichts der Unterschiede, die bereits zwischen den Regelungsbereichen (Steuerrecht und Außenwirtschaftsrecht) bestehen, kaum möglich. So kommt die Erschließung neuer Einnahmequellen allenfalls dann in Betracht, wenn der Täter zugleich Ein- und Ausfuhrabgaben hinterzieht, §§ 370, 373 AO. Die tragende Erwägung kann hierin somit nicht gelegen haben.

Damit bleibt zunächst nur (insoweit durchaus ähnlich wie im Steuerstrafrecht) den Anlass für die Schaffung der Regelung in den „kriminologisch äußerst ungünstigen Bedingungen“[28] des Außenwirtschafts(straf)rechts zu suchen – wobei damit sowohl die Konditionen für die am Außenwirtschaftsverkehr partizipierenden Personen und Unternehmen als auch für die zuständigen Ermittlungsbehörden[29] gemeint sein können: Soweit für § 371 AO das kriminalpolitische Interesse an einer Aufklärung von schwer zu entdeckenden Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in den Vordergrund gestellt wird, kommt es auch im Rahmen des § 22 Abs. 4 AWG maßgeblich darauf an, den Täter zu einer Meldung des Verstoßes zu motivieren. Ohne eine solche Meldung bliebe der Verstoß mit großer Wahrscheinlichkeit unentdeckt – besteht aber kein Anreiz zur Meldung, wird diese nicht erfolgen.

Durch die Verfolgungsfreiheit nach der Selbstanzeige kann darüber hinaus (insoweit dann ähnlich wie im Rahmen des § 24 StGB) die Rückkehr zur Legalität honoriert werden; dem Täter wird dabei mit der Vorschrift eine sog. goldene Brücke geschlagen, die ihn zurück auf die Seite des Rechts führt.

Diese Überlegungen bestätigt ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm. Im ursprünglichen Entwurf war zunächst keine Selbstanzeige vorgesehen.[30] Diese wurde erst eingefügt aufgrund eines Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP, der es zum erklärten Ziel hatte, Unternehmen für eine Eigenkontrolle Anreize zu geben und Bemühungen anzuerkennen, die „interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden“.[31] In der Begründung des geänderten Entwurfs hieß es dann, mit der Modifikation werde bei fahrlässigen Verstößen i.S.d. § 19 Abs. 2 bis 5 AWG unter bestimmten Voraussetzungen das Ermessen der Verfolgungsbehörden eingeschränkt, solchen Verstößen nachzugehen. „Dadurch werden Unternehmen stärker als bisher motiviert, ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden.“[32]

b) Formale Voraussetzungen

Um das Unterbleiben der Verfolgung zu erreichen, muss der Betroffene der zuständigen Behörde (dem örtlich zuständigen Hauptzollamt[33]) den Verstoß anzeigen. Das Gesetz verlangt dabei keine bestimmte Form, so dass die Erklärung auf jede beliebige Art und Weise, d.h. schriftlich, mündlich, zu Protokoll bei der zuständigen Behörde, ebenso telefonisch, per Telefax oder E-Mail abgegeben werden kann.[34] Eine Frist für die Selbstanzeige normiert § 22 Abs. 4 AWG nicht.[35]

§ 22 Abs. 4 S. 1 AWG verlangt inhaltlich, dass der Verstoß aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt wird, mithin, dass der Betroffene dem BAFA über den Vorfall wahrheitsgemäß berichtet. Ohne weitere Angaben nicht ausreichend ist dementsprechend die bloße Erklärung, Selbstanzeige erstatten zu wollen.[36] § 19 Abs. 2 bis 5 AWG enthält allerdings etliche Tatvarianten, die eingreifen, wenn der Täter eine bestimmte Handlung unterlassen oder unvollständig vorgenommen hat (vgl. z.B. § 19 Abs. 2, Abs. 3 Nrn. 3 und 5, Abs. 5 AWG). Indes normiert der Wortlaut des § 22 Abs. 4 S. 1 AWG aber keine Pflicht des Täters, die unterlassene Handlung nachzuholen.[37] Dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht es hier, eine Parallele zum Nachholen unterlassener Angaben i.S.d. § 371 Abs. 1 AO bzw. zu der Regelung des § 378 Abs. 3 AO zu ziehen. Das Nicht-Nachholen der unterlassenen Handlung lässt sich – ohne Überschreitung der Wortlautgrenze – als neuerlicher Verstoß begreifen, der die bußgeldbefreiende Wirkung hindert.

Auch eine teilweise Selbstanzeige ist denkbar, sofern mehrere Ordnungswidrigkeiten zugleich (tateinheitlich oder tatmehrheitlich) und damit „vertikal teilbar“ verwirklich sind. Die Verfolgung unterbleibt dann allerdings nur im Hinblick auf den berichteten Vorfall. Wird über einen einzigen Verstoß nur teilweise berichtet, so ist entsprechend den für das Steuerrecht geltenden Erwägungen auch von einer „horizontalen Teilbarkeit“ auszugehen, so dass auch hier eine Verfolgung der Ordnungswidrigkeit im Umfang der Anzeige unterbleibt.[38]

III. Selbstkontrolle und Verhinderungsmaßnahmen

1. Aufdeckung „im Wege der Eigenkontrolle“

Der begangene Verstoß muss „im Wege der Eigenkontrolle“ aufgedeckt werden, § 22 Abs. 4 S. 1 AWG. Der Wortlaut verlangt dabei grds., dass Mechanismen zur Selbstkontrolle in dem betreffenden Betrieb oder Unternehmen überhaupt vorhanden sind. Wie diese ausgestaltet sein müssen, lässt das Gesetz jedoch offen.[39] Hierbei braucht es sich also nicht um ein umfangreiches Compliance-System zu handeln, sondern es genügt, dass eine Überprüfung überhaupt stattfindet. Aus welchem Grund der Fehler im Rahmen der Selbstkontrolle aufgedeckt wird (gezieltes Suchen durch eigene Mitarbeiter bzw. durch mit der Ermittlung beauftragte unternehmensexterne Dritte[40] oder faktischer Zufallsfund) ist gleichgültig.[41] Wegen der Komplexität der Arbeitsabläufe sowie der i.d.R. eng begrenzten Zeitfenster dürften zufällige Entdeckungen durch eigene Mitarbeiter in der Realität allerdings ohnehin eine seltene Ausnahme bleiben. Die Regelung entspricht damit ganz dem gesetzgeberischen Zeitgeist, Anreize zur Selbstkontrolle sowie zur Etablierung eines umfassenden Compliance-Systems zu schaffen und im Gegenzug Vergünstigungen zu offerieren.[42]

2. Maßnahmen zur Verhinderung neuer Verstöße

Gem. § 22 Abs. 4 S. 1 AWG setzt die Wirksamkeit der Selbstanzeige voraus, dass angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund tatsächlich getroffen werden.[43] Die bloße Zusicherung oder Ankündigung der Maßnahmen genügt nicht.[44]

Eine Konkretisierung der notwendigen Maßnahmen enthält das Gesetz jedoch auch an dieser Stelle nicht. Es muss sich somit nicht zwingend um „Compliance-Maßnahmen“[45] (i.e.S.) handeln.[46] Welche Reaktionen angemessen sind, wird vielmehr einerseits vom Grund für den Verstoß abhängen (mangelnde Kenntnisse der Mitarbeiter, übermäßiges Aufgabenpensum usw., dann ggf. Schulung, Fortbildung, Ausbau des Personalapparats).[47] Andererseits wird man dafür von üblichen Sicherheitsstandards und Prüfungsverfahren bzw. etwaigen Compliance-Anforderungen ausgehen müssen[48], die dann eine Bewertung nach dem jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Größe des Unternehmens, der Anzahl der Beschäftigten, deren Qualifikation und Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Art der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, deren Destinationen, den Geschäftsvolumina etc. erfordern. Insbesondere sofern Verstöße nur zufällig aufgedeckt wurden, ist an eine Änderung und Verbesserung des betriebsinternen Überwachungssystems zu denken.[49] Im Außenwirtschaftsrecht gilt dabei die Besonderheit, dass i.d.R. ein Geschäftsführer oder Vorstand eines Exportunternehmens zum Ausfuhrverantwortlichen bestellt wird, dem die Organisationspflicht, Personalwahl und Überwachungspflicht obliegt.[50]

3. Exkurs: Reichweite der bußgeldbefreienden Wirkung

Im Kontext von Eigenkontrolle und Verhinderungsmaßnahmen ergibt sich für § 22 Abs. 4 AWG ein nicht ganz unerhebliche Probleme:

a) Persönliche Reichweite

Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 4 AWG beschränkt sich dem insofern eindeutigen Wortlaut nach auf Fälle des § 19 Abs. 2 bis 5 AWG einschließlich der Verweisungen auf §§ 81 f. AWV.[51] Bei Straftaten nach §§ 17 f. AWG – insbesondere bei vorsätzlichen und leichtfertigen Verstößen gegen Waffenembargos – bleibt die Möglichkeit zur Selbstanzeige ausgeschlossen.

Bei der (wirksamen) Selbstanzeige handelt es sich nach e.A. um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund bzw. „Ahndungsaufhebungsgrund“[52], nach a.A. um ein generelles Verfolgungshindernis[53]. Eher fernliegend erscheint in beiden Fällen, dass die Einreichung einer Selbstanzeige durch lediglich einen der an den Verstößen Beteiligten die bußgeldbefreiende Wirkung ohne weiteres und automatisch auch für andere Beteiligte eintreten lässt.[54] Erforderlich sein wird hier vielmehr ein Vorgehen ähnlich zur üblichen Praxis im Zusammenhang mit § 371 AO dergestalt, dass diejenigen Beteiligten, die die Selbstanzeige nicht im eigenen Namen vornehmen, zumindest im Wege eines Auftrags bzw. einer Vollmachterteilung die eingereichte Anzeige konsentieren.[55]

Soweit vertreten wird, die Selbstanzeige wirke immer zumindest auch zugunsten des Ausfuhrverantwortlichen, selbst wenn andere die Anzeige erstatten[56], kann dem nicht gefolgt werden. Zwar verlangt § 22 Abs. 4 AWG an keiner Stelle ein subjektives „Wissens-Element“[57]; sowohl als persönlicher Straf- oder Ahndungsaufhebungsgrund als auch als Verfolgungshindernis erfordert die Selbstanzeige, dass die Voraussetzungen im jeweiligen Täter bzw. Betroffenen selbst verwirklicht sind. Auch der Sinn und Zweck der Regelung, Unternehmen zu einer verstärkten Selbstkontrolle anzuhalten und insbesondere Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Verstöße zu treffen, macht es prinzipiell unerlässlich, dass die Verantwortlichen zumindest mit dem Fehlverhalten konfrontiert und über Konsequenzen und weitere Vorgehensweise ins Bilde gesetzt werden.

b) Sachliche Reichweite

Auf zugleich verwirklichte Straftatbestände schlägt die Wirkung der Selbstanzeige nicht durch. Fraglich bleibt aber, ob von der bußgeldbefreienden Wirkung auch konkurrierend verwirklichte Bußgeldtatbestände erfasst sind. Dies kommt insb. für §§ 30, 130 OWiG in Betracht. Hierzu wird vertreten, der Verhängung eines Bußgeldes nach §§ 30, 130 OWiG trotz wirksamer Selbstanzeige, stehe die Intention des Gesetzgebers entgegen, einen Anreiz für Unternehmen zu schaffen, „ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden”[58]. Dies werde sich kaum erreichen lassen, wenn trotz wirksamer Selbstanzeige nach Abs. 4 die Bußgeldbewehrung nach §§ 30, 130 OWiG bestehen bleibe.[59] Diese Auffassung versucht sich auf den Wortlaut des Abs. 4 S. 1 zu berufen, der u.a. auf das Treffen angemessener Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund abstellt. Sie lässt jedoch außer Betracht, dass § 19 Abs. 2 bis 5 AWG, auf den sich die Selbstanzeige bezieht – anders als § 130 OWiG – nicht an eine mangelhafte Organisation oder Überwachung anknüpft, sondern in erster Linie nur an den Verstoß gegen außenwirtschaftsrechtliche Vorgaben. Dass der Grund hierfür oftmals in einem organisatorischen Versagen zu sehen sein dürfte, ändert daran nichts; dies ist bei fahrlässigen Taten vielmehr gerade der Regelfall. Beseitigt und wiedergutgemacht wird durch die Selbstanzeige demnach lediglich der zurückliegende Verstoß gegen das Außenwirtschaftsrecht, das vergangene Organisationsversagen wird jedoch nur für die Zukunft verhindert.[60] Berücksichtigung finden kann und muss die Selbstanzeige jedoch im Rahmen der Ermessensausübung nach § 47 OWiG hinsichtlich der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nach §§ 30, 130 OWiG.[61]

IV. Motivationsmaßstab

1. Das Merkmal der „Freiwilligkeit“

a) Freiwilligkeit beim Rücktritt vom Versuch

(1.) Wenn die Zwecke der Selbstanzeigeregelung sich nur dadurch erreichen lassen, dass Anreiz zur Offenbarung von Verstößen gegeben wird, dann bleibt zu prüfen, ob sich mit der Vorschrift überhaupt eine solche Anreizwirkung erzielen lässt. Als Spiegel dieses Motivationszwecks fungiert im Rahmen des § 24 StGB das Merkmal der Freiwilligkeit. Das StGB kennt die Voraussetzung nicht nur beim Rücktritt, sondern auch bei der tätigen Reue und ferner bspw. in § 46b StGB, was insoweit deutlich macht, dass es sich um eine Art Grundvoraussetzung für die strafbefreiende Wirkung handelt.

Die vorherrschende Meinung in der Literatur legt die Freiwilligkeit empirisch-psychologisierend bzw. normativ aus.[62] Der Rücktritt ist danach freiwillig, wenn der Täter aus autonomen Motiven von der Tat Abstand genommen oder ihre Vollendung verhindert hat. Autonom ist ein Entschluss, wenn er Ausdruck freier Selbstbestimmung ist. Ein Rücktritt aus heteronomen Gründen, also solchen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, soll dagegen unfreiwillig sein.[63] Die Rechtsprechung folgt dem weitestgehend, indem sie darauf abstellt, ob der Täter Herr seiner Entschlüsse war.[64] Unfreiwillig handelt er danach, wenn ihn zwingende Gründe zum Rücktritt bewegen. Nichts anderes gilt bei der tätigen Reue, bspw. im Rahmen des § 83a StGB.[65]

(2.) Die Funktion des Freiwilligkeitsmerkmals besteht vor allem darin, strafrechtlich erhebliche und strafrechtlich unerhebliche „Gefährdungsumkehr“ voneinander abzugrenzen.[66] Anders als das Polizeirecht baut das Strafrecht nicht auf eine verschuldensunabhängige Haftung des Störers, sondern verlangt für die Verhängung einer Rechtsfolge, dass diese der Erreichung der Strafzwecke dient. Ein freiwilliger Rücktritt (oder eine freiwillige Selbstanzeige) zeigt also an, dass Bestrafung nicht mehr notwendig ist, weil die Zwecke, denen eine Strafe dienen darf, bereits erreicht wurden.[67]

(3.) Dass diese Erwägungen – trotz der im Hinblick auf Unwerturteil und Strafmakel bestehenden Unterschiede zum Strafrecht[68] – prinzipiell auch für das Ordnungswidrigkeitenrecht eingreifen, zeigt die Regelung des § 13 Abs. 3, Abs. 4 OWiG, die der Rücktrittsvorschrift des StGB nachgebildet ist. Gem. § 13 Abs. 3 S. 1 OWiG wird der Versuch einer Ordnungswidrigkeit nicht geahndet, wenn der Täter freiwillig die weitere Ausführung der Handlung aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Auch hier muss also der Täter bzw. Betroffene freiwillig zurücktreten, wobei insoweit dieselbe Begriffsbestimmung maßgeblich ist, die von der ganz h.M. auch zu § 24 StGB vertreten wird.[69] Dabei gilt grds., dass vom Täter bzw. Betroffenen während der Tatausführung wahrgenommene zuvor unerkannte Risiken den Rücktritt unfreiwillig machen, falls die Tatdurchführung erhebliche Nachteile mit sich bringen würde, und der Täter bzw. Betroffene diese Risiken deshalb als unvertretbar hoch einstuft.[70] Insbesondere kann deswegen die Furcht vor alsbaldiger Entdeckung einem freiwilligen Rücktritt entgegenstehen; dies gilt ebenso, wenn der Täter die weitere Ausführung wegen vermeintlicher oder wirklicher Entdeckung aufgibt.[71]

b) Freiwilligkeit der Selbstanzeige gem. § 371 AO

Freiwilligkeit wird als Merkmal in § 371 AO nicht explizit genannt. § 371 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AO beinhalten allerdings Sperrgründe der Selbstanzeige, die ihre strafbefreiende Wirkung hindern, und die ihrer Konzeption nach sehr an das Merkmal der Freiwilligkeit in § 24 StGB angelehnt sind.[72] So tritt Straffreiheit bspw. nach § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht ein, wenn die betreffenden Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt waren und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

Dieses Erkennen(-müssen) durch den Täter wird dabei als „einschränkendes subjektives Merkmal“ für die Sperrwirkung der Tatentdeckung verstanden.[73] Der Steuerpflichtige hat die erforderliche Kenntnis von der Entdeckung, sofern „er aus den ihm bekannten Tatsachen den Schluss gezogen hat, eine Behörde oder ein anzeigewilliger Dritter habe von seiner Tat so viel erfahren, dass seine Verurteilung bei vorläufiger Beurteilung wahrscheinlich sei“.[74] Vermutet er lediglich die Entdeckung, so schließt dies die strafbefreiende Wirkung grds. nicht aus.[75] Mit der Entdeckung rechnen muss der Täter, wenn er aus den ihm bekannten Tatsachen bei verständiger Würdigung der Sachlage den Schluss hätte ziehen müssen, dass die Tat bekannt ist. Maßgebend für die „verständige Würdigung der Sachlage“ ist dabei wiederum die individuelle Erkenntnis- und Urteilsfähigkeit des Täters.[76] Dies folgert die h.M. aus dem Umstand, dass es sich bei der Selbstanzeige um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund handelt, für den es auch allein auf die individuellen Fähigkeiten des jeweiligen Täters ankommen kann.[77] Gleichwohl trennt die Regelung des § 371 Abs. 2 AO damit nicht sauber zwischen autonomen und heteronomen Motiven.[78]

2. Freiwilligkeitsfiktion des § 224 S. 2 AWG

a) Freiwilligkeit als Voraussetzung der Selbstanzeige

Gem. § 22 Abs. 4 S. 2 AWG gilt eine Anzeige i.S.d. Satz 1 der Norm als freiwillig, wenn die Behörde hinsichtlich des Verstoßes noch keine Ermittlungen aufgenommen hat. Der Sinngehalt dieser Regelung bleibt allerdings schon deshalb zweifelhaft, da § 22 Abs. 4 S. 1 AWG ein Freiwilligkeitserfordernis überhaupt nicht normiert.[79] Die Regelung kann daher nur als Voraussetzung der Wirksamkeit der Selbstanzeige dahingehend gemeint sein, dass die zuständige Behörde hinsichtlich des Verstoßes (objektiv) noch keine Ermittlungen aufgenommen haben darf. Dies soll der Fall sein, wenn die Behörde Maßnahmen trifft, die erkennbar darauf abzielen, gegen jemanden straf- oder bußgeldrechtlich vorzugehen, auch wenn der Beschuldigte noch unbekannt ist.[80]

b) Maßstab der Freiwilligkeit gem. § 224 S. 2 AWG

Fraglich ist ferner der Maßstab der Freiwilligkeit. Gem. § 22 Abs. 4 S. 2 AWG machen behördliche Ermittlungen eine Selbstanzeige zunächst nur dann unfreiwillig bzw. unwirksam, wenn sie auf einen Verstoß der konkret in Rede stehenden Art abzielen.[81] Soweit in anderer Sache ermittelt wird, schließt dies die ahndungsbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht aus.

Anders als etwa § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO setzt § 22 Abs. 2 S. 2 AWG seinem paradoxen Wortlaut nach aber nicht voraus, dass der Betroffene von der Einleitung der Ermittlungen überhaupt Kenntnis erlangt hat (oder hätte erlangen müssen).[82] Ein solches Erfordernis lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung in die Norm hineininterpretieren.[83] Der Wortlaut täuscht also: Es handelt sich weder um einen nach psychologischen Gesichtspunkten beurteilten Freiwilligkeitsbegriff, noch um einen normativ bestimmten Terminus, sondern lediglich um eine Fiktion, die ohne jeden Bezug zu den Beweggründen des Täter bleibt.[84]

3. Konsequenzen

Bei einer solchen Fiktion noch von Freiwilligkeit zu sprechen, wirkt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch geradezu widersinnig. Dies gilt auch in Ansehung des mit der Selbstanzeigeregelung verfolgten Zwecks (interne Überwachung verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle melden). Es erscheint höchst fraglich, ob die intendierte Anreizwirkung bestehen bleibt, wenn Freiwilligkeit zu einer bloßen Fiktion retardiert, die keinen Bezug zur Motivlage des Täters mehr aufweist.

Gleichwohl: Der Gesetzgeber ist in seiner Entscheidung über die Ausgestaltung einer solchen Regelung keiner Beschränkung dahingehend unterworfen, sich etwa an psychologische bzw. normative Grundsätze (oder gar allgemeine Regeln der Logik) halten zu müssen. Es steht ihm innerhalb verfassungsrechtlicher Grenzen vielmehr frei, gesetzliche Fiktionen zu normieren, die auch entgegen tatsächlicher Gegebenheiten zutreffen können. Da es sich bei § 22 Abs. 4 AWG grds. um eine den Täter bzw. Betroffenen begünstigende Regelung handelt, darf dabei auch nicht derselbe Maßstab gelten, wie er bspw. für Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände anzulegen ist.

V. Abschließende Bemerkungen

Nach den vorstehenden Erwägungen scheint § 22 Abs. 4 AWG mehr eine objektive Einschränkung des in § 47 OWiG geregelten Verfolgungsermessens zu sein, als ein § 24 StGB, § 13 OWiG oder § 371 AO nachgebildeter Straf- oder Ahndungsaufhebungsgrund. Kritisch ist dies insbesondere deshalb zu sehen, weil durch die rein objektive Freiwilligkeitsfiktion der Eintritt der ahndungsbefreienden Wirkung von dem zufälligen[85] Umstand abhängt, ob die zuständige Behörde bereits ermittelt oder nicht.

Während die Rücktrittsvorschriften der § 24 StGB, § 13 OWiG noch die autonome Entscheidung des Täters in den Vordergrund stellen, beinhaltet § 371 AO seinem in Abs. 2 Nr. 2 bereits den Ausschlussgrund, dass der Täter „bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste“, entdeckt worden zu sein. Wie gesehen stellt § 371 AO nicht Gesichtspunkte der Strafzweckerreichung oder der Rückkehr zu Legalität in den Mittelpunkt, sondern in erster Linie die Erschließung bislang unerkannter Steuerquellen. Das in Abs. 2 Nr. 2 dieser Norm angelegte „Kennenmüssen“ von Tatsachen, die einer Selbstanzeige entgegenstehen, entfernt sich dem entsprechend bereits vom ausschließlich subjektiven Verständnis der klassischen Rücktrittsregelungen und korrespondiert mit der veränderten Zielsetzung der Vorschrift.

§ 22 Abs. 4 AWG erweitert nur das Spektrum: Im Vordergrund steht nicht mehr das fiskalische Motiv; eigentliches Ziel der Vorschrift ist bereits das bloße Erkennen, Aufdecken und zukünftige Verhindern von Verstößen (und zwar durch die Täter selbst), ohne dass damit ein unmittelbarer finanzieller Vorteil verbunden wäre. Die Norm verzichtet selbst auf ein „Kennenmüssen“. Aus der mit diesem Merkmal noch gegebenen Ähnlichkeit mit den Fahrlässigkeitsvoraussetzungen wird in § 22 Abs. 4 S. 2 AWG eine rein objektive Bestimmung der Voraussetzungen der Selbstanzeige, während sich die Verfolgungsbehörden weiter zurückziehen. § 22 Abs. 4 AWG bleibt damit eine „gut gemeinte“, inhaltlich aber missglückte Vorschrift, für die das gerade erst reformierte AWG bereits jetzt (mindestens hinsichtlich Freiwilligkeitsmerkmals) auf Nachbesserung wartet.

I. Einführung [1]

Das Außenwirtschaftsstrafrecht in seiner aF stand permanent im Kreuzfeuer der Kritik. Den Strafnormen wurde ein verwirrender Aufbau nachgesagt, sie seien schwer überschaubar[2], die häufigen Änderungen führten zu Rechtsunsicherheit[3] und das Rechtsgebiet weise Überschneidungen[4] zwischen seinen einzelnen Tatbeständen auf. Das Außenwirtschaftsstrafrecht habe sich damit seit den 1990er Jahren zu einer der unübersichtlichsten Materien des Nebenstrafrechts entwickelt.[5] Von fast allen Seiten erfährt daher die Reform zum 1. September 2013[6] Zuspruch für die mit ihr verbundene Entzerrung der in §§ 33, 34 AWG aF enthaltenen Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände; sie soll – so heißt es[7] – ihr Ziel[8] erreicht haben. Die Normen seien nun für ihre Adressaten wesentlich verständlicher[9], Schieflagen beim Ausmaß der Strafbewehrung seien behoben worden[10] und endlich sei die in der Praxis kaum zu bewältigende Erfassung von Verstößen gegen sog. Umgehungsverbote weggefallen[11].

Zu den mit der Novelle des Außenwirtschaftsrechts verbundenen Neuerungen zählt auch die Möglichkeit zur Selbstanzeige gem. § 22 Abs. 4 AWG. Nach dieser Regelung unterbleibt die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen außenwirtschaftsrechtliche Vorschriften als Ordnungswidrigkeit in Fällen des § 19 Abs. 2 bis 5 AWG, sofern der Verstoß fahrlässig begangen, im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt wurde.

Der Gesetzgeber hatte im ursprünglichen Entwurf zunächst keine solche Selbstanzeigemöglichkeit vorgesehen, entschied sich aber später und mit knapper Begründung[12] dafür, ein solches Instrument in das AWG zumindest im Hinblick auf fahrlässig begangene Ordnungswidrigkeiten zu übernehmen. Die in ihrer inhaltlichen Konzeption eher misslungene Vorschrift bringt zwei aktuell an vielen Stellen zu verzeichnende Tendenzen zum Ausdruck: Zum einen äußert sich in ihr das Bestreben, die Strafverfolgungsorgane zu entlasten, indem das Strafverfahren einer zunehmenden Privatisierung zugeführt wird. Zum anderen – und scheinbar ganz im Widerspruch zur Privatisierungstendenz – werden die Anforderungen an eine entlastende Wirkung dieser Mithilfe weiter angehoben. Ziel dieses Beitrags ist es, beide Tendenzen nachzuweisen.

II. Konzeption der Selbstanzeige

1. Selbstanzeige im Steuerstrafrecht

Im Steuerrecht ist der Zweck der Selbstanzeige seit jeher umstritten. Es wird bereits als zweifelhaft angesehen, ob die Regelung mit kriminalpolitischen Erwägungen überhaupt zu begründen ist, oder ob sie im deutschen Strafrecht nur eine „Ausnahmeerscheinung“[13] bzw. einen „Fremdkörper“[14] darstellt. Schon der Begriff der Selbstanzeige in § 371 AO ist kein umfassender Terminus. Denn zur Straffreiheit verlangt § 371 AO auch die fristgerechte Nachzahlung hinterzogener Steuern.[15] Zudem erfordert eine wirksame Selbstanzeige gerade nicht, dass sich der Täter einer Straftat bezichtigt.[16]

Dem Institut werden daher verschiedene Zwecke zugeschrieben: Es soll dem Staat bislang verheimlichte Steuerquellen erschließen, so dass in erster Linie steuerpolitische Erwägungen hinter der Vorschrift stehen.[17] Darüber hinaus werde durch die Möglichkeit des § 371 AO und die Zurückstellung des staatlichen Strafanspruchs der Hinterziehungstäter motiviert, nachträglich seine steuerlichen Pflichten zu erfüllen und auf diese Weise das staatliche Steueraufkommen zu mehren. Der Selbstanzeigevorschrift wird damit eine psychologisch wirkende „Anreizfunktion“[18] zugeschrieben. Dies trägt zugleich dem kriminalpolitischen Interesse an der Aufklärung unbekannter Steuerstraftaten Rechnung und grds. schwer erkennbare[19] Steuerstraftaten gelangen ans Licht.[20]

Schließlich soll dem Steuerpflichtigen die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit erleichtert werden.[21] Allerdings wird dieser Zweck durchwegs nur „darüberhinaus“[22] und i.d.R. im Konjunktiv oder in indirekter Rede[23] genannt.[24] Nur ein Teil der Literatur zieht die den Rücktritt vom Versuch oder die tätige Reue tragenden Erwägungen heran.[25] Dem begegnet die ganz h.M. allerdings mit dem Einwand, bei diesen Regelungen des StGB handele es sich nicht um ein „geschlossenes System mit klaren Strukturprinzipien“[26]. Vielmehr liege den verschiedenen Vorschriften eine Vielfalt differierender Zwecke und Zielrichtungen zugrunde, so dass die Selbstanzeige nicht einfach pauschal diesem Regelungsfeld zugeordnet werden könne.[27]

2. Selbstanzeige gem. § 224 AWG

a) Zweck der Selbstanzeige gem. § 224 AWG

Es fragt sich, worin der Zweck der Regelung des § 22 Abs. 4 AWG besteht. Eine unreflektierte Übertragung der für das Steuerrecht geltenden Erwägungen erscheint angesichts der Unterschiede, die bereits zwischen den Regelungsbereichen (Steuerrecht und Außenwirtschaftsrecht) bestehen, kaum möglich. So kommt die Erschließung neuer Einnahmequellen allenfalls dann in Betracht, wenn der Täter zugleich Ein- und Ausfuhrabgaben hinterzieht, §§ 370, 373 AO. Die tragende Erwägung kann hierin somit nicht gelegen haben.

Damit bleibt zunächst nur (insoweit durchaus ähnlich wie im Steuerstrafrecht) den Anlass für die Schaffung der Regelung in den „kriminologisch äußerst ungünstigen Bedingungen“[28] des Außenwirtschafts(straf)rechts zu suchen – wobei damit sowohl die Konditionen für die am Außenwirtschaftsverkehr partizipierenden Personen und Unternehmen als auch für die zuständigen Ermittlungsbehörden[29] gemeint sein können: Soweit für § 371 AO das kriminalpolitische Interesse an einer Aufklärung von schwer zu entdeckenden Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in den Vordergrund gestellt wird, kommt es auch im Rahmen des § 22 Abs. 4 AWG maßgeblich darauf an, den Täter zu einer Meldung des Verstoßes zu motivieren. Ohne eine solche Meldung bliebe der Verstoß mit großer Wahrscheinlichkeit unentdeckt – besteht aber kein Anreiz zur Meldung, wird diese nicht erfolgen.

Durch die Verfolgungsfreiheit nach der Selbstanzeige kann darüber hinaus (insoweit dann ähnlich wie im Rahmen des § 24 StGB) die Rückkehr zur Legalität honoriert werden; dem Täter wird dabei mit der Vorschrift eine sog. goldene Brücke geschlagen, die ihn zurück auf die Seite des Rechts führt.

Diese Überlegungen bestätigt ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm. Im ursprünglichen Entwurf war zunächst keine Selbstanzeige vorgesehen.[30] Diese wurde erst eingefügt aufgrund eines Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP, der es zum erklärten Ziel hatte, Unternehmen für eine Eigenkontrolle Anreize zu geben und Bemühungen anzuerkennen, die „interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden“.[31] In der Begründung des geänderten Entwurfs hieß es dann, mit der Modifikation werde bei fahrlässigen Verstößen i.S.d. § 19 Abs. 2 bis 5 AWG unter bestimmten Voraussetzungen das Ermessen der Verfolgungsbehörden eingeschränkt, solchen Verstößen nachzugehen. „Dadurch werden Unternehmen stärker als bisher motiviert, ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden.“[32]

b) Formale Voraussetzungen

Um das Unterbleiben der Verfolgung zu erreichen, muss der Betroffene der zuständigen Behörde (dem örtlich zuständigen Hauptzollamt[33]) den Verstoß anzeigen. Das Gesetz verlangt dabei keine bestimmte Form, so dass die Erklärung auf jede beliebige Art und Weise, d.h. schriftlich, mündlich, zu Protokoll bei der zuständigen Behörde, ebenso telefonisch, per Telefax oder E-Mail abgegeben werden kann.[34] Eine Frist für die Selbstanzeige normiert § 22 Abs. 4 AWG nicht.[35]

§ 22 Abs. 4 S. 1 AWG verlangt inhaltlich, dass der Verstoß aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt wird, mithin, dass der Betroffene dem BAFA über den Vorfall wahrheitsgemäß berichtet. Ohne weitere Angaben nicht ausreichend ist dementsprechend die bloße Erklärung, Selbstanzeige erstatten zu wollen.[36] § 19 Abs. 2 bis 5 AWG enthält allerdings etliche Tatvarianten, die eingreifen, wenn der Täter eine bestimmte Handlung unterlassen oder unvollständig vorgenommen hat (vgl. z.B. § 19 Abs. 2, Abs. 3 Nrn. 3 und 5, Abs. 5 AWG). Indes normiert der Wortlaut des § 22 Abs. 4 S. 1 AWG aber keine Pflicht des Täters, die unterlassene Handlung nachzuholen.[37] Dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht es hier, eine Parallele zum Nachholen unterlassener Angaben i.S.d. § 371 Abs. 1 AO bzw. zu der Regelung des § 378 Abs. 3 AO zu ziehen. Das Nicht-Nachholen der unterlassenen Handlung lässt sich – ohne Überschreitung der Wortlautgrenze – als neuerlicher Verstoß begreifen, der die bußgeldbefreiende Wirkung hindert.

Auch eine teilweise Selbstanzeige ist denkbar, sofern mehrere Ordnungswidrigkeiten zugleich (tateinheitlich oder tatmehrheitlich) und damit „vertikal teilbar“ verwirklich sind. Die Verfolgung unterbleibt dann allerdings nur im Hinblick auf den berichteten Vorfall. Wird über einen einzigen Verstoß nur teilweise berichtet, so ist entsprechend den für das Steuerrecht geltenden Erwägungen auch von einer „horizontalen Teilbarkeit“ auszugehen, so dass auch hier eine Verfolgung der Ordnungswidrigkeit im Umfang der Anzeige unterbleibt.[38]

III. Selbstkontrolle und Verhinderungsmaßnahmen

1. Aufdeckung „im Wege der Eigenkontrolle“

Der begangene Verstoß muss „im Wege der Eigenkontrolle“ aufgedeckt werden, § 22 Abs. 4 S. 1 AWG. Der Wortlaut verlangt dabei grds., dass Mechanismen zur Selbstkontrolle in dem betreffenden Betrieb oder Unternehmen überhaupt vorhanden sind. Wie diese ausgestaltet sein müssen, lässt das Gesetz jedoch offen.[39] Hierbei braucht es sich also nicht um ein umfangreiches Compliance-System zu handeln, sondern es genügt, dass eine Überprüfung überhaupt stattfindet. Aus welchem Grund der Fehler im Rahmen der Selbstkontrolle aufgedeckt wird (gezieltes Suchen durch eigene Mitarbeiter bzw. durch mit der Ermittlung beauftragte unternehmensexterne Dritte[40] oder faktischer Zufallsfund) ist gleichgültig.[41] Wegen der Komplexität der Arbeitsabläufe sowie der i.d.R. eng begrenzten Zeitfenster dürften zufällige Entdeckungen durch eigene Mitarbeiter in der Realität allerdings ohnehin eine seltene Ausnahme bleiben. Die Regelung entspricht damit ganz dem gesetzgeberischen Zeitgeist, Anreize zur Selbstkontrolle sowie zur Etablierung eines umfassenden Compliance-Systems zu schaffen und im Gegenzug Vergünstigungen zu offerieren.[42]

2. Maßnahmen zur Verhinderung neuer Verstöße

Gem. § 22 Abs. 4 S. 1 AWG setzt die Wirksamkeit der Selbstanzeige voraus, dass angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund tatsächlich getroffen werden.[43] Die bloße Zusicherung oder Ankündigung der Maßnahmen genügt nicht.[44]

Eine Konkretisierung der notwendigen Maßnahmen enthält das Gesetz jedoch auch an dieser Stelle nicht. Es muss sich somit nicht zwingend um „Compliance-Maßnahmen“[45] (i.e.S.) handeln.[46] Welche Reaktionen angemessen sind, wird vielmehr einerseits vom Grund für den Verstoß abhängen (mangelnde Kenntnisse der Mitarbeiter, übermäßiges Aufgabenpensum usw., dann ggf. Schulung, Fortbildung, Ausbau des Personalapparats).[47] Andererseits wird man dafür von üblichen Sicherheitsstandards und Prüfungsverfahren bzw. etwaigen Compliance-Anforderungen ausgehen müssen[48], die dann eine Bewertung nach dem jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Größe des Unternehmens, der Anzahl der Beschäftigten, deren Qualifikation und Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Art der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, deren Destinationen, den Geschäftsvolumina etc. erfordern. Insbesondere sofern Verstöße nur zufällig aufgedeckt wurden, ist an eine Änderung und Verbesserung des betriebsinternen Überwachungssystems zu denken.[49] Im Außenwirtschaftsrecht gilt dabei die Besonderheit, dass i.d.R. ein Geschäftsführer oder Vorstand eines Exportunternehmens zum Ausfuhrverantwortlichen bestellt wird, dem die Organisationspflicht, Personalwahl und Überwachungspflicht obliegt.[50]

3. Exkurs: Reichweite der bußgeldbefreienden Wirkung

Im Kontext von Eigenkontrolle und Verhinderungsmaßnahmen ergibt sich für § 22 Abs. 4 AWG ein nicht ganz unerhebliche Probleme:

a) Persönliche Reichweite

Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 4 AWG beschränkt sich dem insofern eindeutigen Wortlaut nach auf Fälle des § 19 Abs. 2 bis 5 AWG einschließlich der Verweisungen auf §§ 81 f. AWV.[51] Bei Straftaten nach §§ 17 f. AWG – insbesondere bei vorsätzlichen und leichtfertigen Verstößen gegen Waffenembargos – bleibt die Möglichkeit zur Selbstanzeige ausgeschlossen.

Bei der (wirksamen) Selbstanzeige handelt es sich nach e.A. um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund bzw. „Ahndungsaufhebungsgrund“[52], nach a.A. um ein generelles Verfolgungshindernis[53]. Eher fernliegend erscheint in beiden Fällen, dass die Einreichung einer Selbstanzeige durch lediglich einen der an den Verstößen Beteiligten die bußgeldbefreiende Wirkung ohne weiteres und automatisch auch für andere Beteiligte eintreten lässt.[54] Erforderlich sein wird hier vielmehr ein Vorgehen ähnlich zur üblichen Praxis im Zusammenhang mit § 371 AO dergestalt, dass diejenigen Beteiligten, die die Selbstanzeige nicht im eigenen Namen vornehmen, zumindest im Wege eines Auftrags bzw. einer Vollmachterteilung die eingereichte Anzeige konsentieren.[55]

Soweit vertreten wird, die Selbstanzeige wirke immer zumindest auch zugunsten des Ausfuhrverantwortlichen, selbst wenn andere die Anzeige erstatten[56], kann dem nicht gefolgt werden. Zwar verlangt § 22 Abs. 4 AWG an keiner Stelle ein subjektives „Wissens-Element“[57]; sowohl als persönlicher Straf- oder Ahndungsaufhebungsgrund als auch als Verfolgungshindernis erfordert die Selbstanzeige, dass die Voraussetzungen im jeweiligen Täter bzw. Betroffenen selbst verwirklicht sind. Auch der Sinn und Zweck der Regelung, Unternehmen zu einer verstärkten Selbstkontrolle anzuhalten und insbesondere Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Verstöße zu treffen, macht es prinzipiell unerlässlich, dass die Verantwortlichen zumindest mit dem Fehlverhalten konfrontiert und über Konsequenzen und weitere Vorgehensweise ins Bilde gesetzt werden.

b) Sachliche Reichweite

Auf zugleich verwirklichte Straftatbestände schlägt die Wirkung der Selbstanzeige nicht durch. Fraglich bleibt aber, ob von der bußgeldbefreienden Wirkung auch konkurrierend verwirklichte Bußgeldtatbestände erfasst sind. Dies kommt insb. für §§ 30, 130 OWiG in Betracht. Hierzu wird vertreten, der Verhängung eines Bußgeldes nach §§ 30, 130 OWiG trotz wirksamer Selbstanzeige, stehe die Intention des Gesetzgebers entgegen, einen Anreiz für Unternehmen zu schaffen, „ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden”[58]. Dies werde sich kaum erreichen lassen, wenn trotz wirksamer Selbstanzeige nach Abs. 4 die Bußgeldbewehrung nach §§ 30, 130 OWiG bestehen bleibe.[59] Diese Auffassung versucht sich auf den Wortlaut des Abs. 4 S. 1 zu berufen, der u.a. auf das Treffen angemessener Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund abstellt. Sie lässt jedoch außer Betracht, dass § 19 Abs. 2 bis 5 AWG, auf den sich die Selbstanzeige bezieht – anders als § 130 OWiG – nicht an eine mangelhafte Organisation oder Überwachung anknüpft, sondern in erster Linie nur an den Verstoß gegen außenwirtschaftsrechtliche Vorgaben. Dass der Grund hierfür oftmals in einem organisatorischen Versagen zu sehen sein dürfte, ändert daran nichts; dies ist bei fahrlässigen Taten vielmehr gerade der Regelfall. Beseitigt und wiedergutgemacht wird durch die Selbstanzeige demnach lediglich der zurückliegende Verstoß gegen das Außenwirtschaftsrecht, das vergangene Organisationsversagen wird jedoch nur für die Zukunft verhindert.[60] Berücksichtigung finden kann und muss die Selbstanzeige jedoch im Rahmen der Ermessensausübung nach § 47 OWiG hinsichtlich der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nach §§ 30, 130 OWiG.[61]

IV. Motivationsmaßstab

1. Das Merkmal der „Freiwilligkeit“

a) Freiwilligkeit beim Rücktritt vom Versuch

(1.) Wenn die Zwecke der Selbstanzeigeregelung sich nur dadurch erreichen lassen, dass Anreiz zur Offenbarung von Verstößen gegeben wird, dann bleibt zu prüfen, ob sich mit der Vorschrift überhaupt eine solche Anreizwirkung erzielen lässt. Als Spiegel dieses Motivationszwecks fungiert im Rahmen des § 24 StGB das Merkmal der Freiwilligkeit. Das StGB kennt die Voraussetzung nicht nur beim Rücktritt, sondern auch bei der tätigen Reue und ferner bspw. in § 46b StGB, was insoweit deutlich macht, dass es sich um eine Art Grundvoraussetzung für die strafbefreiende Wirkung handelt.

Die vorherrschende Meinung in der Literatur legt die Freiwilligkeit empirisch-psychologisierend bzw. normativ aus.[62] Der Rücktritt ist danach freiwillig, wenn der Täter aus autonomen Motiven von der Tat Abstand genommen oder ihre Vollendung verhindert hat. Autonom ist ein Entschluss, wenn er Ausdruck freier Selbstbestimmung ist. Ein Rücktritt aus heteronomen Gründen, also solchen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, soll dagegen unfreiwillig sein.[63] Die Rechtsprechung folgt dem weitestgehend, indem sie darauf abstellt, ob der Täter Herr seiner Entschlüsse war.[64] Unfreiwillig handelt er danach, wenn ihn zwingende Gründe zum Rücktritt bewegen. Nichts anderes gilt bei der tätigen Reue, bspw. im Rahmen des § 83a StGB.[65]

(2.) Die Funktion des Freiwilligkeitsmerkmals besteht vor allem darin, strafrechtlich erhebliche und strafrechtlich unerhebliche „Gefährdungsumkehr“ voneinander abzugrenzen.[66] Anders als das Polizeirecht baut das Strafrecht nicht auf eine verschuldensunabhängige Haftung des Störers, sondern verlangt für die Verhängung einer Rechtsfolge, dass diese der Erreichung der Strafzwecke dient. Ein freiwilliger Rücktritt (oder eine freiwillige Selbstanzeige) zeigt also an, dass Bestrafung nicht mehr notwendig ist, weil die Zwecke, denen eine Strafe dienen darf, bereits erreicht wurden.[67]

(3.) Dass diese Erwägungen – trotz der im Hinblick auf Unwerturteil und Strafmakel bestehenden Unterschiede zum Strafrecht[68] – prinzipiell auch für das Ordnungswidrigkeitenrecht eingreifen, zeigt die Regelung des § 13 Abs. 3, Abs. 4 OWiG, die der Rücktrittsvorschrift des StGB nachgebildet ist. Gem. § 13 Abs. 3 S. 1 OWiG wird der Versuch einer Ordnungswidrigkeit nicht geahndet, wenn der Täter freiwillig die weitere Ausführung der Handlung aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Auch hier muss also der Täter bzw. Betroffene freiwillig zurücktreten, wobei insoweit dieselbe Begriffsbestimmung maßgeblich ist, die von der ganz h.M. auch zu § 24 StGB vertreten wird.[69] Dabei gilt grds., dass vom Täter bzw. Betroffenen während der Tatausführung wahrgenommene zuvor unerkannte Risiken den Rücktritt unfreiwillig machen, falls die Tatdurchführung erhebliche Nachteile mit sich bringen würde, und der Täter bzw. Betroffene diese Risiken deshalb als unvertretbar hoch einstuft.[70] Insbesondere kann deswegen die Furcht vor alsbaldiger Entdeckung einem freiwilligen Rücktritt entgegenstehen; dies gilt ebenso, wenn der Täter die weitere Ausführung wegen vermeintlicher oder wirklicher Entdeckung aufgibt.[71]

b) Freiwilligkeit der Selbstanzeige gem. § 371 AO

Freiwilligkeit wird als Merkmal in § 371 AO nicht explizit genannt. § 371 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AO beinhalten allerdings Sperrgründe der Selbstanzeige, die ihre strafbefreiende Wirkung hindern, und die ihrer Konzeption nach sehr an das Merkmal der Freiwilligkeit in § 24 StGB angelehnt sind.[72] So tritt Straffreiheit bspw. nach § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht ein, wenn die betreffenden Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt waren und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

Dieses Erkennen(-müssen) durch den Täter wird dabei als „einschränkendes subjektives Merkmal“ für die Sperrwirkung der Tatentdeckung verstanden.[73] Der Steuerpflichtige hat die erforderliche Kenntnis von der Entdeckung, sofern „er aus den ihm bekannten Tatsachen den Schluss gezogen hat, eine Behörde oder ein anzeigewilliger Dritter habe von seiner Tat so viel erfahren, dass seine Verurteilung bei vorläufiger Beurteilung wahrscheinlich sei“.[74] Vermutet er lediglich die Entdeckung, so schließt dies die strafbefreiende Wirkung grds. nicht aus.[75] Mit der Entdeckung rechnen muss der Täter, wenn er aus den ihm bekannten Tatsachen bei verständiger Würdigung der Sachlage den Schluss hätte ziehen müssen, dass die Tat bekannt ist. Maßgebend für die „verständige Würdigung der Sachlage“ ist dabei wiederum die individuelle Erkenntnis- und Urteilsfähigkeit des Täters.[76] Dies folgert die h.M. aus dem Umstand, dass es sich bei der Selbstanzeige um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund handelt, für den es auch allein auf die individuellen Fähigkeiten des jeweiligen Täters ankommen kann.[77] Gleichwohl trennt die Regelung des § 371 Abs. 2 AO damit nicht sauber zwischen autonomen und heteronomen Motiven.[78]

2. Freiwilligkeitsfiktion des § 224 S. 2 AWG

a) Freiwilligkeit als Voraussetzung der Selbstanzeige

Gem. § 22 Abs. 4 S. 2 AWG gilt eine Anzeige i.S.d. Satz 1 der Norm als freiwillig, wenn die Behörde hinsichtlich des Verstoßes noch keine Ermittlungen aufgenommen hat. Der Sinngehalt dieser Regelung bleibt allerdings schon deshalb zweifelhaft, da § 22 Abs. 4 S. 1 AWG ein Freiwilligkeitserfordernis überhaupt nicht normiert.[79] Die Regelung kann daher nur als Voraussetzung der Wirksamkeit der Selbstanzeige dahingehend gemeint sein, dass die zuständige Behörde hinsichtlich des Verstoßes (objektiv) noch keine Ermittlungen aufgenommen haben darf. Dies soll der Fall sein, wenn die Behörde Maßnahmen trifft, die erkennbar darauf abzielen, gegen jemanden straf- oder bußgeldrechtlich vorzugehen, auch wenn der Beschuldigte noch unbekannt ist.[80]

b) Maßstab der Freiwilligkeit gem. § 224 S. 2 AWG

Fraglich ist ferner der Maßstab der Freiwilligkeit. Gem. § 22 Abs. 4 S. 2 AWG machen behördliche Ermittlungen eine Selbstanzeige zunächst nur dann unfreiwillig bzw. unwirksam, wenn sie auf einen Verstoß der konkret in Rede stehenden Art abzielen.[81] Soweit in anderer Sache ermittelt wird, schließt dies die ahndungsbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht aus.

Anders als etwa § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO setzt § 22 Abs. 2 S. 2 AWG seinem paradoxen Wortlaut nach aber nicht voraus, dass der Betroffene von der Einleitung der Ermittlungen überhaupt Kenntnis erlangt hat (oder hätte erlangen müssen).[82] Ein solches Erfordernis lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung in die Norm hineininterpretieren.[83] Der Wortlaut täuscht also: Es handelt sich weder um einen nach psychologischen Gesichtspunkten beurteilten Freiwilligkeitsbegriff, noch um einen normativ bestimmten Terminus, sondern lediglich um eine Fiktion, die ohne jeden Bezug zu den Beweggründen des Täter bleibt.[84]

3. Konsequenzen

Bei einer solchen Fiktion noch von Freiwilligkeit zu sprechen, wirkt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch geradezu widersinnig. Dies gilt auch in Ansehung des mit der Selbstanzeigeregelung verfolgten Zwecks (interne Überwachung verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle melden). Es erscheint höchst fraglich, ob die intendierte Anreizwirkung bestehen bleibt, wenn Freiwilligkeit zu einer bloßen Fiktion retardiert, die keinen Bezug zur Motivlage des Täters mehr aufweist.

Gleichwohl: Der Gesetzgeber ist in seiner Entscheidung über die Ausgestaltung einer solchen Regelung keiner Beschränkung dahingehend unterworfen, sich etwa an psychologische bzw. normative Grundsätze (oder gar allgemeine Regeln der Logik) halten zu müssen. Es steht ihm innerhalb verfassungsrechtlicher Grenzen vielmehr frei, gesetzliche Fiktionen zu normieren, die auch entgegen tatsächlicher Gegebenheiten zutreffen können. Da es sich bei § 22 Abs. 4 AWG grds. um eine den Täter bzw. Betroffenen begünstigende Regelung handelt, darf dabei auch nicht derselbe Maßstab gelten, wie er bspw. für Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände anzulegen ist.

V. Abschließende Bemerkungen

Nach den vorstehenden Erwägungen scheint § 22 Abs. 4 AWG mehr eine objektive Einschränkung des in § 47 OWiG geregelten Verfolgungsermessens zu sein, als ein § 24 StGB, § 13 OWiG oder § 371 AO nachgebildeter Straf- oder Ahndungsaufhebungsgrund. Kritisch ist dies insbesondere deshalb zu sehen, weil durch die rein objektive Freiwilligkeitsfiktion der Eintritt der ahndungsbefreienden Wirkung von dem zufälligen[85] Umstand abhängt, ob die zuständige Behörde bereits ermittelt oder nicht.

Während die Rücktrittsvorschriften der § 24 StGB, § 13 OWiG noch die autonome Entscheidung des Täters in den Vordergrund stellen, beinhaltet § 371 AO seinem in Abs. 2 Nr. 2 bereits den Ausschlussgrund, dass der Täter „bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste“, entdeckt worden zu sein. Wie gesehen stellt § 371 AO nicht Gesichtspunkte der Strafzweckerreichung oder der Rückkehr zu Legalität in den Mittelpunkt, sondern in erster Linie die Erschließung bislang unerkannter Steuerquellen. Das in Abs. 2 Nr. 2 dieser Norm angelegte „Kennenmüssen“ von Tatsachen, die einer Selbstanzeige entgegenstehen, entfernt sich dem entsprechend bereits vom ausschließlich subjektiven Verständnis der klassischen Rücktrittsregelungen und korrespondiert mit der veränderten Zielsetzung der Vorschrift.

§ 22 Abs. 4 AWG erweitert nur das Spektrum: Im Vordergrund steht nicht mehr das fiskalische Motiv; eigentliches Ziel der Vorschrift ist bereits das bloße Erkennen, Aufdecken und zukünftige Verhindern von Verstößen (und zwar durch die Täter selbst), ohne dass damit ein unmittelbarer finanzieller Vorteil verbunden wäre. Die Norm verzichtet selbst auf ein „Kennenmüssen“. Aus der mit diesem Merkmal noch gegebenen Ähnlichkeit mit den Fahrlässigkeitsvoraussetzungen wird in § 22 Abs. 4 S. 2 AWG eine rein objektive Bestimmung der Voraussetzungen der Selbstanzeige, während sich die Verfolgungsbehörden weiter zurückziehen. § 22 Abs. 4 AWG bleibt damit eine „gut gemeinte“, inhaltlich aber missglückte Vorschrift, für die das gerade erst reformierte AWG bereits jetzt (mindestens hinsichtlich Freiwilligkeitsmerkmals) auf Nachbesserung wartet.

[1] Für wertvolle Vorarbeiten zu diesem Beitrag danke ich meinem Wissenschaftlichen Mitarbeiter Stefan Salzinger.

[2] Bieneck NStZ 2006, 608 (614); Bieneck wistra 1995, 256; Bieneck wistra 1994, 173.

[3] Bieneck/Schaefer wistra 2011, 89 (94); vgl. auch BGH wistra 2009, 192 („…mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG in hohem Maße problematisch“).

[4] Bieneck wistra 1994, 173 (175).

[5] Wagner in: MüKo-StGB, 2010, vor §§ 34 ff. Rn. 1; vgl. auch Ehlers/Wolffgang/Nelles/Halla-Heißen Rechtsfragen der Exportkontrolle 1999, 99 (104).

[6] Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts vom 6. Juni 2013, BGBl. 2013/I, S. 1482.

[7] Alexander/Winkelbauer ZWH 2013, 341 (347 f.); Oehmichen NZWiSt 2013, 341 (345); Walter RIW 2013, 205 (205 f., 208, 210).

[8] BT-Drs. 17/11127, S. 1.

[9] Oehmichen NZWiSt 2013, 341 (345); einschränkend Alexander/Winkelbauer ZWH 2013, 341 (348): mit Blick auf den Blankettcharakter der §§ 17 ff. AWG kein „für den Rechtsanwender einfach zu handhabendes und für den Rechtsunterworfenen leicht verständliches Gesetz“.

[10] Oehmichen NZWiSt 2013, 341 (345) in Bezug auf die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, krit. aber zur Strafbarkeitslücke bei fahrlässigen Verstößen gegen Waffenembargos.

[11] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2117); ähnlich Walter RIW 2013, 205 (210), der von einem Verzicht des Gesetzgebers auf „besonders unbestimmte Regelungen“ spricht und dabei (auch) das Umgehungsverbot im Blick haben muss.

[12] Siehe die BT-Drs. 17/11127, S. 29: „§ 22 AWG n.F. entspricht § 38 AWG a.F. und regelt Zuständigkeiten im Straf- und Bußgeldverfahren“; zum dem Entwurf nachträglich hinzugefügten Abs. 4 heißt es in BT-Drs. 17/12101, S. 11 zu Buchstabe c ähnlich unpräzise: „Dadurch werden Unternehmen stärker als bisher motiviert, ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden“. So auch Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2118).

[13] BayObLG wistra 1985, 117.

[14] WestpfahlDie strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht, 1987, S. 14; vgl. auch Schmoeckel StuW 2014, 67 (73).

[15] So bspw. Dumke in: Schwarz, § 371 AO Rn. 4; Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 12; Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 2005, S. 161.

[16] So auch Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn 12; von Briel in: von Briel/Ehlscheid, Steuerstrafrecht, 2001, § 2 Rn. 1.

[17] So statt Vieler BGHSt 12, 100f.; BGHNJW 1974, 2293; BGHSt 29, 37 (40); BGH, wistra 1987, 342 (343); BGH, wistra 1999, 28; BGH, wistra 1991, 223 (225); BGH, wistra 2004, 310; Dumke in: Schwarz, § 371 AO Rn. 3; Jäger in: Klein, 2014, § 371 AO Rn. 1, 4; Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 19; Rüpingwistra 2001, 121; Samsonwistra 1988, 130 (133); Teskewistra 1988, 287 (290); TheilBB 1983, 1274; Vogelberg in: Achenbach/Wannemacher, § 9 Rn. 1381; WulfJuS 2008, 314 (318);

[18] Bilsdorferwistra 1984, 93; Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 19.

[19] Vgl. Vogelberg in: Achenbach/Wannemacher, § 9 Rn 3.

[20] Vogelberg in: Achenbach/Wannemacher, § 9 Rn 3.

[21] Jäger in: Klein, 2014, § 371 AO Rn. 4; Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 20.

[22] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn 19; Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 20.

[23] Bspw. Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn 19.

[24] Anders etwa Brauns (wistra 1987, 233), der auf die Gleichwertigkeit fiskalischer und kriminalpolitischer Zielsetzungen abzustellen scheint.

[25] Bspw. LöfflerGrund und Grenzen der steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige, 1992, S. 104 ff.

[26] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 20.

[27] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 20.

[28] So zur Selbstanzeige im Steuerstrafrecht Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 19.

[29] Bzgl. Selbstanzeige im Steuerstrafrecht siehe Süße/Urban/Püschel Newsdienst Compliance 2014, 71005; Wittig JA 2014, 567 (568).

[30] Vgl. BT-Drs. 17/11127, S. 29: „§ 22 AWG n.F. entspricht § 38 AWG a.F. und regelt Zuständigkeiten im Straf- und Bußgeldverfahren“.

[31] BT-Drs. 17/12101, S. 10.

[32] BT-Drs. 17/12101, S. 11.

[33] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2119); Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (3).

[34] Aus dem Steuerrecht: Dumke in: Schwarz, § 371 AO Rn 37; Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 65; Kemper in: Rolletschke/Kemper, § 371 AO Rn. 12; Kummer in: Wabnitz/Janovsky, 2014, Kap. 18 Rn. 110; Quedenfeld/Füllsack Verteidigung in Steuerstrafsachen, 2005, Rn. 387; Wittig JA 2014, 566 (571).

[35] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2120); Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (3).

[36] Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 49 mit Verweis auf Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn 56; Kemper in: Rolletschke/Kemper, § 371 AO Rn 15.

[37] Krause/PrießNStZ 2013, 688 (690) stufen dies als Redaktionsversehen des Gesetzgebers ein.

[38] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 213; Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 57; krit. SchmitzDStR 2001, 1821 (1826).

[39] Zu den Methoden Nestler in Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis, 2013, Kap. 1 Rn. 1 ff., 32 ff.

[40] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2118 f.) verlangen zunächst „unternehmensinterne Quellen“, schließen jedoch „im Auftrag des Unternehmens“ handelnde Dritte mit ein, selbst wenn der Dritte ein „Zollagent“ ist. Richtigerweise wird man zusätzlich zumindest eine gewisse Neutralität des Dritten verlangen müssen; erforderlich ist somit, dass es sich jedenfalls nicht um eine staatliche Ermittlungsperson handelt.

[41] Krause/PrießNStZ 2013, 688 (690) gehen sogar noch weiter davon aus, dass Strukturen zur Eigenkontrolle überhaupt nicht vorhanden sein müssen, solange die Aufdeckung nur der Sphäre des Anzeigenden zuzuordnen ist.

[42] Siehe dazu BT-Drs. 17/12101, S. 11: „Dadurch werden Unternehmen stärker als bisher motiviert, ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler dem Zoll oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden“. Gesetzgeberischer Aktionismus in diese Richtung kommt in etlichen Regelungen zum Ausdruck, bspw. in § 5 Abs. 2 des NRW-Entwurfs zur Einführung einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden, der ein Absehen von Strafe vorsieht, wenn der Verband wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Verbandsstraftat aufgedeckt werden konnte und den Ermittlungsbehörden Beweismittel zur Verfügung gestellt hat, die geeignet sind, die Tat nachzuweisen.

[43] Zu typischen Compliance-Maßnahmen gehören die Überprüfung der Buchhaltung mittels EDV-Programmen, bei Auftreten von Auffälligkeiten die Kontrolle der betroffenen Verträge, der Zugriff auf Emails und elektronische Daten sowie die Befragung von Mitarbeitern; siehe zur Vorgehensweise im Rahmen der Compliance-Beratung auch Roxin StV 2012, 116; zu Präventivmaßnahmen siehe Fissenewert in: Behringer/Fabisch/Fissenewert, Compliance kompakt, 2011, S. 50 f.

[44] Krause/PrießNStZ 2013, 688 (692).

[45] Der Begriff der Compliance wird in Praxis und Literatur unterschiedlich definiert. Zusammenfassend lassen sich darunter Maßnahmen und Vorkehrungen verstehen, die sicherstellen sollen, dass sich die Gesellschaft und die für sie handelnden Personen rechtmäßig verhalten; siehe Nestler in Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis, 2013, Kap. 1 Rn. 1 ff.; Pietrek Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betriebsinhabers aus Compliance-Pflichten, 2012, S. 32; eingehend auch Poppe in: Görling/Inderst/Bannenberg, 2010, Kap. 1 Rn. 1 ff.

[46] Anders offenbar Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (3), die damit jedoch den Wortlaut überdehnen.

[47] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2119).

[48] In diese RichtungKrause/PrießNStZ 2013, 688 (692).

[49] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2119); zur Relevanz und Notwendigkeit von Compliance-Maßnahmen aus steuerstrafrechtlicher Sicht s.a. Süße/Urban/Püschel Newsdienst Compliance 2014, 71005.

[50] Klötzer-Assion/Rosinus in: Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis, 2013,Kap. 32 Rn. 62 f.; s. auch Bekanntmachung des BAFA zu den Grundsätzen zur Zuverlässigkeitsprüfung von Exporteuren unter http://www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/vorschriften/zuverlaessigkeitausfuhrverantwortlicher/index.html

[51] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2118); siehe auch Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (2).

[52] Krause/PrießNStZ 2013, 688 (691); WalterRIW 2013, 205; Wittig JA 2014, 566 (567).

[53] Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2119); Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (5).

[54] So aber Pelz/Hofschneider AWPrax 2013, 173 (174) bzw. Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (2), die eine Anzeige durch einen beliebigen Dritten genügen lassen; offener auch Niestedt/Trennt BB 2013, 1215 (2119), die sich gegen eine Begrenzung des begünstigten Personenkreises aussprechen.

[55] Krause/PrießNStZ 2013, 688 (691); ähnlich für § 371 AO Wittig JA 2014, 566 (571).

[56] Krause ExportManager 5/2013, 22 f.

[57] Krit. ist dies insb. für das hier beleuchtete Freiwilligkeitsmerkmal, siehe Abschn. IV.

[58] So jedenfalls BT-Drs. 17/12101, S. 11; siehe auch Voland GWR 2013, 264.

[59] Krause/PrießNStZ 2013, 688 (691); ähnlich Pelz/Hofschneider wistra 2014, 1 (5).

[60] In diese Richtung auch Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2119 f.).

[61] So Niestedt/Trennt BB 2013, 2115 (2119); Voland GWR 2013, 264.

[62] Eser/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 2014, § 24 Rn. 43; Fischer StGB, 2014, § 24 Rn. 19; Lackner/Kühl StGB, 2014, § 24 Rn. 18; Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, 2015, Rn. 651.

[63] Beckemper in BeckOK-StGB, 2014, § 24 Rn. 30; Eser/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 2014, § 24 Rn. 45.

[64] Siehe nur BGHSt 35, 186; BGH StV 1992, 225; BGH, NStZ 1993, 279; BGH, NStZ 1994, 428 statt Vieler.

[65] Von Heintschel-Heinegg in BeckOK-StGB, 2014, § 83a Rn. 3.

[66] Amelung ZStW 2008, 205 (218).

[67] Vgl. Amelung ZStW 2008, 205 (218).

[68] Eingehend dazu Mitsch in: KK-OWiG, 2014, Einl. Rn. 82 ff.

[69] Bohnert OWiG, 2010, § 13 Rn. 22; Rengier in: KK-OWiG, 2014, § 13 Rn. 54.

[70] Rengier in: KK-OWiG, 2014, § 13 Rn. 55; ähnlich zu § 24 StGB siehe nur BGH NStZ 2007, 265 (266) statt Vieler.

[71] Rengier in: KK-OWiG, 2014, § 13 Rn. 55.

[72] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 Rn. 131 (Ausschlussgründe ähneln „dem Prinzip der Freiwilligkeit, wie es etwa den Regelungen über den Rücktritt vom Versuch … zugrunde liegt.“).

[73] Jäger in: Klein, 2014, § 371 AO Rn. 68; ähnlich Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 226.

[74] Jäger in: Klein, 2014, § 371 AO Rn. 69.

[75] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 Rn. 200.

[76] Jäger in: Klein, 2014, § 371 AO Rn. 70; Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 Rn. 199.

[77] Kohler in: MüKo-StGB, 2010, § 371 AO Rn. 230; ähnlich Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 Rn. 199 („quasi-individueller Sorgfaltsmaßstab“).

[78] Joecks in: Franzen/Gast/Joecks, 2009, § 371 AO Rn. 27.

[79] Wegner HRRS 2014, 52 (56); ähnlich Niestedt/Trennt BB 2013, 2119; Pelz/Hofschneider wistra 2014, 3 bestreiten deshalb – wenig überzeugend – sogar, dass es sich beim Kriterium der Freiwilligkeit um eine Voraussetzung der wirksamen Selbstanzeige handelt. Fraglich ist nicht, ob Freiwilligkeit vorausgesetzt ist, sondern lediglich, nach welchem Maßstab sie sich bemisst, siehe Rn. 10.

[80] Niestedt/Trennt BB 2013, 2119, gestützt auf Krause ExportManager 5/2013, 22 f., der sich wiederum an § 397 Abs. 1 AO orientiert.

[81] Krause/PrießNStZ 2013, 690 mit Verweis auf den Wortlaut („hinsichtlich des Verstoßes noch keine Ermittlungen“); Voland GWR 2013, 264.

[82] Auch das Fehlen einer § 397 Abs. 3 AO entsprechenden Regelung verlangt keine objektive Interpretation des Freiwilligkeitsmerkmals, da ein konkreter Beschuldigter, dem die Verfahrenseinleitung mitgeteilt werden könnte, zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht zu existieren braucht.

[83] Vgl. Pelz/Hofschneider wistra 2014, 4 f., die die Behörde aber auf § 47 OWiG verweisen wollen; ähnlich Niestedt/Trennt BB 2013, 2119; a.A. Voland GWR 2013, 267, der entgegen dem Wortlaut auch die fehlende Kenntnis von der Ermittlung ausreichen lassen will.

[84] Krit. Krause/PrießNStZ 2013, 690 zum Widerspruch bspw. zum Begriffsverständnis im Rahmen von § 24 StGB und für eine dem entsprechende Auslegung. Hierin liegt allerdings ein klarer Widerspruch zum insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift.

[85] Die Dunkelziffer im Bereich der Embargokriminalität bzw. der Außenwirtschaftsdelikte insgesamt wird idR recht hoch geschätzt, da eine Überprüfung der Warenexporte wegen ihrer Masse nur stichprobenhaft möglich sei; vgl. Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht BT, 2011, S. 58 (Kontrollrate von nur 1 %); ähnlich Bender in: Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 2011, § 45 Rn. 15 (Kontrollrate von immerhin 5 %).

Autorinnen und Autoren

  • Prof. Dr. Nina Nestler
    Studium der Rechtswissenschaften, Promotion und Habilitation in Würzburg. Seit April 2014 Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht III (Wirtschaftsstrafrecht und internationales Strafrecht) an der Universität Bayreuth. Stellvertretende Vorsitzende der dortigen Ethikkommission von Januar 2015 bis September 2022. Studiendekanin der Fachgruppe Rechtswissenschaft von Oktober 2017 bis September 2022. Seit Oktober 2022 Vizepräsidentin für Internationalisierung, Chancengleichheit und Diversity der Universität Bayreuth.

WiJ

  • Jakob Lehners

    Digitale Akteneinsicht in der Untersuchungshaft

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Sigrid Mehring-Zier

    Wirtschaftsvölkerstrafrecht in der europäischen Praxis – und Deutschland?

    Internationales Strafrecht, EU, Rechtshilfe, Auslandsbezüge

  • Dr. Mayeul Hièramente

    Svenja Jutta Luise Karl, Die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen. Kritik und Verbesserungsvorschläge unter besonderer Berücksichtigung des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens.

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)