Dr. Christian Brand

Insolvenzstrafrechtliche Literatur im Zeitraum Januar bis Mai 2015

I. Aufsatzliteratur

Karsten Schmidt: Dogmatik und Praxis des Rangrücktritts, ZIP 19/2015, S. 901-911.

Vor kurzem hat der IX. Zivilsenat des BGH entschieden, dass einen qualifizierten Rangrücktritt erklären muss, wer eine bestimmte Verbindlichkeit im Überschuldungsstatus nicht passivieren will. Charakteristikum dieses qualifizierten Rangrücktritts ist eine Vereinbarung zwischen Schuldner und (Gesellschafter-)Gläubiger, der zufolge auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens der (Gesellschafter-)Gläubiger Befriedigung seiner Forderung nur aus dem Aktivvermögen des Schuldners verlangen kann, das dessen sonstige Verbindlichkeiten übersteigt (BGH, GmbHR 2015, 472, 473 ff.). Diese Abrede qualifiziert der IX. Zivilsenat als einen Vertrag zugunsten der übrigen Gläubiger und damit als einen dinglich wirkenden Schuldänderungsvertrag (BGH, GmbHR 2015, 472, 476), den Schuldner und (Gesellschafter-)Gläubiger einseitig nicht verändern oder gar aufheben können (BGH, GmbHR 2015, 472, 477). Damit kreiert der IX. Zivilsenat ein vertraglich vereinbartes Zahlungsverbot. Befriedigt der Schuldner die mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehene Forderung, obschon sein Aktivvermögen nicht sämtliche anderen Verbindlichkeiten deckt, erfolgt die Zahlung nach Ansicht des IX. Zivilsenats rechtsgrundlos und kann – etwa vom Insolvenzverwalter – nach Bereicherungsrecht (vgl. §§ 812 ff. BGB) kondiziert werden (BGH, GmbHR 2015, 472, 475 f.). Unabhängig davon, ob man dieser hier nur kurz skizzierten Entscheidung zustimmt oder aber wie der Verf. der Konstruktion eines Vertrags zugunsten Dritter skeptisch gegenübersteht und stattdessen den „überschuldungsrelevanten Rangrücktritt“ als pactum de non petendo einstuft (ZIP 2015, 901, 910), hat Verf. auf eine interessante mögliche strafrechtliche Konsequenz der Entscheidung aufmerksam gemacht: Weil das vom IX. Zivilsenat geschaffene Zahlungsverbot eine große Nähe zu § 30 GmbHG aufweist (ZIP 2015, 901, 905), wirft Verf. die Frage auf, ob ein Geschäftsführer, der eine subordinierte Verbindlichkeit vorzeitig zurückführt, gem. § 266 StGB haftet (ZIP 2015, 901, 906). Angesichts der praktischen Bedeutung und weiten Verbreitung von qualifizierten Rangrücktritten, ist die Strafrechtswissenschaft dazu aufgerufen, hierauf schnellstmöglich eine Antwort zu geben.

II. Kommentare/Handbücher

1. Andreas Schmidt (Hrsg.), Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, Carl Heymanns Verlag, 179,€, ISBN 978-3-452-28062-6.

Ein Markenzeichen des von Andreas Schmidt herausgegebenen und mittlerweile in der fünften Auflage vorliegenden Hamburger Kommentars zum Insolvenzrecht, das ihn von anderen insolvenzrechtlichen Kommentaren unterscheidet und für Insolvenzstrafrechtler besonders geeignet macht, sind die insolvenzstrafrechtlichen Ausführungen von Peter-Alexander Borchardt. Auf den letzten knapp 70 Seiten des insolvenzrechtlichen Kommentars kommentiert Borchardt neben § 15a Abs. 4, 5 InsO die §§ 283 ff., 263, 266 und 266a StGB. Diese insolvenzstrafrechtliche Kommentierung steht mit Blick auf den Zweck dieser Übersicht – i.e. neu erschienene insolvenzstrafrechtliche Literatur vorzustellen – deshalb im Zentrum der nachfolgenden Rezension.

a)Borchardt beginnt den mit Insolvenzstrafrecht überschriebenen Abschnitt mit der Kommentierung der insolvenzstrafrechtlichen Zentralvorschriften, den §§ 283 ff. StGB. Hierbei widmet er der für den Praktiker wichtigen Frage nach der richtigen Interpretation der Krisenmerkmale breiten Raum (Rn. 5 ff.), wohingegen er bspw. die Frage, welches Rechtsgut die §§ 283 ff. StGB schützen, nur kurz streift (vgl. Rn. 1). Dass Borchardt nicht erörtert, ob der durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz v. 17.10.2008 (BGBl. I 2008, S. 1982) eingeführte modifiziert zweistufige Überschuldungsbegriff auch Altfällen zugrunde zu legen ist – richtigerweise zwingt § 2 Abs. 3 StGB den Rechtsanwender dazu, den § 19 InsO in seiner aktuell geltenden Fassung anzuwenden (s. nur BGH, wistra 2010, 219, 220; Schmitz, wistra 2009, 369 ff.; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, StGB, 29. Aufl. 2014, § 283 Rn. 51) –, erscheint verschmerzbar, da solche Altfälle mit zunehmendem Zeitablauf seltener werden und der Überschuldungstatbestand – wie verschiedene Untersuchungen gezeigt haben (vgl. jüngst Bitter/Hommerich/Reiß ZIP 2012, 1201 ff.) – in praxi ohnehin keine nennenswerte Rolle spielt (zu diesem Befund exemplarisch Braun/Bußhardt, InsO, 6. Aufl. 2014, § 19 Rn. 2, 33). Im Anschluss an die Ausführungen zu den Krisenmerkmalen behandelt Borchardt die einzelnen von § 283 Abs. 1 StGB genannten Tatmodalitäten (Rn. 9 ff.). Dabei untersucht er unter anderem, was man unter einem den Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens (grob) widersprechendem Verhalten zu verstehen hat (Rn. 12). Leider beschränkt er sich darauf, die Ansicht wiederzugeben, die dieses Merkmal mithilfe der handelsrechtlichen Vorgaben an ein ordentliches kaufmännisches Gebaren bestimmt (grdl. dazu LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl. 2009, Vor § 283 Rn. 111 f.), ohne die Kritik, die Teile des Schrifttums hieran üben (ausf. Kritik bei Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften und Erlaubtes Risiko, Diss. 1994, S. 84 ff.; ihm im Erg. zust. Habetha, Bankrott und strafrechtliche Organhaftung, Diss. 2014, S. 185 f.), zu erwähnen. Das ist umso bedauerlicher, als die höchstrichterliche Rspr. bislang noch nicht abschließend entschieden hat, anhand welchen Maßstabs sie das ordnungsgemäßem Wirtschaften widersprechende Verhalten konturieren will, sich hier also einige Chancen für die Strafverteidigung eröffnen. Unter den Rn. 22 ff. finden sich konzise und weiterführende Ausführungen zu den Nrn. 5-7 des § 283 Abs. 1 StGB, die den Strafverfolgungsalltag auf bankrottstrafrechtlichem Terrain bekanntlich beherrschen (zu diesem Befund s. exemplarisch Park/Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl. 2013, Teil 3, Kap. 5 Rn. 1, 9). Insbesondere dem schwierigen Problem, ab wann der Täter rechtlich oder faktisch nicht in der Lage ist, seiner Buch- bzw. Bilanzführungspflicht nachzukommen, widmet Borchardt einen eigenen Abschnitt (vgl. Rn. 29), worin er die Rspr. benennt, der zufolge der Schuldner noch vorhandene Mittel vorrangig dazu verwenden muss, um seiner Buch-/Bilanzführungspflicht sachgerecht nachzukommen (s. BGH, NJW 2011, 3733, 3734 m. zust. Anm. Floeth, EWiR 2012, 221, 222 und Weyand, ZInsO 2011, 2228, 2229 sowie BGH, NStZ 2012, 511). Ob ihn diese Rspr. überzeugt oder ob nicht die Gegner dieser Rechtsprechungslinie (s. etwa Park/Sorgenfrei, aaO, Teil 3, Kap. 5 Rn. 52; Renzikowski, in: Festschr. f. Weber, 2004, S. 333, 345 f.; äußerst skept. gegenüber einem Vorrang der Buch-/Bilanzführungspflichten gegenüber anderen [Zahlungs-]Pflichten ferner Holzapfel, in: Festschr. f. Wahle, 2008, S. 16, 25 ff.) den Vorzug verdienen, sagt er jedoch nicht. Ausführlich erörtert Borchardt im Rahmen seiner Kommentierung des § 283 StGB des Weiteren die Probleme, die aufkommen, sobald eine juristische Person oder eine Personengesellschaft die Position des Gemeinschuldners bekleiden (Rn. 42 f., 49 ff.). Dabei streift er auch den Themenkomplex, der mit „EU-Auslandsgesellschaften und Bankrottstrafrecht“ überschrieben ist und schließt sich für die Buchführungsdelikte (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7 StGB) der Ansicht an, die den Geschäftsleiter einer EU-Auslandsgesellschaft gemäß diesen Vorschriften nur dann bestrafen will, wenn er weder nach dem Recht des Gründungs- noch nach dem Recht des Sitzstaates ordnungsgemäß buchgeführt bzw. bilanziert hat (vgl. Rn. 53b; dafür auch Radtke/Hoffmann, EuZW 2009, 404, 407; zust. Schönke/Schröder/Heine/Schuster, aaO, Vorbem. §§ 283 ff. Rn. 1c und § 283 Rn. 29). Den Abschluss der Kommentierung des § 283 StGB bilden instruktive Überlegungen zur bankrottstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters und des (vorläufigen) Sachwalters (Rn. 54 ff.). Hervorgehoben zu werden verdient schließlich die Ansicht, wonach sich der Geschäftsführer, der einem Gesellschafter während der Gesellschaftskrise ein Darlehen zurückbezahlt, das dieser der Gesellschaft gewährt hatte, wegen des von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordneten Nachrangs nicht nur gemäß § 283c StGB, sondern gemäß § 283 StGB strafbar macht (vgl. § 283c Rn. 3; so auch NK-StGB/Kindhäuser, 4. Aufl. 2013, § 283c Rn. 3; Matt/Renzikowski/Altenhain, StGB, 2013, § 283c Rn. 5).

b) Im Rahmen seiner Kommentierung des § 15a Abs. 4, 5 InsO widmet sich Borchardt unter anderem der momentan streitig diskutierten Frage, was man unter einem „nicht richtigen“ Insolvenzantrag zu verstehen hat (Rn. 7). Eingangs seiner Überlegungen statuiert er die These, wonach „nicht richtig“ nur solche Anträge sein können, die den Anforderungen an einen zulässigen Antrag nicht genügen. Ob eine solche Lesart des Merkmals „nicht richtig“ dieser Tatvariante allerdings noch einen eigenen Anwendungsbereich belässt – der unzulässige Antrag ist eben kein Antrag und kann somit auch der Variante „nicht“ subsumiert werden – bezweifelt Borchardt freilich mit Recht. Überzeugend plädiert Borchardt im Weitern für eine insolvenzrechtliche Qualifikation der strafbewehrten Insolvenzantragspflicht und ermöglicht somit, auch die Vertretungsorgane von EU-Auslandsgesellschaften gemäß § 15a Abs. 4, 5 InsO strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen (Rn. 22, 43). Umfangreiche Ausführungen widmet Borchardt schließlich den sonstigen tauglichen Tätern des § 15a Abs. 4, 5 InsO (Rn. 23 ff.) und schließt sich dabei der zutreffenden Ansicht an, der zufolge der Geschäftsführer eines Vor-Verbands kein tauglicher Täter der Insolvenzverschleppung sein kann (Rn. 42).

c) Den Abschluss des insolvenzstrafrechtlichen Kapitels bilden Ausführungen zu den §§ 263, 266, 266a StGB. Dabei geht es Borchardt nicht darum, diese Vorschriften umfassend zu kommentieren. Vielmehr arbeitet er in den jeweiligen Abschnitten die insolvenzstrafrechtlichen Besonderheiten dieser Delikte heraus. So erörtert er bspw. im Rahmen des § 266 StGB unter welchen Voraussetzungen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch den Geschäftsführer die damit einhergehende Pflichtverletzung entfallen lässt (Rn. 6 ff.) oder welche Untreuerisiken dem (vorläufigen) Sach-/Insolvenzverwalter bei seiner Arbeit drohen (Rn. 9 ff.). Die Kommentierung des § 266a StGB widmet schließlich der Frage einen ausführlichen Abschnitt, ab wann die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung dem Geschäftsleiter unmöglich ist (Rn. 16 ff.).

d) Die zahlreichen vorstehend erwähnten Punkte, die Borchardt in seiner Kommentierung des Insolvenzstrafrechts anspricht, belegen – trotz der gelegentlich geübten Kritik an einzelnen Positionen – die insolvenzstrafrechtliche Nützlichkeit dieses Werks. In Verbindung mit den von Borchardt gegebenen Hinweisen und den tabellarisch zusammengefassten Problemübersichten (vgl. etwa § 266a StGB Rn. 28) erweist sich das Werk für den auf insolvenzstrafrechtlichem Gebiet tätigen Praktiker als gut geeignet.

2. Jan Bockemühl (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, 6. Aufl. 2015, Carl Heymanns Verlag, 149,€, ISBN 978-3-452-28064-0.

Im sechsten Teil des von Jan Bockemühl herausgegebenen und mittlerweile in sechster Auflage vorliegenden Handbuchs des Fachanwalts Strafrecht bearbeiten Dietrich Quedenfeld und Hans Richter das mit „Wirtschaftsstrafverfahren“ überschriebene fünfte Kapitel. Darin enthalten sind unter Gliederungspunkt „C“ Ausführungen zum Insolvenzstrafrecht, die Gegenstand der nachfolgenden Rezension sein werden.

a) An den Beginn ihrer insolvenzstrafrechtlichen Erörterungen stellen Verf. den § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO. Ihnen zufolge ergreift das Verwendungsverbot des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO solche Auskünfte nicht, die der Schuldner gegenüber einem Gutachter oder aber bspw. im Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO macht (Rn. 98; aA etwa Brand/Kanzler, wistra 2014, 334, 337 ff.). Allerdings melden Verf. mit Blick auf den novellierten § 13 InsO und eine Praxis, die dem Schuldner umfangreiche Fragebögen bei der Antragsstellung anbietet, berechtigte Zweifel an der Freiwilligkeit der so gemachten Auskünfte an.

b) Ausführlich erörtern Verf. unter welchen Voraussetzungen der Schuldner zahlungsunfähig, drohend zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Dazu skizzieren Verf. zunächst kurz die Rechtslage wie sie zur Zeit der Konkursordnung galt, bevor sie sich der Interpretation der §§ 17 ff. InsO zuwenden. Zu Recht plädieren sie dafür, die Krisenmerkmale der §§ 283 ff. StGB insolvenzrechtsakzessorisch zu bestimmen, ihnen also im Wesentlichen die auf insolvenzrechtlichem Terrain gefundenen Auslegungsergebnisse zugrunde zu legen. Wenn sie allerdings den BGH als „Kronzeugen“ dieser insolvenzrechtsakzessorischen Lesart benennen (Rn. 111), überzeugt das nur bedingt, weil der BGH bislang nur zur Interpretation des Krisenmerkmals „Zahlungsunfähigkeit“ und zu § 15a Abs. 4, 5 InsO entschieden hat (s. exemplarisch BGH, NStZ 2007, 643; vgl. auch OLG Köln, NStZ-RR 2005, 378). Ungeachtet dessen erweisen sich die Ausführungen der Verf. zu den Krisenmerkmalen als eine wahre Fundgrube an Stellungnahmen zu sämtlichen Problemen, die in diesem Kontext aufkommen können. Selbst zu eher am Rande liegenden Fragen wie der Behandlung bestrittener Verbindlichkeiten im Zahlungsunfähigkeitsstatus (Rn. 107; s. dazu ausf. Ressmann, Die insolvenzstrafrechtlichen Krisenbegriffe und bestrittene Verbindlichkeiten, Diss. 2015) oder der Ermittlung des Liquidationswertes bei negativer Fortführungsprognose (Rn. 123) finden sich umfassende und äußerst hilfreiche Erörterungen.

c) Spannend sind des Weiteren die Ausführungen, die Verf. zum Thema „eigenkapitalersetzende Darlehen und Rangrücktritt“ machen. Zunächst skizzieren sie kurz die Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG und weisen zutreffend auf die damals drohende Untreuestrafbarkeit hin, falls der Geschäftsführer im Krisenstadium kapitalersetzende Darlehen zurückführte (Rn. 148; zu dieser damals h.M. s. nur Wauschkuhn, Das Merkmal „Gläubiger“ im objektiven Tatbestand des § 283c StGB, Diss. 1990, S. 111 ff.; Thilow, Die Gläubigerbegünstigung im System des Insolvenzrechts, Diss. 2001, S. 100 f.; Mohr, Bankrottdelikte und übertragende Sanierung, Diss. 1993, S. 55 f.). Eher zweifelhaft erscheint hingegen die These, Altfälle, die sich vor Inkrafttreten des MoMiG ereigneten, jedoch nach seinem Inkrafttreten zur Aburteilung anstehen, nach dem alten für den Täter ungünstigeren Recht zu behandeln (Rn. 149a). Das MoMiG hat bekanntlich mit § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG dem alten Eigenkapitalersatzrecht, wie es die Rspr. entwickelt hat, den Todesstoß versetzt. An die Stelle der Rechtsprechungs- und Novellenregeln (§§ 32a, b GmbHG) sind die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO getreten, die die Gesellschafterdarlehen unabhängig davon, ob sie inner- oder außerhalb einer Krisensituation gewährt wurden, einem insolvenzrechtlichen Nachrang (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) und ihre Rückzahlung bis zu einem Jahr vor Insolvenzverfahrenseröffnung der Insolvenzanfechtung unterwerfen (§ 135 InsO). Aus dieser geänderten Gesetzeslage folgern Verf., dass der Geschäftsführer, der Gesellschafterdarlehen zurückführt, nur noch dann gemäß § 266 StGB haftet, wenn er hierbei entweder gegen den – ebenfalls durch das MoMiG neu geschaffenen – § 64 Satz 3 GmbHG verstößt (Rn. 150a) oder aber den Darlehensrückzahlungsanspruch trotz sich abzeichnender Insolvenzreife befriedigt und damit einen absehbar wertlosen Anspruch erfüllt (Rn. 150c). Keinesfalls sei der Geschäftsführer gemäß § 283c StGB privilegiert, da er durch die Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen die Verteilungsmasse schmälere und nicht lediglich die Gleichmäßigkeit der Vermögensverteilung unter den Gläubigern beeinträchtige (Rn. 166; aA, eine Privilegierung gem. § 283c StGB befürwortend, die wohl h.M.; s. nur OLG Celle, BeckRS 2014, 14248 = NStZ-RR 2014, 278 (Ls.); LK-StGB/Tiedemann, aaO, § 283c Rn. 10; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, aaO, § 283c Rn. 12; AnwK-StGB/Püschel, 2. Aufl. 2015, § 283c Rn. 7; Graf/Jäger/Wittig/Reinhart, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283c StGB Rn. 3).

d) Hieran anschließend wenden sich Verf. den Insolvenzstraftaten im engeren Sinne zu und legen dabei den Fokus ihrer Ausführungen auf die besonders praxisrelevanten Buch- und Bilanzführungsverstöße (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7 StGB; vgl. Rn. 183 ff.). In diesem Zusammenhang stehen sie wie der BGH auf dem – anfechtbaren (s.o.) – Standpunkt, der Schuldner habe die ihm verbliebenen Mittel vorrangig einzusetzen, um die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abzuführen und seiner Buch- und Bilanzführungspflicht ordnungsgemäß nachzukommen (Rn. 194). Welche von beiden Pflichten freilich den Vorrang genießt, wenn die übrig gebliebenen Mittel nicht genügen, um beide Pflichten zu erfüllen, sagen Verf. nicht.

e) Trotz der gelegentlich vom Rezensenten geübten Kritik und obschon im Rahmen einer Rezension nur einzelne Aspekte besonders herausgegriffen werden können, haben Verf. eine beeindruckende Kommentierung des Insolvenzstrafrechts im engeren und weiteren Sinne vorgelegt, der eine umfassende Verbreitung zu wünschen und deren Lektüre durch jeden im Insolvenzstrafrecht Tätigen uneingeschränkt zu empfehlen ist!

3. Hans Achenbach/Andreas Ransiek/Thomas Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl. 2015, C. F. Müller Verlag, 159,€, ISBN 978-3-8114-6019-5.

Im „Achenbach/Ransiek“, dessen Herausgeberkreis seit der vierten Auflage um Thomas Rönnau erweitert worden ist, bearbeitet das Insolvenzstrafrecht wie bereits in den Vorauflagen Carsten Wegner. Obwohl Wegner schon in den Vorauflagen die Materie des Insolvenzstrafrechts kenntnisreich und äußerst solide kommentiert und sich an diesem positiven Gesamteindruck auch in der vierten Auflage nichts geändert hat, seien einige kritische Punkte besonders hervorgehoben:

a) Gleich zu Beginn seiner Kommentierung wendet sich Verf. den Problemen zu, die aufkommen, sofern eine juristische Person oder eine Personengesellschaft die Gemeinschuldnerposition bekleiden. Da diese Entitäten des Wirtschaftslebens strafrechtlich (noch) nicht haften, den für sie handelnden Organwaltern jedoch die Tätertauglichkeit ermangelt, hat der Gesetzgeber den § 14 StGB geschaffen, um bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen die Gemeinschuldnereigenschaft des Personenverbands auf dessen handelnde Organwalter zu „überwälzen“. Dreh- und Angelpunkt dieser gesetzlich angeordneten Zurechnungsoperation ist die Interpretation der von § 14 StGB verwendeten Partikel „als“ Organ etc. Die sich hierum rankenden Streitfragen streift Verf. nur sehr kurz (Rn. 15) und benennt leider auch nicht den zwischenzeitlich erreichten Stand der Rechtsprechung, der zufolge „als Organ“ etc. handelt, wer entweder den Schuldner rechtsgeschäftlich wirksam verpflichtet oder aber mit dem Einverständnis des Schuldners die als Bankrott zu qualifizierende Schädigungshandlung vornimmt (BGHSt 57, 229, 237 f. = NJW 2012, 2366, 2368 f. m. Anm. C.Brand und Wessing, EWiR 2012, 609 = ZWH 2012, 357 ff. m. Anm. Kudlich). Freilich hat der BGH bislang noch offen gelassen, welchen Anforderungen dieses Schuldnereinverständnis genügen muss.

b) Ausführlich und höchst instruktiv (beachte etwa die detailreiche Erörterung der einzelnen Bilanzpositionen eines Überschuldungsstatus unter Rn. 28 ff.) behandelt Verf. sodann die Krisenmerkmale der §§ 283 ff. StGB und legt ihrer Interpretation eine akzessorische Betrachtungsweise zugrunde (Rn. 17). Wenn dies freilich geschieht, weil der BGH diese Betrachtungsweise ausdrücklich anerkannt habe, so verwundert diese Resignation vor der Macht des Faktischen gerade aus Verteidigermund ein wenig (vgl. aber auch Rn. 65 f.), hat doch der BGH sein akzessorisches Verständnis der Krisenmerkmale ausdrücklich bislang nur bei dem Merkmal der Zahlungsunfähigkeit und im Rahmen der strafbaren Insolvenzverschleppung praktiziert. Allerdings – und deshalb dürfte Verf. Recht behalten – steht nicht zu erwarten, dass der BGH bei den §§ 283 ff. StGB anders entscheiden wird.

c) Im Anschluss hieran widmet sich Verf. den einzelnen Bankrotthandlungen (Rn. 107 ff.) und legt dabei – der praktischen Relevanz entsprechend – einen Schwerpunkt auf die Buchführungs- und Bilanzmodalitäten (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7 StGB; vgl. Rn. 145 ff., 161 ff.). Etwas zu knapp gerät nach Einschätzung des Rezensenten der Abschnitt, der der Frage nachgeht, wann sich der Schuldner darauf berufen kann, ihm sei die Erfüllung seiner Buch- bzw. Bilanzführungspflichten unmöglich gewesen (Rn. 155). Hier hätte man sich eine Stellungnahme des Verf. zu der These, der Schuldner habe seine noch vorhandenen Mittel vorrangig für die Erfüllung seiner Buchführungs-/Bilanzierungspflichten einzusetzen, gewünscht. Ebenfalls etwas knapp fallen die Ausführungen zu § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB aus (vgl. Rn. 177 ff.). Wie der Verf. zu dem von der Rspr. erwogenen Unternehmen steht, dem immer noch grassierenden „Firmenbestattungsunwesen“ mithilfe des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB einen Riegel vorzuschieben (dazu s. BGH, NJW 2013, 1892 m. Anm. Köllner, NZI 2013, 368, Bittmann, ZWH 2013, 320 und Brand, NZG 2013, 400; BGH, NStZ 2009, 635 = wistra 2009, 273 m. Anm. Hagemeier, StV 2010, 26), bleibt leider unklar. Bedauerlicherweise unterlässt Verf. auch eine Stellungnahme zu der Frage, wie die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen in der Gesellschaftskrise künftig unter insolvenzstrafrechtlichen Vorzeichen behandelt werden soll. Verf. beschränkt sich vielmehr darauf, die Entscheidung des OLG Celle (ZInsO 2014, 1668) zu referieren, dem zufolge solches Verhalten mit Inkrafttreten des MoMiG nur noch den Tatbestand der Gläubigerbegünstigung erfüllt (vgl. Rn. 222).

d) Im zweiten Kapitel des siebten Teils des „Achenbach/Ransiek/Rönnau“ widmet sich Verf. unter den Rn. 24 ff. dem Tatbestand der Insolvenzverschleppung. Dabei ist Verf. bei der Umschreibung des Täterkreises entgangen, dass der Gesetzgeber die von ihm gewünschte Klarstellung (vgl. Rn. 25) mittlerweile als § 15a Abs. 6 InsO geschaffen und darin ausgesprochen hat, dass Vereinsvorstände nicht dem Gebot des § 15a Abs. 1 InsO und somit auch nicht der Strafandrohung des § 15a Abs. 4, 5 InsO unterfallen. Im Ergebnis überzeugend und entgegen einer kürzlich ergangenen Entscheidung des BGH (Beschl. v. 18.12.2014 – 4 StR 323/14 und 4 StR 324/14) plädiert Verf. sodann für die Ansicht, die den faktischen Geschäftsleiter, der nicht einmal einen unwirksamen Bestellungsakt vorweisen kann, von der Täterliste des § 15a Abs. 4, 5 InsO streicht (Rn. 32). Nur knappe Ausführungen räumt Verf. der Frage ein, was unter einem „nicht richtigen“ Antrag zu verstehen ist (Rn. 45 f.). Angesichts der darüber im jüngeren Schrifttum entbrannten Debatte und der Vermutung, dass diese Tatvariante künftig auch die Praxis stärker beschäftigen wird, hätte sich der Rezensent an dieser Stelle vertieftere Überlegungen gewünscht.

e) Trotz der vom Rezensenten vereinzelt geübten Kritik, kann als Fazit festgehalten werden: Der „Achenbach/Ransiek/Rönnau“ ist nach wie vor ein wichtiges und hilfreiches Standardwerk für den im Insolvenzstrafrecht Tätigen!

I. Aufsatzliteratur

Karsten Schmidt: Dogmatik und Praxis des Rangrücktritts, ZIP 19/2015, S. 901-911.

Vor kurzem hat der IX. Zivilsenat des BGH entschieden, dass einen qualifizierten Rangrücktritt erklären muss, wer eine bestimmte Verbindlichkeit im Überschuldungsstatus nicht passivieren will. Charakteristikum dieses qualifizierten Rangrücktritts ist eine Vereinbarung zwischen Schuldner und (Gesellschafter-)Gläubiger, der zufolge auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens der (Gesellschafter-)Gläubiger Befriedigung seiner Forderung nur aus dem Aktivvermögen des Schuldners verlangen kann, das dessen sonstige Verbindlichkeiten übersteigt (BGH, GmbHR 2015, 472, 473 ff.). Diese Abrede qualifiziert der IX. Zivilsenat als einen Vertrag zugunsten der übrigen Gläubiger und damit als einen dinglich wirkenden Schuldänderungsvertrag (BGH, GmbHR 2015, 472, 476), den Schuldner und (Gesellschafter-)Gläubiger einseitig nicht verändern oder gar aufheben können (BGH, GmbHR 2015, 472, 477). Damit kreiert der IX. Zivilsenat ein vertraglich vereinbartes Zahlungsverbot. Befriedigt der Schuldner die mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehene Forderung, obschon sein Aktivvermögen nicht sämtliche anderen Verbindlichkeiten deckt, erfolgt die Zahlung nach Ansicht des IX. Zivilsenats rechtsgrundlos und kann – etwa vom Insolvenzverwalter – nach Bereicherungsrecht (vgl. §§ 812 ff. BGB) kondiziert werden (BGH, GmbHR 2015, 472, 475 f.). Unabhängig davon, ob man dieser hier nur kurz skizzierten Entscheidung zustimmt oder aber wie der Verf. der Konstruktion eines Vertrags zugunsten Dritter skeptisch gegenübersteht und stattdessen den „überschuldungsrelevanten Rangrücktritt“ als pactum de non petendo einstuft (ZIP 2015, 901, 910), hat Verf. auf eine interessante mögliche strafrechtliche Konsequenz der Entscheidung aufmerksam gemacht: Weil das vom IX. Zivilsenat geschaffene Zahlungsverbot eine große Nähe zu § 30 GmbHG aufweist (ZIP 2015, 901, 905), wirft Verf. die Frage auf, ob ein Geschäftsführer, der eine subordinierte Verbindlichkeit vorzeitig zurückführt, gem. § 266 StGB haftet (ZIP 2015, 901, 906). Angesichts der praktischen Bedeutung und weiten Verbreitung von qualifizierten Rangrücktritten, ist die Strafrechtswissenschaft dazu aufgerufen, hierauf schnellstmöglich eine Antwort zu geben.

II. Kommentare/Handbücher

1. Andreas Schmidt (Hrsg.), Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, Carl Heymanns Verlag, 179,€, ISBN 978-3-452-28062-6.

Ein Markenzeichen des von Andreas Schmidt herausgegebenen und mittlerweile in der fünften Auflage vorliegenden Hamburger Kommentars zum Insolvenzrecht, das ihn von anderen insolvenzrechtlichen Kommentaren unterscheidet und für Insolvenzstrafrechtler besonders geeignet macht, sind die insolvenzstrafrechtlichen Ausführungen von Peter-Alexander Borchardt. Auf den letzten knapp 70 Seiten des insolvenzrechtlichen Kommentars kommentiert Borchardt neben § 15a Abs. 4, 5 InsO die §§ 283 ff., 263, 266 und 266a StGB. Diese insolvenzstrafrechtliche Kommentierung steht mit Blick auf den Zweck dieser Übersicht – i.e. neu erschienene insolvenzstrafrechtliche Literatur vorzustellen – deshalb im Zentrum der nachfolgenden Rezension.

a)Borchardt beginnt den mit Insolvenzstrafrecht überschriebenen Abschnitt mit der Kommentierung der insolvenzstrafrechtlichen Zentralvorschriften, den §§ 283 ff. StGB. Hierbei widmet er der für den Praktiker wichtigen Frage nach der richtigen Interpretation der Krisenmerkmale breiten Raum (Rn. 5 ff.), wohingegen er bspw. die Frage, welches Rechtsgut die §§ 283 ff. StGB schützen, nur kurz streift (vgl. Rn. 1). Dass Borchardt nicht erörtert, ob der durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz v. 17.10.2008 (BGBl. I 2008, S. 1982) eingeführte modifiziert zweistufige Überschuldungsbegriff auch Altfällen zugrunde zu legen ist – richtigerweise zwingt § 2 Abs. 3 StGB den Rechtsanwender dazu, den § 19 InsO in seiner aktuell geltenden Fassung anzuwenden (s. nur BGH, wistra 2010, 219, 220; Schmitz, wistra 2009, 369 ff.; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, StGB, 29. Aufl. 2014, § 283 Rn. 51) –, erscheint verschmerzbar, da solche Altfälle mit zunehmendem Zeitablauf seltener werden und der Überschuldungstatbestand – wie verschiedene Untersuchungen gezeigt haben (vgl. jüngst Bitter/Hommerich/Reiß ZIP 2012, 1201 ff.) – in praxi ohnehin keine nennenswerte Rolle spielt (zu diesem Befund exemplarisch Braun/Bußhardt, InsO, 6. Aufl. 2014, § 19 Rn. 2, 33). Im Anschluss an die Ausführungen zu den Krisenmerkmalen behandelt Borchardt die einzelnen von § 283 Abs. 1 StGB genannten Tatmodalitäten (Rn. 9 ff.). Dabei untersucht er unter anderem, was man unter einem den Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens (grob) widersprechendem Verhalten zu verstehen hat (Rn. 12). Leider beschränkt er sich darauf, die Ansicht wiederzugeben, die dieses Merkmal mithilfe der handelsrechtlichen Vorgaben an ein ordentliches kaufmännisches Gebaren bestimmt (grdl. dazu LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl. 2009, Vor § 283 Rn. 111 f.), ohne die Kritik, die Teile des Schrifttums hieran üben (ausf. Kritik bei Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften und Erlaubtes Risiko, Diss. 1994, S. 84 ff.; ihm im Erg. zust. Habetha, Bankrott und strafrechtliche Organhaftung, Diss. 2014, S. 185 f.), zu erwähnen. Das ist umso bedauerlicher, als die höchstrichterliche Rspr. bislang noch nicht abschließend entschieden hat, anhand welchen Maßstabs sie das ordnungsgemäßem Wirtschaften widersprechende Verhalten konturieren will, sich hier also einige Chancen für die Strafverteidigung eröffnen. Unter den Rn. 22 ff. finden sich konzise und weiterführende Ausführungen zu den Nrn. 5-7 des § 283 Abs. 1 StGB, die den Strafverfolgungsalltag auf bankrottstrafrechtlichem Terrain bekanntlich beherrschen (zu diesem Befund s. exemplarisch Park/Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl. 2013, Teil 3, Kap. 5 Rn. 1, 9). Insbesondere dem schwierigen Problem, ab wann der Täter rechtlich oder faktisch nicht in der Lage ist, seiner Buch- bzw. Bilanzführungspflicht nachzukommen, widmet Borchardt einen eigenen Abschnitt (vgl. Rn. 29), worin er die Rspr. benennt, der zufolge der Schuldner noch vorhandene Mittel vorrangig dazu verwenden muss, um seiner Buch-/Bilanzführungspflicht sachgerecht nachzukommen (s. BGH, NJW 2011, 3733, 3734 m. zust. Anm. Floeth, EWiR 2012, 221, 222 und Weyand, ZInsO 2011, 2228, 2229 sowie BGH, NStZ 2012, 511). Ob ihn diese Rspr. überzeugt oder ob nicht die Gegner dieser Rechtsprechungslinie (s. etwa Park/Sorgenfrei, aaO, Teil 3, Kap. 5 Rn. 52; Renzikowski, in: Festschr. f. Weber, 2004, S. 333, 345 f.; äußerst skept. gegenüber einem Vorrang der Buch-/Bilanzführungspflichten gegenüber anderen [Zahlungs-]Pflichten ferner Holzapfel, in: Festschr. f. Wahle, 2008, S. 16, 25 ff.) den Vorzug verdienen, sagt er jedoch nicht. Ausführlich erörtert Borchardt im Rahmen seiner Kommentierung des § 283 StGB des Weiteren die Probleme, die aufkommen, sobald eine juristische Person oder eine Personengesellschaft die Position des Gemeinschuldners bekleiden (Rn. 42 f., 49 ff.). Dabei streift er auch den Themenkomplex, der mit „EU-Auslandsgesellschaften und Bankrottstrafrecht“ überschrieben ist und schließt sich für die Buchführungsdelikte (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7 StGB) der Ansicht an, die den Geschäftsleiter einer EU-Auslandsgesellschaft gemäß diesen Vorschriften nur dann bestrafen will, wenn er weder nach dem Recht des Gründungs- noch nach dem Recht des Sitzstaates ordnungsgemäß buchgeführt bzw. bilanziert hat (vgl. Rn. 53b; dafür auch Radtke/Hoffmann, EuZW 2009, 404, 407; zust. Schönke/Schröder/Heine/Schuster, aaO, Vorbem. §§ 283 ff. Rn. 1c und § 283 Rn. 29). Den Abschluss der Kommentierung des § 283 StGB bilden instruktive Überlegungen zur bankrottstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters und des (vorläufigen) Sachwalters (Rn. 54 ff.). Hervorgehoben zu werden verdient schließlich die Ansicht, wonach sich der Geschäftsführer, der einem Gesellschafter während der Gesellschaftskrise ein Darlehen zurückbezahlt, das dieser der Gesellschaft gewährt hatte, wegen des von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordneten Nachrangs nicht nur gemäß § 283c StGB, sondern gemäß § 283 StGB strafbar macht (vgl. § 283c Rn. 3; so auch NK-StGB/Kindhäuser, 4. Aufl. 2013, § 283c Rn. 3; Matt/Renzikowski/Altenhain, StGB, 2013, § 283c Rn. 5).

b) Im Rahmen seiner Kommentierung des § 15a Abs. 4, 5 InsO widmet sich Borchardt unter anderem der momentan streitig diskutierten Frage, was man unter einem „nicht richtigen“ Insolvenzantrag zu verstehen hat (Rn. 7). Eingangs seiner Überlegungen statuiert er die These, wonach „nicht richtig“ nur solche Anträge sein können, die den Anforderungen an einen zulässigen Antrag nicht genügen. Ob eine solche Lesart des Merkmals „nicht richtig“ dieser Tatvariante allerdings noch einen eigenen Anwendungsbereich belässt – der unzulässige Antrag ist eben kein Antrag und kann somit auch der Variante „nicht“ subsumiert werden – bezweifelt Borchardt freilich mit Recht. Überzeugend plädiert Borchardt im Weitern für eine insolvenzrechtliche Qualifikation der strafbewehrten Insolvenzantragspflicht und ermöglicht somit, auch die Vertretungsorgane von EU-Auslandsgesellschaften gemäß § 15a Abs. 4, 5 InsO strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen (Rn. 22, 43). Umfangreiche Ausführungen widmet Borchardt schließlich den sonstigen tauglichen Tätern des § 15a Abs. 4, 5 InsO (Rn. 23 ff.) und schließt sich dabei der zutreffenden Ansicht an, der zufolge der Geschäftsführer eines Vor-Verbands kein tauglicher Täter der Insolvenzverschleppung sein kann (Rn. 42).

c) Den Abschluss des insolvenzstrafrechtlichen Kapitels bilden Ausführungen zu den §§ 263, 266, 266a StGB. Dabei geht es Borchardt nicht darum, diese Vorschriften umfassend zu kommentieren. Vielmehr arbeitet er in den jeweiligen Abschnitten die insolvenzstrafrechtlichen Besonderheiten dieser Delikte heraus. So erörtert er bspw. im Rahmen des § 266 StGB unter welchen Voraussetzungen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch den Geschäftsführer die damit einhergehende Pflichtverletzung entfallen lässt (Rn. 6 ff.) oder welche Untreuerisiken dem (vorläufigen) Sach-/Insolvenzverwalter bei seiner Arbeit drohen (Rn. 9 ff.). Die Kommentierung des § 266a StGB widmet schließlich der Frage einen ausführlichen Abschnitt, ab wann die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung dem Geschäftsleiter unmöglich ist (Rn. 16 ff.).

d) Die zahlreichen vorstehend erwähnten Punkte, die Borchardt in seiner Kommentierung des Insolvenzstrafrechts anspricht, belegen – trotz der gelegentlich geübten Kritik an einzelnen Positionen – die insolvenzstrafrechtliche Nützlichkeit dieses Werks. In Verbindung mit den von Borchardt gegebenen Hinweisen und den tabellarisch zusammengefassten Problemübersichten (vgl. etwa § 266a StGB Rn. 28) erweist sich das Werk für den auf insolvenzstrafrechtlichem Gebiet tätigen Praktiker als gut geeignet.

2. Jan Bockemühl (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, 6. Aufl. 2015, Carl Heymanns Verlag, 149,€, ISBN 978-3-452-28064-0.

Im sechsten Teil des von Jan Bockemühl herausgegebenen und mittlerweile in sechster Auflage vorliegenden Handbuchs des Fachanwalts Strafrecht bearbeiten Dietrich Quedenfeld und Hans Richter das mit „Wirtschaftsstrafverfahren“ überschriebene fünfte Kapitel. Darin enthalten sind unter Gliederungspunkt „C“ Ausführungen zum Insolvenzstrafrecht, die Gegenstand der nachfolgenden Rezension sein werden.

a) An den Beginn ihrer insolvenzstrafrechtlichen Erörterungen stellen Verf. den § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO. Ihnen zufolge ergreift das Verwendungsverbot des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO solche Auskünfte nicht, die der Schuldner gegenüber einem Gutachter oder aber bspw. im Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO macht (Rn. 98; aA etwa Brand/Kanzler, wistra 2014, 334, 337 ff.). Allerdings melden Verf. mit Blick auf den novellierten § 13 InsO und eine Praxis, die dem Schuldner umfangreiche Fragebögen bei der Antragsstellung anbietet, berechtigte Zweifel an der Freiwilligkeit der so gemachten Auskünfte an.

b) Ausführlich erörtern Verf. unter welchen Voraussetzungen der Schuldner zahlungsunfähig, drohend zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Dazu skizzieren Verf. zunächst kurz die Rechtslage wie sie zur Zeit der Konkursordnung galt, bevor sie sich der Interpretation der §§ 17 ff. InsO zuwenden. Zu Recht plädieren sie dafür, die Krisenmerkmale der §§ 283 ff. StGB insolvenzrechtsakzessorisch zu bestimmen, ihnen also im Wesentlichen die auf insolvenzrechtlichem Terrain gefundenen Auslegungsergebnisse zugrunde zu legen. Wenn sie allerdings den BGH als „Kronzeugen“ dieser insolvenzrechtsakzessorischen Lesart benennen (Rn. 111), überzeugt das nur bedingt, weil der BGH bislang nur zur Interpretation des Krisenmerkmals „Zahlungsunfähigkeit“ und zu § 15a Abs. 4, 5 InsO entschieden hat (s. exemplarisch BGH, NStZ 2007, 643; vgl. auch OLG Köln, NStZ-RR 2005, 378). Ungeachtet dessen erweisen sich die Ausführungen der Verf. zu den Krisenmerkmalen als eine wahre Fundgrube an Stellungnahmen zu sämtlichen Problemen, die in diesem Kontext aufkommen können. Selbst zu eher am Rande liegenden Fragen wie der Behandlung bestrittener Verbindlichkeiten im Zahlungsunfähigkeitsstatus (Rn. 107; s. dazu ausf. Ressmann, Die insolvenzstrafrechtlichen Krisenbegriffe und bestrittene Verbindlichkeiten, Diss. 2015) oder der Ermittlung des Liquidationswertes bei negativer Fortführungsprognose (Rn. 123) finden sich umfassende und äußerst hilfreiche Erörterungen.

c) Spannend sind des Weiteren die Ausführungen, die Verf. zum Thema „eigenkapitalersetzende Darlehen und Rangrücktritt“ machen. Zunächst skizzieren sie kurz die Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG und weisen zutreffend auf die damals drohende Untreuestrafbarkeit hin, falls der Geschäftsführer im Krisenstadium kapitalersetzende Darlehen zurückführte (Rn. 148; zu dieser damals h.M. s. nur Wauschkuhn, Das Merkmal „Gläubiger“ im objektiven Tatbestand des § 283c StGB, Diss. 1990, S. 111 ff.; Thilow, Die Gläubigerbegünstigung im System des Insolvenzrechts, Diss. 2001, S. 100 f.; Mohr, Bankrottdelikte und übertragende Sanierung, Diss. 1993, S. 55 f.). Eher zweifelhaft erscheint hingegen die These, Altfälle, die sich vor Inkrafttreten des MoMiG ereigneten, jedoch nach seinem Inkrafttreten zur Aburteilung anstehen, nach dem alten für den Täter ungünstigeren Recht zu behandeln (Rn. 149a). Das MoMiG hat bekanntlich mit § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG dem alten Eigenkapitalersatzrecht, wie es die Rspr. entwickelt hat, den Todesstoß versetzt. An die Stelle der Rechtsprechungs- und Novellenregeln (§§ 32a, b GmbHG) sind die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO getreten, die die Gesellschafterdarlehen unabhängig davon, ob sie inner- oder außerhalb einer Krisensituation gewährt wurden, einem insolvenzrechtlichen Nachrang (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) und ihre Rückzahlung bis zu einem Jahr vor Insolvenzverfahrenseröffnung der Insolvenzanfechtung unterwerfen (§ 135 InsO). Aus dieser geänderten Gesetzeslage folgern Verf., dass der Geschäftsführer, der Gesellschafterdarlehen zurückführt, nur noch dann gemäß § 266 StGB haftet, wenn er hierbei entweder gegen den – ebenfalls durch das MoMiG neu geschaffenen – § 64 Satz 3 GmbHG verstößt (Rn. 150a) oder aber den Darlehensrückzahlungsanspruch trotz sich abzeichnender Insolvenzreife befriedigt und damit einen absehbar wertlosen Anspruch erfüllt (Rn. 150c). Keinesfalls sei der Geschäftsführer gemäß § 283c StGB privilegiert, da er durch die Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen die Verteilungsmasse schmälere und nicht lediglich die Gleichmäßigkeit der Vermögensverteilung unter den Gläubigern beeinträchtige (Rn. 166; aA, eine Privilegierung gem. § 283c StGB befürwortend, die wohl h.M.; s. nur OLG Celle, BeckRS 2014, 14248 = NStZ-RR 2014, 278 (Ls.); LK-StGB/Tiedemann, aaO, § 283c Rn. 10; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, aaO, § 283c Rn. 12; AnwK-StGB/Püschel, 2. Aufl. 2015, § 283c Rn. 7; Graf/Jäger/Wittig/Reinhart, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283c StGB Rn. 3).

d) Hieran anschließend wenden sich Verf. den Insolvenzstraftaten im engeren Sinne zu und legen dabei den Fokus ihrer Ausführungen auf die besonders praxisrelevanten Buch- und Bilanzführungsverstöße (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7 StGB; vgl. Rn. 183 ff.). In diesem Zusammenhang stehen sie wie der BGH auf dem – anfechtbaren (s.o.) – Standpunkt, der Schuldner habe die ihm verbliebenen Mittel vorrangig einzusetzen, um die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abzuführen und seiner Buch- und Bilanzführungspflicht ordnungsgemäß nachzukommen (Rn. 194). Welche von beiden Pflichten freilich den Vorrang genießt, wenn die übrig gebliebenen Mittel nicht genügen, um beide Pflichten zu erfüllen, sagen Verf. nicht.

e) Trotz der gelegentlich vom Rezensenten geübten Kritik und obschon im Rahmen einer Rezension nur einzelne Aspekte besonders herausgegriffen werden können, haben Verf. eine beeindruckende Kommentierung des Insolvenzstrafrechts im engeren und weiteren Sinne vorgelegt, der eine umfassende Verbreitung zu wünschen und deren Lektüre durch jeden im Insolvenzstrafrecht Tätigen uneingeschränkt zu empfehlen ist!

3. Hans Achenbach/Andreas Ransiek/Thomas Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl. 2015, C. F. Müller Verlag, 159,€, ISBN 978-3-8114-6019-5.

Im „Achenbach/Ransiek“, dessen Herausgeberkreis seit der vierten Auflage um Thomas Rönnau erweitert worden ist, bearbeitet das Insolvenzstrafrecht wie bereits in den Vorauflagen Carsten Wegner. Obwohl Wegner schon in den Vorauflagen die Materie des Insolvenzstrafrechts kenntnisreich und äußerst solide kommentiert und sich an diesem positiven Gesamteindruck auch in der vierten Auflage nichts geändert hat, seien einige kritische Punkte besonders hervorgehoben:

a) Gleich zu Beginn seiner Kommentierung wendet sich Verf. den Problemen zu, die aufkommen, sofern eine juristische Person oder eine Personengesellschaft die Gemeinschuldnerposition bekleiden. Da diese Entitäten des Wirtschaftslebens strafrechtlich (noch) nicht haften, den für sie handelnden Organwaltern jedoch die Tätertauglichkeit ermangelt, hat der Gesetzgeber den § 14 StGB geschaffen, um bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen die Gemeinschuldnereigenschaft des Personenverbands auf dessen handelnde Organwalter zu „überwälzen“. Dreh- und Angelpunkt dieser gesetzlich angeordneten Zurechnungsoperation ist die Interpretation der von § 14 StGB verwendeten Partikel „als“ Organ etc. Die sich hierum rankenden Streitfragen streift Verf. nur sehr kurz (Rn. 15) und benennt leider auch nicht den zwischenzeitlich erreichten Stand der Rechtsprechung, der zufolge „als Organ“ etc. handelt, wer entweder den Schuldner rechtsgeschäftlich wirksam verpflichtet oder aber mit dem Einverständnis des Schuldners die als Bankrott zu qualifizierende Schädigungshandlung vornimmt (BGHSt 57, 229, 237 f. = NJW 2012, 2366, 2368 f. m. Anm. C.Brand und Wessing, EWiR 2012, 609 = ZWH 2012, 357 ff. m. Anm. Kudlich). Freilich hat der BGH bislang noch offen gelassen, welchen Anforderungen dieses Schuldnereinverständnis genügen muss.

b) Ausführlich und höchst instruktiv (beachte etwa die detailreiche Erörterung der einzelnen Bilanzpositionen eines Überschuldungsstatus unter Rn. 28 ff.) behandelt Verf. sodann die Krisenmerkmale der §§ 283 ff. StGB und legt ihrer Interpretation eine akzessorische Betrachtungsweise zugrunde (Rn. 17). Wenn dies freilich geschieht, weil der BGH diese Betrachtungsweise ausdrücklich anerkannt habe, so verwundert diese Resignation vor der Macht des Faktischen gerade aus Verteidigermund ein wenig (vgl. aber auch Rn. 65 f.), hat doch der BGH sein akzessorisches Verständnis der Krisenmerkmale ausdrücklich bislang nur bei dem Merkmal der Zahlungsunfähigkeit und im Rahmen der strafbaren Insolvenzverschleppung praktiziert. Allerdings – und deshalb dürfte Verf. Recht behalten – steht nicht zu erwarten, dass der BGH bei den §§ 283 ff. StGB anders entscheiden wird.

c) Im Anschluss hieran widmet sich Verf. den einzelnen Bankrotthandlungen (Rn. 107 ff.) und legt dabei – der praktischen Relevanz entsprechend – einen Schwerpunkt auf die Buchführungs- und Bilanzmodalitäten (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7 StGB; vgl. Rn. 145 ff., 161 ff.). Etwas zu knapp gerät nach Einschätzung des Rezensenten der Abschnitt, der der Frage nachgeht, wann sich der Schuldner darauf berufen kann, ihm sei die Erfüllung seiner Buch- bzw. Bilanzführungspflichten unmöglich gewesen (Rn. 155). Hier hätte man sich eine Stellungnahme des Verf. zu der These, der Schuldner habe seine noch vorhandenen Mittel vorrangig für die Erfüllung seiner Buchführungs-/Bilanzierungspflichten einzusetzen, gewünscht. Ebenfalls etwas knapp fallen die Ausführungen zu § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB aus (vgl. Rn. 177 ff.). Wie der Verf. zu dem von der Rspr. erwogenen Unternehmen steht, dem immer noch grassierenden „Firmenbestattungsunwesen“ mithilfe des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB einen Riegel vorzuschieben (dazu s. BGH, NJW 2013, 1892 m. Anm. Köllner, NZI 2013, 368, Bittmann, ZWH 2013, 320 und Brand, NZG 2013, 400; BGH, NStZ 2009, 635 = wistra 2009, 273 m. Anm. Hagemeier, StV 2010, 26), bleibt leider unklar. Bedauerlicherweise unterlässt Verf. auch eine Stellungnahme zu der Frage, wie die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen in der Gesellschaftskrise künftig unter insolvenzstrafrechtlichen Vorzeichen behandelt werden soll. Verf. beschränkt sich vielmehr darauf, die Entscheidung des OLG Celle (ZInsO 2014, 1668) zu referieren, dem zufolge solches Verhalten mit Inkrafttreten des MoMiG nur noch den Tatbestand der Gläubigerbegünstigung erfüllt (vgl. Rn. 222).

d) Im zweiten Kapitel des siebten Teils des „Achenbach/Ransiek/Rönnau“ widmet sich Verf. unter den Rn. 24 ff. dem Tatbestand der Insolvenzverschleppung. Dabei ist Verf. bei der Umschreibung des Täterkreises entgangen, dass der Gesetzgeber die von ihm gewünschte Klarstellung (vgl. Rn. 25) mittlerweile als § 15a Abs. 6 InsO geschaffen und darin ausgesprochen hat, dass Vereinsvorstände nicht dem Gebot des § 15a Abs. 1 InsO und somit auch nicht der Strafandrohung des § 15a Abs. 4, 5 InsO unterfallen. Im Ergebnis überzeugend und entgegen einer kürzlich ergangenen Entscheidung des BGH (Beschl. v. 18.12.2014 – 4 StR 323/14 und 4 StR 324/14) plädiert Verf. sodann für die Ansicht, die den faktischen Geschäftsleiter, der nicht einmal einen unwirksamen Bestellungsakt vorweisen kann, von der Täterliste des § 15a Abs. 4, 5 InsO streicht (Rn. 32). Nur knappe Ausführungen räumt Verf. der Frage ein, was unter einem „nicht richtigen“ Antrag zu verstehen ist (Rn. 45 f.). Angesichts der darüber im jüngeren Schrifttum entbrannten Debatte und der Vermutung, dass diese Tatvariante künftig auch die Praxis stärker beschäftigen wird, hätte sich der Rezensent an dieser Stelle vertieftere Überlegungen gewünscht.

e) Trotz der vom Rezensenten vereinzelt geübten Kritik, kann als Fazit festgehalten werden: Der „Achenbach/Ransiek/Rönnau“ ist nach wie vor ein wichtiges und hilfreiches Standardwerk für den im Insolvenzstrafrecht Tätigen!

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Christian Brand
    Akademischer Rat Dr. Christian Brand ist Habilitand am Lehrstuhl für Strafrecht und Nebengebiete bei Professor Dr. Rudolf Rengier. Schwerpunktmäßig forscht er unter anderem zum Insolvenzstrafrecht.

WiJ

  • Dr. Simon Ulc , Marc Neuhaus

    Übernahme von Kosten für Verteidiger und Zeugenbeistände – eine Praxisübersicht

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Ricarda Schelzke

    BGH, Urteil vom 6. März 2024 – 1 StR 308/23

    Individual- und Unternehmenssanktionen

  • Dr. Marius Haak , Joshua Pawel LL.M.

    Umweltkriminalität im Visier der EU – Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom Rat beschlossen

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung