Bijan Moini: Staatliche Warnungen vor entlassenen Straftätern. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer umstrittenen Präventivmaßnahme
Schriften zum öffentlichen Recht
Band 1247, Duncker &Humblot, Berlin 2013, 253 Seiten, 69,90 €
Moini setzt sich in seiner von Prof. Hans-Jürgen Papier betreuten Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Problem der staatlichen Warnung vor Straftätern auseinander, die ihre Strafe vollständig verbüßt haben und nun in die Freiheit entlassen werden.
Untersucht wird die verfassungsrechtliche Zulässigkeit staatlicher Warnungen. Dabei wird auch die US-amerikanische Rechtsordnung zum Vergleich dargestellt, die durch unterschiedliche Meinungen im US-Supreme Court gekennzeichnet ist. Insbesondere in Folge der Entscheidungen des EGMR NJW 2010, 2495 ff. und des BVerfG NJW 2011, 1931 ff. zur Sicherungsverwahrung waren einige über lange Zeit inhaftierte Personen kurzfristig und ohne entsprechende Vorbereitung aus der Unterbringung entlassen worden. Durch Behörden und Politiker war vor den Entlassenen gewarnt worden. Diverse Journalisten lauerten ihnen dann vor den Wohnungen auf. Teilweise kam es zu regelmäßigen Protesten und Demonstrationen der Bewohner in der Nachbarschaft. Die Entlassenen wurden so faktisch von einer Bleibe zur nächsten gejagt. In diesem Zusammenhang ist der Hintergrund der Untersuchung von Moini zu sehen.
Zunächst werden die allgemeinen Formen staatlicher Informationstätigkeit dargestellt, die zum Beispiel im Rahmen von Kampagnen betreffend Drogen oder AIDS/HIV erfolgen. Einen Schritt über eine solche ( allgemeine ) Aufklärung hinaus geht dann die staatliche Empfehlung. Mit der staatlichen Warnung wiederum erhöht sich die Intensität einer Empfehlung, die aufgrund ihres nun vorliegenden konkreten Bezugs zu einem Rechtssubjekt auch rechtlichen Anforderungen entsprechen muss. Dabei standen lange Zeit Warnungen vor Gefahren durch Verbraucherprodukte, insbesondere im Bereich der Lebensmittel, im Vordergrund der Betrachtungen. Dazu gibt es zahlreiche Entscheidungen (z. B. OLG Stuttgart NJW 1990, 2690 ff. – Birkel -). Eine andere Fallgruppe sind staatliche Warnungen vor Glaubensgemeinschaften, wobei regelmäßig die in Art. 4 Abs. 1 GG garantierte Glaubensfreiheit betroffen ist (BVerfG NJW 1989, 3269 ff. – Transzendentale Mediation -; BVerfG NVwZ-RR 2002, 801 ff. – Osho -).
Systematisch und zutreffend sucht Moini nach einer einfach gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für derartige staatliche Eingriffe. Dabei geht er vom Vorliegen des Gesetzesvorbehalts aus. Er stellt den vom BVerfG geprägten Begriff der „Grundrechtsbeeinträchtigung“ dar, der sich vom klassischen Eingriff dadurch unterscheide, dass er sich nur faktisch-mittelbar statt regelnd und unmittelbar auswirke.
In formeller Hinsicht ist für Moini die Zuständigkeit der konkreten Behörden für die ins Auge gefasste Warnung ebenso problematisch, wie die unter Verfahrensgesichtspunkten notwendiger Weise vorzunehmende vorherige Anhörung des Betroffenen.
In materieller Hinsicht ist für ihn stets zumindest das Vorliegen einer Gefahr erforderlich, wobei dem Staat die Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts obliege. Dabei müssen die in der Warnung behaupteten Tatsachen zutreffend sein und es dürfen ihr keine sachfremden Erwägungen zugrunde gelegt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse beachtet werden.
Im Weiteren stellt Moini den entlassenen Straftäter als Träger von Rechten dar, welche auch durch Maßregeln der Besserung und Sicherung wie der Führungsaufsicht gem. §§ 68 ff. StGB beschränkt werden können. Dabei komme den individuellen Gefährlichkeitsprognosen eine besondere Rolle zu. Der Gesetzgeber habe mit dem Maßregelrecht die von entlassenen Straftätern möglicherweise ausgehenden Gefahren geregelt. Durch die Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, den Anspruch auf Resozialisierung sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sieht Moini das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für die Zulässigkeit staatlicher Warnungen als gegeben an. Durch das Strafurteil sei zwar auch die „innere“ Ehre des Straftäters betroffen. Dieser Ansehensverlust sei allerdings durch die Verbüßung der Strafe zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht worden. Deshalb sei die Warnung auch als Eingriff in das Recht auf Achtung und Schutz der persönlichen Ehre aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG einzustufen.
Daneben könne die Warnung – wegen der in Betracht kommenden Übergriffe – auch als Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG gesehen werden. Dafür bedürfe es letztlich jedoch einer Zurechnung von Verletzungshandlungen Privater, die jedenfalls bei vorsätzlichen Straftaten im Ergebnis nicht als gegeben angesehen werden.
Hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz kommt Moini zu dem Schluss, dass auf Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der Bund zuständig ist, soweit es sich um eine Strafe oder Maßregel handelt. Nur wenn dies nicht der Fall sei, verbliebe es nach dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder.
Der Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG komme bei der Prüfung der materiellen Zulässigkeit eine erhebliche Bedeutung zu, wobei die „Prangerstrafe“ als entsprechender Verstoß und Eingriff in den Kern einer Persönlichkeit und der Menschenwürde anzusehen sei. Soweit eine „anprangernde Wirkung“ dazu in Abgrenzung gebracht wird, bleiben die zu ziehenden Schlussfolgerungen im Unklaren. Eine „Rund-um-die-Uhr-Überwachung“ sei jedenfalls im Hinblick auf die Erschwerung sozialer Kontakte ein erheblicher Grundrechtseingriff.
Ein staatliches Warnsystem muss nach Ansicht Moinis dem Gebot der Erforderlichkeit entsprechen. Soweit Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht die „objektive Sicherheit“ ebenso gut erhöhen könnten, fehle es an einer Erforderlichkeit staatlicher Warnungen. Gehe eine Gefährdung nur für einen bestimmbaren Personenkreis aus, müsse sich die Warnung auf diesen Personenkreis beschränken. Der Adressatenkreis sei eng zu ziehen, wobei sogenannte passive Warnungen zu bevorzugen seien. Diese sollen nur bei Interesse oder auf Antrag abgerufen werden können. Die unberechtigte Weitergabe derartiger Warnungen solle unter Strafe gestellt werden.
Mit vorliegender Arbeit durchdringt Moini die Problematik und gibt der Praxis von Behörden, Gerichten und Rechtsanwälten Hinweise auf Erwägungen, die im Einzelfall anzustellen sind. Dabei werden die betroffenen Grundrechte der entlassenen Straftäter systematisch dargestellt und in ihren Verhältnis zum Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit gewertet.
Am Ende seiner Untersuchung unterbreitet Moini Vorschläge für ein verfassungsrechtliches zulässiges staatliches Warnsystem. Dabei bringt er zum Ausdruck, dass dafür insbesondere die Tätergruppe der Sexualstraftäter in Betracht komme. Von diesen gehe eine Bedrohung bedeutsamer Individualrechtsgüter aus. Er begründet die Effektivität solcher Warnungen mit der Behauptung, dass sich entsprechende Opfer mehrheitlich im sozialen Nahbereich des Sexualstraftäters befinden. Deshalb sei hier der Adressatenkreis für staatliche Warnungen noch am ehesten identifizierbar. Dabei sieht er ein im Vereinigten Königreich geschaffene Modell als Vorbild an. Es solle ein „passiver Ansatz“ gewählt werden, der Informationen nur auf Anfrage und nach Prüfung der Angemessenheit übermittle. Zur Beurteilung der Gefährlichkeit biete sich ein Rückgriff auf die zur Sicherungsverwahrung und Führungsaufsicht entwickelten Grundsätze an. In dem Geltungsbereich des Grundgesetzes müsse ein Warnsystem nicht wie im Vereinigten Königreich auf Sexualstraftäter begrenzt werden, die wegen Kindesmissbrauch verurteilt worden sind. Moini weist zutreffend darauf hin, dass in einem solchen Warnsystem wegen des Gebotes der Angemessenheit jegliche Form der staatlichen Warnung vor ihrer Übermittlung zwingend der richterlichen Zustimmung bedürfe. In einem diesbezüglichen Verfahren solle der Betroffene auch angehört werden.
Im Rahmen des Einzelfalles sei stets die Erforderlichkeit einer Warnung zu prüfen, insbesondere ob ein gleich wirksames, aber milderes Mittel zur Verfügung stehe. Dabei kommen insbesondere Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht in Betracht. Dazu gehöre auch bestimmte Tätigkeiten zu untersagen und von der Möglichkeit einer „elektronischen Fußfessel“ gem. § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 StGB zum Zwecke der Aufenthaltsüberwachung Gebrauch zu machen. Dabei bleibt die grundsätzliche Problematik der „elektronischen Fußfessel“ in der Betrachtung allerdings ausgespart.
Mit konkreten Überlegungen zu einem Richtervorbehalt betreffend staatlicher Warnungen hätte die im Übrigen überzeugende Untersuchung noch weiter abgerundet werden können.
Bijan Moini gebührt das Verdienst, die zu Grunde liegende verfassungsrechtliche Problematik in ihren vielfältigen Konstellationen sorgfältig aufgearbeitet zu haben. Für den nachsorgenden Strafverteidiger, der seinen Mandanten auch nach der Entlassung aus der Strafhaft vertritt, ist das Werk lesenswert. Er kann mit den dort dargestellten Systematisierungen und Einzelabwägungen bei den Behörden seinem Mandanten nachteilige Entscheidungen vermeiden. Letztlich dürfte die Untersuchung auch zivilrechtlich von Bedeutung sein, wenn Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind.
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Schriften zum öffentlichen Recht
Band 1247, Duncker &Humblot, Berlin 2013, 253 Seiten, 69,90 €
Moini setzt sich in seiner von Prof. Hans-Jürgen Papier betreuten Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Problem der staatlichen Warnung vor Straftätern auseinander, die ihre Strafe vollständig verbüßt haben und nun in die Freiheit entlassen werden.
Untersucht wird die verfassungsrechtliche Zulässigkeit staatlicher Warnungen. Dabei wird auch die US-amerikanische Rechtsordnung zum Vergleich dargestellt, die durch unterschiedliche Meinungen im US-Supreme Court gekennzeichnet ist. Insbesondere in Folge der Entscheidungen des EGMR NJW 2010, 2495 ff. und des BVerfG NJW 2011, 1931 ff. zur Sicherungsverwahrung waren einige über lange Zeit inhaftierte Personen kurzfristig und ohne entsprechende Vorbereitung aus der Unterbringung entlassen worden. Durch Behörden und Politiker war vor den Entlassenen gewarnt worden. Diverse Journalisten lauerten ihnen dann vor den Wohnungen auf. Teilweise kam es zu regelmäßigen Protesten und Demonstrationen der Bewohner in der Nachbarschaft. Die Entlassenen wurden so faktisch von einer Bleibe zur nächsten gejagt. In diesem Zusammenhang ist der Hintergrund der Untersuchung von Moini zu sehen.
Zunächst werden die allgemeinen Formen staatlicher Informationstätigkeit dargestellt, die zum Beispiel im Rahmen von Kampagnen betreffend Drogen oder AIDS/HIV erfolgen. Einen Schritt über eine solche ( allgemeine ) Aufklärung hinaus geht dann die staatliche Empfehlung. Mit der staatlichen Warnung wiederum erhöht sich die Intensität einer Empfehlung, die aufgrund ihres nun vorliegenden konkreten Bezugs zu einem Rechtssubjekt auch rechtlichen Anforderungen entsprechen muss. Dabei standen lange Zeit Warnungen vor Gefahren durch Verbraucherprodukte, insbesondere im Bereich der Lebensmittel, im Vordergrund der Betrachtungen. Dazu gibt es zahlreiche Entscheidungen (z. B. OLG Stuttgart NJW 1990, 2690 ff. – Birkel -). Eine andere Fallgruppe sind staatliche Warnungen vor Glaubensgemeinschaften, wobei regelmäßig die in Art. 4 Abs. 1 GG garantierte Glaubensfreiheit betroffen ist (BVerfG NJW 1989, 3269 ff. – Transzendentale Mediation -; BVerfG NVwZ-RR 2002, 801 ff. – Osho -).
Systematisch und zutreffend sucht Moini nach einer einfach gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für derartige staatliche Eingriffe. Dabei geht er vom Vorliegen des Gesetzesvorbehalts aus. Er stellt den vom BVerfG geprägten Begriff der „Grundrechtsbeeinträchtigung“ dar, der sich vom klassischen Eingriff dadurch unterscheide, dass er sich nur faktisch-mittelbar statt regelnd und unmittelbar auswirke.
In formeller Hinsicht ist für Moini die Zuständigkeit der konkreten Behörden für die ins Auge gefasste Warnung ebenso problematisch, wie die unter Verfahrensgesichtspunkten notwendiger Weise vorzunehmende vorherige Anhörung des Betroffenen.
In materieller Hinsicht ist für ihn stets zumindest das Vorliegen einer Gefahr erforderlich, wobei dem Staat die Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts obliege. Dabei müssen die in der Warnung behaupteten Tatsachen zutreffend sein und es dürfen ihr keine sachfremden Erwägungen zugrunde gelegt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse beachtet werden.
Im Weiteren stellt Moini den entlassenen Straftäter als Träger von Rechten dar, welche auch durch Maßregeln der Besserung und Sicherung wie der Führungsaufsicht gem. §§ 68 ff. StGB beschränkt werden können. Dabei komme den individuellen Gefährlichkeitsprognosen eine besondere Rolle zu. Der Gesetzgeber habe mit dem Maßregelrecht die von entlassenen Straftätern möglicherweise ausgehenden Gefahren geregelt. Durch die Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, den Anspruch auf Resozialisierung sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sieht Moini das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für die Zulässigkeit staatlicher Warnungen als gegeben an. Durch das Strafurteil sei zwar auch die „innere“ Ehre des Straftäters betroffen. Dieser Ansehensverlust sei allerdings durch die Verbüßung der Strafe zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht worden. Deshalb sei die Warnung auch als Eingriff in das Recht auf Achtung und Schutz der persönlichen Ehre aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG einzustufen.
Daneben könne die Warnung – wegen der in Betracht kommenden Übergriffe – auch als Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG gesehen werden. Dafür bedürfe es letztlich jedoch einer Zurechnung von Verletzungshandlungen Privater, die jedenfalls bei vorsätzlichen Straftaten im Ergebnis nicht als gegeben angesehen werden.
Hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz kommt Moini zu dem Schluss, dass auf Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der Bund zuständig ist, soweit es sich um eine Strafe oder Maßregel handelt. Nur wenn dies nicht der Fall sei, verbliebe es nach dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder.
Der Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG komme bei der Prüfung der materiellen Zulässigkeit eine erhebliche Bedeutung zu, wobei die „Prangerstrafe“ als entsprechender Verstoß und Eingriff in den Kern einer Persönlichkeit und der Menschenwürde anzusehen sei. Soweit eine „anprangernde Wirkung“ dazu in Abgrenzung gebracht wird, bleiben die zu ziehenden Schlussfolgerungen im Unklaren. Eine „Rund-um-die-Uhr-Überwachung“ sei jedenfalls im Hinblick auf die Erschwerung sozialer Kontakte ein erheblicher Grundrechtseingriff.
Ein staatliches Warnsystem muss nach Ansicht Moinis dem Gebot der Erforderlichkeit entsprechen. Soweit Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht die „objektive Sicherheit“ ebenso gut erhöhen könnten, fehle es an einer Erforderlichkeit staatlicher Warnungen. Gehe eine Gefährdung nur für einen bestimmbaren Personenkreis aus, müsse sich die Warnung auf diesen Personenkreis beschränken. Der Adressatenkreis sei eng zu ziehen, wobei sogenannte passive Warnungen zu bevorzugen seien. Diese sollen nur bei Interesse oder auf Antrag abgerufen werden können. Die unberechtigte Weitergabe derartiger Warnungen solle unter Strafe gestellt werden.
Mit vorliegender Arbeit durchdringt Moini die Problematik und gibt der Praxis von Behörden, Gerichten und Rechtsanwälten Hinweise auf Erwägungen, die im Einzelfall anzustellen sind. Dabei werden die betroffenen Grundrechte der entlassenen Straftäter systematisch dargestellt und in ihren Verhältnis zum Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit gewertet.
Am Ende seiner Untersuchung unterbreitet Moini Vorschläge für ein verfassungsrechtliches zulässiges staatliches Warnsystem. Dabei bringt er zum Ausdruck, dass dafür insbesondere die Tätergruppe der Sexualstraftäter in Betracht komme. Von diesen gehe eine Bedrohung bedeutsamer Individualrechtsgüter aus. Er begründet die Effektivität solcher Warnungen mit der Behauptung, dass sich entsprechende Opfer mehrheitlich im sozialen Nahbereich des Sexualstraftäters befinden. Deshalb sei hier der Adressatenkreis für staatliche Warnungen noch am ehesten identifizierbar. Dabei sieht er ein im Vereinigten Königreich geschaffene Modell als Vorbild an. Es solle ein „passiver Ansatz“ gewählt werden, der Informationen nur auf Anfrage und nach Prüfung der Angemessenheit übermittle. Zur Beurteilung der Gefährlichkeit biete sich ein Rückgriff auf die zur Sicherungsverwahrung und Führungsaufsicht entwickelten Grundsätze an. In dem Geltungsbereich des Grundgesetzes müsse ein Warnsystem nicht wie im Vereinigten Königreich auf Sexualstraftäter begrenzt werden, die wegen Kindesmissbrauch verurteilt worden sind. Moini weist zutreffend darauf hin, dass in einem solchen Warnsystem wegen des Gebotes der Angemessenheit jegliche Form der staatlichen Warnung vor ihrer Übermittlung zwingend der richterlichen Zustimmung bedürfe. In einem diesbezüglichen Verfahren solle der Betroffene auch angehört werden.
Im Rahmen des Einzelfalles sei stets die Erforderlichkeit einer Warnung zu prüfen, insbesondere ob ein gleich wirksames, aber milderes Mittel zur Verfügung stehe. Dabei kommen insbesondere Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht in Betracht. Dazu gehöre auch bestimmte Tätigkeiten zu untersagen und von der Möglichkeit einer „elektronischen Fußfessel“ gem. § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 StGB zum Zwecke der Aufenthaltsüberwachung Gebrauch zu machen. Dabei bleibt die grundsätzliche Problematik der „elektronischen Fußfessel“ in der Betrachtung allerdings ausgespart.
Mit konkreten Überlegungen zu einem Richtervorbehalt betreffend staatlicher Warnungen hätte die im Übrigen überzeugende Untersuchung noch weiter abgerundet werden können.
Bijan Moini gebührt das Verdienst, die zu Grunde liegende verfassungsrechtliche Problematik in ihren vielfältigen Konstellationen sorgfältig aufgearbeitet zu haben. Für den nachsorgenden Strafverteidiger, der seinen Mandanten auch nach der Entlassung aus der Strafhaft vertritt, ist das Werk lesenswert. Er kann mit den dort dargestellten Systematisierungen und Einzelabwägungen bei den Behörden seinem Mandanten nachteilige Entscheidungen vermeiden. Letztlich dürfte die Untersuchung auch zivilrechtlich von Bedeutung sein, wenn Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind.