Prof. Dr. Michael Kubiciel

Die Straftatbestände gegen die Korruption im Gesundheitswesen: verfassungskonform, kriminalpolitisch angemessen und effektiv?

Der Text beruht auf der Stellungnahme des Verf. in der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 2.12.2015 zum Gesetz zur Bekämpfung der Korruption (BT-Drs. 18/6446). Die folgenden Ausführungen sparen die Beantwortung einiger legislatorischer Einzelfragen aus (vgl. dazu Stellungnahme, III 3a, 4, 5), nehmen dafür aber die praktischen Folgen der Straftatbestände stärker in den Blick (hier IV.).

I. Kriminalpolitische Notwendigkeit

1. Strafbarkeitslücken

Patientinnen und Patienten müssen Ärzten in deutschen Arztpraxen und Krankenhäusern keine Geldgeschenke machen.[1] Ebenso wenig verbreitet ist die Korruption bei der Vergabe von Aufträgen über die Großlieferung von Medizinprodukten. Dass dem Gesundheitssektor seit Jahren negative Schlagzeilen gewidmet werden,[2] beruht auf anderen Formen der Korruption, die von strukturellen Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems begünstigt werden. So erschwert die im Regelfall fehlende Offenlegung der Behandlungskosten gegenüber dem gesetzlich versicherten Patienten die Kontrolle ärztlicher Abrechnungen und begünstigt den sog. Abrechnungsbetrug. Die Rechtsprechung tritt dieser Form der Korruption mittels einer extensiven Auslegung des Betrugstatbestands seit Jahren entschieden entgegen.[3] Demgegenüber ist das korruptive Zusammenwirken zwischen Angehörigen von Heilberufen und anderen Akteuren des Gesundheitsmarktes nach einer bemerkenswert restriktiven Auslegung der §§ 299, 331 ff. StGB durch den Großen Senats des BGH nur strafbar, wenn zumindest ein Beteiligter Amtsträger i.S. der §§ 331 ff. StGB ist. [4] Durch diese Entscheidung sind kriminalpolitisch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Strafbarkeitslücken entstanden. Diese werden im Inland[5] und seitens der Europäischen Kommission kritisch betrachtet[6] und sind innerhalb der Europäischen Union einmalig.

2. Strukturelle Korruptionsrisiken

Zwar ist Schätzungen, die jährlichen Kosten der Korruption beliefen sich auf „5 bis 17 Milliarden Euro“[7], mit Vorsicht zu begegnen,[8] da nicht klar ist, auf welche Handlungsweisen sich der schillernde Begriff „Korruption“ bezieht. Jedoch ist das Fehlen einer vollständig klaren empirischen Grundlage keine Besonderheit des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, sondern betrifft viele (auch strafrechtliche) Gesetzesvorhaben.[9] Wegen dieser häufig anzutreffenden empirischen Unsicherheiten attestiert das BVerfG dem Gesetzgeber auch insoweit eine Einschätzungsprärogative.[10]

Von diesem Ermessen hat der Gesetzgeber in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Denn eine Risikoanalyse (risk-based approach) spricht für eine Anfälligkeit des Gesundheitsmarktes für einzelne Formen der Korruption. Als korruptionsbegünstigende Faktoren sind zu nennen: der ökonomische Druck auf Krankenhäuser und Ärzte, die Schaffung von Anreizen für Kooperationen, die Konzentration von Entscheidungsbefugnissen auf „Gatekeeper“-Gruppen (namentlich Ärzte), komplizierte gesundheitsrechtliche Normen und Verfahren, das Fehlen einer verpflichtenden Offenlegung von Zuwendungen der pharmazeutischen Industrie an Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen und – nicht zuletzt – die große Summe des innerhalb des Gesundheitssystems umverteilten Geldes.[11] All dies bietet Anreize sowohl für das Entstehen wettbewerbsbeschränkender Kooperationsformen – etwa zwischen Ärzten einerseits und Krankenhäusern bzw. Laboren andererseits – als auch für die Einflussnahme auf das Verordnungs- und Zuweisungsverhalten von Ärzten.[12]

3. Folgen

Die Folge dieser Formen strukturbedingter Korruption sind Fehlallokationen von Ressourcen und eine Beeinträchtigung des Vertrauens von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen.[13] Mehr noch: Korruption im Gesundheitswesen schädigt nicht nur Vermögen und beeinträchtigt das Vertrauen des Patienten in die Angemessenheit seiner Behandlung. Korruption unterminiert das Gesundheitswesen als Institution – eine Institution, die von einer beinahe einzigartigen sozialen Bedeutung ist.[14] Einer drohenden Erosion von Vertrauen muss der Gesetzgeber entgegentreten: Ohne soziale Akzeptanz vermag keine Institution langfristig zu existieren. Insbesondere das Gesundheitswesen wird auf ein gesichertes Vertrauenskapital angewiesen sein, wenn es in absehbarer Zeit die Folgen des demographischen Wandels zu bewältigen haben wird. Aufbau und Erhalt eines solchen Vertrauenskapitals erfordern vielfältige sozialpolitische Maßnahmen. Jedoch ist auch das Strafrecht gefordert:[15] Die Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten der EU zeigen jedenfalls, in welchem Ausmaß die Akzeptanz des Gesundheitssystems Schaden nimmt,[16] wenn zentrale Akteure die für sie geltenden Normen des Gesundheitsrechts missachten, ohne dass Normverletzungen konsequent geahndet werden. Die bestehenden Strafbarkeitslücken zu schließen, ist daher kriminalpolitisch richtig.

4. Schutzrichtung der §§ 299a, 299b StGB-E

Die §§ 299a, 299b StGB-E schützen das Gesundheitswesen als Institution, indem die für die Erbringung bzw. den Austausch von Leistungen auf dem Gesundheitsmarkt grundlegenden Normen gegen eine korruptive Umgehung strafrechtlich abgesichert werden. Schutzwürdig ist der rechtlich strukturierte Ordnungsmechanismus des Gesundheitsmarkts als solcher, d.h. unabhängig davon, ob auf Teilmärkten vollständiger, regulierter oder kein Wettbewerb herrscht. Dementsprechend wenden sich die Straftatbestände sowohl gegen korruptive Handlungen, die den Wettbewerb verzerren (§§ 299a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 299b Abs. 1 Nr. 1, Abs 2 StGB-E), als auch gegen den „Kauf“ heilberuflicher Entscheidungen außerhalb konkreter Wettbewerbslagen (§§ 299a Abs. 1 Nr. 2, 299b Abs. 1 Nr. 2 StGB-E). Die Tatvarianten haben folglich dieselbe Grundlage. Die Unterscheidung zwischen dem Schutz des Wettbewerbs als Ordnungsmechanismus einerseits und dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität der heilberuflichen Entscheidung[17] führt folglich nicht zu systematischen Inkonsistenzen, die einen ausschließlichen Schutz des Wettbewerbs als vorzugswürdig erscheinen ließen.[18] Vielmehr spiegeln die beiden Tatvarianten in indealerweise den deutschen Gesundheitsmarkt, der teils wettbewerblich, teils nicht wettbewerblich strukturiert ist.

II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit

1. Verhältnismäßigkeit und mögliche Alternativen zum Strafrecht

Aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens stellt dessen Schutz einen „wichtigen Gemeinschaftsbelang“[19] bzw. ein „wichtiges Anliegen der Gemeinschaft“[20] im Sinne des BVerfG und damit ein verfassungsrechtlich zulässiges Ziel dar. Alternativen, die vergleichbar effektiv sind und in weniger schwerwiegender Weise in die Berufsausübungsfreiheit eingreifen, existieren nicht. Auf die Selbstheilungskräfte des Gesundheitsmarktes zu vertrauen und diese mit Bußgeldvorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts zu unterstützen,[21] ist weder aussichtsreich noch angemessen.[22] Die Selbstheilungskräfte des Gesundheitsmarktes haben sich in der Vergangenheit als recht schwach erwiesen. Soll eine nachhaltige Entfaltung dieser Selbstheilungskräfte ausgelöst werden, bedarf es eines spürbaren Impulses von Seiten des Staates. Die Einführung von Bußgeldregelungen stellt nach hiesiger Einschätzung keinen wirksamen Impuls dar, da von Bußgeldern des Ordnungswidrigkeitenrechts eine deutlich geringere tatsächliche und symbolische Wirkung ausgeht als von Straftatbeständen. Im Übrigen wäre es jenen Ärzten, die zugleich Amtsträger sind, nicht zu erklären, dass sie Straftatbeständen (§§ 331, 332 StGB) und nicht nur dem öffentlichen Disziplinarrecht unterworfen sind.

2. Der Adressatenkreis und das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG

Die §§ 299a, 299b StGB-E schützen die Institution Gesundheitswesen nicht flächendeckend, sondern haben einen in personeller und sachlicher Hinsicht eingeschränkten Anwendungsbereich. Was den Adressatenkreis betrifft, so gelten die Tatbestände nicht nur für jene niedergelassenen Vertragsärzte, die im Zentrum der rechtspolitischen Debatte standen, sondern für sämtliche Angehörige eines Heilberufes, dessen Ausübung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Die Tatbestände erfassen folglich auch Personen, die einen Gesundheitsfachberuf ausüben, namentlich Gesundheits- und Krankenpfleger, Logopäden und Ergotherapeuten.[23] Teile der Literatur und Interessenvertreter kritisieren diese Weite.[24] Tatsächlich nehmen Angehörige nicht-akademischer Heilberufe keine Ärzten, Zahnärzten oder Apothekern vergleichbare Funktion bei der Verteilung von Ressourcen im Gesundheitswesen ein.[25] Indes schützen die Tatbestände, wie gesehen, nicht das Vermögen (der Patienten, der Solidargemeinschaft oder der Wettbewerber), sondern die den Ordnungsmechanismus des Gesundheitsmarktes konstituierenden gesundheitsrechtlichen Regeln. Wer gegen die auf dem Gesundheitsmarkt geltenden Ordnungsregeln verstößt, schädigt eine Institution.[26] Diese verdient Schutz auch gegenüber korruptiven Handlungen von Personen, die in geringerem Umfang Gesundheitsleistungen abnehmen bzw. verordnen.[27] Vor diesem Hintergrund ist die Wahl eines weiten Adressatenkreises in verfassungsrechtlich haltbarer Weise begründbar.

Ein anderer – ebenfalls verfassungsrechtlich relevanter –  Vorwurf lautet, § 299a StGB-E sei ein Sondertatbestand, der Angehörige von Heilberufen gegenüber Angehörigen anderer freier Berufe ungerechtfertigt diskriminiere, weil auf letztere weder § 299 StGB noch ein Sondertatbestand Anwendung finde.[28] Auch diese Kritik ist nicht stichhaltig. Architekten oder Rechtsanwälte operieren nicht in Strukturen mit einer derart großen sozialen Bedeutung und hohen Korruptionsanfälligkeit wie die von den §§ 299a, 299b StGB-E erfassten Personen.[29]  Insofern ist die vom Gesetzgeber getroffene Auswahl nicht willkürlich, sondern im Gegenteil wohl begründet.

Schließlich geht auch der Vorwurf fehl, die §§ 299a, 299b StGB-E seien keine Korruptionsdelikte, sondern „Professionsdelikte“[30]. Zwar adressieren die Tatbestände die Angehörigen einer Profession, jedoch kriminalisieren sie typisches Korruptionsunrecht.[31] Sie schirmen den gesundheitsrechtlichen Steuerungs-, Verteilungs- und Ordnungsmechanismus gegen unlautere Verzerrungen ab bzw. schützen den vom Gesundheitsrecht strukturierten Markt für Gesundheitsdienstleistungen vor der Umgehung der diesen Markt konstituierenden Regeln. Der Schutz einer Institution vor der korruptiven Außerkraftsetzung ihrer grundlegenden Regeln ist das gemeinsame – und (verfassungsrechtlich wie strafrechtstheoretisch) zulässige[32] – Ziel aller Korruptionstatbestände.[33] Entscheidend für den Korruptionsbegriff ist demnach die Einbindung des korruptiv Beeinflussten in eine Organisation bzw. Institution. Ob man sich den Bestochenen als „Diener zweier Herren“ vorstellen kann, ist hingegen von geringerer Erklärungskraft. Aussagekräftig ist dieses Bild nämlich nur für die Bestechung von Angestellten oder Beauftragten i.S.d § 299 StGB. Amtsträger oder Mandatsträger dienen hingegen keinem personifizierten „Herrn“, sondern dem Staat bzw. dem Souverän. Gleichwohl sind Amts- und Mandatsträger in Institutionen eingebunden, deren Regeln nicht korruptiv umgangen werden dürfen. Folglich handelt es sich bei den §§ 331 ff., 108e StGB anerkanntermaßen um Korruptions- und nicht um Professionsdelikte. Nicht anders verhält es sich bei den §§ 299a, 299b StGB.

Angesichts dessen ist der personelle Zuschnitt der Tatbestände hinreichend begründet. Den Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen verlässt der Gesetzgeber schon aus diesem Grund nicht. Überdies hat das BVerfG in der Inzest-Entscheidung (und damit in Bezug auf einen weitaus problematischeren Tatbestand) einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG mit dem Einwand zurückgewiesen, der Gesetzgeber habe „in weitem Umfang die Befugnis zu differenzierter Tatbestandsgestaltung“[34].

3. Die Tathandlungsbeschreibungen und das Bestimmtheitsgebot

a) Akzessorietät als Bestimmtheitsproblem?

Der gegen den Referentenentwurf geltend gemachte Einwand, der Tatbestand sei un- bzw. unterbestimmt,[35] trifft den Regierungsentwurf nicht.[36] Die Vorschriften kriminalisieren den Tausch von einem – weit zu verstehenden – Vorteil und  der unlauteren Bevorzugung im ausländischen oder inländischen Wettbewerb bzw. einer Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit.

Der Begriff „unlautere Bevorzugung“ ist dem § 299 StGB entlehnt und dort Gegenstand einer Vielzahl von Urteilen gewesen, welche die Operationalisier- und Konkretisierbarkeit dieses Begriffs zeigen.[37] Zugleich ist damit gewährleistet, dass Kooperationen, die gesundheitsrechtlich erlaubt sind, keine strafbare Bevorzugung sein können. Was im Sozialrecht erlaubt ist,[38] wird auch künftig nicht strafbar sein. Damit ist die Widerspruchsfreiheit des Rechts gewährleistet, was für die verfassungsrechtlich garantierte Vorhersehbarkeit strafrechtlicher Folgen wichtig ist.

Auch im Übrigen ist gegen die Verwendung eines normativen Tatbestandsmerkmals verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Denn ein Straftatbestand kann der Vielgestaltigkeit des Lebens nur annäherungsweise Herr werden; Straftatbestände müssten „zwangsläufig“ abstrakt sein, betont das BVerfG in seiner Untreue-Entscheidung.[39] Selbst die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe „bis hin zu Generalklauseln“ sei im Strafrecht nicht von vornherein ausgeschlossen. Der Gesetzgeber, heißt es weiter, könne Tatbestände auch so ausgestalten, dass zu ihrer Auslegung auf außerstrafrechtliche Vorschriften zurückgegriffen werden müsse. Was der Gesetzgeber selbst regeln müsse und was der Interpretation überlassen werden könne, ließe sich nicht allgemein sagen, sondern sei im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen zu entscheiden.

Der Gesetzgeber kann in den §§ 299a, 299b StGB-E ebenso wenig wie in anderen Korruptionsvorschriften exakt auflisten, wann ein Tausch von Vorteil und Bevorzugung strafbar ist. Er muss vielmehr über das Tatbestandsmerkmal „unlauter“ gesundheitsrechtliche Vorschriften in Bezug nehmen. Die Straftatbestände sind mithin akzessorisch. Dies ist keine – strafrechtsdogmatisch anstößige oder gar verfassungsrechtliche relevante – Besonderheit, sondern die Regel: Auch die §§ 108e, 331 ff. StGB und viele andere Straftatbestände nehmen auf außerstrafrechtliche Primärnormen Bezug, ohne dass dies (verfassungsrechtlich) problematisch wäre.[40]

b) Rechtsungleichheit durch lokal verschiedenartige Normen?

Besonders deutlich wird die Akzessorietät der Tatbestände durch das Abstellen auf die Pflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit der heilberuflichen Entscheidung. Hier ist es offensichtlich, dass die Strafvorschriften durch den Rückgriff auf gesundheitsrechtliche Normen konkretisiert werden müssen. Dies meint nicht nur staatliche (Gesetzes-)Normen, sondern – wie die Gesetzesbegründung hervorhebt – „insbesondere“ auch die verbindlichen Berufsordnungen der Heilberufskammern.[41] Dagegen wird eingewandt, die Berufsordnungen seien regional unterschiedlich und bildeten einen „Flickenteppich“ von Regeln, die von „typischerweise rechtsunkundigen Normadressaten“ nicht zu überblicken seien.[42] Indes ist dies im Kernstrafrecht nicht unüblich. So sanktioniert nicht nur das Umweltstrafrecht die Einhaltung von verwaltungsrechtlichen Pflichten, die nicht nur regional, sondern lokal unterschiedlich sein können.[43] Auch die Amtsträgerbestechungsdelikte der §§ 331 ff. StGB werden, von Bundesland zu Bundesland, Stadt zu Stadt, ja von Behörde zu Behörde durchaus unterschiedlich gehandhabt: Was in einem Bundesland eine noch genehmigungsfähige Nebentätigkeit ist, kann in einem anderen bereits untersagt und ggfs. nach §§ 331 ff. StGB strafbar sein. Und der Beamte der Universität zu Köln mag Essenseinladungen annehmen, die einem Bediensteten der Fachhochschule Köln untersagt sind. All dies zeigt: Unter Strafandrohung gestellt wird kein (wie auch immer zu bestimmender) bundeseinheitlicher Mindeststandard[44], sondern die für den Einzelnen konkret geltende Norm. Dass dem Einzelnen die Pflicht auferlegt wird, sich über die in seinem Kammerbezirk geltenden Regeln zu informieren, ist die Kehrseite seiner Freiheit zur Berufsausübung und damit grundsätzlich hinnehmbar. Auch Pharmaunternehmen, die mit Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe Geschäftsbeziehungen eingehen, ist es zumutbar, sich über die jeweils geltende Rechtslage zu informieren: Derlei ist für Unternehmen – zumal solchen, die auf Auslandsmärkten tätig sind – eine alltägliche Übung[45].

c) Die in Bezug genommenen Normen bzw. Pflichten

aa) Schwieriger zu beurteilen ist, welche der „vor Ort“ geltenden Regeln die Unabhängigkeit der heilberuflichen Entscheidung ausgestalten. Die Frage, die die Bezugnahme auf die Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit in den Tatbestandsalternativen §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 299b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB-E aufwirft, lautet: Unabhängigkeit wovon?

Legt man die oben beschriebene Zweckrichtung der Vorschriften zugrunde, kann nur die Unabhängigkeit der Heilentscheidung von dominierenden ökonomischen Erwägungen gemeint sein. Inwieweit Ärzte und andere von den Straftatbeständen erfasste Berufsträger ihre heilberuflichen Entscheidungen an ökonomischen Eigeninteressen orientieren dürfen, bestimmt eine Vielzahl gesundheitsrechtlicher Normen. Relevant für die Konkretisierung der §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 299b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB-E sind daher sämtliche Vorschriften, die angeben, inwieweit sich ein Angehöriger eines Heilberufs bei seinen Entscheidungen von ökonomischen Interessen leiten lassen darf. Tatbestandlich kann, wiederum anders gewendet, nur die Verletzung gesundheitsmarktbezogener Pflichten sein.[46] Damit ist ein klares Kriterium für die Unterscheidung zwischen irrelevanten und straftatbestandsrelevanten Pflichten gefunden.

bb) Zu finden sind diese Pflichten teils in formellen, staatlichen Normen des Gesundheitsrechts, die wiederum von nicht-staatlichen Normen der Berufskammern konkretisiert werden. Teils finden sich entsprechende Vorgaben nur in Richtlinien von Kammern oder Verbänden. Auch die zuletzt genannten Normen können zur Bestimmung bzw. Konkretisierung der Pflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit heilberuflicher Entscheidungen herangezogen werden, wenn sich aus ihnen Vorgaben für die Grenze zwischen einem zulässigen und einem unzulässigen Einfluss ökonomischer Erwägungen auf eine heilberufliche Entscheidung ableiten lassen. Dieses Vorgehen ist nicht ungewöhnlich: Informelle, nicht-staatliche Regeln der ärztlichen Heilkunst werden ohne Weiteres zur Konkretisierung der Fahrlässigkeitstatbestände (§§ 222, 229 StGB) herangezogen; Compliance-Richtlinien in Krankenhäusern, Behörden und Unternehmen konkretisieren die §§ 331 ff. StGB bzw. dienen zur Bestimmung des Lauterkeitsmaßstabes des § 299 StGB oder werden bei der Interpretation des § 266 StGB herangezogen. Angesichts dessen kann es für Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe nicht unzumutbar sein, sich über die für sie geltenden Verhaltensstandards zu informieren. Amtsträger oder Mitarbeiter von Unternehmen müssen dies jedenfalls schon jetzt tun. Dem Bestimmtheitsgebot ist in all diesen Fällen genüge getan.

cc) Eine verfassungsgemäße Anwendung der Straftatbestände ist selbst dann möglich, wenn eine Sachfrage allgemein oder von einer Kammer offen gelassen worden ist. In einem solchen Fall muss der Gesetzesinterpret einen objektiven Verhaltensmaßstab eines durchschnittlichen Angehörigen der Berufsgruppe durch Heranziehung vergleichbarer Regelungen in anderen Bezirken oder Sachgebieten oder durch den Rückgriff auf die tatsächlich anerkannten Usancen einer Berufsgruppe ermitteln. Dies verhindert, dass Angehörige eines Heilberufes nur deshalb straffrei bleiben, weil ihre Kammer (bewusst oder unbewusst) keine Vorgaben für die Sicherung der Unabhängigkeit der heilberuflichen Entscheidung macht, obwohl das in Rede stehende Problem keine abseitige Einzelerscheinung ist.

Bei einer solchen Konkretisierung des Verhaltensmaßstabes muss die Frage leitend sein, ob die konkrete heilberufliche Entscheidung noch in hinreichendem Maße vom Patienteninteresse getragen war oder umgekehrt von einem ökonomischen Interesse dominiert würde. Auch eine solche Ermittlung eines ungeschriebenen Verhaltensmaßstabes ist keine Besonderheit der §§ 299a, 299b StGB, sondern tägliche Praxis bei der Auslegung von Fahrlässigkeitstatbeständen oder – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen –  bei der Anwendung des § 266 StGB i.V.m. § 93 Abs. 1 AktG. Letzterer hebt auf die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ ab und ist dennoch nicht stärker bestimmt als die Formel von der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit.

Wenn sich für einzelne Kooperationsformen noch keine klaren Grenzen zwischen legaler und korruptiver Zusammenarbeit ziehen lassen,[47] ist dem Interesse der Adressaten der Straftatbestände an einer vorhersehbaren Rechtsanwendung angemessen Rechnung zu tragen. Dies kann dadurch geschehen, dass – wie bei § 266 StGB – nur Entscheidungen kriminalisiert werden, die objektiv unvertretbar sind.[48] Hier und nur hier kann es allein um die strafrechtliche Garantie eines Mindeststandards gehen.[49]

dd) Insgesamt erweist sich, dass die Straftatbestände keine verfassungsrechtlich relevanten Bestimmtheitsprobleme aufwerfen.

III. Ausgestaltung der Straftatbestände

1. Lozierung der Tatbestände

Wer die bestehenden Strafbarkeitslücken schließen will, steht vor drei Regelungsalternativen. Wie sich zeigen wird, hat der Regierungsentwurf die beste Alternative gewählt.

a) Sozialgesetzbuch?

Zu Recht nicht mehr weiter verfolgt worden ist der Ansatz, einen Straftatbestand im SGB V zu schaffen.[50] Eine solche Regelung klammert von vornherein sämtliche Sachverhalte aus, die sich auf die Behandlung privat versicherter Patienten beziehen.[51] Zudem weist eine Regelung außerhalb des Strafrechts eine suboptimale kommunikative Wirkung aus, wird Normadressaten und Gesellschaft doch signalisiert, dass diese Form von Korruption weniger schwerwiegend ist als die vom Strafgesetzbuch erfassten Formen.[52] Dass nun im StGB Tatbestände geschaffen werden, die speziell auf Angehörige von Heilberufen zugeschnitten sind, setzt ein der Problematik angemessenes Signal.[53]

b) 30. Abschnitt des Strafgesetzbuchs?

Der Deutsche Richterbund[54] ist der Ansicht, die Einordnung der Straftatbestände gegen die Korruption im Gesundheitswesen im 30. Abschnitt über die Amtsträgerdelikte  (§§ 331 ff. StGB) trüge „der Bedeutung ethisch angemessenen Verhaltens von Angehörigen der Heilberufe“ besser Rechnung als die für den 26. Abschnitt vorgesehenen Regelungen. Dies geht jedoch zu weit und an der Sache vorbei: Das Strafrecht darf „ethisch angemessenes Verhalten” (was immer darunter zu verstehen ist) nicht ohne weiteres erzwingen,[55] sondern bedarf eines konkreten Bezugspunkts. Ein solcher kann aus den Funktionen der Berufsgruppen abgeleitet werden. Die Korruptionsverbote sichern dann nicht ethisch-moralische Standards, sondern die Funktionsbedingung der Institution, in der die jeweiligen Berufsträger tätig sind. Aus diesem Blickwinkel wird deutlicher, weshalb Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen nicht per se mit Amtsträgern verglichen werden können: Anders als Amtsträger repräsentieren sie nicht den Staat, sind nicht ausschließlich gemeinwohlgebunden, sondern dürfen durchaus wirtschaftlich eigennützig handeln[56], haben also keine mit einem Amtsträger vergleichbare generelle Loyalitäts- und Integritätspflichten. Angehörige von Heilberufen sind lediglich für die Beachtung jener Regeln und Verfahren verantwortlich, mittels derer Leistungen im Gesundheitswesen verordnet und ausgetauscht werden. Daher ist der 30. Abschnitt des StGB („Straftaten im Amt“) kein angemessenes Umfeld für Straftatbestände, die diese Regeln und Verfahren gegen korruptive Umgehung absichern.[57]

c) 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches

Der angemessene Ort ist folglich der 26. Abschnitt über die „Straftaten gegen den Wettbewerb“. Dass der Wettbewerb auf dem Gesundheitsmarkt nicht „frei“ ist,[58] steht dem nicht entgegen, zumal auch andere regulierte Wirtschaftsbereiche in den Anwendungsbereich der §§ 298 ff. StGB einbezogen sind. Auf allen Märkten wird der Wettbewerb nicht als Idealtyp, sondern in seiner konkreten, d.h. rechtlich ausgeformten Gestalt geschützt.

Innerhalb dieses Abschnitts bieten sich zwei kriminalpolitische Optionen an: Zunächst ließe sich der Adressatenkreis des § 299 StGB dadurch erweitern,[59] dass neben Vertragsärzten und anderen Heilberuflern sämtliche Angehörige freier Berufe und selbstständige Unternehmer erfasst würden. Diese Lösung trüge zwar dem Charakter des § 299 StGB als wettbewerbsschützendem Tatbestand Rechnung. Indes hätte diese Lösung auch Angehörige von freien Berufen kriminalisiert, die von weit geringerer sozialer und wirtschaftlicher Bedeutung sind als die Heilberufe. Da zudem der zu erwartende Widerstand diese Option als politisch wenig attraktiv erscheinen lässt, ist die Einführung besonderer Straftatbestände der angemessene Weg.[60]

2. Tathandlungen

a) Grundstruktur

§ 299a StGB pönalisiert die (passive) Bestechlichkeit des Angehörigen eines „Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert.“ Die spiegelbildlich formulierte Schwesternorm § 299b StGB wendet sich gegen die (aktive) Bestechung. Beide Tatbestände unterscheiden mehrere Arten heilberuflichen Handelns und kriminalisieren diese in unterschiedlichem Ausmaß.[61] § 299a Abs. 1 StGB und § 299b Abs. 1 StGB beziehen sich auf die Bestechlichkeit bzw. Bestechung im Zusammenhang mit der Verordnung und Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten sowie im Zusammenhang mit der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial. Für strafbar erklärt werden zwei Formen der korruptiven Beeinflussung dieser heilberuflichen Entscheidungen: zum einen der Austausch von Vorteil und unlauterer Bevorzugung im Wettbewerb (Abs. 1 Nr. 1), zum anderen der Tausch von Vorteil und Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit (Abs. 1 Nr. 2). Die genannten Tatbestände wenden sich mithin gegen eine unmittelbare korruptive Beeinflussung des Verhältnisses zwischen dem Angehörigen eines Heilberufs und seinen Patienten: Die Korruption soll sich unmittelbar auf eine Verordnung, Medikamentenabgabe oder Überweisung niederschlagen und damit nicht nur die Regeln des Gesundheitssystems verletzen, sondern auch die Rechtssphäre des Patienten tangieren.

b) Zu §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, 299b Abs. 1 Nr. 1 StGB-E

Der Unterschied zwischen den Tatvarianten Nr. 1 und Nr. 2 besteht darin, dass die erstere eine Wettbewerbslage verlangt, die in letzterer fehlen kann. Damit erhalten die Tatvarianten der Nr. 2 einen eigenständigen, auch praktisch relevanten Anwendungsbereich.[62] Er erfasst korruptive Handlungen im Vor- oder Umfeld eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses sowie Handlungen auf monopolisierten oder stark regulierten Märkten. Weil das Gesundheitswesen und das Vertrauen der Patienten auch Schutz verdienen,[63] wo (noch) kein Wettbewerb besteht, ist die Kriminalisierung angemessen.[64]

c) Zu §§ 299a Abs. 2 Nr. 2, 299b Abs. 2 StGB-E

Die §§ 299a Abs. 2 und 299b Abs. 2 StGB-E pönalisieren die Bestechlichkeit bzw. Bestechung beim Bezug von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln bzw. Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind. Die Korruption erreicht hier noch nicht die Rechtssphäre konkreter Patienten, tangiert aber jene Regeln des Gesundheitssystems, die den Bezug von Arzneimitteln und dergleichen steuern. Zudem wird die Gefahr geschaffen, dass die Konsequenzen der korruptiv verzerrten Bezugsentscheidung alsbald konkrete Patienten erreichen. Bei diesen Vorfeldtatbeständen liegt die Tathandlung im Tausch eines Vorteils gegen eine Verletzung der „berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“.

3. Unrechtsvereinbarung

„Kernbestandteil“[65] der Korruptionsvorschriften im engeren Sinne ist die Unrechtsvereinbarung.  Sie findet sich als Tatbestandsvoraussetzung sowohl in den §§ 332, 334 StGB sowie im § 299 StGB, der als Vorbild der §§ 299a, 299b StGB-E fungiert. Auch in – fast – allen Varianten der §§ 299a, 299b StGB-E ist die Unrechtsvereinbarung enthalten. Sie fehlt – was bislang weitestgehend übersehen wurde[66] – jedoch im Regierungsentwurf zu § 299a Abs. 2 StGB-E (vgl. das Fehlen von „als Gegenleistung“ in der Tathandlungsumschreibung). Nach Auskunft des BMJV an den Verf. vom 30.9.2015 handelte es sich dabei um ein Redaktionsversehen.[67] Wird das Redaktionsversehen korrigiert, sind in allen Tathandlungsvarianten nur solche Vorteilsgewährungen tatbestandsmäßig, die „als Gegenleistung“ für eine zumindest intendierte unlautere Bevorzugung im Wettbewerb oder eine Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit gefordert, versprochen, angenommen oder gewährt werden. Nicht erfasst werden hingegen Fälle, in denen keine solche Verbindung von Vorteil und Bevorzugung vereinbart wird, sondern mit der Vorteilsgewährung nur ein allgemeines Wohlwollen geschaffen werden soll. Dieser Umstand ist im Gesetzgebungsverfahren von der Partei „Die Linke“ kritisiert worden.[68] Dies zu Unrecht. Denn anders als im öffentlichen Sektor ist die „Klimapflege“ in der Privatwirtschaft nicht grundsätzlich strafwürdig. Auswüchsen kann gesundheits- und standesrechtlich begegnet werden, eine Ausdehnung der Straftatbestände erschiene hingegen unverhältnismäßig. Daher ist die Forderung nach Streichung des Erfordernisses einer Unrechtsvereinbarung zurückzuweisen.

IV. Würdigung und Ausblick

1. Gesamtwürdigung

Sowohl die kriminalpolitische Notwendigkeit (I.) als auch die verfassungsrechtliche Zulässigkeit (II.) der Straftatbestände kann nach den vorstehenden Ausführungen bejaht werden. Auch gegen die Umsetzung bestehen keine durchgreifenden Bedenken (III.).

2. Folgen für Verbände, Kammern, Krankenhäuser und die Pharmaindustrie

Da der politische Wille zur Umsetzung des Gesetzesvorhaben vorhanden ist, ist davon auszugehen, dass die Straftatbestände weitgehend in jener Form in Kraft treten werden, die ihnen der Regierungsentwurf verliehen hat. Die neuen §§ 299a, 299b StGB-E werden dann zu den zentralen Strafvorschriften avancieren, an denen sich sämtliche Formen von Kooperationen zwischen den verschiedenen Akteuren auf dem Gesundheitsmarkt werden messen lassen müssen. Zugleich verschärfen sie über die Bußgeld- und Verfallsvorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts (§§ 29a, 30, 130 OWiG) das Haftungsregime für Krankenhaus- bzw. Pharmakonzerne und andere auf dem Gesundheitsmarkt agierende juristische Personen.[69]

Weil die geplanten Vorschriften ebenso wenig wie andere Korruptionstatbestände ein als korruptiv erachtetes Verhalten abschließend definieren können, müssen sie auf gesundheitsrechtliche Primärnormen zurückgreifen. Dass diese Primärnormen (auch) von Kammern und Verbänden geschaffen werden, stellt – anders als verbreitet behauptet wird – eher eine Chance als ein Risiko dar. Denn gerade wegen dieser Akzessorietät können die Kammern und Verbände den Anwendungsbereich der Straftatbestände mitgestalten, indem sie Berufsausübungsregeln spezifizieren und Best-Practices für nicht-korruptive Kooperationen, Marketingmodelle und dergleichen erarbeiten. Auch Pharmaunternehmen und Krankenhauskonzerne sollten ihre Compliance-Maßnahmen überprüfen und ggfs. anpassen. Der Ball wird also in das Feld des Gesundheitsmarktes zurückgespielt. Die wichtigste Wirkung des Gesetzes besteht folglich darin, Ärztekammern und andere Verbände sowie die pharmazeutische Industrie zur Präzisierung ihrer Regeln und Empfehlungen für legale Kooperationsformen zu motivieren. Die §§ 299a, 299b StGB-E  erzwingen auf diese Weise die Entfaltung von Selbstheilungskräften, ohne die sich ein Klima von Legalität und Integrität nicht durchsetzen lässt.[70] Das Gesetz ist mithin ein Beispiel für eine staatliche Top-down-Regulierung, die Impulse bei Kammern, Verbänden und Unternehmen auslösen und mittels dieser Intermediäre die einzelnen Berufsträger erreichen kann (was einem „Topping from the bottom“-Approach entspricht). Gerade die Berufsverbände und -kammern, die zu Recht ihre institutionelle und rechtliche Autonomie betonen, können nun zeigen, dass sie der – mit jeder Autonomie einhergehenden – Verantwortung zum Wohle ihrer Mitglieder und der Allgemeinheit gerecht werden.

3. Folgen für einzelne Angehörige von Heilberufen und die anwaltliche Beratung

Ärzte und Angehörige von Heilberufen stehen vor dramatisch veränderten Spielregeln. Mussten sie bislang selbst bei eindeutig korruptiven Handlungsweisen keine strafrechtlichen Folgen fürchten (wenn sie nicht in den Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB gelangten), können ihre Kooperationen untereinander oder solche mit der pharmazeutischen Industrie schon bald in das Visier von Staatsanwälten geraten. Strafbarkeitsrisiken drohen jedoch nur jenen, die am Rand existierender Regeln operieren oder neuartige Kooperationsmodelle ausprobieren. Lassen sie sich von ihren Kammern oder externen Juristen beraten, sind auch diese Risiken beherrschbar.

Um sich gegen strafrechtliche Risiken abzusichern, ist die Schaffung von Transparenz gegenüber Kammern und unter Umständen auch eine eingehendere (korruptionsstraf- und gesundheitsrechtliche) Prüfung anzuraten. Dabei kann durchaus mehrschrittig vorgegangen werden. Zunächst sollte ein geplantes Kooperationsmodell der zuständigen Kammer angezeigt und um Beurteilung der Zulässigkeit gebeten werden. Die Auskunft dient nicht nur der eigenen rechtlichen Orientierung, sondern kann im Fall staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen von entscheidender Bedeutung sein: Denn selbst wenn die Staatsanwaltschaft zu einer von der Einschätzung der Berufskammer abweichenden Bewertung der Kooperation gelangen sollte, könnte dem Beschuldigten ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 StGB attestiert werden.

Ist das Ergebnis der Kammer nicht eindeutig oder sieht sich diese zu einer Einschätzung (wegen der rechtlichen Komplexität der Frage) außer Stande, sollte ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben werden. Dabei sind die für die Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums geltenden Grundsätze der Rechtsprechung zu beachten.[71] Insbesondere muss der Gutachter unabhängig in dem Sinne sein, dass das Ergebnis seiner Prüfung eigene Interessen weder positiv noch negativ berührt. Daher sollte die strafrechtliche Bewertung nicht von demselben Rechtsanwalt vorgenommen werden, der die gewünschte Kooperation gesellschaftsrechtlich ausgestaltet. Darüber hinaus muss die um Rat gefragte Person oder Sozietät über eine hinreichende Expertise verfügen. Eine solche Expertise ist auf dem neuen und schwierigen Terrain der §§ 299a, 299b StGB-E nicht leicht zu finden, verzahnt die Begutachtung doch komplexe korruptionsstraf- und gesundheitsrechtliche Fragestellungen. Schließlich müssen dem Gutachter sämtliche Informationen zur Verfügung stehen. Intransparente Nebenabreden können das Ergebnis der Begutachtung verzerren und die strafrechtliche Wirksamkeit aufheben. Zudem bieten unaufgedeckte (Neben-)Absprachen einen gut greifbaren Anknüpfungspunkt für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

Hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, wird es in rechtlicher Hinsicht vor allem darauf ankommen, wie nahe die gewählte Kooperationsform jenen Formen der Zusammenarbeit kommt, die das Gesundheitsrecht (im weitesten Sinne) ausdrücklich anerkennt. Lässt sich die verbleibende „Lücke“ mit gesundheitspolitisch anerkannten Argumenten füllen, lässt sich also zeigen, dass die Kooperation nicht nur Eigeninteressen dient, sondern auch gesundheitspolitisch sinnvoll ist, könnte eine Einstufung als strafbar vermieden werden. Hilfreich kann dabei die oben (II. 2. c, cc) gezeigte Parallele zur Untreuedogmatik sein. Danach kann ein Verhalten in einem vom Gesundheitsrecht nicht eindeutig geregelten Bereich nur dann strafbar sein, wenn es vor dem Hintergrund der Maximen des Gesundheitsrechts eindeutig unvertretbar und evident strafwürdig ist. In anderen Fällen sollte das Strafrecht schweigen.

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Der Text beruht auf der Stellungnahme des Verf. in der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 2.12.2015 zum Gesetz zur Bekämpfung der Korruption (BT-Drs. 18/6446). Die folgenden Ausführungen sparen die Beantwortung einiger legislatorischer Einzelfragen aus (vgl. dazu Stellungnahme, III 3a, 4, 5), nehmen dafür aber die praktischen Folgen der Straftatbestände stärker in den Blick (hier IV.).

I. Kriminalpolitische Notwendigkeit

1. Strafbarkeitslücken

Patientinnen und Patienten müssen Ärzten in deutschen Arztpraxen und Krankenhäusern keine Geldgeschenke machen.[1] Ebenso wenig verbreitet ist die Korruption bei der Vergabe von Aufträgen über die Großlieferung von Medizinprodukten. Dass dem Gesundheitssektor seit Jahren negative Schlagzeilen gewidmet werden,[2] beruht auf anderen Formen der Korruption, die von strukturellen Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems begünstigt werden. So erschwert die im Regelfall fehlende Offenlegung der Behandlungskosten gegenüber dem gesetzlich versicherten Patienten die Kontrolle ärztlicher Abrechnungen und begünstigt den sog. Abrechnungsbetrug. Die Rechtsprechung tritt dieser Form der Korruption mittels einer extensiven Auslegung des Betrugstatbestands seit Jahren entschieden entgegen.[3] Demgegenüber ist das korruptive Zusammenwirken zwischen Angehörigen von Heilberufen und anderen Akteuren des Gesundheitsmarktes nach einer bemerkenswert restriktiven Auslegung der §§ 299, 331 ff. StGB durch den Großen Senats des BGH nur strafbar, wenn zumindest ein Beteiligter Amtsträger i.S. der §§ 331 ff. StGB ist. [4] Durch diese Entscheidung sind kriminalpolitisch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Strafbarkeitslücken entstanden. Diese werden im Inland[5] und seitens der Europäischen Kommission kritisch betrachtet[6] und sind innerhalb der Europäischen Union einmalig.

2. Strukturelle Korruptionsrisiken

Zwar ist Schätzungen, die jährlichen Kosten der Korruption beliefen sich auf „5 bis 17 Milliarden Euro“[7], mit Vorsicht zu begegnen,[8] da nicht klar ist, auf welche Handlungsweisen sich der schillernde Begriff „Korruption“ bezieht. Jedoch ist das Fehlen einer vollständig klaren empirischen Grundlage keine Besonderheit des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, sondern betrifft viele (auch strafrechtliche) Gesetzesvorhaben.[9] Wegen dieser häufig anzutreffenden empirischen Unsicherheiten attestiert das BVerfG dem Gesetzgeber auch insoweit eine Einschätzungsprärogative.[10]

Von diesem Ermessen hat der Gesetzgeber in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Denn eine Risikoanalyse (risk-based approach) spricht für eine Anfälligkeit des Gesundheitsmarktes für einzelne Formen der Korruption. Als korruptionsbegünstigende Faktoren sind zu nennen: der ökonomische Druck auf Krankenhäuser und Ärzte, die Schaffung von Anreizen für Kooperationen, die Konzentration von Entscheidungsbefugnissen auf „Gatekeeper“-Gruppen (namentlich Ärzte), komplizierte gesundheitsrechtliche Normen und Verfahren, das Fehlen einer verpflichtenden Offenlegung von Zuwendungen der pharmazeutischen Industrie an Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen und – nicht zuletzt – die große Summe des innerhalb des Gesundheitssystems umverteilten Geldes.[11] All dies bietet Anreize sowohl für das Entstehen wettbewerbsbeschränkender Kooperationsformen – etwa zwischen Ärzten einerseits und Krankenhäusern bzw. Laboren andererseits – als auch für die Einflussnahme auf das Verordnungs- und Zuweisungsverhalten von Ärzten.[12]

3. Folgen

Die Folge dieser Formen strukturbedingter Korruption sind Fehlallokationen von Ressourcen und eine Beeinträchtigung des Vertrauens von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen.[13] Mehr noch: Korruption im Gesundheitswesen schädigt nicht nur Vermögen und beeinträchtigt das Vertrauen des Patienten in die Angemessenheit seiner Behandlung. Korruption unterminiert das Gesundheitswesen als Institution – eine Institution, die von einer beinahe einzigartigen sozialen Bedeutung ist.[14] Einer drohenden Erosion von Vertrauen muss der Gesetzgeber entgegentreten: Ohne soziale Akzeptanz vermag keine Institution langfristig zu existieren. Insbesondere das Gesundheitswesen wird auf ein gesichertes Vertrauenskapital angewiesen sein, wenn es in absehbarer Zeit die Folgen des demographischen Wandels zu bewältigen haben wird. Aufbau und Erhalt eines solchen Vertrauenskapitals erfordern vielfältige sozialpolitische Maßnahmen. Jedoch ist auch das Strafrecht gefordert:[15] Die Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten der EU zeigen jedenfalls, in welchem Ausmaß die Akzeptanz des Gesundheitssystems Schaden nimmt,[16] wenn zentrale Akteure die für sie geltenden Normen des Gesundheitsrechts missachten, ohne dass Normverletzungen konsequent geahndet werden. Die bestehenden Strafbarkeitslücken zu schließen, ist daher kriminalpolitisch richtig.

4. Schutzrichtung der §§ 299a, 299b StGB-E

Die §§ 299a, 299b StGB-E schützen das Gesundheitswesen als Institution, indem die für die Erbringung bzw. den Austausch von Leistungen auf dem Gesundheitsmarkt grundlegenden Normen gegen eine korruptive Umgehung strafrechtlich abgesichert werden. Schutzwürdig ist der rechtlich strukturierte Ordnungsmechanismus des Gesundheitsmarkts als solcher, d.h. unabhängig davon, ob auf Teilmärkten vollständiger, regulierter oder kein Wettbewerb herrscht. Dementsprechend wenden sich die Straftatbestände sowohl gegen korruptive Handlungen, die den Wettbewerb verzerren (§§ 299a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 299b Abs. 1 Nr. 1, Abs 2 StGB-E), als auch gegen den „Kauf“ heilberuflicher Entscheidungen außerhalb konkreter Wettbewerbslagen (§§ 299a Abs. 1 Nr. 2, 299b Abs. 1 Nr. 2 StGB-E). Die Tatvarianten haben folglich dieselbe Grundlage. Die Unterscheidung zwischen dem Schutz des Wettbewerbs als Ordnungsmechanismus einerseits und dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität der heilberuflichen Entscheidung[17] führt folglich nicht zu systematischen Inkonsistenzen, die einen ausschließlichen Schutz des Wettbewerbs als vorzugswürdig erscheinen ließen.[18] Vielmehr spiegeln die beiden Tatvarianten in indealerweise den deutschen Gesundheitsmarkt, der teils wettbewerblich, teils nicht wettbewerblich strukturiert ist.

II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit

1. Verhältnismäßigkeit und mögliche Alternativen zum Strafrecht

Aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens stellt dessen Schutz einen „wichtigen Gemeinschaftsbelang“[19] bzw. ein „wichtiges Anliegen der Gemeinschaft“[20] im Sinne des BVerfG und damit ein verfassungsrechtlich zulässiges Ziel dar. Alternativen, die vergleichbar effektiv sind und in weniger schwerwiegender Weise in die Berufsausübungsfreiheit eingreifen, existieren nicht. Auf die Selbstheilungskräfte des Gesundheitsmarktes zu vertrauen und diese mit Bußgeldvorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts zu unterstützen,[21] ist weder aussichtsreich noch angemessen.[22] Die Selbstheilungskräfte des Gesundheitsmarktes haben sich in der Vergangenheit als recht schwach erwiesen. Soll eine nachhaltige Entfaltung dieser Selbstheilungskräfte ausgelöst werden, bedarf es eines spürbaren Impulses von Seiten des Staates. Die Einführung von Bußgeldregelungen stellt nach hiesiger Einschätzung keinen wirksamen Impuls dar, da von Bußgeldern des Ordnungswidrigkeitenrechts eine deutlich geringere tatsächliche und symbolische Wirkung ausgeht als von Straftatbeständen. Im Übrigen wäre es jenen Ärzten, die zugleich Amtsträger sind, nicht zu erklären, dass sie Straftatbeständen (§§ 331, 332 StGB) und nicht nur dem öffentlichen Disziplinarrecht unterworfen sind.

2. Der Adressatenkreis und das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG

Die §§ 299a, 299b StGB-E schützen die Institution Gesundheitswesen nicht flächendeckend, sondern haben einen in personeller und sachlicher Hinsicht eingeschränkten Anwendungsbereich. Was den Adressatenkreis betrifft, so gelten die Tatbestände nicht nur für jene niedergelassenen Vertragsärzte, die im Zentrum der rechtspolitischen Debatte standen, sondern für sämtliche Angehörige eines Heilberufes, dessen Ausübung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Die Tatbestände erfassen folglich auch Personen, die einen Gesundheitsfachberuf ausüben, namentlich Gesundheits- und Krankenpfleger, Logopäden und Ergotherapeuten.[23] Teile der Literatur und Interessenvertreter kritisieren diese Weite.[24] Tatsächlich nehmen Angehörige nicht-akademischer Heilberufe keine Ärzten, Zahnärzten oder Apothekern vergleichbare Funktion bei der Verteilung von Ressourcen im Gesundheitswesen ein.[25] Indes schützen die Tatbestände, wie gesehen, nicht das Vermögen (der Patienten, der Solidargemeinschaft oder der Wettbewerber), sondern die den Ordnungsmechanismus des Gesundheitsmarktes konstituierenden gesundheitsrechtlichen Regeln. Wer gegen die auf dem Gesundheitsmarkt geltenden Ordnungsregeln verstößt, schädigt eine Institution.[26] Diese verdient Schutz auch gegenüber korruptiven Handlungen von Personen, die in geringerem Umfang Gesundheitsleistungen abnehmen bzw. verordnen.[27] Vor diesem Hintergrund ist die Wahl eines weiten Adressatenkreises in verfassungsrechtlich haltbarer Weise begründbar.

Ein anderer – ebenfalls verfassungsrechtlich relevanter –  Vorwurf lautet, § 299a StGB-E sei ein Sondertatbestand, der Angehörige von Heilberufen gegenüber Angehörigen anderer freier Berufe ungerechtfertigt diskriminiere, weil auf letztere weder § 299 StGB noch ein Sondertatbestand Anwendung finde.[28] Auch diese Kritik ist nicht stichhaltig. Architekten oder Rechtsanwälte operieren nicht in Strukturen mit einer derart großen sozialen Bedeutung und hohen Korruptionsanfälligkeit wie die von den §§ 299a, 299b StGB-E erfassten Personen.[29]  Insofern ist die vom Gesetzgeber getroffene Auswahl nicht willkürlich, sondern im Gegenteil wohl begründet.

Schließlich geht auch der Vorwurf fehl, die §§ 299a, 299b StGB-E seien keine Korruptionsdelikte, sondern „Professionsdelikte“[30]. Zwar adressieren die Tatbestände die Angehörigen einer Profession, jedoch kriminalisieren sie typisches Korruptionsunrecht.[31] Sie schirmen den gesundheitsrechtlichen Steuerungs-, Verteilungs- und Ordnungsmechanismus gegen unlautere Verzerrungen ab bzw. schützen den vom Gesundheitsrecht strukturierten Markt für Gesundheitsdienstleistungen vor der Umgehung der diesen Markt konstituierenden Regeln. Der Schutz einer Institution vor der korruptiven Außerkraftsetzung ihrer grundlegenden Regeln ist das gemeinsame – und (verfassungsrechtlich wie strafrechtstheoretisch) zulässige[32] – Ziel aller Korruptionstatbestände.[33] Entscheidend für den Korruptionsbegriff ist demnach die Einbindung des korruptiv Beeinflussten in eine Organisation bzw. Institution. Ob man sich den Bestochenen als „Diener zweier Herren“ vorstellen kann, ist hingegen von geringerer Erklärungskraft. Aussagekräftig ist dieses Bild nämlich nur für die Bestechung von Angestellten oder Beauftragten i.S.d § 299 StGB. Amtsträger oder Mandatsträger dienen hingegen keinem personifizierten „Herrn“, sondern dem Staat bzw. dem Souverän. Gleichwohl sind Amts- und Mandatsträger in Institutionen eingebunden, deren Regeln nicht korruptiv umgangen werden dürfen. Folglich handelt es sich bei den §§ 331 ff., 108e StGB anerkanntermaßen um Korruptions- und nicht um Professionsdelikte. Nicht anders verhält es sich bei den §§ 299a, 299b StGB.

Angesichts dessen ist der personelle Zuschnitt der Tatbestände hinreichend begründet. Den Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen verlässt der Gesetzgeber schon aus diesem Grund nicht. Überdies hat das BVerfG in der Inzest-Entscheidung (und damit in Bezug auf einen weitaus problematischeren Tatbestand) einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG mit dem Einwand zurückgewiesen, der Gesetzgeber habe „in weitem Umfang die Befugnis zu differenzierter Tatbestandsgestaltung“[34].

3. Die Tathandlungsbeschreibungen und das Bestimmtheitsgebot

a) Akzessorietät als Bestimmtheitsproblem?

Der gegen den Referentenentwurf geltend gemachte Einwand, der Tatbestand sei un- bzw. unterbestimmt,[35] trifft den Regierungsentwurf nicht.[36] Die Vorschriften kriminalisieren den Tausch von einem – weit zu verstehenden – Vorteil und  der unlauteren Bevorzugung im ausländischen oder inländischen Wettbewerb bzw. einer Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit.

Der Begriff „unlautere Bevorzugung“ ist dem § 299 StGB entlehnt und dort Gegenstand einer Vielzahl von Urteilen gewesen, welche die Operationalisier- und Konkretisierbarkeit dieses Begriffs zeigen.[37] Zugleich ist damit gewährleistet, dass Kooperationen, die gesundheitsrechtlich erlaubt sind, keine strafbare Bevorzugung sein können. Was im Sozialrecht erlaubt ist,[38] wird auch künftig nicht strafbar sein. Damit ist die Widerspruchsfreiheit des Rechts gewährleistet, was für die verfassungsrechtlich garantierte Vorhersehbarkeit strafrechtlicher Folgen wichtig ist.

Auch im Übrigen ist gegen die Verwendung eines normativen Tatbestandsmerkmals verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Denn ein Straftatbestand kann der Vielgestaltigkeit des Lebens nur annäherungsweise Herr werden; Straftatbestände müssten „zwangsläufig“ abstrakt sein, betont das BVerfG in seiner Untreue-Entscheidung.[39] Selbst die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe „bis hin zu Generalklauseln“ sei im Strafrecht nicht von vornherein ausgeschlossen. Der Gesetzgeber, heißt es weiter, könne Tatbestände auch so ausgestalten, dass zu ihrer Auslegung auf außerstrafrechtliche Vorschriften zurückgegriffen werden müsse. Was der Gesetzgeber selbst regeln müsse und was der Interpretation überlassen werden könne, ließe sich nicht allgemein sagen, sondern sei im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen zu entscheiden.

Der Gesetzgeber kann in den §§ 299a, 299b StGB-E ebenso wenig wie in anderen Korruptionsvorschriften exakt auflisten, wann ein Tausch von Vorteil und Bevorzugung strafbar ist. Er muss vielmehr über das Tatbestandsmerkmal „unlauter“ gesundheitsrechtliche Vorschriften in Bezug nehmen. Die Straftatbestände sind mithin akzessorisch. Dies ist keine – strafrechtsdogmatisch anstößige oder gar verfassungsrechtliche relevante – Besonderheit, sondern die Regel: Auch die §§ 108e, 331 ff. StGB und viele andere Straftatbestände nehmen auf außerstrafrechtliche Primärnormen Bezug, ohne dass dies (verfassungsrechtlich) problematisch wäre.[40]

b) Rechtsungleichheit durch lokal verschiedenartige Normen?

Besonders deutlich wird die Akzessorietät der Tatbestände durch das Abstellen auf die Pflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit der heilberuflichen Entscheidung. Hier ist es offensichtlich, dass die Strafvorschriften durch den Rückgriff auf gesundheitsrechtliche Normen konkretisiert werden müssen. Dies meint nicht nur staatliche (Gesetzes-)Normen, sondern – wie die Gesetzesbegründung hervorhebt – „insbesondere“ auch die verbindlichen Berufsordnungen der Heilberufskammern.[41] Dagegen wird eingewandt, die Berufsordnungen seien regional unterschiedlich und bildeten einen „Flickenteppich“ von Regeln, die von „typischerweise rechtsunkundigen Normadressaten“ nicht zu überblicken seien.[42] Indes ist dies im Kernstrafrecht nicht unüblich. So sanktioniert nicht nur das Umweltstrafrecht die Einhaltung von verwaltungsrechtlichen Pflichten, die nicht nur regional, sondern lokal unterschiedlich sein können.[43] Auch die Amtsträgerbestechungsdelikte der §§ 331 ff. StGB werden, von Bundesland zu Bundesland, Stadt zu Stadt, ja von Behörde zu Behörde durchaus unterschiedlich gehandhabt: Was in einem Bundesland eine noch genehmigungsfähige Nebentätigkeit ist, kann in einem anderen bereits untersagt und ggfs. nach §§ 331 ff. StGB strafbar sein. Und der Beamte der Universität zu Köln mag Essenseinladungen annehmen, die einem Bediensteten der Fachhochschule Köln untersagt sind. All dies zeigt: Unter Strafandrohung gestellt wird kein (wie auch immer zu bestimmender) bundeseinheitlicher Mindeststandard[44], sondern die für den Einzelnen konkret geltende Norm. Dass dem Einzelnen die Pflicht auferlegt wird, sich über die in seinem Kammerbezirk geltenden Regeln zu informieren, ist die Kehrseite seiner Freiheit zur Berufsausübung und damit grundsätzlich hinnehmbar. Auch Pharmaunternehmen, die mit Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe Geschäftsbeziehungen eingehen, ist es zumutbar, sich über die jeweils geltende Rechtslage zu informieren: Derlei ist für Unternehmen – zumal solchen, die auf Auslandsmärkten tätig sind – eine alltägliche Übung[45].

c) Die in Bezug genommenen Normen bzw. Pflichten

aa) Schwieriger zu beurteilen ist, welche der „vor Ort“ geltenden Regeln die Unabhängigkeit der heilberuflichen Entscheidung ausgestalten. Die Frage, die die Bezugnahme auf die Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit in den Tatbestandsalternativen §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 299b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB-E aufwirft, lautet: Unabhängigkeit wovon?

Legt man die oben beschriebene Zweckrichtung der Vorschriften zugrunde, kann nur die Unabhängigkeit der Heilentscheidung von dominierenden ökonomischen Erwägungen gemeint sein. Inwieweit Ärzte und andere von den Straftatbeständen erfasste Berufsträger ihre heilberuflichen Entscheidungen an ökonomischen Eigeninteressen orientieren dürfen, bestimmt eine Vielzahl gesundheitsrechtlicher Normen. Relevant für die Konkretisierung der §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 299b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB-E sind daher sämtliche Vorschriften, die angeben, inwieweit sich ein Angehöriger eines Heilberufs bei seinen Entscheidungen von ökonomischen Interessen leiten lassen darf. Tatbestandlich kann, wiederum anders gewendet, nur die Verletzung gesundheitsmarktbezogener Pflichten sein.[46] Damit ist ein klares Kriterium für die Unterscheidung zwischen irrelevanten und straftatbestandsrelevanten Pflichten gefunden.

bb) Zu finden sind diese Pflichten teils in formellen, staatlichen Normen des Gesundheitsrechts, die wiederum von nicht-staatlichen Normen der Berufskammern konkretisiert werden. Teils finden sich entsprechende Vorgaben nur in Richtlinien von Kammern oder Verbänden. Auch die zuletzt genannten Normen können zur Bestimmung bzw. Konkretisierung der Pflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit heilberuflicher Entscheidungen herangezogen werden, wenn sich aus ihnen Vorgaben für die Grenze zwischen einem zulässigen und einem unzulässigen Einfluss ökonomischer Erwägungen auf eine heilberufliche Entscheidung ableiten lassen. Dieses Vorgehen ist nicht ungewöhnlich: Informelle, nicht-staatliche Regeln der ärztlichen Heilkunst werden ohne Weiteres zur Konkretisierung der Fahrlässigkeitstatbestände (§§ 222, 229 StGB) herangezogen; Compliance-Richtlinien in Krankenhäusern, Behörden und Unternehmen konkretisieren die §§ 331 ff. StGB bzw. dienen zur Bestimmung des Lauterkeitsmaßstabes des § 299 StGB oder werden bei der Interpretation des § 266 StGB herangezogen. Angesichts dessen kann es für Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe nicht unzumutbar sein, sich über die für sie geltenden Verhaltensstandards zu informieren. Amtsträger oder Mitarbeiter von Unternehmen müssen dies jedenfalls schon jetzt tun. Dem Bestimmtheitsgebot ist in all diesen Fällen genüge getan.

cc) Eine verfassungsgemäße Anwendung der Straftatbestände ist selbst dann möglich, wenn eine Sachfrage allgemein oder von einer Kammer offen gelassen worden ist. In einem solchen Fall muss der Gesetzesinterpret einen objektiven Verhaltensmaßstab eines durchschnittlichen Angehörigen der Berufsgruppe durch Heranziehung vergleichbarer Regelungen in anderen Bezirken oder Sachgebieten oder durch den Rückgriff auf die tatsächlich anerkannten Usancen einer Berufsgruppe ermitteln. Dies verhindert, dass Angehörige eines Heilberufes nur deshalb straffrei bleiben, weil ihre Kammer (bewusst oder unbewusst) keine Vorgaben für die Sicherung der Unabhängigkeit der heilberuflichen Entscheidung macht, obwohl das in Rede stehende Problem keine abseitige Einzelerscheinung ist.

Bei einer solchen Konkretisierung des Verhaltensmaßstabes muss die Frage leitend sein, ob die konkrete heilberufliche Entscheidung noch in hinreichendem Maße vom Patienteninteresse getragen war oder umgekehrt von einem ökonomischen Interesse dominiert würde. Auch eine solche Ermittlung eines ungeschriebenen Verhaltensmaßstabes ist keine Besonderheit der §§ 299a, 299b StGB, sondern tägliche Praxis bei der Auslegung von Fahrlässigkeitstatbeständen oder – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen –  bei der Anwendung des § 266 StGB i.V.m. § 93 Abs. 1 AktG. Letzterer hebt auf die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ ab und ist dennoch nicht stärker bestimmt als die Formel von der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit.

Wenn sich für einzelne Kooperationsformen noch keine klaren Grenzen zwischen legaler und korruptiver Zusammenarbeit ziehen lassen,[47] ist dem Interesse der Adressaten der Straftatbestände an einer vorhersehbaren Rechtsanwendung angemessen Rechnung zu tragen. Dies kann dadurch geschehen, dass – wie bei § 266 StGB – nur Entscheidungen kriminalisiert werden, die objektiv unvertretbar sind.[48] Hier und nur hier kann es allein um die strafrechtliche Garantie eines Mindeststandards gehen.[49]

dd) Insgesamt erweist sich, dass die Straftatbestände keine verfassungsrechtlich relevanten Bestimmtheitsprobleme aufwerfen.

III. Ausgestaltung der Straftatbestände

1. Lozierung der Tatbestände

Wer die bestehenden Strafbarkeitslücken schließen will, steht vor drei Regelungsalternativen. Wie sich zeigen wird, hat der Regierungsentwurf die beste Alternative gewählt.

a) Sozialgesetzbuch?

Zu Recht nicht mehr weiter verfolgt worden ist der Ansatz, einen Straftatbestand im SGB V zu schaffen.[50] Eine solche Regelung klammert von vornherein sämtliche Sachverhalte aus, die sich auf die Behandlung privat versicherter Patienten beziehen.[51] Zudem weist eine Regelung außerhalb des Strafrechts eine suboptimale kommunikative Wirkung aus, wird Normadressaten und Gesellschaft doch signalisiert, dass diese Form von Korruption weniger schwerwiegend ist als die vom Strafgesetzbuch erfassten Formen.[52] Dass nun im StGB Tatbestände geschaffen werden, die speziell auf Angehörige von Heilberufen zugeschnitten sind, setzt ein der Problematik angemessenes Signal.[53]

b) 30. Abschnitt des Strafgesetzbuchs?

Der Deutsche Richterbund[54] ist der Ansicht, die Einordnung der Straftatbestände gegen die Korruption im Gesundheitswesen im 30. Abschnitt über die Amtsträgerdelikte  (§§ 331 ff. StGB) trüge „der Bedeutung ethisch angemessenen Verhaltens von Angehörigen der Heilberufe“ besser Rechnung als die für den 26. Abschnitt vorgesehenen Regelungen. Dies geht jedoch zu weit und an der Sache vorbei: Das Strafrecht darf „ethisch angemessenes Verhalten” (was immer darunter zu verstehen ist) nicht ohne weiteres erzwingen,[55] sondern bedarf eines konkreten Bezugspunkts. Ein solcher kann aus den Funktionen der Berufsgruppen abgeleitet werden. Die Korruptionsverbote sichern dann nicht ethisch-moralische Standards, sondern die Funktionsbedingung der Institution, in der die jeweiligen Berufsträger tätig sind. Aus diesem Blickwinkel wird deutlicher, weshalb Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen nicht per se mit Amtsträgern verglichen werden können: Anders als Amtsträger repräsentieren sie nicht den Staat, sind nicht ausschließlich gemeinwohlgebunden, sondern dürfen durchaus wirtschaftlich eigennützig handeln[56], haben also keine mit einem Amtsträger vergleichbare generelle Loyalitäts- und Integritätspflichten. Angehörige von Heilberufen sind lediglich für die Beachtung jener Regeln und Verfahren verantwortlich, mittels derer Leistungen im Gesundheitswesen verordnet und ausgetauscht werden. Daher ist der 30. Abschnitt des StGB („Straftaten im Amt“) kein angemessenes Umfeld für Straftatbestände, die diese Regeln und Verfahren gegen korruptive Umgehung absichern.[57]

c) 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches

Der angemessene Ort ist folglich der 26. Abschnitt über die „Straftaten gegen den Wettbewerb“. Dass der Wettbewerb auf dem Gesundheitsmarkt nicht „frei“ ist,[58] steht dem nicht entgegen, zumal auch andere regulierte Wirtschaftsbereiche in den Anwendungsbereich der §§ 298 ff. StGB einbezogen sind. Auf allen Märkten wird der Wettbewerb nicht als Idealtyp, sondern in seiner konkreten, d.h. rechtlich ausgeformten Gestalt geschützt.

Innerhalb dieses Abschnitts bieten sich zwei kriminalpolitische Optionen an: Zunächst ließe sich der Adressatenkreis des § 299 StGB dadurch erweitern,[59] dass neben Vertragsärzten und anderen Heilberuflern sämtliche Angehörige freier Berufe und selbstständige Unternehmer erfasst würden. Diese Lösung trüge zwar dem Charakter des § 299 StGB als wettbewerbsschützendem Tatbestand Rechnung. Indes hätte diese Lösung auch Angehörige von freien Berufen kriminalisiert, die von weit geringerer sozialer und wirtschaftlicher Bedeutung sind als die Heilberufe. Da zudem der zu erwartende Widerstand diese Option als politisch wenig attraktiv erscheinen lässt, ist die Einführung besonderer Straftatbestände der angemessene Weg.[60]

2. Tathandlungen

a) Grundstruktur

§ 299a StGB pönalisiert die (passive) Bestechlichkeit des Angehörigen eines „Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert.“ Die spiegelbildlich formulierte Schwesternorm § 299b StGB wendet sich gegen die (aktive) Bestechung. Beide Tatbestände unterscheiden mehrere Arten heilberuflichen Handelns und kriminalisieren diese in unterschiedlichem Ausmaß.[61] § 299a Abs. 1 StGB und § 299b Abs. 1 StGB beziehen sich auf die Bestechlichkeit bzw. Bestechung im Zusammenhang mit der Verordnung und Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten sowie im Zusammenhang mit der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial. Für strafbar erklärt werden zwei Formen der korruptiven Beeinflussung dieser heilberuflichen Entscheidungen: zum einen der Austausch von Vorteil und unlauterer Bevorzugung im Wettbewerb (Abs. 1 Nr. 1), zum anderen der Tausch von Vorteil und Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit (Abs. 1 Nr. 2). Die genannten Tatbestände wenden sich mithin gegen eine unmittelbare korruptive Beeinflussung des Verhältnisses zwischen dem Angehörigen eines Heilberufs und seinen Patienten: Die Korruption soll sich unmittelbar auf eine Verordnung, Medikamentenabgabe oder Überweisung niederschlagen und damit nicht nur die Regeln des Gesundheitssystems verletzen, sondern auch die Rechtssphäre des Patienten tangieren.

b) Zu §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, 299b Abs. 1 Nr. 1 StGB-E

Der Unterschied zwischen den Tatvarianten Nr. 1 und Nr. 2 besteht darin, dass die erstere eine Wettbewerbslage verlangt, die in letzterer fehlen kann. Damit erhalten die Tatvarianten der Nr. 2 einen eigenständigen, auch praktisch relevanten Anwendungsbereich.[62] Er erfasst korruptive Handlungen im Vor- oder Umfeld eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses sowie Handlungen auf monopolisierten oder stark regulierten Märkten. Weil das Gesundheitswesen und das Vertrauen der Patienten auch Schutz verdienen,[63] wo (noch) kein Wettbewerb besteht, ist die Kriminalisierung angemessen.[64]

c) Zu §§ 299a Abs. 2 Nr. 2, 299b Abs. 2 StGB-E

Die §§ 299a Abs. 2 und 299b Abs. 2 StGB-E pönalisieren die Bestechlichkeit bzw. Bestechung beim Bezug von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln bzw. Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind. Die Korruption erreicht hier noch nicht die Rechtssphäre konkreter Patienten, tangiert aber jene Regeln des Gesundheitssystems, die den Bezug von Arzneimitteln und dergleichen steuern. Zudem wird die Gefahr geschaffen, dass die Konsequenzen der korruptiv verzerrten Bezugsentscheidung alsbald konkrete Patienten erreichen. Bei diesen Vorfeldtatbeständen liegt die Tathandlung im Tausch eines Vorteils gegen eine Verletzung der „berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“.

3. Unrechtsvereinbarung

„Kernbestandteil“[65] der Korruptionsvorschriften im engeren Sinne ist die Unrechtsvereinbarung.  Sie findet sich als Tatbestandsvoraussetzung sowohl in den §§ 332, 334 StGB sowie im § 299 StGB, der als Vorbild der §§ 299a, 299b StGB-E fungiert. Auch in – fast – allen Varianten der §§ 299a, 299b StGB-E ist die Unrechtsvereinbarung enthalten. Sie fehlt – was bislang weitestgehend übersehen wurde[66] – jedoch im Regierungsentwurf zu § 299a Abs. 2 StGB-E (vgl. das Fehlen von „als Gegenleistung“ in der Tathandlungsumschreibung). Nach Auskunft des BMJV an den Verf. vom 30.9.2015 handelte es sich dabei um ein Redaktionsversehen.[67] Wird das Redaktionsversehen korrigiert, sind in allen Tathandlungsvarianten nur solche Vorteilsgewährungen tatbestandsmäßig, die „als Gegenleistung“ für eine zumindest intendierte unlautere Bevorzugung im Wettbewerb oder eine Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit gefordert, versprochen, angenommen oder gewährt werden. Nicht erfasst werden hingegen Fälle, in denen keine solche Verbindung von Vorteil und Bevorzugung vereinbart wird, sondern mit der Vorteilsgewährung nur ein allgemeines Wohlwollen geschaffen werden soll. Dieser Umstand ist im Gesetzgebungsverfahren von der Partei „Die Linke“ kritisiert worden.[68] Dies zu Unrecht. Denn anders als im öffentlichen Sektor ist die „Klimapflege“ in der Privatwirtschaft nicht grundsätzlich strafwürdig. Auswüchsen kann gesundheits- und standesrechtlich begegnet werden, eine Ausdehnung der Straftatbestände erschiene hingegen unverhältnismäßig. Daher ist die Forderung nach Streichung des Erfordernisses einer Unrechtsvereinbarung zurückzuweisen.

IV. Würdigung und Ausblick

1. Gesamtwürdigung

Sowohl die kriminalpolitische Notwendigkeit (I.) als auch die verfassungsrechtliche Zulässigkeit (II.) der Straftatbestände kann nach den vorstehenden Ausführungen bejaht werden. Auch gegen die Umsetzung bestehen keine durchgreifenden Bedenken (III.).

2. Folgen für Verbände, Kammern, Krankenhäuser und die Pharmaindustrie

Da der politische Wille zur Umsetzung des Gesetzesvorhaben vorhanden ist, ist davon auszugehen, dass die Straftatbestände weitgehend in jener Form in Kraft treten werden, die ihnen der Regierungsentwurf verliehen hat. Die neuen §§ 299a, 299b StGB-E werden dann zu den zentralen Strafvorschriften avancieren, an denen sich sämtliche Formen von Kooperationen zwischen den verschiedenen Akteuren auf dem Gesundheitsmarkt werden messen lassen müssen. Zugleich verschärfen sie über die Bußgeld- und Verfallsvorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts (§§ 29a, 30, 130 OWiG) das Haftungsregime für Krankenhaus- bzw. Pharmakonzerne und andere auf dem Gesundheitsmarkt agierende juristische Personen.[69]

Weil die geplanten Vorschriften ebenso wenig wie andere Korruptionstatbestände ein als korruptiv erachtetes Verhalten abschließend definieren können, müssen sie auf gesundheitsrechtliche Primärnormen zurückgreifen. Dass diese Primärnormen (auch) von Kammern und Verbänden geschaffen werden, stellt – anders als verbreitet behauptet wird – eher eine Chance als ein Risiko dar. Denn gerade wegen dieser Akzessorietät können die Kammern und Verbände den Anwendungsbereich der Straftatbestände mitgestalten, indem sie Berufsausübungsregeln spezifizieren und Best-Practices für nicht-korruptive Kooperationen, Marketingmodelle und dergleichen erarbeiten. Auch Pharmaunternehmen und Krankenhauskonzerne sollten ihre Compliance-Maßnahmen überprüfen und ggfs. anpassen. Der Ball wird also in das Feld des Gesundheitsmarktes zurückgespielt. Die wichtigste Wirkung des Gesetzes besteht folglich darin, Ärztekammern und andere Verbände sowie die pharmazeutische Industrie zur Präzisierung ihrer Regeln und Empfehlungen für legale Kooperationsformen zu motivieren. Die §§ 299a, 299b StGB-E  erzwingen auf diese Weise die Entfaltung von Selbstheilungskräften, ohne die sich ein Klima von Legalität und Integrität nicht durchsetzen lässt.[70] Das Gesetz ist mithin ein Beispiel für eine staatliche Top-down-Regulierung, die Impulse bei Kammern, Verbänden und Unternehmen auslösen und mittels dieser Intermediäre die einzelnen Berufsträger erreichen kann (was einem „Topping from the bottom“-Approach entspricht). Gerade die Berufsverbände und -kammern, die zu Recht ihre institutionelle und rechtliche Autonomie betonen, können nun zeigen, dass sie der – mit jeder Autonomie einhergehenden – Verantwortung zum Wohle ihrer Mitglieder und der Allgemeinheit gerecht werden.

3. Folgen für einzelne Angehörige von Heilberufen und die anwaltliche Beratung

Ärzte und Angehörige von Heilberufen stehen vor dramatisch veränderten Spielregeln. Mussten sie bislang selbst bei eindeutig korruptiven Handlungsweisen keine strafrechtlichen Folgen fürchten (wenn sie nicht in den Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB gelangten), können ihre Kooperationen untereinander oder solche mit der pharmazeutischen Industrie schon bald in das Visier von Staatsanwälten geraten. Strafbarkeitsrisiken drohen jedoch nur jenen, die am Rand existierender Regeln operieren oder neuartige Kooperationsmodelle ausprobieren. Lassen sie sich von ihren Kammern oder externen Juristen beraten, sind auch diese Risiken beherrschbar.

Um sich gegen strafrechtliche Risiken abzusichern, ist die Schaffung von Transparenz gegenüber Kammern und unter Umständen auch eine eingehendere (korruptionsstraf- und gesundheitsrechtliche) Prüfung anzuraten. Dabei kann durchaus mehrschrittig vorgegangen werden. Zunächst sollte ein geplantes Kooperationsmodell der zuständigen Kammer angezeigt und um Beurteilung der Zulässigkeit gebeten werden. Die Auskunft dient nicht nur der eigenen rechtlichen Orientierung, sondern kann im Fall staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen von entscheidender Bedeutung sein: Denn selbst wenn die Staatsanwaltschaft zu einer von der Einschätzung der Berufskammer abweichenden Bewertung der Kooperation gelangen sollte, könnte dem Beschuldigten ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 StGB attestiert werden.

Ist das Ergebnis der Kammer nicht eindeutig oder sieht sich diese zu einer Einschätzung (wegen der rechtlichen Komplexität der Frage) außer Stande, sollte ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben werden. Dabei sind die für die Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums geltenden Grundsätze der Rechtsprechung zu beachten.[71] Insbesondere muss der Gutachter unabhängig in dem Sinne sein, dass das Ergebnis seiner Prüfung eigene Interessen weder positiv noch negativ berührt. Daher sollte die strafrechtliche Bewertung nicht von demselben Rechtsanwalt vorgenommen werden, der die gewünschte Kooperation gesellschaftsrechtlich ausgestaltet. Darüber hinaus muss die um Rat gefragte Person oder Sozietät über eine hinreichende Expertise verfügen. Eine solche Expertise ist auf dem neuen und schwierigen Terrain der §§ 299a, 299b StGB-E nicht leicht zu finden, verzahnt die Begutachtung doch komplexe korruptionsstraf- und gesundheitsrechtliche Fragestellungen. Schließlich müssen dem Gutachter sämtliche Informationen zur Verfügung stehen. Intransparente Nebenabreden können das Ergebnis der Begutachtung verzerren und die strafrechtliche Wirksamkeit aufheben. Zudem bieten unaufgedeckte (Neben-)Absprachen einen gut greifbaren Anknüpfungspunkt für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

Hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, wird es in rechtlicher Hinsicht vor allem darauf ankommen, wie nahe die gewählte Kooperationsform jenen Formen der Zusammenarbeit kommt, die das Gesundheitsrecht (im weitesten Sinne) ausdrücklich anerkennt. Lässt sich die verbleibende „Lücke“ mit gesundheitspolitisch anerkannten Argumenten füllen, lässt sich also zeigen, dass die Kooperation nicht nur Eigeninteressen dient, sondern auch gesundheitspolitisch sinnvoll ist, könnte eine Einstufung als strafbar vermieden werden. Hilfreich kann dabei die oben (II. 2. c, cc) gezeigte Parallele zur Untreuedogmatik sein. Danach kann ein Verhalten in einem vom Gesundheitsrecht nicht eindeutig geregelten Bereich nur dann strafbar sein, wenn es vor dem Hintergrund der Maximen des Gesundheitsrechts eindeutig unvertretbar und evident strafwürdig ist. In anderen Fällen sollte das Strafrecht schweigen.

[1] Dazu und zum Folgenden European Commission, Study on Corruption in the Healthcare Sector, Home/2011/ISEC/PR/047-A2, 2013, passim (zu Deutschland insbes. S. 239-241).

[2] Duttge, in: ders. (Hrsg.) Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 3 f.

[3] Dazu Kubiciel, HRRS 2015, 382 ff. (Täuschung und Irrtum); Hellmann, in: Fischer et al. (Hrsg.), Dogmatische und praktische Probleme des Schadensbegriffs im Vermögensstrafrecht, 2015, S. 245, 254 f. (Schaden).

[4] BGHSt 57, 202 ff. Dazu etwa Kölbel, StV 2012, 592 ff. Instruktiv, auch zur gegenläufigen Rechtsprechung der BGH-Senate Rübenstahl, HRRS 2011, 324 ff.

[5] BGHSt 57, 202, 218; Fischer, medstra 2015, 1 f. Aus kriminologischer Sicht Kölbel, Jahrbuch der Juristischen Gesellschaft Bremen, 2013, S. 88 ff.

[6]  Annex Germany to the Report from the Commission to the Council and the European Parliament – EU Anti-Corruption Report, Brüssel, 3.2.2014, COM(2014) 38 Final, Annex S. 6 f.

[7] S. den Antrag „Korruption im Gesundheitswesen effektiv bekämpfen“ der Bundestagsfraktion Die Linke, BT-Drs. 18/5452, S. 1.

[8]  Vgl. Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 930; H. Schneider, HRRS 2013, 473, 478. Ebenso die Interessenvertretung der Ärzte s. Stellungnahme der Bundesärztekammer, 20.11.2015, S. 12.

[9] Schröder, NZWiSt 2015, 322, 324.

[10] BVerfGE 120, 224, 240; 90, 145, 172 f. Umfassend dazu Lagodny, Strafrecht vor den Schranken des Grundgesetzes, 1996, S. 173 ff. mit weiteren Nachweisen.

[11] Vgl. BT-Drs. 18/6446, S. 10: 300 Milliarden Euro in 2012. Aktuelle Zahlen: 314, 9 Milliarden Euro im Jahr 2013, Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 132 vom 14.04.2015, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/04/PD15_132_23611.html;jsessionid=B97B0883625CF80A0D4E0299351C495F.cae1; S. a. Kölbel, in: AG Medizinstrafrecht (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, 2015, 57, 63 f.

[12] Überblick Burkhart/Salvenmoser/Bussmann (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität – Pharmaindustrie, 2013; Fischer, Indian Journal of Medical Ethics 11 (2014), 110 ff. Zu de lege lata straflosen Einweisungsvergütungen Kölbel, wistra 2009, 129, 132 f. Als „unstreitig“ bezeichnen Taschke/Zapf, medstra 2015, 332, 335, dass die engen Verknüpfungen und Formen der Zusammenarbeit das Risiko einer „unsachgemäßen Einflussnahme auf Beschaffungs-, Verordnungs- und Therapieentscheidungen“ schüfen.

[13] BT-Drs. 18/6446, S. 1.

[14] Eindringlich Fischer, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.), Unternehmenskultur und Wirtschaftsstrafrecht, 2015, S. 163, 167 ff.

[15] Diesbezüglich herrscht politische Einigkeit, vgl. BT-Drs. 18/6446, S. 1; BR-Drs. 16/15 (Gesetzesantrag des Freistaates Bayern); BausbackLange, BR-Protokolle, 936. Sitzung v. 25.9.2015, S. 330 ff.; Lange, Vogler, Luszak, Deutscher Bundestag, Protokolle, 18. WP, 137. Sitzung v. 13.11.2015, S. 13477 ff. Die  pharmazeutische Industrie begrüßt strafrechtliche Regeln mehrheitlich, dazu Bussmann/Burkhart/Salvenmoser (Fn. 13), S. 14. Zur Haltung der organisierten Ärzteschaft Montgomery, zitiert in Medical Tribune v. 26.2.2014 (abrufbar unter: http://www.medical-tribune.de/home/news/artikeldetail/prof-montgomery-korruption-im-strafrecht-verankern.html); s. ferner die Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes vom 10.4.2015, S. 6. Kritisch hingegen die Stellungnahme der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V., s. Bittmann/Brockhaus/Rübenstahl/Schröder/Tsambikakis, Stellungnahme WisteV zum Referentenentwurf, 2015. – Zustimmend aus der Literatur (chronologisch) Kubiciel, KPzK 5/2014, S. 3-6; Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11, 12; Schröder, NZWiSt 2015, 322, 323; Gaede/Tsambikakis/Lindemann, medstra 2015, 142, 144 f.; Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 930 f. – Kritik äußern hingegen die Unternehmensverteidiger Taschke/Zapf, medstra 2015, 332, 335: Das Berufsrecht und die Selbstheilungskräfte reichten aus (zu diesem nicht überzeugenden Argument unten bei Fn. 23).

[16] Nachweis oben Fn. 2.

[17] BT-Drs. 18/6446, S. 15.

[18] So aber Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme 40/2015, S. 2.

[19] BVerfGE 90, 145, 172 f., 184.

[20] Ebd.

[21] S. aber Geiger, NK 2013, 136, 145 f.; Krüger, StraFo 2012, 308, 316; Lindemann, in: ders./Ratzel (Hrsg.), Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen, 2010, S. 9, 35; Ulsenheimer, Festschrift für Steinhilper, 2013, S. 225, 236.

[22] Näher Cosak, ZIS 2013, 226, 229, 231; Kölbel, in: Duttge (Fn. 2), S. 87 ff.; Kubiciel, KPzK 5/2014, S. 4 f.; Murmann, in: Duttge (Fn. 2), S. 114.

[23] Ramb/Reich, CB 2015, 72, 74.

[24] Krit. Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 934; Frister, in: AG Medizinstrafrecht (Fn. 11), 75, 80 f.; Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142, 148 f.; Schröder, NZWiSt 2015, 361, 363; Stellungnahme der Bundesärztekammer, 20.11.2015, S. 12; Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme 40/2015, S. 9.

[25] Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 934; Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11, 15; Steenbreker, MedR 2015, 660, 662.

[26] Eindringlich Fischer, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.), Unternehmenskultur und Wirtschaftsstrafrecht, 2014, S. 163, 167 ff.

[27] Kubiciel, KPzK 5/2014, S. 11 f.; ders., MedR 2016, 1 ff. Es kommt hinzu, dass zunehmend ärztliche Aufgaben an nicht-ärztliche Heilberufsgruppen übertragen werden, zutr. Pragal/Handel, medstra 2015, 337, 339.

[28] S. aber H. Schneider, HRRS 2013, 473, 478; Kölbel (Fn. 11), 67.

[29] Zu letzterem Cosak, ZIS 2013, 226, 229; Duttge, in: ders. (Fn. 2.), S. 3, 9, 11; Murmann, in: Duttge (a.a.O.), S. 113.

[30] Saliger, Festschrift für Kargl, 2015, S. 493, 503.

[31] Dazu Kubiciel, MedR 2016, 1 ff.

[32] Zum Institutionenschutz durch das Strafrecht Kubiciel, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.), Strafverfolgung in Wirtschaftsstrafsachen. Strukturen und Motive, 2015, S. 158, 168 ff.

[33] Eser/Kubiciel, Institutions Against Corruption, 2005, S. 20 f. Enger Saliger (Fn. 30), der darauf abstellt, dass der Bestochene ein “Diener zweier Herren” sei.

[34] BVerfGE 120, 224, 253.

[35] Ähnlich in Bezug auf den Gesetzesantrag Bayerns Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11, 14.

[36] Gaede, medstra 2015, 263, 266; Schröder, NZWiSt 2015, 312, 330 ff. A.A. Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 931 f.; Stellungnahme der Bundesärztekammer, 20.11.2015, S. 9 ff.; Forschende Pharma-Unternehmen, Stellungnahme vom 21.11.2015, S. 5 f. S. auch Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme 40/2015, S. 9.

[37] So auch Die forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), Stellungnahme vom 21.11.2015, S. 5.

[38] Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219, 224.

[39] Dazu und zum Folgenden BVerfGE 126, 170, 198.

[40] Am Beispiel des § 108e StGB Kubiciel/Hoven, NK 2014, 393, 343 f. Am Beispiel der Amtsträgerbestechungsdelikte T. Zimmermann, ZStW 124 (2012), 1023 ff. Tatbestandsübergreifend Kubiciel, Die Wissenschaft vom Besonderen Teil des Strafrechts, 2013, S. 78 ff., 267 ff.

[41] Dazu und zum Folgenden BT-Drs. 18/6446, S. 21.

[42] Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195, 197; Gaede, medstra 2015, 263, 266; Pragal/Handel, NZWiSt 2015, 337, 342; Taschke/Zapf, medstra 2015, 332, 336. Ebenso: Die forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), Stellungnahme vom 21.11.2015, S. 6; Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme 40/2015, S. 8. Diff. Schroeder, NZWiSt 2015, 321, 327 ff.

[43] Saliger, Umweltstrafrecht, 2012, Rn. 80 ff. sowie (zur fehlenden Berechtigung der Kritik daran) Rn. 133 ff.

[44] Dies für §§ 299a, 299b StGB vorschlagend Gaede, medstra 2015, 263, 266.

[45] Dass Unternehmen und ihre Vertreter mangels Rechtskenntnis unvermeidbar über den Inhalt des Rechts irren könnten (Taschke/Zapf, medstra 2015, 332, 336), dürfte ein Ausnahmefall bleiben.

[46] Näher dazu Kubiciel, KPzK 5/2014, S. 9 ff. Dem in der Sache folgend BR-Drs. 16/15, S. 22; Ramb/Reich, CB 2015, 72, 76. AA: Schröder, NZWiSt 2015, 321, 328.

[47] Dazu Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 932.

[48] So für § 266 StGB Kubiciel, NStZ 2005, 353, 360. Vgl. auch Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 932.

[49] Gaede, medstra 2015, 263, 266, nimmt dies generell an.

[50] BT-Drs. 17/14184. Dazu etwa Kraatz, Arztstrafrecht, 2013, Rn. 324.

[51] Vgl. H. Schneider, HRRS 2013, 473, 476.

[52] Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11, 13. Ebenso Schröder, NZWiSt 2015, 321, 322 f.  

[53] Bei zwei von der Europäischen Kommission organisierten Tagungen am 19. und 20. November 2015 zur Korruption im Gesundheitswesen, auf denen der Verf. referierte, fand dieser Ansatz großes Interesse bei Vertretern einzelner Mitgliedstaaten (u.a. Frankreich) und der Eastern Partnership States (u.a. Aserbaidschan und Georgien). Nähere Informationen zu der Veranstaltung demnächst unter: European Commission, Migration Home and Affairs, Anti-corruption Experience Sharing Programme, unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/organized-crime-and-human-trafficking/corruption/experience-sharing-programme/index_en.htm.

[54] Stellungnahme Nr. 22/15, S. 2.

[55] Insoweit übereinstimmend Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme 40/2015, S. 2.

[56] Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 931.

[57] Wie hier Duttge (Fn. 2), S. 9. A.A.: Dannecker, ZRP 2013, 37, 41 f.; Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 934 f.; Schröder, NZWiSt 2015, 361, 363 f., die eine Regelung im Umfeld der §§ 331 ff. StGB befürworten und auf § 352 StGB verweisen, der – auch – Nicht-Amtsträger erfasst. Dabei handelt es sich aber um eine punktuelle Ausnahme und damit nicht um eine tragfähige Grundlage für die Aufnahme weiterer Tatbestände in den 30. Abschnitt, die Nicht-Amtsträger adressieren.

[58] So aber Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929, 934 f.

[59]Dafür H. Schneider, Rechtsgutachten zum Referentenentwurf vom Mai 2015, S. 30, abrufbar unter: krim.jura.uni-leipzig.de/ressources/Gutachten_Schneider_299a-StGB.pdf.

[60] Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11, 13 f.; Gaede/Tsambikakis/Lindemann, medstra 2015, 142, 146.

[61] Dazu und zum Folgenden Kubiciel, MedR 2016, 1 ff.

[62] Krit. hingegen Gaede/Tsambikakis/Lindemann, medstra 2015, 142, 153; Pragal/Handel, NZWiSt 2015, 342.

[63] Dazu oben I. 4.

[64] Schröder, NZWiSt 2015, 321, 325.

[65] Treffend Luczak, BT-Protokolle (Fn. 15), S. 13480.

[66] Vgl. Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929 ff.; Gaede, medstra 2015, 263 f.; Taschke/Zapf, medstra 2015, 332 ff. Anders der Ende November erschienene Beitrag von Pragal/Handel, medstra 2015, 337, 342 sowie die ebenfalls Ende November erschienene Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer, 40/2015, S. 8.

[67] Zu weiteren Redaktionsversehen vgl. meine die Stellungnahme für den BT-Rechtsausschuss.

[68] S. aber Vogler, BT-Protokolle (Fn. 15), S. 13478.

[69] Damit ist der Forderung der Partei „Die Linke“ nach einer „Unternehmenshaftung“ (BT-Drs. 18/5452, S. 2), bereits nach der lex lata genüge getan. Zur weitergehenden Diskussion um die Einführung eines „echten“ Unternehmensstrafrechts s. etwas die Aufsätze und Papiere auf der Projektseite: verbandsstrafrecht.jura.uni-koeln.de.

[70] Kubiciel, ZStW 120 (2008), 429, 435 ff.

[71] Allgayer, in: Graf/Jäger/Wittig (Hrsg.), Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 17 StGB Rn. 16-18.

Autorinnen und Autoren

  • Prof. Dr. Michael Kubiciel
    Prof. Dr. Michael Kubiciel, geschäftsführender Direktor des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität zu Köln, Sprecher der dort angesiedelten Forschungsgruppe Unternehmensstrafrecht sowie of counsel der Sozietät Tsambikakis und Partner.

WiJ

  • Dr. Elias Schönborn , Jan Uwe Thiel

    Gesetzliche Regelungen zur Handy-Sicherstellung sind verfassungswidrig (Österreich)

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht