Insolvenzstrafrechtliche Literatur im Zeitraum September bis Dezember 2015
I. Aufsatzliteratur
1. Marcus Janca/Christian Schroeder/Jan Baron: Strafrecht und Insolvenzrecht – Stationen, Friktionen, Lösungsansätze, wistra 11/2015,409-417.
Verf. eruieren in ihrem Beitrag, welche Auswirkungen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Angeklagten in den einzelnen Stadien des Strafverfahrens – vom Ermittlungs- bis zum Vollstreckungsverfahren – hat. Von den zahlreichen Themen, die die Verf. dabei anschneiden, sei eines besonders hervorgehoben: Die Folgen, die eine erfolgreiche Insolvenzanfechtung im Strafrecht zeitigt. Als strafrechtlich prekär erweist sich die Insolvenzanfechtung für den Schuldner, wenn der Insolvenzverwalter Zahlungen auf eine Geldstrafe, Zahlungen auf eine Geldauflage, deren Erfüllung Voraussetzung für eine Strafaussetzung zur Bewährung ist bzw. Zahlungen anficht, die der Schuldner, der eine strafbefreiende Selbstanzeige gestellt hat, geleistet hat, um seine Nachentrichtungspflicht (vgl. § 371 Abs. 3 Satz 1 AO) zu erfüllen. Verf. plädieren in diesen Konstellationen dafür, den Schuldner so zu stellen, als habe eine Zahlung nicht stattgefunden, um Ungleichbehandlungen mit dem Schuldner, der wegen seiner Insolvenz nicht bezahlt, sondern stattdessen andere Optionen sucht, um seinen Pflichten nachzukommen, zu vermeiden (S. 414 f., 416 f.).
2. Jörg Habetha/Simone Klatt: Die bankrottstrafrechtliche Organhaftung nach Aufgabe der Interessenformel – Zurechnungstheorie oder funktionale Zurechnung?, NStZ 12/2015,671-677.
Seitdem der BGH seine jahrzehntelang verfochtene Interessentheorie, der zufolge „als Organ“ i.S.d. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur handelte, wer die Bankrotthandlung zumindest auch im wirtschaftlich verstandenen Interesse des Gemeinschuldners begangen hat (s. dazu nur BGHSt 28, 371 [372]; St 30, 127; St 34, 221 [223]), verabschiedet hat (s. nur BGHSt 57, 229 [237 f.] = NJW 2012, 2366 [2368 f.]), nimmt die Diskussion um die „richtige“ Auslegung der Partikel „als“ kein Ende (vgl. jüngst Rogall, in: Festschr. f. Paeffgen, 2015, S. 361 ff.). Neben der Funktionstheorie, die im Kern darauf abhebt, ob der Geschäftsleiter „in Ausübung seines Amtes“ oder lediglich „bei Gelegenheit“ dieser Tätigkeit die Bankrotthandlung beging (exemplarisch Labsch, wistra 1985, 59 [60]; Winkelbauer, wistra 1986, 17 [19 f.]), steht ein organisationsbezogenes Zurechnungsmodell, das die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB immer dann annimmt, wenn der Täter das Verbandsvermögen entweder rechtsgeschäftlich wirksam geschädigt hat oder aber seine faktische Schädigung dieses Vermögens vom dafür zuständigen Verbandsorgan konsentiert wurde (dazu nur Brand, NStZ 2010, 9 [12 f.]; Radtke/Hoffmann, NStZ 2012, 91 [93]). In dieser Auseinandersetzung nehmen Verf. den Standpunkt der Funktionstheorie ein und machen die Zurechnungsoperation des § 14 StGB davon abhängig, ob die Delegation von Leitungsmacht dem Zurechnungsadressaten die Vornahme der Bankrotthandlung erst ermöglicht. Daran soll es fehlen, wenn die Bankrotthandlung, die der Organwalter begangen hat, ebenso gut von einem Dritten hätte verwirklicht werden können. Ob der Geschäftsführer einer GmbH, der statt des ihm ausgehändigten Schlüssels ein Stemmeisen benutzt, um das Garagentor zu öffnen, in dem der Oldtimer der GmbH steht, den es beiseite zu schaffen gilt, ein Bankrotteur ist oder aber „lediglich“ Untreue zum Nachteil der GmbH begeht, bleibt freilich eines der vielen ungelösten Rätsel dieser funktionalen Betrachtungsweise.
II. Kommentare/Handbücher/Festschriften
1. Heiko Ahlbrecht/Matthias Dann/Helga Wessing/Helmut Frister/Dennis Bock (Hrsg.): Unternehmensstrafrecht, Festschrift für Jürgen Wessing zum 65. Geburtstag, 2015, C. H. Beck Verlag, 249,€, ISBN 978-3-406-69008-4.
Eine Festschrift für einen ausgewiesenen Experten des Wirtschaftsstrafrechts, der zudem häufig zum Insolvenzstrafrecht publiziert hat, lässt auf einige insolvenzstrafrechtliche Beiträge hoffen. Diese Hoffnung wird in der von Heiko Ahlbrecht u.a. herausgegebenen und Jürgen Wessing zum 65. Geburtstag gewidmeten Festschrift nicht enttäuscht.
a) Den Anfang machen Hannah Milena Piel und Joachim Albert mit ihrem Beitrag „Risikogeschäfte im Lichte der business judgement rule“ (S. 209-222). Zwar behandelt dieser Beitrag kein originär insolvenzstrafrechtliches Thema. Jedoch spielen Risikogeschäfte auch im Rahmen des § 283 StGB eine Rolle – so verbietet § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB die Vornahme von Spekulationsgeschäften, die den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zuwiderlaufen, während der Krise – und darf der Themenkomplex „Untreue durch Risikogeschäfte“ getrost zum Insolvenzstrafrecht im weiteren Sinne gezählt werden, schon weil Risikogeschäfte im Falle ihres Fehlgehens und bei entsprechendem Volumen das gesamte Unternehmen in den Abgrund reißen können. Diese einleitenden Worte mögen genügen, sich im Rahmen eines insolvenzstrafrechtlich konnotierten Literaturüberblicks den Beitrag von Piel/Albert näher anzusehen.
Zunächst stellen Verf. ganz im Einklang mit der h.M. fest, der Geschäftsleiter müsse seine dem Vermögensschutz dienenden gesellschaftsrechtlichen Pflichten evident missachtet haben, um bei Fehlgehen eines Risikogeschäfts in das Fahrtwasser der Untreue zu geraten (S. 219). Obschon die Annahme, wonach es Art. 103 Abs. 2 GG verbiete, bereits jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung als untreuerelevante Pflichtwidrigkeit zu klassifizieren, nicht unsympathisch ist, bleiben Verf. leider eine Antwort auf die Frage schuldig, wann eine die business judgement rule missachtende Pflichtverletzung evident pflichtwidrig ist bzw. umgekehrt gefragt, wann eine Pflichtverletzung, die die äußersten Grenzen des weiten Geschäftsleitungsermessens überschreitet, nicht evident pflichtwidrig ist. Um untreuerelevante von untreueirrelevanten Pflichtverletzungen abzuschichten und damit dem ultima-ratio-Grundsatz Rechnung zu tragen, bietet sich ein Rekurs auf die grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung an, wie sie §§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 142 Abs. 2 Satz 1 AktG voraussetzen, um bspw. einer Aktionärsminderheit ein Klagezulassungsverfahren zu eröffnen (zu diesem Gedanken s. grdl. Seibt/Schwarz, AG 2010, 301 [312 ff.]). Auch die Voraussetzungen, unter denen eine missachtete Pflicht vermögensschützenden Charakter trägt, bleiben vage, zumal Verf. dem Geschäftsleiter, der Schmiergeldzahlungen tätigt, bereits wegen des Verstoßes gegen die solches Verhalten verbietenden Vorschriften einen untreuerelevanten Pflichtenverstoß vorwerfen (S. 220 f.), obschon der BGH gerade die Bestechungstatbestände als Vorgaben eingestuft hat, die noch nicht einmal mittelbar dem Vermögensschutz dienen (BGHSt 55, 288 [299 ff.]). Auf der Linie der „AUB-Entscheidung“ lässt sich in solchen Konstellationen eine Pflichtverletzung i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB nur annehmen, wenn der Geschäftsleiter durch die Schmiergeldzahlung zugleich seine satzungsmäßigen Pflichten missachtet hat (dazu BGHSt 56, 203, 211 f.).
b) Thematisch mit dem Aufsatz von Piel/Albert eng zusammen hängt der Beitrag von Alexander Loos, der „Die asymmetrische Akzessorietät der Untreue“ zum Titel hat und sich ebenfalls mit den Auswirkungen der business judgement rule auf die Reichweite des Untreuetatbestandes beschäftigt (S. 275-282). Darin gelangt Verf. zu dem Ergebnis, von der business judgement rule seien nur solche Pflichtverletzungen nicht gedeckt, die evident fehlerhaft seien und den einzuhaltenden Pflichtenmaßstab grob fahrlässig missachteten (S. 279 f.). Angesichts dieses Verständnisses von der business judgement rule hält es Verf. nicht mehr für erforderlich, einen gravierenden aktienrechtlichen Pflichtenverstoß zu fordern, um zu einer untreuerelevanten Pflichtwidrigkeit zu gelangen (S. 281 f.).
c) Ebenfalls kein originär insolvenzstrafrechtliches, gleichwohl aber mit dem Insolvenzstrafrecht verbundenes Thema behandelt Heiko Lesch. Sein Beitrag mit dem Titel „Zur Einwilligung bei der Untreue“ (S. 223-239) konzentriert sich auf die Frage, wer bei juristischen Personen dazu befugt ist, das den Untreuetatbestand ausschließende Einverständnis zu erklären. Verf. tritt der weit verbreiteten Ansicht, wonach bei der GmbH nur die Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Willensbildungsorgan befugt seien, das tatbestandsausschließende Einverständnis zu erklären, entgegen und stellt sich auf den Standpunkt, auch der Geschäftsführer könne im Rahmen der ihm übertragenen Befugnisse Vermögensschädigungen durch Mitarbeiter der Gesellschaft konsentieren (S. 230 ff.). Ob freilich diese Position so deutlich von der h.M. abweicht, wie Verf. meint, ist äußerst zweifelhaft, sind es doch die Gesellschafter – wieder in ihrer Eigenschaft als Willensbildungsorgan – die den Befugnisumfang des Geschäftsführers qua ihres umfassenden Weisungsrechts letztverbindlich abstecken. Entgegen vereinzelt gebliebener gesellschaftsrechtlicher Stimmen steht dem GmbH-Geschäftsführer nämlich kein Kernbereich an Befugnissen zu, der der Disposition durch die Gesellschafter entzogen ist. Die „Konsentierungskompetenz“ des GmbH-Geschäftsführers ist also nicht mehr, als ein von den Gesellschaftern antizipiert erklärtes tatbestandsausschließendes Einverständnis.
Im Streit um die Frage, welche gesellschaftsrechtlichen Vorschriften einem tatbestandsausschließenden Einverständnis Grenzen setzen, nimmt Verf. einen vermittelnden Standpunkt ein. Während die weiteste Ansicht bei sämtlichen Verstößen, die zur Beschlussnichtigkeit führen, ein Gesellschaftereinverständnis verneint, gelangt die Rspr. sowie das ihr zustimmende Schrifttum immer dann zur Unbeachtlichkeit der Gesellschafterzustimmung, wenn diese gegen § 30 GmbHG bzw. das Existenzvernichtungsverbot verstößt und will die extreme Gegenansicht jeder Gesellschafterzustimmung tatbestandsausschließende Kraft zubilligen. Verf. hingegen stellt darauf ab, ob die Vorschrift, die die Gesellschafterzustimmung missachtet, vermögensschützenden Charakter hat. Nur dann gehe es an, der Gesellschafterzustimmung keine tatbestandsausschließende Kraft zuzubilligen (S. 235 ff.).
d) Den Auswirkungen des Insolvenzrechts auf das Steuerstrafrecht spürt der Beitrag „Die Masseunzulänglichkeit als Ersatz für die Zahlung im Rahmen einer strafbefreienden Selbstanzeige“ von Horst Piepenburg nach (S. 367-374). Verf. weist zunächst auf das Dilemma hin, in dem sich Insolvenzverwalter befinden, weil sie trotz oft mangelhafter bzw. nicht vorhandener Buchführung von den Steuerbehörden dazu angehalten werden, zeitnah ihrer Pflicht nachzukommen, die Steuererklärungen des Insolvenzschuldners abzugeben. Um nicht mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen überzogen zu werden, schlägt Verf. den Insolvenzverwaltern für den Fall der Fälle vor, sich durch eine strafbefreiende Selbstanzeige verknüpft mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu enthaften (S. 369 ff.).
e) Mit dem strafprozessualen Verwendungsverbot des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO befasst sich der Beitrag „Die Pflicht zur `qualifizierten´ Belehrung im Insolvenz(straf)verfahren“ von Christof Püschel (S. 753-759). Verf. stellt darin die Forderung auf, der auskunftspflichtige Schuldner müsse möglichst frühzeitig darauf hingewiesen werden, dass die ihn selbstbelastenden Auskünfte, zu denen ihn das Insolvenzrecht verpflichtet, in einem späteren Strafverfahren gegen ihn nicht verwendet werden dürfen. Zwei Wege nennt der Verf., auf denen das Ziel, den Schuldner über den Inhalt des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO zu informieren, erreicht werden kann: Zum einen ließe sich erwägen, das Insolvenzgericht gemäß § 4 InsO i.V.m. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu verpflichten, den Insolvenzschuldner auf § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO hinzuweisen (S. 755 f.). Zum anderen erwägt Verf. – sollte der Weg über § 4 InsO i.V.m. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO keine Zustimmung finden – den Strafverfolgungsbehörden schon bei der ersten Vernehmung des Schuldners die Pflicht aufzuerlegen, diesen qualifiziert zu belehren, ihn also neben dem Hinweis auf sein Recht zu schweigen zusätzlich darüber aufzuklären, dass seine selbstbelastenden Auskünfte, die er im Insolvenzverfahren gemacht hat, gemäß § 97 Abs. 1 Satz. 3 InsO einem strafprozessualen Verwendungsverbot unterliegen (S. 756 ff.).
f)Michael Bremen nimmt sich schließlich mit seinem Beitrag „Irrlichtern zwischen Verfall und Insolvenzbeschlag“ (S. 821-832) dem schwierigen Verhältnis der strafrechtlichen Rückgewinnungshilfe (vgl. §§ 111b ff. StPO) zu den insolvenzrechtlichen Regelungen (hier v.a. den §§ 35, 80 Abs. 1 InsO) an. Nach Auswertung neuerer Stellungnahmen aus dem Schrifttum (S. 825 f.) sowie der höchstrichterlichen und Instanzrechtsprechung (S. 825 ff.) gelangt er zu dem Ergebnis, dass Pfändungs- oder Arrestpfandrechte, die im Wege der Rückgewinnungshilfe am Tätervermögen begründet wurden, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortfallen, es sei denn, die Straftatgeschädigten haben insolvenzfest – also vor Eingreifen der Rückschlagssperre (§ 88 InsO) und ohne einen Anfechtungstatbestand zu verwirklichen (vgl. §§ 129 ff. InsO) – ein eigenes Pfändungspfandrecht an denen qua Rückgewinnungshilfe sichergestellten Gegenständen erworben (S. 830 ff.).
2. Thomas Fischer: Kommentar zum StGB, 63. Aufl. 2016, C. H. Beck Verlag, 89,€, ISBN 978-3-406-68260-5 und Karsten Schmidt (Hrsg.): Kommentar zur Insolvenzordnung, 19. Aufl. 2016, C. H. Beck Verlag, 199,00 €, ISBN 978-3-406-68250-6.
Prima vista mag es verwundern, unter einem Punkt so unterschiedliche Werke wie den „Fischer“ und den „K. Schmidt“ vorzustellen. Doch die Unterschiede sind geringer, als es der erste Blick suggeriert. Bei genauem Hinsehen sind es „nur“ die Rechtsmaterien und der Umstand, dass der „Fischer“ allein von Thomas Fischer, der „K. Schmidt“ hingegen von mehreren Autoren bearbeitet wird, die die beiden Werke voneinander unterscheiden. Ansonsten, das hat der Rezensent schon in früheren, hier erschienenen Literaturübersichten herausgearbeitet (WiJ 2014, 240 [245 ff.] und WiJ 2015, 126 [130 f.]), gelingt es beiden Kommentaren auf eindrucksvolle Weise, ihre Materie – i.e. einmal das Straf-, das andere Mal das Insolvenzrecht – auf wenig Raum mit hoher Informationsdichte darzustellen. Für den Insolvenzstrafrechtler ergibt sich aus der Existenz dieser beiden Werke ein doppelter Gewinn. Antworten auf Fragen des Insolvenzstrafrechts im engeren Sinne – Fragen also, die den Bankrott, die Gläubiger- und die Schuldnerbegünstigung betreffen – findet er meist – aber nicht immer (dazu sogl.) – im „Fischer“; Antworten auf Fragestellungen des für die Behandlung insolvenzstrafrechtlicher Fallgestaltungen unerlässlichen Insolvenzrechts im „K. Schmidt“. Trotz dieses rundum positiven Gesamteindrucks, sei Kritisches nicht verschwiegen: So findet sich im „Fischer“ zu den Auswirkungen, die das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) im Bankrottstrafrecht womöglich zeitigt – gedacht ist an die Frage, ob eine unzutreffende Sanierungsbescheinigung i.S.v. § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO bzw. die Nichtanzeige des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit entgegen § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB erfüllt (dazu Brand, KTS 2014, 1 [22]) – nichts. Sehr knapp fällt die Kommentierung der äußerst komplexen Gläubigerbegünstigung (vgl. § 283c StGB) aus. Insbesondere das Problem, ob sich der GmbH-Geschäftsführer, der in der Krise „seiner“ GmbH den Gesellschaftern ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen zurückbezahlt, „lediglich“ gemäß § 283c StGB strafbar macht oder aber aus dem strengeren § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB haftet, bleibt unerwähnt (dazu jüngst Brand/Brand, GmbHR 2015, 1125 ff.). Im „K. Schmidt“ hätte man sich als Insolvenzstrafrechtler – und damit als jemand, der sicher nicht zur originären Zielgruppe dieses Werks gehört, das sei zuzugeben – eine umfassendere Darstellung der strafbaren Insolvenzverschleppung gewünscht. So wird die im Strafrecht intensiv geführte Diskussion um das „richtige“ Verständnis des „nicht richtigen“ Antrags zwar erwähnt, nicht aber umfassend nachgezeichnet. Das ist umso bedauerlicher, als gerade diese vielgescholtene Tathandlungsvariante womöglich geeignet ist, strafwürdiges, von den übrigen Varianten aber nicht erfasstes Verhalten zu sanktionieren (näher dazu Brand, KTS 2014, 1 [15 f.]). – Diese Kritik ändert aber nichts an der Einschätzung des Rezensenten, wonach diese beiden Werke in der Hand eines Insolvenzstrafrechtlers eine höchst weiterführende Symbiose eingehen und deshalb auf den Schreibtisch eines jeden gehören, der sich mit dem spannenden Feld des Insolvenzstrafrechts beschäftigt!
3. Holger Fleischer/Wulf Goette (Hrsg.): Münchener Kommentar zum GmbH-Gesetz,3, 2. Aufl. 2016, C. H. Beck Verlag, 249,00 €, ISBN 978-3-406-66273-7.
a) Weil das GmbHG früher weit mehr Straftatbestände enthielt – gedacht sei nur an die Vorschrift der GmbH-Untreue (§ 81a GmbHG a.F.) sowie die Insolvenzverschleppung (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG a.F.) – entspricht es bis heute guter Tradition, in den Vorbemerkungen zu § 82 GmbHG Fragen der Organuntreue sowie der Strafbarkeitsrisiken in der Gesellschaftskrise zu erörtern. Dieser Aufgabe hat sich im Münchener Kommentar zum GmbHG seit der ersten Auflage Wolfgang Joecks angenommen. Unter den Rdnrn. 18 ff. gibt Verf. einen umfassenden Überblick über die Fragen der Organuntreue zum Nachteil einer GmbH. Besonders ausführlich widmet sich Verf. dabei der Frage, ob die GmbH-Gesellschafter vermögensbetreuungspflichtig sind (Rdnrn. 45 ff.), der Reichweite eines von den Gesellschaftern erklärten tatbestandsausschließenden Einverständnisses (Rdnrn. 33 ff.), den Strafbarkeitsrisiken, die entstehen, wenn der Geschäftsführer den Gesellschaftern in der Gesellschaftskrise Darlehen zurückgewährt (Rdnrn. 97 ff., 176) sowie dem Gefährdungsschaden (Rdnrn. 66 ff.). Auch wenn man nicht sämtlichen Ergebnissen folgt, zu denen der Verf. gelangt – so teilt der Rezensent weder die unter Rdnrn. 37, 52 geäußerte Sympathie für die sog. Gesellschaftertheorie, der zufolge eine Zustimmung der Gesellschafter zur Schädigung des Gesellschaftsvermögens selbst dann tatbestandsausschließend wirkt, wenn die Schädigung in einem Verstoß gegen § 30 GmbHG oder das Existenzvernichtungsverbot besteht, noch die Ansicht, die Gesellschafter seien generell gegenüber „ihrer“ Gesellschaft nicht vermögensbetreuungspflichtig (Rdnr. 55) – enthalten seine Ausführungen zur Organuntreue die wesentlichen Informationen, derer man bedarf, um sich auf diesem Feld zu betätigen. Unter der Überschrift „Die GmbH in der Krise“ (Rdnrn. 134 ff.) behandelt Verf. sodann neben den Insolvenzstraftaten (Rdnrn. 155 ff.) die Beitragsvorenthaltung (Rdnrn. 182 ff.), den Betrug (Rdnrn. 135 ff.) sowie die Steuerhinterziehung (Rdnrn. 196 ff.) und gibt zu allen diesen Delikten einen knappen aber konzisen Überblick für die Konstellationen, in denen eine GmbH beteiligt ist.
b) Ein insolvenzstrafrechtliches Schmuckstück im Münchener Kommentar zum GmbHG bilden die von Guido Wißmann verantworteten, in der Kommentierung zu § 84 GmbHG versteckten Ausführungen (Rdnrn. 119 ff.) zur strafbaren Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4, 5 InsO). Umfassend und unter Auswertung der Rechtsprechung sowie eines Großteils des einschlägigen Schrifttums nimmt Verf. zu sämtlichen Fragen der Insolvenzverschleppung Stellung. Auch wenn nicht jede Lösung Zustimmung verdient – nach Ansicht des Rezensenten schließt das Vorhandensein eines faktischen Geschäftsführers die Annahme von Führungslosigkeit aus (anders Rdnr. 70) – kommt an dieser Kommentierung nicht vorbei, wer sich ernsthaft – praktisch oder wissenschaftlich – mit dem Tatbestand der Insolvenzverschleppung beschäftigt. Aus insolvenzstrafrechtlicher Sicht kann deshalb der dritte Band des Münchener Kommentars zum GmbHG nur uneingeschränkt empfohlen werden!
[:en]
I. Aufsatzliteratur
1. Marcus Janca/Christian Schroeder/Jan Baron: Strafrecht und Insolvenzrecht – Stationen, Friktionen, Lösungsansätze, wistra 11/2015,409-417.
Verf. eruieren in ihrem Beitrag, welche Auswirkungen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Angeklagten in den einzelnen Stadien des Strafverfahrens – vom Ermittlungs- bis zum Vollstreckungsverfahren – hat. Von den zahlreichen Themen, die die Verf. dabei anschneiden, sei eines besonders hervorgehoben: Die Folgen, die eine erfolgreiche Insolvenzanfechtung im Strafrecht zeitigt. Als strafrechtlich prekär erweist sich die Insolvenzanfechtung für den Schuldner, wenn der Insolvenzverwalter Zahlungen auf eine Geldstrafe, Zahlungen auf eine Geldauflage, deren Erfüllung Voraussetzung für eine Strafaussetzung zur Bewährung ist bzw. Zahlungen anficht, die der Schuldner, der eine strafbefreiende Selbstanzeige gestellt hat, geleistet hat, um seine Nachentrichtungspflicht (vgl. § 371 Abs. 3 Satz 1 AO) zu erfüllen. Verf. plädieren in diesen Konstellationen dafür, den Schuldner so zu stellen, als habe eine Zahlung nicht stattgefunden, um Ungleichbehandlungen mit dem Schuldner, der wegen seiner Insolvenz nicht bezahlt, sondern stattdessen andere Optionen sucht, um seinen Pflichten nachzukommen, zu vermeiden (S. 414 f., 416 f.).
2. Jörg Habetha/Simone Klatt: Die bankrottstrafrechtliche Organhaftung nach Aufgabe der Interessenformel – Zurechnungstheorie oder funktionale Zurechnung?, NStZ 12/2015,671-677.
Seitdem der BGH seine jahrzehntelang verfochtene Interessentheorie, der zufolge „als Organ“ i.S.d. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur handelte, wer die Bankrotthandlung zumindest auch im wirtschaftlich verstandenen Interesse des Gemeinschuldners begangen hat (s. dazu nur BGHSt 28, 371 [372]; St 30, 127; St 34, 221 [223]), verabschiedet hat (s. nur BGHSt 57, 229 [237 f.] = NJW 2012, 2366 [2368 f.]), nimmt die Diskussion um die „richtige“ Auslegung der Partikel „als“ kein Ende (vgl. jüngst Rogall, in: Festschr. f. Paeffgen, 2015, S. 361 ff.). Neben der Funktionstheorie, die im Kern darauf abhebt, ob der Geschäftsleiter „in Ausübung seines Amtes“ oder lediglich „bei Gelegenheit“ dieser Tätigkeit die Bankrotthandlung beging (exemplarisch Labsch, wistra 1985, 59 [60]; Winkelbauer, wistra 1986, 17 [19 f.]), steht ein organisationsbezogenes Zurechnungsmodell, das die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB immer dann annimmt, wenn der Täter das Verbandsvermögen entweder rechtsgeschäftlich wirksam geschädigt hat oder aber seine faktische Schädigung dieses Vermögens vom dafür zuständigen Verbandsorgan konsentiert wurde (dazu nur Brand, NStZ 2010, 9 [12 f.]; Radtke/Hoffmann, NStZ 2012, 91 [93]). In dieser Auseinandersetzung nehmen Verf. den Standpunkt der Funktionstheorie ein und machen die Zurechnungsoperation des § 14 StGB davon abhängig, ob die Delegation von Leitungsmacht dem Zurechnungsadressaten die Vornahme der Bankrotthandlung erst ermöglicht. Daran soll es fehlen, wenn die Bankrotthandlung, die der Organwalter begangen hat, ebenso gut von einem Dritten hätte verwirklicht werden können. Ob der Geschäftsführer einer GmbH, der statt des ihm ausgehändigten Schlüssels ein Stemmeisen benutzt, um das Garagentor zu öffnen, in dem der Oldtimer der GmbH steht, den es beiseite zu schaffen gilt, ein Bankrotteur ist oder aber „lediglich“ Untreue zum Nachteil der GmbH begeht, bleibt freilich eines der vielen ungelösten Rätsel dieser funktionalen Betrachtungsweise.
II. Kommentare/Handbücher/Festschriften
1. Heiko Ahlbrecht/Matthias Dann/Helga Wessing/Helmut Frister/Dennis Bock (Hrsg.): Unternehmensstrafrecht, Festschrift für Jürgen Wessing zum 65. Geburtstag, 2015, C. H. Beck Verlag, 249,€, ISBN 978-3-406-69008-4.
Eine Festschrift für einen ausgewiesenen Experten des Wirtschaftsstrafrechts, der zudem häufig zum Insolvenzstrafrecht publiziert hat, lässt auf einige insolvenzstrafrechtliche Beiträge hoffen. Diese Hoffnung wird in der von Heiko Ahlbrecht u.a. herausgegebenen und Jürgen Wessing zum 65. Geburtstag gewidmeten Festschrift nicht enttäuscht.
a) Den Anfang machen Hannah Milena Piel und Joachim Albert mit ihrem Beitrag „Risikogeschäfte im Lichte der business judgement rule“ (S. 209-222). Zwar behandelt dieser Beitrag kein originär insolvenzstrafrechtliches Thema. Jedoch spielen Risikogeschäfte auch im Rahmen des § 283 StGB eine Rolle – so verbietet § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB die Vornahme von Spekulationsgeschäften, die den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zuwiderlaufen, während der Krise – und darf der Themenkomplex „Untreue durch Risikogeschäfte“ getrost zum Insolvenzstrafrecht im weiteren Sinne gezählt werden, schon weil Risikogeschäfte im Falle ihres Fehlgehens und bei entsprechendem Volumen das gesamte Unternehmen in den Abgrund reißen können. Diese einleitenden Worte mögen genügen, sich im Rahmen eines insolvenzstrafrechtlich konnotierten Literaturüberblicks den Beitrag von Piel/Albert näher anzusehen.
Zunächst stellen Verf. ganz im Einklang mit der h.M. fest, der Geschäftsleiter müsse seine dem Vermögensschutz dienenden gesellschaftsrechtlichen Pflichten evident missachtet haben, um bei Fehlgehen eines Risikogeschäfts in das Fahrtwasser der Untreue zu geraten (S. 219). Obschon die Annahme, wonach es Art. 103 Abs. 2 GG verbiete, bereits jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung als untreuerelevante Pflichtwidrigkeit zu klassifizieren, nicht unsympathisch ist, bleiben Verf. leider eine Antwort auf die Frage schuldig, wann eine die business judgement rule missachtende Pflichtverletzung evident pflichtwidrig ist bzw. umgekehrt gefragt, wann eine Pflichtverletzung, die die äußersten Grenzen des weiten Geschäftsleitungsermessens überschreitet, nicht evident pflichtwidrig ist. Um untreuerelevante von untreueirrelevanten Pflichtverletzungen abzuschichten und damit dem ultima-ratio-Grundsatz Rechnung zu tragen, bietet sich ein Rekurs auf die grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung an, wie sie §§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 142 Abs. 2 Satz 1 AktG voraussetzen, um bspw. einer Aktionärsminderheit ein Klagezulassungsverfahren zu eröffnen (zu diesem Gedanken s. grdl. Seibt/Schwarz, AG 2010, 301 [312 ff.]). Auch die Voraussetzungen, unter denen eine missachtete Pflicht vermögensschützenden Charakter trägt, bleiben vage, zumal Verf. dem Geschäftsleiter, der Schmiergeldzahlungen tätigt, bereits wegen des Verstoßes gegen die solches Verhalten verbietenden Vorschriften einen untreuerelevanten Pflichtenverstoß vorwerfen (S. 220 f.), obschon der BGH gerade die Bestechungstatbestände als Vorgaben eingestuft hat, die noch nicht einmal mittelbar dem Vermögensschutz dienen (BGHSt 55, 288 [299 ff.]). Auf der Linie der „AUB-Entscheidung“ lässt sich in solchen Konstellationen eine Pflichtverletzung i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB nur annehmen, wenn der Geschäftsleiter durch die Schmiergeldzahlung zugleich seine satzungsmäßigen Pflichten missachtet hat (dazu BGHSt 56, 203, 211 f.).
b) Thematisch mit dem Aufsatz von Piel/Albert eng zusammen hängt der Beitrag von Alexander Loos, der „Die asymmetrische Akzessorietät der Untreue“ zum Titel hat und sich ebenfalls mit den Auswirkungen der business judgement rule auf die Reichweite des Untreuetatbestandes beschäftigt (S. 275-282). Darin gelangt Verf. zu dem Ergebnis, von der business judgement rule seien nur solche Pflichtverletzungen nicht gedeckt, die evident fehlerhaft seien und den einzuhaltenden Pflichtenmaßstab grob fahrlässig missachteten (S. 279 f.). Angesichts dieses Verständnisses von der business judgement rule hält es Verf. nicht mehr für erforderlich, einen gravierenden aktienrechtlichen Pflichtenverstoß zu fordern, um zu einer untreuerelevanten Pflichtwidrigkeit zu gelangen (S. 281 f.).
c) Ebenfalls kein originär insolvenzstrafrechtliches, gleichwohl aber mit dem Insolvenzstrafrecht verbundenes Thema behandelt Heiko Lesch. Sein Beitrag mit dem Titel „Zur Einwilligung bei der Untreue“ (S. 223-239) konzentriert sich auf die Frage, wer bei juristischen Personen dazu befugt ist, das den Untreuetatbestand ausschließende Einverständnis zu erklären. Verf. tritt der weit verbreiteten Ansicht, wonach bei der GmbH nur die Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Willensbildungsorgan befugt seien, das tatbestandsausschließende Einverständnis zu erklären, entgegen und stellt sich auf den Standpunkt, auch der Geschäftsführer könne im Rahmen der ihm übertragenen Befugnisse Vermögensschädigungen durch Mitarbeiter der Gesellschaft konsentieren (S. 230 ff.). Ob freilich diese Position so deutlich von der h.M. abweicht, wie Verf. meint, ist äußerst zweifelhaft, sind es doch die Gesellschafter – wieder in ihrer Eigenschaft als Willensbildungsorgan – die den Befugnisumfang des Geschäftsführers qua ihres umfassenden Weisungsrechts letztverbindlich abstecken. Entgegen vereinzelt gebliebener gesellschaftsrechtlicher Stimmen steht dem GmbH-Geschäftsführer nämlich kein Kernbereich an Befugnissen zu, der der Disposition durch die Gesellschafter entzogen ist. Die „Konsentierungskompetenz“ des GmbH-Geschäftsführers ist also nicht mehr, als ein von den Gesellschaftern antizipiert erklärtes tatbestandsausschließendes Einverständnis.
Im Streit um die Frage, welche gesellschaftsrechtlichen Vorschriften einem tatbestandsausschließenden Einverständnis Grenzen setzen, nimmt Verf. einen vermittelnden Standpunkt ein. Während die weiteste Ansicht bei sämtlichen Verstößen, die zur Beschlussnichtigkeit führen, ein Gesellschaftereinverständnis verneint, gelangt die Rspr. sowie das ihr zustimmende Schrifttum immer dann zur Unbeachtlichkeit der Gesellschafterzustimmung, wenn diese gegen § 30 GmbHG bzw. das Existenzvernichtungsverbot verstößt und will die extreme Gegenansicht jeder Gesellschafterzustimmung tatbestandsausschließende Kraft zubilligen. Verf. hingegen stellt darauf ab, ob die Vorschrift, die die Gesellschafterzustimmung missachtet, vermögensschützenden Charakter hat. Nur dann gehe es an, der Gesellschafterzustimmung keine tatbestandsausschließende Kraft zuzubilligen (S. 235 ff.).
d) Den Auswirkungen des Insolvenzrechts auf das Steuerstrafrecht spürt der Beitrag „Die Masseunzulänglichkeit als Ersatz für die Zahlung im Rahmen einer strafbefreienden Selbstanzeige“ von Horst Piepenburg nach (S. 367-374). Verf. weist zunächst auf das Dilemma hin, in dem sich Insolvenzverwalter befinden, weil sie trotz oft mangelhafter bzw. nicht vorhandener Buchführung von den Steuerbehörden dazu angehalten werden, zeitnah ihrer Pflicht nachzukommen, die Steuererklärungen des Insolvenzschuldners abzugeben. Um nicht mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen überzogen zu werden, schlägt Verf. den Insolvenzverwaltern für den Fall der Fälle vor, sich durch eine strafbefreiende Selbstanzeige verknüpft mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu enthaften (S. 369 ff.).
e) Mit dem strafprozessualen Verwendungsverbot des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO befasst sich der Beitrag „Die Pflicht zur `qualifizierten´ Belehrung im Insolvenz(straf)verfahren“ von Christof Püschel (S. 753-759). Verf. stellt darin die Forderung auf, der auskunftspflichtige Schuldner müsse möglichst frühzeitig darauf hingewiesen werden, dass die ihn selbstbelastenden Auskünfte, zu denen ihn das Insolvenzrecht verpflichtet, in einem späteren Strafverfahren gegen ihn nicht verwendet werden dürfen. Zwei Wege nennt der Verf., auf denen das Ziel, den Schuldner über den Inhalt des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO zu informieren, erreicht werden kann: Zum einen ließe sich erwägen, das Insolvenzgericht gemäß § 4 InsO i.V.m. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu verpflichten, den Insolvenzschuldner auf § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO hinzuweisen (S. 755 f.). Zum anderen erwägt Verf. – sollte der Weg über § 4 InsO i.V.m. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO keine Zustimmung finden – den Strafverfolgungsbehörden schon bei der ersten Vernehmung des Schuldners die Pflicht aufzuerlegen, diesen qualifiziert zu belehren, ihn also neben dem Hinweis auf sein Recht zu schweigen zusätzlich darüber aufzuklären, dass seine selbstbelastenden Auskünfte, die er im Insolvenzverfahren gemacht hat, gemäß § 97 Abs. 1 Satz. 3 InsO einem strafprozessualen Verwendungsverbot unterliegen (S. 756 ff.).
f)Michael Bremen nimmt sich schließlich mit seinem Beitrag „Irrlichtern zwischen Verfall und Insolvenzbeschlag“ (S. 821-832) dem schwierigen Verhältnis der strafrechtlichen Rückgewinnungshilfe (vgl. §§ 111b ff. StPO) zu den insolvenzrechtlichen Regelungen (hier v.a. den §§ 35, 80 Abs. 1 InsO) an. Nach Auswertung neuerer Stellungnahmen aus dem Schrifttum (S. 825 f.) sowie der höchstrichterlichen und Instanzrechtsprechung (S. 825 ff.) gelangt er zu dem Ergebnis, dass Pfändungs- oder Arrestpfandrechte, die im Wege der Rückgewinnungshilfe am Tätervermögen begründet wurden, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortfallen, es sei denn, die Straftatgeschädigten haben insolvenzfest – also vor Eingreifen der Rückschlagssperre (§ 88 InsO) und ohne einen Anfechtungstatbestand zu verwirklichen (vgl. §§ 129 ff. InsO) – ein eigenes Pfändungspfandrecht an denen qua Rückgewinnungshilfe sichergestellten Gegenständen erworben (S. 830 ff.).
2. Thomas Fischer: Kommentar zum StGB, 63. Aufl. 2016, C. H. Beck Verlag, 89,€, ISBN 978-3-406-68260-5 und Karsten Schmidt (Hrsg.): Kommentar zur Insolvenzordnung, 19. Aufl. 2016, C. H. Beck Verlag, 199,00 €, ISBN 978-3-406-68250-6.
Prima vista mag es verwundern, unter einem Punkt so unterschiedliche Werke wie den „Fischer“ und den „K. Schmidt“ vorzustellen. Doch die Unterschiede sind geringer, als es der erste Blick suggeriert. Bei genauem Hinsehen sind es „nur“ die Rechtsmaterien und der Umstand, dass der „Fischer“ allein von Thomas Fischer, der „K. Schmidt“ hingegen von mehreren Autoren bearbeitet wird, die die beiden Werke voneinander unterscheiden. Ansonsten, das hat der Rezensent schon in früheren, hier erschienenen Literaturübersichten herausgearbeitet (WiJ 2014, 240 [245 ff.] und WiJ 2015, 126 [130 f.]), gelingt es beiden Kommentaren auf eindrucksvolle Weise, ihre Materie – i.e. einmal das Straf-, das andere Mal das Insolvenzrecht – auf wenig Raum mit hoher Informationsdichte darzustellen. Für den Insolvenzstrafrechtler ergibt sich aus der Existenz dieser beiden Werke ein doppelter Gewinn. Antworten auf Fragen des Insolvenzstrafrechts im engeren Sinne – Fragen also, die den Bankrott, die Gläubiger- und die Schuldnerbegünstigung betreffen – findet er meist – aber nicht immer (dazu sogl.) – im „Fischer“; Antworten auf Fragestellungen des für die Behandlung insolvenzstrafrechtlicher Fallgestaltungen unerlässlichen Insolvenzrechts im „K. Schmidt“. Trotz dieses rundum positiven Gesamteindrucks, sei Kritisches nicht verschwiegen: So findet sich im „Fischer“ zu den Auswirkungen, die das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) im Bankrottstrafrecht womöglich zeitigt – gedacht ist an die Frage, ob eine unzutreffende Sanierungsbescheinigung i.S.v. § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO bzw. die Nichtanzeige des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit entgegen § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB erfüllt (dazu Brand, KTS 2014, 1 [22]) – nichts. Sehr knapp fällt die Kommentierung der äußerst komplexen Gläubigerbegünstigung (vgl. § 283c StGB) aus. Insbesondere das Problem, ob sich der GmbH-Geschäftsführer, der in der Krise „seiner“ GmbH den Gesellschaftern ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen zurückbezahlt, „lediglich“ gemäß § 283c StGB strafbar macht oder aber aus dem strengeren § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB haftet, bleibt unerwähnt (dazu jüngst Brand/Brand, GmbHR 2015, 1125 ff.). Im „K. Schmidt“ hätte man sich als Insolvenzstrafrechtler – und damit als jemand, der sicher nicht zur originären Zielgruppe dieses Werks gehört, das sei zuzugeben – eine umfassendere Darstellung der strafbaren Insolvenzverschleppung gewünscht. So wird die im Strafrecht intensiv geführte Diskussion um das „richtige“ Verständnis des „nicht richtigen“ Antrags zwar erwähnt, nicht aber umfassend nachgezeichnet. Das ist umso bedauerlicher, als gerade diese vielgescholtene Tathandlungsvariante womöglich geeignet ist, strafwürdiges, von den übrigen Varianten aber nicht erfasstes Verhalten zu sanktionieren (näher dazu Brand, KTS 2014, 1 [15 f.]). – Diese Kritik ändert aber nichts an der Einschätzung des Rezensenten, wonach diese beiden Werke in der Hand eines Insolvenzstrafrechtlers eine höchst weiterführende Symbiose eingehen und deshalb auf den Schreibtisch eines jeden gehören, der sich mit dem spannenden Feld des Insolvenzstrafrechts beschäftigt!
3. Holger Fleischer/Wulf Goette (Hrsg.): Münchener Kommentar zum GmbH-Gesetz,3, 2. Aufl. 2016, C. H. Beck Verlag, 249,00 €, ISBN 978-3-406-66273-7.
a) Weil das GmbHG früher weit mehr Straftatbestände enthielt – gedacht sei nur an die Vorschrift der GmbH-Untreue (§ 81a GmbHG a.F.) sowie die Insolvenzverschleppung (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG a.F.) – entspricht es bis heute guter Tradition, in den Vorbemerkungen zu § 82 GmbHG Fragen der Organuntreue sowie der Strafbarkeitsrisiken in der Gesellschaftskrise zu erörtern. Dieser Aufgabe hat sich im Münchener Kommentar zum GmbHG seit der ersten Auflage Wolfgang Joecks angenommen. Unter den Rdnrn. 18 ff. gibt Verf. einen umfassenden Überblick über die Fragen der Organuntreue zum Nachteil einer GmbH. Besonders ausführlich widmet sich Verf. dabei der Frage, ob die GmbH-Gesellschafter vermögensbetreuungspflichtig sind (Rdnrn. 45 ff.), der Reichweite eines von den Gesellschaftern erklärten tatbestandsausschließenden Einverständnisses (Rdnrn. 33 ff.), den Strafbarkeitsrisiken, die entstehen, wenn der Geschäftsführer den Gesellschaftern in der Gesellschaftskrise Darlehen zurückgewährt (Rdnrn. 97 ff., 176) sowie dem Gefährdungsschaden (Rdnrn. 66 ff.). Auch wenn man nicht sämtlichen Ergebnissen folgt, zu denen der Verf. gelangt – so teilt der Rezensent weder die unter Rdnrn. 37, 52 geäußerte Sympathie für die sog. Gesellschaftertheorie, der zufolge eine Zustimmung der Gesellschafter zur Schädigung des Gesellschaftsvermögens selbst dann tatbestandsausschließend wirkt, wenn die Schädigung in einem Verstoß gegen § 30 GmbHG oder das Existenzvernichtungsverbot besteht, noch die Ansicht, die Gesellschafter seien generell gegenüber „ihrer“ Gesellschaft nicht vermögensbetreuungspflichtig (Rdnr. 55) – enthalten seine Ausführungen zur Organuntreue die wesentlichen Informationen, derer man bedarf, um sich auf diesem Feld zu betätigen. Unter der Überschrift „Die GmbH in der Krise“ (Rdnrn. 134 ff.) behandelt Verf. sodann neben den Insolvenzstraftaten (Rdnrn. 155 ff.) die Beitragsvorenthaltung (Rdnrn. 182 ff.), den Betrug (Rdnrn. 135 ff.) sowie die Steuerhinterziehung (Rdnrn. 196 ff.) und gibt zu allen diesen Delikten einen knappen aber konzisen Überblick für die Konstellationen, in denen eine GmbH beteiligt ist.
b) Ein insolvenzstrafrechtliches Schmuckstück im Münchener Kommentar zum GmbHG bilden die von Guido Wißmann verantworteten, in der Kommentierung zu § 84 GmbHG versteckten Ausführungen (Rdnrn. 119 ff.) zur strafbaren Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4, 5 InsO). Umfassend und unter Auswertung der Rechtsprechung sowie eines Großteils des einschlägigen Schrifttums nimmt Verf. zu sämtlichen Fragen der Insolvenzverschleppung Stellung. Auch wenn nicht jede Lösung Zustimmung verdient – nach Ansicht des Rezensenten schließt das Vorhandensein eines faktischen Geschäftsführers die Annahme von Führungslosigkeit aus (anders Rdnr. 70) – kommt an dieser Kommentierung nicht vorbei, wer sich ernsthaft – praktisch oder wissenschaftlich – mit dem Tatbestand der Insolvenzverschleppung beschäftigt. Aus insolvenzstrafrechtlicher Sicht kann deshalb der dritte Band des Münchener Kommentars zum GmbHG nur uneingeschränkt empfohlen werden!