Editorial

WiJ – Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V., zweite Ausgabe 2016

Das hohe verfassungsmäßige Gut der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG hat in den letzten Wochen durch das „Schmähgedicht“ des Kabarettisten Böhmermann die Diskussionen hierzulande beherrscht, wobei insbesondere die Frage der Grenzziehung einer intensiven Erörterung unterlag. Diese Diskussion wird nun um eine Facette reicher, nämlich durch die klaren Ausführungen der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes im Beschluss vom 10.03.2016 zur „Causa Kachelmann“ (Az: 1 BvR 2844/13, http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/03/rk20160310_1bvr284413.html).

Mit dieser Entscheidung wurde der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin stattgegeben, die sich gegen eine zivilgerichtliche Unterlassungsverurteilung des damaligen Klägers Kachelmann gewandt hatte. Nach dem Freispruch des Herrn Kachelmann wegen des Vorwurfes der Vergewaltigung hatten sich seine Rechtsanwälte und er in den Medien geäußert, u.a. auch über die Beschwerdeführerin. Daraufhin gab auch diese ein Interview, das eine Woche nach der Veröffentlichung des Interviews mit Herrn Kachelmann erschien. Kachelmann reagierte darauf mit einer Klage gegen die Beschwerdeführerin auf Unterlassung mehrerer Äußerungen, die sie im Rahmen dieses Interviews getätigt hatte. Das Landgericht verurteilte die Beschwerdeführerin antragsgemäß; die Berufung zum Oberlandesgericht und die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof blieben ohne Erfolg.

Der Senat hat nunmehr sehr deutlich klargestellt, dass das Grundrecht der Meinungsfreiheit auch die Freiheit umfasst, ein Geschehen subjektiv und sogar emotionalisiert darzustellen, und zwar insbesondere dann, wenn die Erwiderung auf einen unmittelbar vorangegangenen Angriff auf die Ehre folgt, der gleichfalls in emotionalisierender Weise vorgetragen worden war. Einer Person, die in der Öffentlichkeit verbal angegriffen wurde, wird damit ein „Recht auf Gegenschlag“ zugebilligt. Wenn der vorangegangene Angriff bereits die sachliche Ebene verlassen hat, dann muss auch die Erwiderung nicht auf sachliche Erwägungen beschränkt sein; getreu dem Motto: „Wie man in den Wald hereinruft, so schallt es auch heraus“. Inwieweit diese Argumentation von Kabarettisten aufgegriffen werden wird, bleibt abzuwarten.

Mit einem anderen, nicht weniger in der Öffentlichkeit heiß diskutierten, Thema befasst sich der Aufsatz von Dr. Markus Rübenstahl Die „DFB-Affäre“ – Korruption, Steuerhinterziehung oder bloß strafloser Makel des „Sommermärchens“?

Der Arbeitskreis Kapitalmarktstrafrecht der WisteV nimmt zum Entwurf des Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften (1. FiMaNoG) kritisch Stellung. Es bleibt abzuwarten, ob die Politik auf diese höchst bedenkenswerte Kritik eingehen wird.

Ferner freuen wir uns, in dieser Ausgabe der WiJ den Aufsatz von Robert Wilkens Aktuelle Praxisprobleme bei der Geldwäscheprävention im Nichtfinanzsektor veröffentlichen zu können, einem unserer Preisträger des diesjährigen Aufsatzwettbewerbes. Wir gratulieren dem Gewinner ganz herzlich und hoffen, dass unseren Lesern dieser Aufsatz ebenso gut gefällt wie uns.

Viel Spaß beim Lesen und Diskutieren wünscht

Ihre Kathie Schröder

WiJ

  • Dr. Carolin Raspé , Dr. Roland Stein

    Strafrechtliche Risiken bei der Sanktions- Compliance Teil 1

    Außenwirtschaftsrecht Kriegswaffenkontrollrecht

  • Sigrid Mehring-Zier

    Wirtschaftsvölkerstrafrecht in der europäischen Praxis – und Deutschland?

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  • Jakob Lehners

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    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)