Dr. André-M. Szesny, LL.M., Dr. Philipp Gehrmann, Dr. Tobias Eggers

Stellungnahme des Arbeitskreises Kapitalmarktstrafrecht der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung (WisteV) zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte –1. FiMaNoG

I. Einleitung

Der europäische Gesetzgeber hat die Bekämpfung des Marktmissbrauches an den europäischen Kapitalmärkten in die eigenen Hände genommen und ein verbindliches Regelwerk für die Mitgliedstaaten in Form der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1, (im Folgenden: MAR) sowie der Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 179) (im Folgenden MAD II) erlassen. MAR und MAD II sind am 2. Juli 2014 in Kraft getreten und dienen der Vereinheitlichung der Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation in den Mitgliedstaaten.

Diese Bemühungen sind zu begrüßen, da sowohl dem Bürger als auch den am Kapitalmarkt tätigen Unternehmen ein höheres Maß an Rechtsicherheit gerade im europäischen Ausland geboten wird. Diese dürfen sich in Zukunft darauf verlassen, dass die kapitalmarktrechtlichen Regelungen in allen Mitgliedstaaten im Wesentlichen gleich ausgelegt und durchgesetzt werden.

Insgesamt betrachtet sind die inhaltlichen Änderungen, die der europäische Gesetzgeber für das deutsche Kapitalmarktrecht vorschreibt, gerade mit Blick auf das Sanktionsrecht überschaubar. Das Schutzniveau, welches das WpHG sowie die anderen Gesetze schon bislang für Marktteilnehmer geboten hatte, ist im Wesentlichen gleich zu dem nun als Mindeststandard festgelegten nach europäischem Recht. Größere Änderungen verlangt der europäische Gesetzgeber insbesondere hinsichtlich bestimmter Finanzmarktinstrumente und Handelspraktiken, die nunmehr in den Anwendungsbereich der Sanktionsnormen des WpHG einbezogen werden, sowie hinsichtlich der Bußgeldhöhe der Ordnungswidrigkeitentatbestände.

Diese Umsetzung in deutsches Recht hat bis zum 3. Juli 2016 zu erfolgen. Seit Anfang des Jahres liegt der Regierungsentwurf zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte – 1. FiMaNoG vor. Der Gesetzentwurf strebt eine 1:1-Umsetzung der europäischen Vorgaben an.

Es ist zutreffend, wenn der Regierungsentwurf davon spricht, dass durch MAR und MAD II die Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation angestrebt werden. Möglicherweise übersehen wurde jedoch, dass die Notwendigkeit solcher Verschärfungen insbesondere diejenigen europäischen Staaten betrifft, in denen beispielsweise die Marktmanipulation nicht durchgehend mit Kriminalstrafe sanktioniert wird. Für das deutsche Strafrecht gilt das nur eingeschränkt. Die MAD II sieht nämlich nur Mindestvorschriften für Kriminalstrafen vor, die durchgehend unter dem Niveau des § 38 WpHG nach geltendem Recht liegen. Anpassungsbedarf besteht demnach nicht. Weshalb der Regierungsentwurf hier nun teils drastische Strafschärfungen vorsieht, ist schon unter diesem Gesichtspunkt nicht nachvollziehbar.

Obgleich die MAR in den praktisch relevanten Fallkonstellationen keine wesentlichen materiellen Änderungen der Verbotsnormen des WpHG erfordert, sieht der Regierungsentwurf erhebliche Umgestaltungen des Gesetzeswortlautes vor. Leider haben sich die Verfasser des Regierungsentwurfes dazu entschlossen, den leichten Weg zu beschreiten und schlicht auf die MAR zu verweisen, wo dies möglich ist. Der vorhergehende Referentenentwurf hatte sich noch ambitionierter gezeigt und versucht, den Regelungsgehalt in den deutschen Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Insgesamt wurde damit die Gelegenheit verpasst, ein schon inhaltlich sehr komplexes Regelwerk wenigstens sprachlich sinnvoll zu gestalten und damit dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen. Die plastische Beschreibung des WpHG als „Normbabylon“ kann auch für das WpHG in Gestalt des Regierungsentwurfes fortgelten.

II. Neuerungen auf dem Gebiet des deutschen Strafrechts

Der deutsche Gesetzgeber ist in der Ausgestaltung der Verbotsnormen im WpHG durch die Vorgaben der MAR im Wesentlichen gebunden und hat nahezu keine Entschließungsfreiheit mehr hinsichtlich des Ob und des Wie. Auch hinsichtlich der Sanktionsnormen sind dem deutschen Gesetzgeber zahlreiche Vorgaben gemacht, die als Mindeststandards zu erfüllen sind. So ist der deutsche Gesetzgeber beispielsweise verpflichtet, umfassend eine Versuchsstrafbarkeit einzuführen. Sie besteht zwar eingeschränkt bereits de lege lata, ist jedoch ohne praktische Relevanz geblieben. Wieso die Integrität der Finanzmärkte durch die Verwirklichung von bloßem Handlungsunrecht ernsthaft beeinträchtigt werden soll, erschließt sich nicht. Allerdings ist die Kritik hieran auf europäischer Ebene zu formulieren und kann nicht gegen den Regierungsentwurf erhoben werden.

Jenseits der Mindestvorgaben in der MAD II ist der deutsche Gesetzgeber frei in der Entscheidungsfindung und kann in eigener Verantwortung darüber befinden, in welcher Weise Verstöße gegen die Verhaltensnorm strafrechtlich zu kriminalisieren sind. Daher beschränken sich die folgenden Anmerkungen auf diesen Bereich.

1. Umsetzung der europäischen Vorgaben

Sieht man den Regierungsentwurf durch, so fällt auf, dass von diesem Gestaltungsspielraum wenig Gebrauch gemacht wurde, um Verhaltensweisen zu entkriminalisieren. Tatsächlich behält der Gesetzgeber das gegenwärtige Niveau der Kriminalisierung in den praktisch relevanten Fallkonstellationen weitgehend bei und verschärft es in Teilen gravierend.

Im Bereich der Marktmanipulation ist begrüßenswert, dass der Regierungsentwurf an dem Tatbestandsmerkmal der Einwirkung auf den Kurs- und Börsenpreis eines Finanzinstruments festhält, um ein marktmanipulatives Verhalten als Straftat zu qualifizieren. Kritik hieran kann nicht mit zwingenden europäischen Vorgaben begründet werden, die gerade nur dort bestehen, wo das marktmanipulative Verhalten signifikante Schäden nach sich gezogen hat. Solche Schäden treten gerade in Fällen nicht auf, in denen durch das marktmanipulative Verhalten gerade keine, auch nur kurzfristige Beeinflussung der Börsen- und Marktpreise im Sinne eines künstlichen Niveaus erreicht wurde. Vielmehr hat der Kursverlauf in diesen Konstellationen trotz des Einwirkungsversuchs die wirtschaftlichen Realitäten ordnungsgemäß abgebildet. Ein signifikanter Schaden für die Integrität des Kapitalmarktes ist hier nicht eingetreten. Eine strafrechtliche Reaktion ist daher weder verhältnismäßig noch durch die Richtlinie gefordert.

Dagegen ist es sachlich nicht nachvollziehbar, weshalb der Regierungsentwurf ausgerechnet Fälle der sonstigen Marktmanipulation, insb. des sog. „Scalpings“ strafrechtlich nicht erfasst. Das verwundert, war das Scalping zuvor – zumindest nach Ansicht des BGH (BGHSt 47, 373) – noch vom Verbot der Marktmanipulation erfasst. In der Gesetzesbegründung findet sich kein Hinweis darauf, dass sich der Gesetzgeber der nunmehrigen fehlenden Strafbarkeit bewusst wäre, er die Strafbarkeit also sehenden Auges abgeschafft hätte. Auch die de lege lata eingeschränkte Strafbarkeit informationsgestützter Marktmanipulation in § 38 Abs, 1 Nr. 3 WpHG-RegE kann sich nicht auf bindende Vorgaben der europäischen Verordnung berufen, da diese tatsächlich nur das Vorliegen eines Vorteils oder Gewinns fordert, nicht jedoch eines Vermögensvorteils großen Ausmaßes in Höhe von min. EUR 50.000.

Im Bereich des Insiderhandels ist nunmehr die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärinsider aufgelöst worden hin zu einer Strafbarkeit aller, gleich ob gegen das Handels- oder Mittelungsverbot verstoßen wird. Der leichtfertige Insiderhandel soll nicht länger strafbar sein. Die Klarstellung, dass Journalisten bei börsenrelevanter Berichterstattung eine „befugte Mitteilung“ potentieller Insiderinformationen geben, wäre auch in der deutschen Begründung des Regierungsentwurfes begrüßenswert gewesen (vgl. aber Artikel 4 Abs. 5 MAD II). Aufgegeben wird entsprechend den europäischen Vorgaben das Verleitungsverbot, indem nunmehr nur die ohnehin bereits jetzt strafbare Anstiftung unter Strafe gestellt wird. Aufrechterhalten bleibt allerdings die Strafbarkeit des Verstoßes gegen das Verleitungsverbot im Bereich des Insiderhandels mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach § 38 Abs. 2 Nr. 2b WpHG-RegE. Die Gründe für die Unterscheidung liegen im Dunklen.

2Neuer Verbrechenstatbestand

Schließlich sieht der Gesetzentwurf eine erhebliche Erhöhung des Strafrahmens für bestimmte Fälle vor. Es war allgemein erwartet worden, dass der Gesetzgeber sich dazu entschließt, eine Strafrahmenverschiebung durch die Normierung besonders schwerer Fälle der Marktmanipulation vorzunehmen. Hierbei handelt es sich um eine bekannte und seit langer Zeit geübte Regelungstechnik, die für benannte besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Der Regierungsentwurf sieht stattdessen in Fällen der organisierten Begehung oder dem Ausnutzen von Informationen im Rahmen einer professionellen Tätigkeit mit Bezug zum Finanzmarkt einen Strafrahmen in Höhe von 1 bis 10 Jahren und stuft diese somit zu Verbrechenstatbeständen hoch. Diese drastische Strafschärfung soll ihren Grund darin finden, dass „aus Sicht des nationalen Gesetzgebers die Auswirkungen auf die Integrität der Finanzmärkte bei Marktmanipulation sehr hoch und damit in besonderem Maße strafwürdig sind“.

Diese Begründung überzeugt nicht.

So liegen schon keine belastbaren empirischen Nachweise dafür vor, dass die öffentlich bekannt gewordenen Marktmanipulationen der letzten Jahre die Integrität der Finanzmärkte ernsthaft bedroht oder das Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte spürbar beeinträchtigt hätten. Im Gegenteil: angesichts der expansiven Geldpolitik der Notenbanken und der daraus resultierenden niedrigen Realzinsen erfreut sich der Kapitalmarkt bei den Anlegern stetig steigenden Zuspruchs. Dies zeigt zudem, dass die Integrität der Kapitalmärkte bzw. das Vertrauen der Anleger maßgeblich von ganz anderen Faktoren abhängt als der Frage, ob bestimmte Formen der Marktmanipulation als Verbrechenstatbestände sanktioniert werden.

Der Regierungsentwurf verliert kein Wort dazu, dass der europäische Gesetzgeber lediglich eine Strafe von mindestens vier bzw. zwei Jahren vorschreibt, um „schwere Fälle“ des Marktmissbrauchs zu sanktionieren. Weshalb es ausweislich des deutschen Regierungsentwurfs für notwendig erachtet wird, weit über diese Vorgaben hinauszugehen, indem ein eigenständiger Verbrechenstatbestand geschaffen wird, erschließt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs nicht. Dies ist jedenfalls nicht selbst- bzw. auch nicht mit dem Schutz der Marktintegrität zu erklären, denn auch der europäische Gesetzgeber hat wegen der Schutzbedürftigkeit des europäischen Kapitalmarktes sich veranlasst gesehen, MAR und MAD II zu erlassen, um eine bessere Bekämpfung zu ermöglichen. Die Diskrepanz zwischen der deutschen und der europäischen Sichtweise über das notwendige Sanktionsniveau sind immens.

Auch ist das Handlungs- und Erfolgsunrecht, welches in den benannten Fällen verwirklicht wird, nicht von einem solchen Gewicht, dass die Einführung eines Verbrechenstatbestandes erforderlich und sinnvoll erscheint. Vielmehr sieht das Gesetz bei vergleichbaren Fällen betrügerischen Handelns allenfalls besonders schwere Fälle mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis 10 Jahren (vgl. etwa § 263 Abs. 3 StGB oder § 370 Abs. 3 AO) vor. Der Verbrechenstatbestand des Betruges ist gemäß § 263 Abs. 5 StGB nur erfüllt, wenn das gewerbsmäßige Handeln mit einer bandenmäßigen Begehung zusammentrifft. Das bedeutet: Das abstrakte Gefährdungsdelikt der Marktmanipulation soll höher bestraft werden als ein Verletzungsdelikt, bei dem ein messbarer Schaden an dem Vermögen des oder der Verletzten entsteht.

Die im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen stellen einen anlasslosen Bruch mit der Systematik im Bereich der besonders schweren Fälle dar, der trotz seiner Augenfälligkeit in dem Regierungsentwurf nur wenig substantiell begründet wird. Nicht vergessen werden sollte schließlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Verbrechenstatbestandes des banden- und gewerbsmäßigen Betruges in § 263 Abs. 5 StGB ausdrücklich das Ziel verfolgt hatte, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen. Dieses Motiv lässt sich für den als Sonderdelikt für „Kapitalmarktprofis“ ausgestalteten Verbrechenstatbestand des § 38 Abs. 5 Nr. 2 WpHG-RegE kaum fruchtbar machen.

Wendet man den Blick auf die erfassten Fallkonstellationen, so wird deutlich, dass die angestrebte Sanktionierung als Verbrechen und damit als schwerste Straftaten auch im Einzelfall nicht nachvollziehbar ist. Beispielsweise verhängte der Sanktionsausschuss der Frankfurter Wertpapierbörse wegen des Verstoßes gegen den die Marktintegrität schützenden § 117 BörsO FFM, der nach Ansicht des VG Frankfurt am Main deckungsgleich mit § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG sei (vgl. Beschluss v. 19.11.2014 – 2 K 1675/13.F, BeckRS 2015, 45671), ein Ordnungsgeld gegen einen Finanzdienstleister, dessen Mitarbeiter in der Abteilung Designated Sponsoring die Schwankungsbreite des Kurses einer Aktie durch wirtschaftlich nicht veranlasste Geschäfte widerrechtlich eindämmten. Die Höhe des Ordnungsgeldes belief sich auf EUR 5.000 bei einem möglichen Ordnungsgeldrahmen von bis EUR 250.000. Nach den in dem Regierungsentwurf niedergelegten Vorstellungen würde es sich zukünftig um ein Verbrechen handeln, das mit einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr Gefängnis zu bestrafen wäre, da ein besonders schwerer Fall des Angriffs auf die Marktintegrität des deutschen Kapitalmarkts vorliegen soll.

Angesichts dessen kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Gesetzentwurf populistischen Stimmen in der öffentlichen Diskussion („Bankster“) Rechnung tragen möchte und dabei die erheblichen rechtstatsächlichen Auswirkungen nicht hinreichend in den Blick genommen hat. So werden Ermittlungsbehörden aufgrund der hohen Strafdrohung eines Verbrechenstatbestandes bei jedem Anfangsverdacht einer Marktmanipulation im besonders schweren Fall eingehend zu prüfen haben, ob ein Haftbefehl zu erlassen ist. Dies wäre angesichts der soeben beschriebenen Fallkonstellationen unangemessen. Auch sind Opportunitätsüberlegungen bei der Frage, welchen Ausgang ein Ermittlungsverfahren nehmen kann, von vornherein verschlossen. § 153a StPO findet nur bei Vergehen Anwendung. Zudem führt § 38 Abs. 5 WpHG-RegE dazu, dass Journalisten in ihrer beruflichen Tätigkeit eingeschränkt werden, weil das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten ausgehebelt werden kann (vgl. § 53 Abs. 2 Satz 2 StPO). Erneut fehlt es an einer Begründung, weshalb die Beschränkung der Pressefreiheit erforderlich erscheint.

Schließlich versäumt es der Regierungsentwurf, anders als beispielsweise bei § 263 Abs. 5 StGB, ausdrücklich die Möglichkeit eines minder schweren Falles mit einem niedrigeren Strafrahmen zu normieren. Jede Form der differenzierenden Betrachtung des Tatverhaltens und der Person des Täters ist damit ausgeschlossen. Wie auf Grundlage dieses Regierungsentwurfes Gerichte zu schuldangemessenen Strafen kommen sollen, bleibt rätselhaft. Im Übrigen kommt in der Heraufstufung zum Verbrechenstatbestand „wegen der besonderen Strafwürdigkeit aufgrund der Auswirkungen auf die Integrität der Kapitalmärkte“ eine Erwartungshaltung an die präventiven Einwirkungsmöglichkeiten von Strafe nach dem Motto „viel hilft viel“ zum Ausdruck, die allen Erkenntnissen der Kriminologie nach längst widerlegt wurde.

Nicht begründet und auch deshalb nicht nachvollziehbar ist schließlich die Gleichbehandlung von Amtsträgern und Mitarbeitern von Finanzdienstleistungsinstituten. Ausweislich des Regierungsentwurfes soll zukünftig eine Marktmanipulation, die eine Person in Ausübung ihrer Tätigkeit für eine inländische Finanzaufsichtsbehörde, ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, eine Börse oder einen Betreiber eines Handelsplatzes begeht, als Verbrechen bestraft werden, ohne dass weitere Qualifikationsmerkmale im Tatbestand gefordert werden. Man muss sich schon fragen, worin der Grund der Ungleichbehandlung der Mitarbeiter der BaFin gegenüber anderen Amtsträgern liegt, dass ausgerechnet diese bei betrügerischem Verhalten mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht werden sollen. Allerdings ist anzuerkennen, dass es für eine Sonderbehandlung der Amtsträger natürlich Vorbilder im geltenden Recht – etwa § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB – gibt. Ohne Vorbild – soweit ersichtlich – ist jedoch die Gleichsetzung von Personen einer ganzen Branche mit Amtsträgern. Wieso sollen Mitarbeiter von Finanzdienstleistungsinstituten nur aufgrund ihrer Tätigkeit am Kapitalmarkt einer drastisch erhöhten Sanktion unterliegen? Der Regierungsentwurf schweigt hierzu vollständig. Es bleibt damit im Dunkeln, was der Grund für die Gleichbehandlung sein soll. Rational nachvollziehbare Gründe jenseits einer populistischen Haltung gegenüber „Bankstern“ sind nicht ersichtlich.

 

III. Neuerungen auf dem Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts

Der Regierungsentwurf sieht massive Umgestaltungen des bisherigen Bußgeldkatalogs vor, bleibt er auch hinter dem Referentenentwurf zurück, der in seinem Reformwillen noch weitergegangen war.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass ihr Entwurf eine „1:1-Umsetzung“ der EU-Richtlinie 2014/57/EU und der Verordnungen Nr. 596, 909 und 1286 aus 2014 darstellt. (Regierungsentwurf, S. 3). Damit setzt sie den Zielkorridor für das Gesetzgebungsverfahren, definiert also als legitimes Ziel ausdrücklich die exakte Umsetzung dieser europarechtlichen Vorgaben. Dieses erreicht der Entwurf der Bundesregierung nicht. Teilweise geht er über das selbst gesetzte Ziel ohne Begründung hinaus, so dass man sich fragt, ob die Abweichung zu den europarechtlichen Vorgaben nicht gesehen wurde. Sollte das so sein, hätten die überschießenden Regelungen keinen vom Gesetzgeber gesetzten legitimen Zweck.

In der derzeitigen Fassung des Regierungsentwurfs wird anders als in der Fassung des Referentenentwurfs die ursprüngliche Regelungstechnik des § 39 WpHG als zentrale Bußgeldnorm beibehalten. Die Norm wird allerdings insoweit umstrukturiert, als die ursprüngliche Einteilung nach der subjektiven Tatseite aufgebrochen und nunmehr eine Systematisierung nach Rechtsakten erfolgt. Dies ist zwar grds. zu begrüßen. Tatsächlich dürfte sich die Lesbarkeit erhöhen, wenn auch die einzelnen Tathandlungen stärker nach Rechtsakten geordnet würden. In der vorgeschlagenen Fassung werden beide Ansätze jedoch vermischt. Die Bußgeldnorm, die der Regierungsentwurf aufnimmt, wurden durch die geplante Umsetzung nicht vereinfacht, sondern im Gegenteil in ihrer Komplexität erhöht. Dies widerspricht dem in der MAD II vorgegebenem Ziel der Verständlichkeit für die Anwender. Bei einer 1:1-Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben, wie sie sich der deutsche Gesetzgeber auf die Fahne schreibt, hätte man sich Anpassungen in Richtung einer zugänglicheren Strukturierung gewünscht. Angesichts dieses Befundes nicht weiter verwunderlich, unterlaufen dem Gesetzgeber teilweise handwerkliche Fehler. So sind im Regierungsentwurf teilweise Verweisketten nicht stimmig oder es tauchen systematische Ungereimtheiten auf (bspw. fehlende Verweise in § 39 Abs. 1 Nr. 2, 2 oder § 39 Abs. 2 Nr. 1, WpHG-RegE). Nur mit einem Redaktionsversehen erklärlich dürften auch die Sanktionslücken beim Scalping und bei Emissionszertifikaten, durch die der Regierungsentwurf hinter den unionsrechtlichen Vorgaben – wohl versehentlich – zurückbleibt, sein (so bereits Teigelack/Dolff, BB 2016, 387 (392). Diese Taten erfasst der Entwurf nicht einmal ordnungswidrigkeitenrechtlich. Er nimmt in § 39 Abs. 3d Nr. 2 lit. a bis c für die Sanktionierung von Marktmanipulationen nur auf Art. 12 Abs. 2 lit. a bis c MAR Bezug, nicht aber auf lit. d bis e, wodurch Scalping und Emissionszertifikate gerade aus dem Anwendungsbereich der Sanktionsnorm ausgenommen wären. Damit bliebe der deutsche Gesetzgeber nicht nur hinter den unionsrechtlichen Vorgaben zurück, sondern ließe einen der klassischen Verhaltensweisen des Marktmissbrauches völlig ohne Sanktion.

Der Regierungsentwurf verschärft die Bußgeldtatbestände insoweit, als für einige Tatbestände die Privilegierung fahrlässigen Verhaltens bei der Bußgeldhöhe abgeschafft werden soll. Außerdem wird die Bußgeldhöhe insgesamt deutlich angehoben. Hier sieht sich der Gesetzgeber europarechtlich gebunden. Diese Bindung besteht allerdings auch im Bereich der Ordnungswidrigkeiten nicht in der von der Regierung angenommenen Form. Tatsächlich ist bereits zweifelhaft, ob die Bundesregierung Recht hat, wenn sie davon ausgeht, dass für eine Geldbuße eine Anknüpfung an den jeweils höheren Betrag, entweder Anknüpfung am Gesamtjahresumsatz oder am Nominalbetrag (etwa in § 39 Abs. 4a S. 2 WpHG-RegE), unionsrechtlich determiniert ist. Richtigerweise nimmt der von der Bundesregierung in Bezug genommene Verordnungstext in Art. 30 Abs. 2 MAR an, dass eine Anknüpfung entweder an den Nominalbetrag oder den Gesamtjahresumsatz erfolgen müsse. Es muss dem Wortlaut nach gerade nicht der höhere der beiden Beträge sein. Die MAR ist auch so häufig überarbeitet worden, dass ein Redaktionsversehen des europäischen Verordnungsgebers wohl auszuschließen ist. Er wollte gerade keine entsprechende Festlegung, die der Regierungsentwurf nun vorsieht. Die Auswahl des jeweils höheren Betrages stammt ausschließlich vom deutschen Gesetzgeber. Der Entwurf verkennt insofern die Einschätzungshoheit des Parlaments, indem eine europarechtliche Determinierung angenommen wird, die in dieser Form nicht besteht.

An anderen Stellen erfolgt demgegenüber eine Herabsenkung der Sanktionierung. So werden leichtfertige Insiderverstöße, die nach aktueller Gesetzlage unter bestimmten Voraussetzungen strafbar waren, in Zukunft nur noch als Ordnungswidrigkeiten zu ahnden sein. Diese Absenkung ist praxisgerecht und ermöglicht ein pragmatisches Vorgehen der Ermittlungsbehörde, das sich an der Verfolgung der Steuerhinterziehung und der leichtfertigen Steuerverkürzung ein Beispiel nehmen kann.

Der Entwurf ist auch systematisch nicht konsistent. Dies wird gerade an der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung zur Bußgeldhöhe im WpHG und dem KWG deutlich. Anders als § 39 Abs. 4a WpHG-RegE kennt § 56 KWG RegE in Abs. 6a gerade keine Bezugnahme auf den Konzernumsatz. Warum hier ein anderer Regelungsgehalt als im Rahmen des WpHG gewählt wurde, ist nicht erklärlich.

Hinzu kommt, dass im Bereich des WpHG eine gesetzliche Differenzierung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit mit Blick auf die Bußgeldhöhe in Form von § 17 Abs. 2 OWiG ausgeschlossen ist. Dies gilt im Rahmen des WpHG für alle Betroffenen, im Rahmen des KWG gilt der Ausschluss nur für juristische Personen oder Vereinigungen. Warum dies systematisch anders geregelt wurde, leuchtet nicht ein.

Einwände müssen auch erhoben werden gegen die Schätzungsbefugnis des § 39 Abs. 4a S. 4 WpHG-RegE. Auch hier geht der Gesetzgeber – wohl ohne dies zu sehen – über die europarechtlichen Vorgaben hinaus. Die MAR verpflichtet die Mitgliedstaaten allein, Geldbußen bis zum Dreifachen der durch die Verstöße erzielten Gewinne oder vermiedenen Verluste zuzulassen, „sofern sich diese beziffern lassen“ (Art. 30 Abs. 2 Sub. 1 lit. h MAR).

IV. Neuerungen auf dem Gebiet des Verfahrensrechts

Der Regierungsentwurf sieht vor, die in § 4 WpHG geregelten Aufsichts- und Eingriffsbefugnisse der BaFin erheblich zu erweitern. Insbesondere weist der Regierungsentwurf der BaFin weitere – nunmehr eindeutig – strafprozessuale Kompetenzen beim Verdacht auf Insiderhandel und Marktmanipulation zu, etwa den Zugriff auf Telekommunikationsdaten (§ 4 Abs. 3c WpHG-RegE), auf bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Kreditinstituten (usf.) aufgezeichnete Telefongespräche, E-Mails und Telekommunikationsverkehrsdaten (§ 4 Abs. 3d WpHG-RegE), ein Betretungsrecht von Geschäfts- und Wohnräumen zum Zwecke der Verfolgung von Verstößen, die Möglichkeit, Beweismittel sicherzustellen bzw. mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt zu beschlagnahmen (§ 4 Abs. 4a WpHG-RegE) sowie die Kompetenz, eine Vermögensbeschlagnahme zu beantragen (§ 4 Abs. 4b WpHG-RegE).

1Die BaFin als Strafverfolgungsbehörde

Hintergrund sind die Art. 22 ff. MAR, ausweislich derer die Mitgliedstaaten „eine einzige Behörde“ für die Zwecke der MAR zu benennen haben. Strafrechtliche Kompetenzen sieht die MAR für diese Behörde jedoch nicht vor: Zwar postuliert Art. 23 Abs. 3 MAR noch, dass die zuständigen Behörden „alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Aufsichts- und Ermittlungsbefugnisse haben“. Gem. Art. 23 Abs. 2 lit. f) MAR muss die zu benennende Behörde aber lediglich die Befugnis haben, „eine Sache zwecks strafrechtlicher Verfolgung weiterzuverweisen“. Damit differenziert der europäische Verordnungsgeber ausdrücklich zwischen Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden. Die Ausstattung der BaFin mit Strafverfolgungsbefugnissen geht daher über die Anforderungen der europäischen Vorgaben hinaus. Die schon de lege lata bestehenden Spannungen zwischen dem Wertpapieraufsichtsrecht mit seinen durchsetzbaren Mitwirkungspflichten auf der einen Seite und strafprozessualen Schutzfunktionen (wie Verweigerungsrechten und Verwertungsverboten) werden auf diese Weise noch verschärft. Das zeigt sich auch in der Systematik des § 4 Abs. 3 ff. WpHG-RegE, in der die vorgesehenen strafprozessualen Befugnisse der BaFin unglücklich mit präventiven Eingriffskompetenzen vermischt sind.

Grundsätzlich ist dem deutschen Recht die Strafverfolgung durch Spezialbehörden zwar nicht fremd: So kommt den Finanzbehörden die Befugnis zur Verfolgung von Steuerstraftaten zu, solange die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht an sich zieht. Die insoweit einschlägige Abgabenordnung enthält aber Hierarchievorschriften und Regelungen zur Auflösung der Interdependenzen zwischen steuerlichen Mitwirkungs- und steuerstrafrechtlichen Abwehrrechten. Derartiges fehlt dem Regierungsentwurf. Zwar soll die BaFin auch weiterhin verdachtsbegründende (und -erhärtende) Tatsachen an die Staatsanwaltschaft weiterleiten müssen (§ 4 Abs. 5 WpHG). Mit der Weiterleitung erlischt aber die ihr zugewiesene Ermittlungsbefugnis nicht. Auf diese Weise entsteht eine Parallelzuständigkeit von BaFin und Staatsanwaltschaft. Dem wohnt die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten, Abstimmungsmängeln und auch doppelter Inanspruchnahme der Beschuldigten und Betroffenen inne. Dieser Problematik wäre durch die Schaffung einer Evokationsregel nach dem Vorbild des Steuerstrafverfahrensrechts, die ein Primat staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen konstituierte, abgeholfen.

Damit ließe sich aber die Vermischung der wertpapierhandelsaufsichtsrechtlichen und strafprozessualen Befugnisse der BaFin nicht vermeiden. So soll das WpHG auch fortan kein Recht enthalten, bei Selbstbelastungsgefahr die Vorlage von Unterlagen zu verweigern. Das gilt insbesondere auch für Unternehmen, gegenüber denen der Regierungsentwurf weit über die derzeitigen Regeln im OWiG hinausgehende Sanktionierungsmöglichkeiten schafft. Der Gesetzgeber ist daher gut beraten, etwa nach dem Vorbild des Steuerverfahrensrechts Regeln zu schaffen, die die Spannungen zwischen den bußgeldbewehrten Mitwirkungspflichten und den strafprozessualen Schutzprinzipien – insbesondere der Selbstbelastungsfreiheit – aufzulösen geeignet sind.

Unabhängig davon bestehen erhebliche Zweifel, ob die präventive Aufsicht und die repressive Strafverfolgung innerhalb derselben Behörde entsprechend den jeweils geltenden und streng zu trennenden Regimen bewältigt werden können. Eine deutliche Trennung zwischen Wertpapieraufsicht – durch die BaFin – und Strafverfolgung – durch die Staatsanwaltschaft – wäre die bessere Variante.

2Schaffung neuer Ermittlungskompetenzen

Die geplanten Erweiterungen des Verfahrensrechts und die vorgesehenen strafprozessualen Kompetenzen der BaFin sind nicht nur systematisch, sondern auch inhaltlich missglückt. Sie sind zudem überflüssig, weil die StPO bereits auf die Verfolgung von Marktmissbrauch anwendbare Vorschriften enthält, die den Vorgaben der MAR entsprechen. Der Regierungsentwurf schafft insoweit ein Parallelstrafprozesssonderrecht für die Verfolgung von Marktmanipulation ohne Mehrwert, dessen Verhältnis zum allgemeinen Strafprozessrecht unklar bleibt.

Dies lässt sich insbesondere in den Regelungen des Regierungsentwurfs zur Sicherstellung und Beschlagnahme sowie der dort sog. „Vermögensbeschlagnahme“ in § 4 Abs. 4a und 4b WpHG-RegE erkennen. Die konkreten Voraussetzungen der Sicherstellung und der Beschlagnahme regelt der Regierungsentwurf nicht. Verweise auf die Regelungen der StPO über die Sicherstellung und die Beschlagnahme enthält der Entwurf nur äußerst ausgesucht. Ausdrücklich anwendbar sollen lediglich die Vorschriften über Rechtsbehelfe gegen die richterliche Anordnung der Beschlagnahme (§§ 306-310 und 311a StPO) sowie das Gebot sein, im Falle der Beschlagnahme ohne richterliche Anordnung binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung einzuholen. Insbesondere werden die Beschlagnahmeverbote des § 97 StPO nicht miteinbezogen. Das erweckt den Eindruck, dass die strafprozessualen Regeln im Rahmen der Ermittlungen nach dem WpHG nicht anwendbar sein sollen. Gleichzeitig sollen aber Erkenntnisse im Strafverfahren nach der StPO Verwendung finden, wie § 4 Abs. 5 WpHG zeigt. Das würde bedeuten, dass die BaFin im Verfahren nach § 4 WpHG die Beschlagnahmeverbote des § 97 StPO nicht zu beachten hätte und Erkenntnisse, die sie unter Nichtbeachtung des § 97 StPO erheben würde, der Staatsanwaltschaft (für die die Vorschrift gilt) weiterleiten müsste. Das macht weder systematisch Sinn noch wäre es mit dem Prinzip des Berufsgeheimnisträgerschutzes vereinbar.

Schließlich ist der in § 4 Abs. 4b WpHG-RegE verwendete Begriff der Vermögensbeschlagnahme ein Topos aus der MAR, der dem deutschen Strafprozessrecht fremd ist. Das Verhältnis zu den bereits bestehenden Vorschriften der StPO über die Vermögensarrestierung und die Rückgewinnungshilfe und § 4 Abs. 4b WpHG-RegE bleibt im Dunkeln. Ein Verzicht auf diese Sonderregelung widerspräche den europäischen Vorgaben nicht und vermiede Unklarheiten. Unbestimmt sind im Übrigen auch die Voraussetzungen der Vermögensbeschlagnahme, die dann zulässig sein soll, wenn sie „zur Durchsetzung der Verbote und Gebote“ der MAR „geboten“ ist. Eine hinreichend konkrete Umschreibung der Anforderungen an das Einfrieren von Vermögenswerten liegt hierin nicht.

V. Fazit

Der Regierungsentwurf eines Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes geht im Bereich der Sanktionen und der strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die europäischen Vorgaben hinaus. Zudem enthält er redaktionelle Fehler, die es zu beseitigen gilt.

In inhaltlicher Hinsicht ist die Einführung eines Verbrechenstatbestandes, wie ihn § 38 Abs. 5 WpHG-RegE vorsieht, abzulehnen. Sie wird von MAR II und MAD nicht verlangt und passt weder systematisch ins Strafrechtssystem, noch besteht ein Bedürfnis einer derartigen Regelung.

Die geplanten Neuregelungen der strafrechtlichen Ermittlungskompetenzen in § 4 WpHG sind systematisch missglückt, inhaltlich unklar und mit Blick auf die bereits bestehenden Vorschriften in der StPO überflüssig. Sie sind daher abzulehnen. Dasselbe gilt für eine Parallelzuständigkeit der BaFin für die Verfolgung strafbarer Marktmanipulation. Die entsprechende Kompetenz sollte auch fortan allein bei der Staatsanwaltschaft verortet sein. Die europäischen Regeln verlangen die Einführung strafprozessualer Kompetenzen der BaFin ohnehin nicht.

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I. Einleitung

Der europäische Gesetzgeber hat die Bekämpfung des Marktmissbrauches an den europäischen Kapitalmärkten in die eigenen Hände genommen und ein verbindliches Regelwerk für die Mitgliedstaaten in Form der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1, (im Folgenden: MAR) sowie der Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 179) (im Folgenden MAD II) erlassen. MAR und MAD II sind am 2. Juli 2014 in Kraft getreten und dienen der Vereinheitlichung der Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation in den Mitgliedstaaten.

Diese Bemühungen sind zu begrüßen, da sowohl dem Bürger als auch den am Kapitalmarkt tätigen Unternehmen ein höheres Maß an Rechtsicherheit gerade im europäischen Ausland geboten wird. Diese dürfen sich in Zukunft darauf verlassen, dass die kapitalmarktrechtlichen Regelungen in allen Mitgliedstaaten im Wesentlichen gleich ausgelegt und durchgesetzt werden.

Insgesamt betrachtet sind die inhaltlichen Änderungen, die der europäische Gesetzgeber für das deutsche Kapitalmarktrecht vorschreibt, gerade mit Blick auf das Sanktionsrecht überschaubar. Das Schutzniveau, welches das WpHG sowie die anderen Gesetze schon bislang für Marktteilnehmer geboten hatte, ist im Wesentlichen gleich zu dem nun als Mindeststandard festgelegten nach europäischem Recht. Größere Änderungen verlangt der europäische Gesetzgeber insbesondere hinsichtlich bestimmter Finanzmarktinstrumente und Handelspraktiken, die nunmehr in den Anwendungsbereich der Sanktionsnormen des WpHG einbezogen werden, sowie hinsichtlich der Bußgeldhöhe der Ordnungswidrigkeitentatbestände.

Diese Umsetzung in deutsches Recht hat bis zum 3. Juli 2016 zu erfolgen. Seit Anfang des Jahres liegt der Regierungsentwurf zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte – 1. FiMaNoG vor. Der Gesetzentwurf strebt eine 1:1-Umsetzung der europäischen Vorgaben an.

Es ist zutreffend, wenn der Regierungsentwurf davon spricht, dass durch MAR und MAD II die Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation angestrebt werden. Möglicherweise übersehen wurde jedoch, dass die Notwendigkeit solcher Verschärfungen insbesondere diejenigen europäischen Staaten betrifft, in denen beispielsweise die Marktmanipulation nicht durchgehend mit Kriminalstrafe sanktioniert wird. Für das deutsche Strafrecht gilt das nur eingeschränkt. Die MAD II sieht nämlich nur Mindestvorschriften für Kriminalstrafen vor, die durchgehend unter dem Niveau des § 38 WpHG nach geltendem Recht liegen. Anpassungsbedarf besteht demnach nicht. Weshalb der Regierungsentwurf hier nun teils drastische Strafschärfungen vorsieht, ist schon unter diesem Gesichtspunkt nicht nachvollziehbar.

Obgleich die MAR in den praktisch relevanten Fallkonstellationen keine wesentlichen materiellen Änderungen der Verbotsnormen des WpHG erfordert, sieht der Regierungsentwurf erhebliche Umgestaltungen des Gesetzeswortlautes vor. Leider haben sich die Verfasser des Regierungsentwurfes dazu entschlossen, den leichten Weg zu beschreiten und schlicht auf die MAR zu verweisen, wo dies möglich ist. Der vorhergehende Referentenentwurf hatte sich noch ambitionierter gezeigt und versucht, den Regelungsgehalt in den deutschen Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Insgesamt wurde damit die Gelegenheit verpasst, ein schon inhaltlich sehr komplexes Regelwerk wenigstens sprachlich sinnvoll zu gestalten und damit dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen. Die plastische Beschreibung des WpHG als „Normbabylon“ kann auch für das WpHG in Gestalt des Regierungsentwurfes fortgelten.

II. Neuerungen auf dem Gebiet des deutschen Strafrechts

Der deutsche Gesetzgeber ist in der Ausgestaltung der Verbotsnormen im WpHG durch die Vorgaben der MAR im Wesentlichen gebunden und hat nahezu keine Entschließungsfreiheit mehr hinsichtlich des Ob und des Wie. Auch hinsichtlich der Sanktionsnormen sind dem deutschen Gesetzgeber zahlreiche Vorgaben gemacht, die als Mindeststandards zu erfüllen sind. So ist der deutsche Gesetzgeber beispielsweise verpflichtet, umfassend eine Versuchsstrafbarkeit einzuführen. Sie besteht zwar eingeschränkt bereits de lege lata, ist jedoch ohne praktische Relevanz geblieben. Wieso die Integrität der Finanzmärkte durch die Verwirklichung von bloßem Handlungsunrecht ernsthaft beeinträchtigt werden soll, erschließt sich nicht. Allerdings ist die Kritik hieran auf europäischer Ebene zu formulieren und kann nicht gegen den Regierungsentwurf erhoben werden.

Jenseits der Mindestvorgaben in der MAD II ist der deutsche Gesetzgeber frei in der Entscheidungsfindung und kann in eigener Verantwortung darüber befinden, in welcher Weise Verstöße gegen die Verhaltensnorm strafrechtlich zu kriminalisieren sind. Daher beschränken sich die folgenden Anmerkungen auf diesen Bereich.

1. Umsetzung der europäischen Vorgaben

Sieht man den Regierungsentwurf durch, so fällt auf, dass von diesem Gestaltungsspielraum wenig Gebrauch gemacht wurde, um Verhaltensweisen zu entkriminalisieren. Tatsächlich behält der Gesetzgeber das gegenwärtige Niveau der Kriminalisierung in den praktisch relevanten Fallkonstellationen weitgehend bei und verschärft es in Teilen gravierend.

Im Bereich der Marktmanipulation ist begrüßenswert, dass der Regierungsentwurf an dem Tatbestandsmerkmal der Einwirkung auf den Kurs- und Börsenpreis eines Finanzinstruments festhält, um ein marktmanipulatives Verhalten als Straftat zu qualifizieren. Kritik hieran kann nicht mit zwingenden europäischen Vorgaben begründet werden, die gerade nur dort bestehen, wo das marktmanipulative Verhalten signifikante Schäden nach sich gezogen hat. Solche Schäden treten gerade in Fällen nicht auf, in denen durch das marktmanipulative Verhalten gerade keine, auch nur kurzfristige Beeinflussung der Börsen- und Marktpreise im Sinne eines künstlichen Niveaus erreicht wurde. Vielmehr hat der Kursverlauf in diesen Konstellationen trotz des Einwirkungsversuchs die wirtschaftlichen Realitäten ordnungsgemäß abgebildet. Ein signifikanter Schaden für die Integrität des Kapitalmarktes ist hier nicht eingetreten. Eine strafrechtliche Reaktion ist daher weder verhältnismäßig noch durch die Richtlinie gefordert.

Dagegen ist es sachlich nicht nachvollziehbar, weshalb der Regierungsentwurf ausgerechnet Fälle der sonstigen Marktmanipulation, insb. des sog. „Scalpings“ strafrechtlich nicht erfasst. Das verwundert, war das Scalping zuvor – zumindest nach Ansicht des BGH (BGHSt 47, 373) – noch vom Verbot der Marktmanipulation erfasst. In der Gesetzesbegründung findet sich kein Hinweis darauf, dass sich der Gesetzgeber der nunmehrigen fehlenden Strafbarkeit bewusst wäre, er die Strafbarkeit also sehenden Auges abgeschafft hätte. Auch die de lege lata eingeschränkte Strafbarkeit informationsgestützter Marktmanipulation in § 38 Abs, 1 Nr. 3 WpHG-RegE kann sich nicht auf bindende Vorgaben der europäischen Verordnung berufen, da diese tatsächlich nur das Vorliegen eines Vorteils oder Gewinns fordert, nicht jedoch eines Vermögensvorteils großen Ausmaßes in Höhe von min. EUR 50.000.

Im Bereich des Insiderhandels ist nunmehr die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärinsider aufgelöst worden hin zu einer Strafbarkeit aller, gleich ob gegen das Handels- oder Mittelungsverbot verstoßen wird. Der leichtfertige Insiderhandel soll nicht länger strafbar sein. Die Klarstellung, dass Journalisten bei börsenrelevanter Berichterstattung eine „befugte Mitteilung“ potentieller Insiderinformationen geben, wäre auch in der deutschen Begründung des Regierungsentwurfes begrüßenswert gewesen (vgl. aber Artikel 4 Abs. 5 MAD II). Aufgegeben wird entsprechend den europäischen Vorgaben das Verleitungsverbot, indem nunmehr nur die ohnehin bereits jetzt strafbare Anstiftung unter Strafe gestellt wird. Aufrechterhalten bleibt allerdings die Strafbarkeit des Verstoßes gegen das Verleitungsverbot im Bereich des Insiderhandels mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach § 38 Abs. 2 Nr. 2b WpHG-RegE. Die Gründe für die Unterscheidung liegen im Dunklen.

2Neuer Verbrechenstatbestand

Schließlich sieht der Gesetzentwurf eine erhebliche Erhöhung des Strafrahmens für bestimmte Fälle vor. Es war allgemein erwartet worden, dass der Gesetzgeber sich dazu entschließt, eine Strafrahmenverschiebung durch die Normierung besonders schwerer Fälle der Marktmanipulation vorzunehmen. Hierbei handelt es sich um eine bekannte und seit langer Zeit geübte Regelungstechnik, die für benannte besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Der Regierungsentwurf sieht stattdessen in Fällen der organisierten Begehung oder dem Ausnutzen von Informationen im Rahmen einer professionellen Tätigkeit mit Bezug zum Finanzmarkt einen Strafrahmen in Höhe von 1 bis 10 Jahren und stuft diese somit zu Verbrechenstatbeständen hoch. Diese drastische Strafschärfung soll ihren Grund darin finden, dass „aus Sicht des nationalen Gesetzgebers die Auswirkungen auf die Integrität der Finanzmärkte bei Marktmanipulation sehr hoch und damit in besonderem Maße strafwürdig sind“.

Diese Begründung überzeugt nicht.

So liegen schon keine belastbaren empirischen Nachweise dafür vor, dass die öffentlich bekannt gewordenen Marktmanipulationen der letzten Jahre die Integrität der Finanzmärkte ernsthaft bedroht oder das Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte spürbar beeinträchtigt hätten. Im Gegenteil: angesichts der expansiven Geldpolitik der Notenbanken und der daraus resultierenden niedrigen Realzinsen erfreut sich der Kapitalmarkt bei den Anlegern stetig steigenden Zuspruchs. Dies zeigt zudem, dass die Integrität der Kapitalmärkte bzw. das Vertrauen der Anleger maßgeblich von ganz anderen Faktoren abhängt als der Frage, ob bestimmte Formen der Marktmanipulation als Verbrechenstatbestände sanktioniert werden.

Der Regierungsentwurf verliert kein Wort dazu, dass der europäische Gesetzgeber lediglich eine Strafe von mindestens vier bzw. zwei Jahren vorschreibt, um „schwere Fälle“ des Marktmissbrauchs zu sanktionieren. Weshalb es ausweislich des deutschen Regierungsentwurfs für notwendig erachtet wird, weit über diese Vorgaben hinauszugehen, indem ein eigenständiger Verbrechenstatbestand geschaffen wird, erschließt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs nicht. Dies ist jedenfalls nicht selbst- bzw. auch nicht mit dem Schutz der Marktintegrität zu erklären, denn auch der europäische Gesetzgeber hat wegen der Schutzbedürftigkeit des europäischen Kapitalmarktes sich veranlasst gesehen, MAR und MAD II zu erlassen, um eine bessere Bekämpfung zu ermöglichen. Die Diskrepanz zwischen der deutschen und der europäischen Sichtweise über das notwendige Sanktionsniveau sind immens.

Auch ist das Handlungs- und Erfolgsunrecht, welches in den benannten Fällen verwirklicht wird, nicht von einem solchen Gewicht, dass die Einführung eines Verbrechenstatbestandes erforderlich und sinnvoll erscheint. Vielmehr sieht das Gesetz bei vergleichbaren Fällen betrügerischen Handelns allenfalls besonders schwere Fälle mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis 10 Jahren (vgl. etwa § 263 Abs. 3 StGB oder § 370 Abs. 3 AO) vor. Der Verbrechenstatbestand des Betruges ist gemäß § 263 Abs. 5 StGB nur erfüllt, wenn das gewerbsmäßige Handeln mit einer bandenmäßigen Begehung zusammentrifft. Das bedeutet: Das abstrakte Gefährdungsdelikt der Marktmanipulation soll höher bestraft werden als ein Verletzungsdelikt, bei dem ein messbarer Schaden an dem Vermögen des oder der Verletzten entsteht.

Die im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen stellen einen anlasslosen Bruch mit der Systematik im Bereich der besonders schweren Fälle dar, der trotz seiner Augenfälligkeit in dem Regierungsentwurf nur wenig substantiell begründet wird. Nicht vergessen werden sollte schließlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Verbrechenstatbestandes des banden- und gewerbsmäßigen Betruges in § 263 Abs. 5 StGB ausdrücklich das Ziel verfolgt hatte, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen. Dieses Motiv lässt sich für den als Sonderdelikt für „Kapitalmarktprofis“ ausgestalteten Verbrechenstatbestand des § 38 Abs. 5 Nr. 2 WpHG-RegE kaum fruchtbar machen.

Wendet man den Blick auf die erfassten Fallkonstellationen, so wird deutlich, dass die angestrebte Sanktionierung als Verbrechen und damit als schwerste Straftaten auch im Einzelfall nicht nachvollziehbar ist. Beispielsweise verhängte der Sanktionsausschuss der Frankfurter Wertpapierbörse wegen des Verstoßes gegen den die Marktintegrität schützenden § 117 BörsO FFM, der nach Ansicht des VG Frankfurt am Main deckungsgleich mit § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG sei (vgl. Beschluss v. 19.11.2014 – 2 K 1675/13.F, BeckRS 2015, 45671), ein Ordnungsgeld gegen einen Finanzdienstleister, dessen Mitarbeiter in der Abteilung Designated Sponsoring die Schwankungsbreite des Kurses einer Aktie durch wirtschaftlich nicht veranlasste Geschäfte widerrechtlich eindämmten. Die Höhe des Ordnungsgeldes belief sich auf EUR 5.000 bei einem möglichen Ordnungsgeldrahmen von bis EUR 250.000. Nach den in dem Regierungsentwurf niedergelegten Vorstellungen würde es sich zukünftig um ein Verbrechen handeln, das mit einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr Gefängnis zu bestrafen wäre, da ein besonders schwerer Fall des Angriffs auf die Marktintegrität des deutschen Kapitalmarkts vorliegen soll.

Angesichts dessen kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Gesetzentwurf populistischen Stimmen in der öffentlichen Diskussion („Bankster“) Rechnung tragen möchte und dabei die erheblichen rechtstatsächlichen Auswirkungen nicht hinreichend in den Blick genommen hat. So werden Ermittlungsbehörden aufgrund der hohen Strafdrohung eines Verbrechenstatbestandes bei jedem Anfangsverdacht einer Marktmanipulation im besonders schweren Fall eingehend zu prüfen haben, ob ein Haftbefehl zu erlassen ist. Dies wäre angesichts der soeben beschriebenen Fallkonstellationen unangemessen. Auch sind Opportunitätsüberlegungen bei der Frage, welchen Ausgang ein Ermittlungsverfahren nehmen kann, von vornherein verschlossen. § 153a StPO findet nur bei Vergehen Anwendung. Zudem führt § 38 Abs. 5 WpHG-RegE dazu, dass Journalisten in ihrer beruflichen Tätigkeit eingeschränkt werden, weil das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten ausgehebelt werden kann (vgl. § 53 Abs. 2 Satz 2 StPO). Erneut fehlt es an einer Begründung, weshalb die Beschränkung der Pressefreiheit erforderlich erscheint.

Schließlich versäumt es der Regierungsentwurf, anders als beispielsweise bei § 263 Abs. 5 StGB, ausdrücklich die Möglichkeit eines minder schweren Falles mit einem niedrigeren Strafrahmen zu normieren. Jede Form der differenzierenden Betrachtung des Tatverhaltens und der Person des Täters ist damit ausgeschlossen. Wie auf Grundlage dieses Regierungsentwurfes Gerichte zu schuldangemessenen Strafen kommen sollen, bleibt rätselhaft. Im Übrigen kommt in der Heraufstufung zum Verbrechenstatbestand „wegen der besonderen Strafwürdigkeit aufgrund der Auswirkungen auf die Integrität der Kapitalmärkte“ eine Erwartungshaltung an die präventiven Einwirkungsmöglichkeiten von Strafe nach dem Motto „viel hilft viel“ zum Ausdruck, die allen Erkenntnissen der Kriminologie nach längst widerlegt wurde.

Nicht begründet und auch deshalb nicht nachvollziehbar ist schließlich die Gleichbehandlung von Amtsträgern und Mitarbeitern von Finanzdienstleistungsinstituten. Ausweislich des Regierungsentwurfes soll zukünftig eine Marktmanipulation, die eine Person in Ausübung ihrer Tätigkeit für eine inländische Finanzaufsichtsbehörde, ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, eine Börse oder einen Betreiber eines Handelsplatzes begeht, als Verbrechen bestraft werden, ohne dass weitere Qualifikationsmerkmale im Tatbestand gefordert werden. Man muss sich schon fragen, worin der Grund der Ungleichbehandlung der Mitarbeiter der BaFin gegenüber anderen Amtsträgern liegt, dass ausgerechnet diese bei betrügerischem Verhalten mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht werden sollen. Allerdings ist anzuerkennen, dass es für eine Sonderbehandlung der Amtsträger natürlich Vorbilder im geltenden Recht – etwa § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB – gibt. Ohne Vorbild – soweit ersichtlich – ist jedoch die Gleichsetzung von Personen einer ganzen Branche mit Amtsträgern. Wieso sollen Mitarbeiter von Finanzdienstleistungsinstituten nur aufgrund ihrer Tätigkeit am Kapitalmarkt einer drastisch erhöhten Sanktion unterliegen? Der Regierungsentwurf schweigt hierzu vollständig. Es bleibt damit im Dunkeln, was der Grund für die Gleichbehandlung sein soll. Rational nachvollziehbare Gründe jenseits einer populistischen Haltung gegenüber „Bankstern“ sind nicht ersichtlich.

 

III. Neuerungen auf dem Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts

Der Regierungsentwurf sieht massive Umgestaltungen des bisherigen Bußgeldkatalogs vor, bleibt er auch hinter dem Referentenentwurf zurück, der in seinem Reformwillen noch weitergegangen war.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass ihr Entwurf eine „1:1-Umsetzung“ der EU-Richtlinie 2014/57/EU und der Verordnungen Nr. 596, 909 und 1286 aus 2014 darstellt. (Regierungsentwurf, S. 3). Damit setzt sie den Zielkorridor für das Gesetzgebungsverfahren, definiert also als legitimes Ziel ausdrücklich die exakte Umsetzung dieser europarechtlichen Vorgaben. Dieses erreicht der Entwurf der Bundesregierung nicht. Teilweise geht er über das selbst gesetzte Ziel ohne Begründung hinaus, so dass man sich fragt, ob die Abweichung zu den europarechtlichen Vorgaben nicht gesehen wurde. Sollte das so sein, hätten die überschießenden Regelungen keinen vom Gesetzgeber gesetzten legitimen Zweck.

In der derzeitigen Fassung des Regierungsentwurfs wird anders als in der Fassung des Referentenentwurfs die ursprüngliche Regelungstechnik des § 39 WpHG als zentrale Bußgeldnorm beibehalten. Die Norm wird allerdings insoweit umstrukturiert, als die ursprüngliche Einteilung nach der subjektiven Tatseite aufgebrochen und nunmehr eine Systematisierung nach Rechtsakten erfolgt. Dies ist zwar grds. zu begrüßen. Tatsächlich dürfte sich die Lesbarkeit erhöhen, wenn auch die einzelnen Tathandlungen stärker nach Rechtsakten geordnet würden. In der vorgeschlagenen Fassung werden beide Ansätze jedoch vermischt. Die Bußgeldnorm, die der Regierungsentwurf aufnimmt, wurden durch die geplante Umsetzung nicht vereinfacht, sondern im Gegenteil in ihrer Komplexität erhöht. Dies widerspricht dem in der MAD II vorgegebenem Ziel der Verständlichkeit für die Anwender. Bei einer 1:1-Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben, wie sie sich der deutsche Gesetzgeber auf die Fahne schreibt, hätte man sich Anpassungen in Richtung einer zugänglicheren Strukturierung gewünscht. Angesichts dieses Befundes nicht weiter verwunderlich, unterlaufen dem Gesetzgeber teilweise handwerkliche Fehler. So sind im Regierungsentwurf teilweise Verweisketten nicht stimmig oder es tauchen systematische Ungereimtheiten auf (bspw. fehlende Verweise in § 39 Abs. 1 Nr. 2, 2 oder § 39 Abs. 2 Nr. 1, WpHG-RegE). Nur mit einem Redaktionsversehen erklärlich dürften auch die Sanktionslücken beim Scalping und bei Emissionszertifikaten, durch die der Regierungsentwurf hinter den unionsrechtlichen Vorgaben – wohl versehentlich – zurückbleibt, sein (so bereits Teigelack/Dolff, BB 2016, 387 (392). Diese Taten erfasst der Entwurf nicht einmal ordnungswidrigkeitenrechtlich. Er nimmt in § 39 Abs. 3d Nr. 2 lit. a bis c für die Sanktionierung von Marktmanipulationen nur auf Art. 12 Abs. 2 lit. a bis c MAR Bezug, nicht aber auf lit. d bis e, wodurch Scalping und Emissionszertifikate gerade aus dem Anwendungsbereich der Sanktionsnorm ausgenommen wären. Damit bliebe der deutsche Gesetzgeber nicht nur hinter den unionsrechtlichen Vorgaben zurück, sondern ließe einen der klassischen Verhaltensweisen des Marktmissbrauches völlig ohne Sanktion.

Der Regierungsentwurf verschärft die Bußgeldtatbestände insoweit, als für einige Tatbestände die Privilegierung fahrlässigen Verhaltens bei der Bußgeldhöhe abgeschafft werden soll. Außerdem wird die Bußgeldhöhe insgesamt deutlich angehoben. Hier sieht sich der Gesetzgeber europarechtlich gebunden. Diese Bindung besteht allerdings auch im Bereich der Ordnungswidrigkeiten nicht in der von der Regierung angenommenen Form. Tatsächlich ist bereits zweifelhaft, ob die Bundesregierung Recht hat, wenn sie davon ausgeht, dass für eine Geldbuße eine Anknüpfung an den jeweils höheren Betrag, entweder Anknüpfung am Gesamtjahresumsatz oder am Nominalbetrag (etwa in § 39 Abs. 4a S. 2 WpHG-RegE), unionsrechtlich determiniert ist. Richtigerweise nimmt der von der Bundesregierung in Bezug genommene Verordnungstext in Art. 30 Abs. 2 MAR an, dass eine Anknüpfung entweder an den Nominalbetrag oder den Gesamtjahresumsatz erfolgen müsse. Es muss dem Wortlaut nach gerade nicht der höhere der beiden Beträge sein. Die MAR ist auch so häufig überarbeitet worden, dass ein Redaktionsversehen des europäischen Verordnungsgebers wohl auszuschließen ist. Er wollte gerade keine entsprechende Festlegung, die der Regierungsentwurf nun vorsieht. Die Auswahl des jeweils höheren Betrages stammt ausschließlich vom deutschen Gesetzgeber. Der Entwurf verkennt insofern die Einschätzungshoheit des Parlaments, indem eine europarechtliche Determinierung angenommen wird, die in dieser Form nicht besteht.

An anderen Stellen erfolgt demgegenüber eine Herabsenkung der Sanktionierung. So werden leichtfertige Insiderverstöße, die nach aktueller Gesetzlage unter bestimmten Voraussetzungen strafbar waren, in Zukunft nur noch als Ordnungswidrigkeiten zu ahnden sein. Diese Absenkung ist praxisgerecht und ermöglicht ein pragmatisches Vorgehen der Ermittlungsbehörde, das sich an der Verfolgung der Steuerhinterziehung und der leichtfertigen Steuerverkürzung ein Beispiel nehmen kann.

Der Entwurf ist auch systematisch nicht konsistent. Dies wird gerade an der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung zur Bußgeldhöhe im WpHG und dem KWG deutlich. Anders als § 39 Abs. 4a WpHG-RegE kennt § 56 KWG RegE in Abs. 6a gerade keine Bezugnahme auf den Konzernumsatz. Warum hier ein anderer Regelungsgehalt als im Rahmen des WpHG gewählt wurde, ist nicht erklärlich.

Hinzu kommt, dass im Bereich des WpHG eine gesetzliche Differenzierung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit mit Blick auf die Bußgeldhöhe in Form von § 17 Abs. 2 OWiG ausgeschlossen ist. Dies gilt im Rahmen des WpHG für alle Betroffenen, im Rahmen des KWG gilt der Ausschluss nur für juristische Personen oder Vereinigungen. Warum dies systematisch anders geregelt wurde, leuchtet nicht ein.

Einwände müssen auch erhoben werden gegen die Schätzungsbefugnis des § 39 Abs. 4a S. 4 WpHG-RegE. Auch hier geht der Gesetzgeber – wohl ohne dies zu sehen – über die europarechtlichen Vorgaben hinaus. Die MAR verpflichtet die Mitgliedstaaten allein, Geldbußen bis zum Dreifachen der durch die Verstöße erzielten Gewinne oder vermiedenen Verluste zuzulassen, „sofern sich diese beziffern lassen“ (Art. 30 Abs. 2 Sub. 1 lit. h MAR).

IV. Neuerungen auf dem Gebiet des Verfahrensrechts

Der Regierungsentwurf sieht vor, die in § 4 WpHG geregelten Aufsichts- und Eingriffsbefugnisse der BaFin erheblich zu erweitern. Insbesondere weist der Regierungsentwurf der BaFin weitere – nunmehr eindeutig – strafprozessuale Kompetenzen beim Verdacht auf Insiderhandel und Marktmanipulation zu, etwa den Zugriff auf Telekommunikationsdaten (§ 4 Abs. 3c WpHG-RegE), auf bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Kreditinstituten (usf.) aufgezeichnete Telefongespräche, E-Mails und Telekommunikationsverkehrsdaten (§ 4 Abs. 3d WpHG-RegE), ein Betretungsrecht von Geschäfts- und Wohnräumen zum Zwecke der Verfolgung von Verstößen, die Möglichkeit, Beweismittel sicherzustellen bzw. mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt zu beschlagnahmen (§ 4 Abs. 4a WpHG-RegE) sowie die Kompetenz, eine Vermögensbeschlagnahme zu beantragen (§ 4 Abs. 4b WpHG-RegE).

1Die BaFin als Strafverfolgungsbehörde

Hintergrund sind die Art. 22 ff. MAR, ausweislich derer die Mitgliedstaaten „eine einzige Behörde“ für die Zwecke der MAR zu benennen haben. Strafrechtliche Kompetenzen sieht die MAR für diese Behörde jedoch nicht vor: Zwar postuliert Art. 23 Abs. 3 MAR noch, dass die zuständigen Behörden „alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Aufsichts- und Ermittlungsbefugnisse haben“. Gem. Art. 23 Abs. 2 lit. f) MAR muss die zu benennende Behörde aber lediglich die Befugnis haben, „eine Sache zwecks strafrechtlicher Verfolgung weiterzuverweisen“. Damit differenziert der europäische Verordnungsgeber ausdrücklich zwischen Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden. Die Ausstattung der BaFin mit Strafverfolgungsbefugnissen geht daher über die Anforderungen der europäischen Vorgaben hinaus. Die schon de lege lata bestehenden Spannungen zwischen dem Wertpapieraufsichtsrecht mit seinen durchsetzbaren Mitwirkungspflichten auf der einen Seite und strafprozessualen Schutzfunktionen (wie Verweigerungsrechten und Verwertungsverboten) werden auf diese Weise noch verschärft. Das zeigt sich auch in der Systematik des § 4 Abs. 3 ff. WpHG-RegE, in der die vorgesehenen strafprozessualen Befugnisse der BaFin unglücklich mit präventiven Eingriffskompetenzen vermischt sind.

Grundsätzlich ist dem deutschen Recht die Strafverfolgung durch Spezialbehörden zwar nicht fremd: So kommt den Finanzbehörden die Befugnis zur Verfolgung von Steuerstraftaten zu, solange die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht an sich zieht. Die insoweit einschlägige Abgabenordnung enthält aber Hierarchievorschriften und Regelungen zur Auflösung der Interdependenzen zwischen steuerlichen Mitwirkungs- und steuerstrafrechtlichen Abwehrrechten. Derartiges fehlt dem Regierungsentwurf. Zwar soll die BaFin auch weiterhin verdachtsbegründende (und -erhärtende) Tatsachen an die Staatsanwaltschaft weiterleiten müssen (§ 4 Abs. 5 WpHG). Mit der Weiterleitung erlischt aber die ihr zugewiesene Ermittlungsbefugnis nicht. Auf diese Weise entsteht eine Parallelzuständigkeit von BaFin und Staatsanwaltschaft. Dem wohnt die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten, Abstimmungsmängeln und auch doppelter Inanspruchnahme der Beschuldigten und Betroffenen inne. Dieser Problematik wäre durch die Schaffung einer Evokationsregel nach dem Vorbild des Steuerstrafverfahrensrechts, die ein Primat staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen konstituierte, abgeholfen.

Damit ließe sich aber die Vermischung der wertpapierhandelsaufsichtsrechtlichen und strafprozessualen Befugnisse der BaFin nicht vermeiden. So soll das WpHG auch fortan kein Recht enthalten, bei Selbstbelastungsgefahr die Vorlage von Unterlagen zu verweigern. Das gilt insbesondere auch für Unternehmen, gegenüber denen der Regierungsentwurf weit über die derzeitigen Regeln im OWiG hinausgehende Sanktionierungsmöglichkeiten schafft. Der Gesetzgeber ist daher gut beraten, etwa nach dem Vorbild des Steuerverfahrensrechts Regeln zu schaffen, die die Spannungen zwischen den bußgeldbewehrten Mitwirkungspflichten und den strafprozessualen Schutzprinzipien – insbesondere der Selbstbelastungsfreiheit – aufzulösen geeignet sind.

Unabhängig davon bestehen erhebliche Zweifel, ob die präventive Aufsicht und die repressive Strafverfolgung innerhalb derselben Behörde entsprechend den jeweils geltenden und streng zu trennenden Regimen bewältigt werden können. Eine deutliche Trennung zwischen Wertpapieraufsicht – durch die BaFin – und Strafverfolgung – durch die Staatsanwaltschaft – wäre die bessere Variante.

2Schaffung neuer Ermittlungskompetenzen

Die geplanten Erweiterungen des Verfahrensrechts und die vorgesehenen strafprozessualen Kompetenzen der BaFin sind nicht nur systematisch, sondern auch inhaltlich missglückt. Sie sind zudem überflüssig, weil die StPO bereits auf die Verfolgung von Marktmissbrauch anwendbare Vorschriften enthält, die den Vorgaben der MAR entsprechen. Der Regierungsentwurf schafft insoweit ein Parallelstrafprozesssonderrecht für die Verfolgung von Marktmanipulation ohne Mehrwert, dessen Verhältnis zum allgemeinen Strafprozessrecht unklar bleibt.

Dies lässt sich insbesondere in den Regelungen des Regierungsentwurfs zur Sicherstellung und Beschlagnahme sowie der dort sog. „Vermögensbeschlagnahme“ in § 4 Abs. 4a und 4b WpHG-RegE erkennen. Die konkreten Voraussetzungen der Sicherstellung und der Beschlagnahme regelt der Regierungsentwurf nicht. Verweise auf die Regelungen der StPO über die Sicherstellung und die Beschlagnahme enthält der Entwurf nur äußerst ausgesucht. Ausdrücklich anwendbar sollen lediglich die Vorschriften über Rechtsbehelfe gegen die richterliche Anordnung der Beschlagnahme (§§ 306-310 und 311a StPO) sowie das Gebot sein, im Falle der Beschlagnahme ohne richterliche Anordnung binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung einzuholen. Insbesondere werden die Beschlagnahmeverbote des § 97 StPO nicht miteinbezogen. Das erweckt den Eindruck, dass die strafprozessualen Regeln im Rahmen der Ermittlungen nach dem WpHG nicht anwendbar sein sollen. Gleichzeitig sollen aber Erkenntnisse im Strafverfahren nach der StPO Verwendung finden, wie § 4 Abs. 5 WpHG zeigt. Das würde bedeuten, dass die BaFin im Verfahren nach § 4 WpHG die Beschlagnahmeverbote des § 97 StPO nicht zu beachten hätte und Erkenntnisse, die sie unter Nichtbeachtung des § 97 StPO erheben würde, der Staatsanwaltschaft (für die die Vorschrift gilt) weiterleiten müsste. Das macht weder systematisch Sinn noch wäre es mit dem Prinzip des Berufsgeheimnisträgerschutzes vereinbar.

Schließlich ist der in § 4 Abs. 4b WpHG-RegE verwendete Begriff der Vermögensbeschlagnahme ein Topos aus der MAR, der dem deutschen Strafprozessrecht fremd ist. Das Verhältnis zu den bereits bestehenden Vorschriften der StPO über die Vermögensarrestierung und die Rückgewinnungshilfe und § 4 Abs. 4b WpHG-RegE bleibt im Dunkeln. Ein Verzicht auf diese Sonderregelung widerspräche den europäischen Vorgaben nicht und vermiede Unklarheiten. Unbestimmt sind im Übrigen auch die Voraussetzungen der Vermögensbeschlagnahme, die dann zulässig sein soll, wenn sie „zur Durchsetzung der Verbote und Gebote“ der MAR „geboten“ ist. Eine hinreichend konkrete Umschreibung der Anforderungen an das Einfrieren von Vermögenswerten liegt hierin nicht.

V. Fazit

Der Regierungsentwurf eines Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes geht im Bereich der Sanktionen und der strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die europäischen Vorgaben hinaus. Zudem enthält er redaktionelle Fehler, die es zu beseitigen gilt.

In inhaltlicher Hinsicht ist die Einführung eines Verbrechenstatbestandes, wie ihn § 38 Abs. 5 WpHG-RegE vorsieht, abzulehnen. Sie wird von MAR II und MAD nicht verlangt und passt weder systematisch ins Strafrechtssystem, noch besteht ein Bedürfnis einer derartigen Regelung.

Die geplanten Neuregelungen der strafrechtlichen Ermittlungskompetenzen in § 4 WpHG sind systematisch missglückt, inhaltlich unklar und mit Blick auf die bereits bestehenden Vorschriften in der StPO überflüssig. Sie sind daher abzulehnen. Dasselbe gilt für eine Parallelzuständigkeit der BaFin für die Verfolgung strafbarer Marktmanipulation. Die entsprechende Kompetenz sollte auch fortan allein bei der Staatsanwaltschaft verortet sein. Die europäischen Regeln verlangen die Einführung strafprozessualer Kompetenzen der BaFin ohnehin nicht.

Autorinnen und Autoren

  • Dr. André-M. Szesny, LL.M.
    Dr. André-M. Szesny, LL.M. ist Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek und leitet die dortige Praxisgruppe Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Er berät und verteidigt Unternehmen und Einzelpersonen in Strafverfahren und allen Fragen der Compliance. Daneben ist er Sprecher des Arbeitskreises Kapitalmarktstrafrecht der WisteV und Redaktionsmitglied der WiJ.
  • Dr. Philipp Gehrmann
    Dr. Philipp Gehrmann ist Strafverteidiger in der Berliner Sozietät Krause & Kollegen. Er berät und verteidigt Einzelpersonen und Unternehmen in der sog. Vorfeldberatung und in allen Phasen eines Strafverfahrens mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Wirtschafts-, Kapitalmarkt- und Steuerstrafrecht. Ferner ist Dr. Philipp Gehrmann Sprecher des Arbeitskreises Kapitalmarktstrafrecht der wisteV.
  • Dr. Tobias Eggers
    Dr. Tobias Eggers ist Partner bei PARK Wirtschaftsstrafrecht. Er berät und verteidigt Unternehmen und Einzelpersonen in den Bereichen Kapitalmarktstrafrecht, Wettbewerbsstrafrecht und internationales Strafrecht. Er leitet die Praxisgruppe Compliance der Kanzlei und ist Lehrbeauftragter an der Universität Osnabrück.

WiJ

  • Dr. Simon Ulc , Marc Neuhaus

    Übernahme von Kosten für Verteidiger und Zeugenbeistände – eine Praxisübersicht

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Ricarda Schelzke

    BGH, Urteil vom 6. März 2024 – 1 StR 308/23

    Individual- und Unternehmenssanktionen

  • Dr. Marius Haak , Joshua Pawel LL.M.

    Umweltkriminalität im Visier der EU – Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom Rat beschlossen

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung