Dr. Max-Niklas Blome

Brüssel oder Bonn: Die Gretchenfrage im Kartellbußgeldrecht

Vorschlag für einheitliche Regeln in Europa

I. Einleitung

Wer haftet für Kartellverstöße? Diese Frage ist für Unternehmen außerordentlich wichtig, denn Jahr für Jahr steigen die Bußgelder: Allein das deutsche Bundeskartellamt in Bonn hat im vorläufigen Rekordjahr 2014 Geldbußen von mehr als EUR 1 Milliarde verhängt[1], die EU-Kommission[2] gar mehr als EUR 1,6 Milliarden.[3] Die zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen unterscheiden sich jedoch fundamental voneinander, ohne dass die Kompetenzen klar voneinander abgrenzt wären: Die Kommission kann Geldbußen gegen Konzerne im Sinne „wirtschaftlicher Einheiten“ verhängen, während die deutschen Kartellbehörden auf einzelne Konzerngesellschaften beschränkt sind.

Vor allem die europäischen Regelungen und ihre mögliche Unvereinbarkeit mit universellen rechtsstaatlichen Prinzipien sind Gegenstand einer lebhaften Diskussion. Diese hat unter dem Eindruck der bis Ende 2016 umzusetzenden Kartellschadensersatzrichtlinie[4] erneut an Dynamik gewonnen, da der hierin verwendete Unternehmensbegriff sich nicht in die Dogmatik des geltenden deutschen Kartellrechts einfügt.

Zentrales Anliegen dieses Beitrags ist es, einen konkreten Vorschlag in die Diskussion über notwendige Reformen einzubringen.[5] Dieser will die „goldene Mitte“ zwischen deutschem und dem EU-Haftungsregime finden und so (mehr) Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen.

II. Grundzüge kartellrechtlicher Sanktionierung

Das deutsche Kartellrecht hat sich im Laufe der Zeit stetig in Richtung des EU-Kartellrechts entwickelt[6], gleichwohl ohne es vollständig nachzubilden. Es basiert auf einem „doppelten Rechtsträgerprinzip“, wohingegen das EU-Kartellrecht lediglich auf Ebene der Sanktionierung, also für die Rechtsfolge, konkrete Rechtsträger adressiert. Für die Haftungsbegründung bzw. den Kartellverstoß als solchen knüpft es hingegen an das an wirtschaftlich-faktischen Kriterien orientierte Gebilde der „wirtschaftlichen Einheit“ an.

1. Das „doppelte Rechtsträgerprinzip“ des deutschen Kartellrechts

Die zentralen Normen für Geldbußen bei Kartellverstößen sind § 81 GWB sowie die Regeln der §§ 9, 30 OWiG.

a) Kartellrechtlicher Sanktionstatbestand (§ 81 GWB)

Auf Grundlage von § 81 GWB können die deutschen Kartellbehörden Geldbußen in Höhe von 10% des weltweiten Umsatzes der „wirtschaftlichen Einheit“, worunter insbesondere die Rechtsprechung den Konzernumsatz versteht[7], verhängen. Es handelt sich hierbei – anders als im EU-Kartellrecht – um eine echte Obergrenze, der Sanktionsrahmen ist also auf 10% des Konzernjahresumsatzes begrenzt.[8]

Materiell knüpft der Sanktionstatbestand an die §§ 1, 19 f. GWB bzw. Art. 101 f. AEUV an. Diese Sonderdelikte richten sich an „Unternehmen“.[9] Der Unternehmensbegriff wird wie im EU-Kartellrecht wirtschaftlich-funktional interpretiert.[10] Ein Unternehmen in diesem Sinne liegt vor bei jeder selbständigen Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr, die auf den Austausch von Waren oder gewerblichen Leistungen gerichtet und nicht auf die Deckung des privaten Lebensbedarfs beschränkt ist.[11] Ein „Unternehmen“ in diesem Sinne muss als solches nicht selbst rechtsfähig sein.[12]

b) Natürliche Personen als Täter der Bezugstat des § 30 OWiG

Gleichzeitig sind im geltenden[13] deutschen Sanktionsrecht – anders als im EU-Kartellrecht[14] – nur natürliche Personen deliktstauglich (vgl. etwa § 12 OWiG).[15] Eine allgemeine Unternehmensgeldbuße ist dem deutschen Kartellrecht bislang fremd.[16] Dies stellt auch so lange keine Schwierigkeit dar, wie ein Einzelunternehmer einen Kartellverstoß begeht; gegenüber diesem kann gem. § 81 GWB ohne Weiteres eine Geldbuße verhängt werden.

Die im Hinblick auf natürliche Personen, die für Unternehmen handeln, entstehende Sanktionslücke schließen auch im Bereich des Kartellordnungswidrigkeitenrechts die §§ 30, 9 OWiG. Durch letzteren, dessen Pendant § 14 StGB ist, wird die Unternehmenseigenschaft auf den handelnden Repräsentanten übertragen, was den Verstoß technisch überhaupt erst begründet.[17] Diese sog. Bezugstat bildet die Grundlage der Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG. Hierfür kommt lediglich die Verletzung „betriebsbezogener Pflichten“ in Betracht, wozu neben §§ 1, 19 f. GWB und Art. 101 f. AEUV[18] auch die Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG zählt.[19]

c) Juristische Personen als Adressat der Verbandsgeldbuße

Wegen dieser Bezugstat kann gem. § 30 Abs. 1 OWiG eine Verbandsgeldbuße gegen diejenige juristische Person verhängt werden, als deren Repräsentant die natürliche Person gehandelt hat.

aa) Vertretungsbezug

Der Adressat wird anhand des sog. Vertretungsbezugs ermittelt. Hierfür gelten die gleichen Grundsätze wie für § 9 OWiG und § 14 StGB.[20] Die Literatur fordert seit jeher im Wesentlichen einen objektiv-funktionalen Zusammenhang zwischen Handlung und Stellung des Repräsentanten innerhalb der Gesellschaft (sog. Funktionstheorie).[21] Es kommt hiernach darauf an, ob der Repräsentant nach außen als Vertreter des hinter ihm stehenden Verbands auftritt und nicht nur „bei Gelegenheit“[22] handelt. Bei rechtsgeschäftlichem Handeln reicht aus, wenn der Täter im Namen der Gesellschaft auftritt[23], während bei (nur) tatsächlichem Handeln lediglich die Tat nach außen als Wahrnehmung von Gesellschaftsangelegenheit erscheinen muss.[24] Der Zweck der Gesellschaft und deren Interessen sind irrelevant.

Die Rechtsprechung hat zwischenzeitlich die bislang verfolgte Interessentheorie[25] aufgegeben und sich ausdrücklich der Funktionstheorie angeschlossen.[26]

Den paradigmatischen Fall im Kartellrecht stellen Preisabsprachen dar, die etwa ein Geschäftsführer offenkundig „unter der Flagge“ des hinter ihm stehenden Unternehmens – präziser: des Rechtsträgers – mit dem Wettbewerber trifft.

bb) Keine Haftung weiterer juristischer Personen

Den Vertretungsbezug zu bestimmen ist vor allem dann so wichtig wie problematisch, wenn ein Rechtsverstoß innerhalb einer Konzernstruktur begangen wurde. Hier ist nicht von vornherein klar, für welche Gesellschaft der Täter gehandelt hat. Eine echte Konzernhaftung ist allein deswegen jedoch nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall allein anhand der Kriterien der Funktionstheorie ein konkreter Zurechnungsadressat zu ermitteln. Mit diesem ist die Haftung im Grundsatz untrennbar verbunden; sie teilt folglich dessen Schicksal. Der Wortlaut von § 30 Abs. 1 OWiG ist eindeutig: Zurechnungsadressat kann alleine diejenige („diese“) juristische Person sein, „als“ deren Repräsentant der Täter bei der Bezugstat handelte; andernfalls ist das Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) verletzt.[27] Eine Konzernmutter kann z.B. wegen einer entsprechenden Weisung[28] oder eines Unterlassens[29] ihrer Repräsentanten nach § 30 OWiG haften.

Auf sie kann jedoch de lege lata nicht „durchgegriffen“ werden.[30] Entgegen der insbesondere vom Bundeskartellamt geäußerten Auffassung kann hierfür weder über Art. 5 VO 1/2003, der allein die kartellbehördliche Zuständigkeit regelt, noch über § 81 Abs. 4 S. 2 GWB, der nur für die Bußgeldzumessung relevant ist, auf die weitergehenden Sanktionsbefugnisse des EU-Kartellrechts[31] zurückgegriffen werden.[32] Gleiches gilt auch für den zuerst von Mansdörfer und Timmerbeil befürworteten Weg über § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG.[33] Der Gesetzgeber wollte hiermit nicht die Haftung nach oben in Richtung einer Muttergesellschaft, sondern vielmehr den Täterkreis um Leitungspersonen unterhalb der Geschäftsleitungs- oder Gesellschafterebene und damit nach unten erweitern.[34] Schließlich haftet die Muttergesellschaft bei Verstößen einer Tochter nach zutreffender Ansicht nicht nach § 130 OWiG. Inhaber des Unternehmens im Sinne von § 130 OWiG ist die Tochtergesellschaft; die Muttergesellschaft ist „Inhaberin des Inhabers“ und damit nicht vom Wortlaut umfasst.[35]

2. Das Konzept der „wirtschaftlichen Einheit“ im EU-Kartellrecht

Dem EU-Kartellrecht liegt demgegenüber faktisch ein Unternehmensstrafrecht zu Grunde. Täter sind nicht wie im deutschen Recht ausschließlich natürliche Personen, sondern das Unternehmen bzw. die wirtschaftliche Einheiten selbst.[36]

a) 23 VO 1/2003 als Sanktionstatbestand

Das Pendant zu § 81 GWB auf europäischer Ebene ist Art. 23 VO 1/2003, auf dessen Grundlage die Kommission bei Verstößen gegen materielles Kartellrecht (insbes. Art. 101, 102 AEUV) die rechtsgebietstypischen und öffentlichkeitswirksamen Geldbußen in Millionen- oder gar Milliardenhöhe verhängen kann, zumal die 10%-Grenze anders als im deutschen Recht eine Kappungsgrenze darstellt.[37] Es besteht also ein nach oben offener Bußgeldrahmen; das konkret festgesetzte Bußgeld wird nur gekappt, soweit es 10% des Vorjahresumsatzes übersteigt.[38]

b) Doppelgleisiger Unternehmensbegriff

Im EU-Kartellrecht existieren zwei Unternehmensbegriffe, anhand derer die Haftungssubjekte in einem zweistufigen Verfahren ermittelt werden. Für Fragen des Kartellverstoßes als solchem (Art. 101 f. AEUV) ist ein Unternehmen jede wirtschaftliche Einheit unabhängig von Rechtsform oder Finanzierung, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (täterschaftlicher Unternehmensbegriff[39]).[40] Diese wirtschaftliche Einheit kann aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen bestehen[41] und muss als solche nicht rechtsfähig sein.[42] Besondere Bedeutung hat die sog. Akzo Nobel-Vermutung, nach der mehrere juristische Personen bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung von (nahezu) 100% eine wirtschaftliche Einheit bilden. In diesen Fällen wird nach Auffassung der Unionspraxis die rechtliche Selbständigkeit durch ein Autonomiedefizit überlagert.[43] Wenngleich diese Vermutung nach Auffassung des EuGH widerlegbar sein soll[44] (und wegen Art. 6 Abs. 2 EMRK auch muss), ist dies – obwohl regelmäßig zentraler Bestandteil der Verteidigung – bislang nicht gelungen.[45]

Im Rahmen von Art. 23 VO 1/2003 hingegen wird der Unternehmensbegriff institutionell interpretiert (bußgeldrechtlicher Unternehmensbegriff[46]), da es hierbei um die Identifizierung eines möglichen Vollstreckungsschuldners geht. Unternehmen in diesem Sinne sind die Rechtsträger der wirtschaftlichen Einheit zum Zeitpunkt des Kartellverstoßes.[47] In Anlehnung an die Enichem Anic-Entscheidung des EuG wird diese Haftungsregel als Anic-Grundsatz oder -Regel bezeichnet.[48] Die Rechtsträger haften gesamtschuldnerisch.[49]

c) Personales Zurechnungsmodell

Die Relevanz natürlicher Personen beschränkt sich darauf, dass ihr Handeln der – jedenfalls in faktischer Hinsicht handlungsunfähigen – wirtschaftlichen Einheit zugerechnet wird. Diese von der Unionspraxis entwickelte Zurechnung umfasst das Verhalten derjenigen natürlichen Personen, die befugterweise[50] für die wirtschaftliche Einheit tätig geworden sind.[51] Hierzu muss das Verhalten wenigstens zu den Aufgaben der handelnden natürlichen Person gehören und diese fahrlässig handeln.[52] Irrelevant ist jedoch sowohl, ob eine gesonderte Vertretungsbefugnis besteht, als auch, ob Gesellschafter oder die Geschäftsleitung in den Verstoß involviert waren.[53] Der von diesem personalen Zurechnungsmodell des EU-Kartellrechts umfasste Personenkreis ist bedeutend weiter als der des § 30 OWiG, da Ersteres sämtliche natürlichen Personen und nicht nur Repräsentanten umfasst.

3. Fallverteilung zwischen nationalen Kartellbehörden und Kommission

Angesichts dieser erheblichen dogmatischen wie praktischen Unterschiede wiegt es umso schwerer, dass klare Regeln über die Kompetenzverteilung der Kartellbehörden fehlen. Zuständigkeit und Fallverteilung regeln auf Ebene des Unionsrechts die VO 1/2003 sowie die sog. Netzwerkbekanntmachung.[54] Grundsätzlich sind Kommission und Bundeskartellamt unabhängig voneinander zuständig[55], soweit nicht nur nationales Kartellrecht – etwa mangels spürbarer Handelsbeeinträchtigung – betroffen ist.[56] Nicht zu Unrecht spricht Baron in diesem Zusammenhang von einer „Mischverwaltung“[57].

Allerdings mangelt es der Verordnung an einer konkreten Bestimmung darüber, wie die einzelnen Verfahren zu verteilen sind. Gem. Art. 4, 5 VO 1/2003 ist prinzipiell die Kommission zuständig, die nationalen Kartellbehörden nur in durch die Netzwerkbekanntmachung konkretisierten „Einzelfällen“. Es soll jeweils diejenige Behörde tätig werden, die „gut geeignet“ ist, das entsprechende Verfahren durchzuführen.[58] Dies ist der Fall, wenn – erstens – das Hoheitsgebiet der jeweiligen Kartellbehörde betroffen ist, sie – zweitens – die Zuwiderhandlung tatsächlich effektiv bekämpfen kann und – drittens – die Beweiserhebung sichergestellt ist.[59]

Welche Kartellbehörde tätig wird, hängt also davon ab, ob eine spürbare Handelsbeschränkung vorliegt und die Behörde „gut geeignet“ ist. Beide Kriterien eröffnen jeweils sehr weite Spielräume und schaffen eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Dies wiegt umso schwerer, als bislang unklar ist, ob und inwieweit Rechtsschutz im Zusammenhang mit den gesetzlich nicht geregelten Bekanntmachungen besteht.[60]

III. Haftungsnachfolge

Besonders im Fokus der Öffentlichkeit steht regelmäßig die Frage einer Rechtsnachfolge in die bußgeldrechtliche Verantwortung. Die Diskussion kreist darum, ob und unter welchen Voraussetzungen andere juristische Personen als diejenige, gegen die eine Geldbuße festgesetzt werden kann oder wurde (sog. unmittelbares Haftungssubjekt), sanktioniert werden können. Zuletzt in besonderem Maße öffentlich diskutiert wurde eine Konstellation im Rahmen des Wurstkartells, wobei die betroffene Unternehmensgruppe dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ausgesetzt war.[61] Die deutsche und die europäische Antwort unterscheiden sich erheblich voneinander.

1. Beschränkung auf Fälle einer Gesamtrechtsnachfolge im deutschen Recht

In Deutschland wurde mit der 8. GWB-Novelle von 2013 eine abschließende Regelung getroffen. Nach § 30 Abs. 2a S. 1 OWiG kann eine Geldbuße auch gegenüber Gesamtrechtsnachfolgern, also insbesondere bei Verschmelzungen und Aufspaltungen nach dem UmwG, festgesetzt werden. Bei derartigen Umwandlungsmaßnahmen erlischt das unmittelbare Haftungssubjekt ohne gesonderten Liquidationsakt.[62] Das von § 30 Abs. 1 OWiG adressierte unmittelbare Haftungssubjekt steht also fortan nicht mehr als Haftungssubjekt zur Verfügung. Der staatliche Sanktionsanspruch liefe also leer, da das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG einer Haftung weiterer juristischer Personen entgegensteht.[63]

Seit der BGH-Entscheidung Bußgeldhaftung von 1986 und bis zur 8. GWB-Novelle ist die Rechtsprechung derartigen Konstellationen mit dem Institut der „wirtschaftlichen (Nahezu-)Identität“ begegnet und tut dies für Altfälle bis heute. Hiernach konnte die Haftung auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen, wenn dieser bei faktischer Betrachtung dem unmittelbaren Haftungssubjekt entsprach.[64] Diese Rechtsfigur war jedoch von vornherein nicht auf Fälle der Einzelrechtsnachfolge, d.h. asset deals, anwendbar.[65] Sie greift daher nicht in Fällen „wirtschaftlicher Gesamtrechtsnachfolge“[66]. Wegen der eindeutigen Willensbekundung des Reformgesetzgebers, in derartigen Fällen keine Haftungsnachfolge anzuordnen, wurde ihr nunmehr vollends der ohnehin dünne Boden entzogen.[67] Für Fälle der Einzelrechtsnachfolge besteht bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung allein die Arrestmöglichkeit nach § 30 Abs. 6 OWiG.

2. Zerfaserte Kasuistik im EU-Kartellrecht

Während also eine Haftungsnachfolge im deutschen Recht tendenziell nicht möglich ist oder durch Umstrukturierungen per asset deal vermieden werden kann, ist sie im Rahmen des EU-Kartellrechts die Regel. Entscheidende Bedeutung kommt der Anic-Ausnahme als zweitem wesentlichem Element der Anic-Rechtsprechung[68] zu. Hiernach geht die Haftung auf den Rechtsnachfolger über, wenn erstens das unmittelbare Haftungssubjekt rechtlich oder wirtschaftlich erlischt und zweitens das übertragene Unternehmen in wirtschaftlicher Kontinuität, d.h. faktisch unverändert, weitergeführt wird.[69] Diese Kontinuität liegt vor, wenn der Rechtsnachfolger die Geschäftstätigkeit im Wesentlichen fortführt, also etwa Geschäftsgegenstand[70], Unternehmenssitz[71] oder Geschäftsleitung[72] beibehält und ferner die kartellrechtlich infizierten Vermögensgegenstände übernimmt.[73] Sofern zwei Gesellschaften über eine gemeinsame Mutter strukturell verbunden sind, kann sich die Haftung auch auf eine weitere Gesellschaft erstrecken, wenn das unmittelbare Haftungssubjekt unverändert fortbesteht.[74] Darüber hinaus hat die Unionspraxis auch Haftungsübernahmen durch schriftliche Erklärung gegenüber der Kommission akzeptiert.[75]

IV. Reformbedarf

Das Kartellrecht ist ein Hybrid: Formal gehört es dem Ordnungswidrigkeitenrecht an. Die Bußgelder sind jedoch regelmäßig drakonisch und die damit verbundene sozialethische Missbilligung von Kartellverstößen dementsprechend groß, sodass sie faktisch (Unternehmens-)Strafen darstellen. Hinsichtlich dieses „Kartellstrafrechts“ sind daher auch die allgemeinen verfassungsrechtlichen Anforderungen, deren Geltung freilich nicht auf die Bundesrepublik beschränkt ist[76], an hoheitliche Sanktionen in besonderem Maße zu beachten. Hieran mangelt es jedoch dem derzeitigen Konzept der wirtschaftlichen Einheit. Das „doppelte Rechtsträgerprinzip“ des deutschen Kartellrechts ist zwar verfassungsrechtlich weit weniger problematisch, beinhaltet allerdings eine unangemessen große Missbrauchsgefahr.

1. Wirtschaftliche Einheit im Rechtsstaat

Das EU-Kartellrecht ist wie gesehen äußerst flexibel dabei, auf etwaige Umgehungen oder sonst auftretende Sanktionslücken zu reagieren. Dies ist jedoch nur möglich, da grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats flächendeckend außer Acht bleiben. Eine vollständige Adaption des Konzepts der wirtschaftlichen Einheit für ein einheitliches Sanktionsregime kommt daher schon von Verfassungs wegen nicht in Betracht.

a) Gesetzesvorbehalt

Unabdingbare Voraussetzung einer jeden staatlichen Sanktion ist eine gesetzliche Grundlage: nulla poena sine lege (Art. 103 Abs. 2 GG). [77] Zwar normiert das EU-Kartellrecht sowohl das materielle Recht (Art. 101 f. AEUV) als auch die Sanktionsnorm (Art. 23 VO 1/2003). Vor allem Art. 23 VO 1/2003 enthält hinsichtlich des Sanktionsadressaten aber kaum mehr als die Aussage, dass die Kommission Bußgelder gegen Unternehmen verhängen kann. Die zentralen Elemente des Konzepts der wirtschaftlichen Einheit – Zurechnung von Tochter- zu Muttergesellschaften und personales Zurechnungsmodell, Anic-Regeln sowie gesamtschuldnerische Haftung – sind jedoch mit keinem Wort bedacht. Sie alle sind durch die Unionspraxis entwickelt worden und – wenig verwunderlich – primär vom Gedanken effektiver Sanktionierung geprägt.[78] Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage existiert trotz der hohen Eingriffsintensität nicht.

b) Bestimmtheitsge- und Analogieverbot

Auch das Bestimmtheitsge- bzw. Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) gilt im Kartellrecht.[79] Hiernach muss im Vorfeld insbesondere absehbar sein, wem wann welche Sanktion droht.[80]

Art. 23 VO 1/2003 äußert sich jedoch weder zu den Merkmalen oder Grenzen eines „Unternehmens“ noch zum Kreis etwaiger Haftungsnachfolger. So wurde zum einen eine weithin unübersichtliche Vielfalt an Merkmalen geschaffen, die ein Autonomiedefizit im Rahmen der Akzo Nobel-Vermutung begründen können, die zudem mitunter beliebig interpretiert werden. Beispielhaft sei auf Compliance-Systeme verwiesen: Wird ein solches installiert, begründet dies ein Autonomiedefizit; wird es nicht eingeführt, entlastet es die Muttergesellschaft jedoch nicht.[81]

Ferner ist die Haftung der Rechtsnachfolger beständig und nur gestützt auf den Unternehmensbegriff in Art. 23 VO 1/2003 ausgedehnt worden. War die Anic-Ausnahme ursprünglich nur beim rechtlichen Erlöschen des unmittelbaren Haftungssubjekts anwendbar[82], greift sie mittlerweile auch beim nur wirtschaftlichen Erlöschen oder in Konzernstrukturen auch völlig unabhängig vom Zustand des unmittelbaren Haftungssubjekts.[83] Im Übrigen ist weithin unklar, wann ein solches wirtschaftliches Erlöschen überhaupt vorliegen soll.

Zwar bedurfte der Unternehmensbegriff im EU-Kartellrecht generell anfangs einer konkretisierenden Auslegung. Wenn jedoch – wie im Bereich der Haftungsnachfolge – Regeln wie die der Anic-Rechtsprechung einmal gefunden und definiert sind, muss das Mandat der Unionsgerichte zur Rechtsfortbildung enden.[84] In diesem Fall muss stattdessen der Gesetzgeber in seinem Sinne tätig werden.[85]

c) Unschuldsvermutung

Mit der ebenfalls geltenden Unschuldsvermutung[86] (Art. 6 Abs. 2 EMRK) kollidiert die Akzo Nobel-Vermutung, weil sie faktisch unwiderlegbar ist. Zwar sind Vermutungen im Bereich des Sanktionsrechts nach der Rechtsprechung von BVerfG[87] und EGMR[88] nicht schlechthin unzulässig. Es muss jedoch die realistische Möglichkeit bestehen, sie zu widerlegen.[89] Andernfalls würde dieses grundlegende rechtsstaatliche Prinzip entkernt.

d) Schuldprinzip

Auch im Kartellrecht[90] gilt das Schuldprinzip als der „unantastbare Grundsatz allen Strafens“[91]. Eine Sanktion darf nur für eigene Schuld verhängt werden, wobei die Schuld derjenigen Personen, die den Verband repräsentieren und die wesentlichen Entscheidungen treffen („kollektive Sinnbestimmung“[92]), eigene Schuld des Verbandes ist.[93] Entsprechend der Organtheorie Otto Gierkes ist der Verband nicht nur rechts-, sondern auch willens- und handlungsfähig. Im Rechtssinne handelt er durch diese Repräsentanten selbst, so dass es keiner Zurechnung im eigentlichen Sinne bedarf.[94] Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn mit der Fiktionstheorie ein eigenes Verbandshandeln fingiert wird.[95]

Eine verfassungsrechtlich unzulässige Zurechnung fremden Verschuldens liegt jedoch in der unterschiedslosen Zurechnung sämtlicher natürlicher Personen ohne Rücksicht auf deren Fähigkeit zur kollektiven Sinnbestimmung wie im Rahmen des personalen Zurechnungsmodells.[96] Eine Reform der Haftungsregeln hätte dies daher zu berücksichtigen; § 30 Abs. 1 OWiG drängt sich als Vorbild geradezu auf.

Im Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken bestehen jedoch dagegen, der wirtschaftlichen Einheit selbst und unmittelbar das Verhalten ihrer Repräsentanten zuzurechnen. Die Schuld, die der wirtschaftlichen Einheit zugerechnet wird, ist damit eine eigene Schuld ihrer Rechtsträger. Die Grenzen zwischen zwei separaten Rechtsträgern müssen somit nicht überwunden werden.

Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Bertelsmann-Lesering-Beschluss des BVerfG von 1966. Hiernach ist

„die juristische Person […] als solche nicht handlungsfähig. Wird sie für schuldhaftes Handeln im strafrechtlichen Sinne in Anspruch genommen, so kann nur die Schuld der für sie verantwortlich handelnden Personen maßgebend sein.“[97]

Zwar ließe sich diese Entscheidung mit Stimmen aus der kartellrechtlichen Literatur[98] dahingehend interpretieren, dass Zurechnungsadressat allein juristische Personen im technischen Sinne sein könnten. Wirtschaftliche Einheiten, die regelmäßig selbst nicht rechtsfähig sind, schieden also von vornherein aus.

Die eigentlich enthaltene Aussage des BVerfG tritt jedoch hervor, wenn man sich von der juristischen Person als terminus technicus löst. Die „juristische Person“ im Sinne des Beschlusses lässt sich besser als „Verband“ begreifen, also als Oberbegriff für tatsächlich handlungsunfähige Subjekte. Die Aussage, dass nicht-rechtsfähige Verbände von Verfassungs wegen als Zurechnungsadressat auszuscheiden hätten, kann der Entscheidung nicht entnommen werden. Auch sonst ist kein zwingender Grund ersichtlich, der dem entgegenstünde.[99] Die Rechtsfähigkeit ist zwar unerlässliche Voraussetzung dafür, Adressat einer Geldbuße zu sein. Eine solche entsteht jedoch durch die Zurechnung gerade noch nicht. Vielmehr führt die Zurechnung erst in einem weiteren Schritt zur konkreten Haftung der – wiederum rechtsfähigen – Träger der wirtschaftlichen Einheit.

Rechtsträger und wirtschaftliche Einheit unterscheiden sich damit zwar hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit. Beide sind aber nicht handlungsfähig und treten durch ihrer Repräsentanten nach außen hin auf. Da die Rechtsfähigkeit aber für reine Zurechnungsfragen außer Acht bleiben kann, sind die Verbände insoweit gleich zu behandeln und damit grundsätzlich taugliche Zurechnungsadressaten.

Schließlich scheint schwer nachvollziehbar, dass bereits 1966 der verfassungsrechtliche Stab über das Prinzip der wirtschaftlichen Einheit gebrochen werden sollte[100] – das Prinzip gab es zu dieser Zeit schlicht noch nicht.[101] Es steht daher im gestalterischen Spielraum des Gesetzgebers, eine solche Zurechnung anzuordnen.

2. „Doppeltes Rechtsträgerprinzip“ und Missbrauchsgefahr

Im Rahmen des „doppelten Rechtsträgerprinzips“ liegt jedoch die Missbrauchsgefahr und damit ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Rechtsstaats auf materielle Gerechtigkeit[102] auf der Hand. Unternehmen können sich ihrer Haftung allein dadurch entziehen, dass sie das kartellrechtlich infizierte Vermögen auf eine andere juristische Person per asset deal übertragen. Je nachdem, ob das unmittelbare Haftungssubjekt danach liquidiert wird, liegt jedenfalls ein Fall wirtschaftlichen Erlöschens vor, der den staatlichen Sanktionsanspruch vereitelt. Der Wortlaut des § 30 Abs. 2a OWiG steht einer Haftungsnachfolge des Einzelrechtsnachfolgers ausdrücklich entgegen. Es dürfte daher Teil pflichtgemäßer Verteidigung sein, auf diese Möglichkeit hinzuweisen.[103] Derart offenkundige Schlupflöcher müssten im Zuge einer Reform geschlossen werden. Dies gilt umso mehr, als die Effektivität der Arrestmöglichkeit des § 30 Abs. 6 OWiG als Gegenmaßnahme sehr fraglich ist, weil die Kartellbehörde freilich nur bei Kenntnis von beabsichtigten Umstrukturierungen tätig werden kann.

3. Haftungsnachfolge als verfassungsrechtliches Dilemma

Unabhängig davon kann eine Haftungsnachfolge in die Bußgeldpflicht außerdem nicht in verfassungsrechtlich einwandfreier Art und Weise gestaltet werden, weshalb im Rahmen einer Reform ganz auf sie verzichtet werden sollte. Die zentrale Frage ist, ob sowohl bei rechtlichem als auch nur wirtschaftlichem Erlöschen eine Haftungsnachfolge möglich sein soll. Je nachdem wird entweder der Allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 GG) oder das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG), in jedem Fall aber das Schuldprinzip verletzt.

Wird wirtschaftliches dem rechtlichen Erlöschen gleichgestellt, muss der Tatbestand des „wirtschaftlichen Erlöschens“ dem Bestimmtheitsgebot entsprechend definiert werden. Wenngleich der Rechtsverkehr ein natürliches Verständnis von diesem Begriff haben mag, kann dies nicht die Grundlage für einen strafrechtsähnlichen Sanktionstatbestand sein. So ist weithin unklar, ob ein wirtschaftliches Erlöschen erst bei der Insolvenz oder schon bei ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorliegt. Entsprechendes gilt für die Frage, an welchen Kriterien eine etwaige Einstellung der Geschäftstätigkeit gemessen werden soll. Auch soweit vorrangig auf den Erwerber abgestellt wird, ergibt sich kein klareres Bild: Die „wesentlichen Wirtschaftsgüter“, deren Übernahme nach dem Vorschlag der NRW-Landesregierung[104] entscheidend sein soll, werden sich nicht so definieren lassen, dass durch starre Grenzen nicht erneut dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werden.

Wenn wegen dieser Bedenken aber eine Haftungsnachfolge auf die klar gelagerten Fälle rechtlichen Erlöschens wie bei Verschmelzung und Aufspaltung beschränkt ist, wird wesentlich Gleiches ungleich behandelt und damit Art. 3 GG verletzt.[105] Wirtschaftlich unterscheiden sich Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge nicht entscheidend voneinander, da in beiden Fällen zumindest faktisch das gesamte Vermögen übertragen wird bzw. werden kann. Vorrangiges Ziel des Umwandlungsrechts ist es, Vermögensübertragungen im Hinblick auf den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu erleichtern.[106] Der von diesem Motiv getragene strukturelle Unterschied von Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge stellt jedoch keinen sachlichen Grund im Sinne von Art. 3 GG dar, der eine Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit der Haftungsnachfolge rechtfertigen könnte.

Unabhängig von der jeweiligen Variante wird jedoch immer das Schuldprinzip verletzt, da die Haftung eines Rechtsnachfolgers für Vergehen des Rechtsvorgängers stets eine Haftung für fremde Schuld ist.

V. Reformvorschlag

Hieraus folgt ein Reformvorschlag, der grundsätzlich auf dem Prinzip der wirtschaftlichen Einheit beruht, jedoch durch das „doppelte Rechtsträgerprinzip“ eingehegt wird. Außerdem schließt der Wortlaut eine Haftungsnachfolge in die Bußgeldpflicht aus. Dies bedeutet eine Schwerpunktverschiebung, da im Gegenzug für die ausgeschlossene Haftungsnachfolge für die unmittelbare Haftung die wirtschaftlich-faktische Betrachtung des EU-Kartellrechts gilt.

Es handelt sich insgesamt um exemplarische Änderungen sowohl der materiellen Kartelltatbestände als auch der Sanktionsnormen, die als Diskussionsgrundlage für notwendige Reformen im Bereich kartellrechtlicher Geldbußen gegen Unternehmen dienen sollen und sich auf das für Unternehmensgeldbußen Wesentliche beschränken.

Im Einzelnen:

1. Entwurf § 1 GWB

(1) Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(2) 1Ein Unternehmen ist jede Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform oder Finanzierung, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (wirtschaftliche Einheit). 2Mehrere juristische Personen bilden keine wirtschaftliche Einheit, es sei denn, dass zum Zeitpunkt des Verstoßes nach Absatz 1 eine dieser juristischen Personen ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt hat, sondern Weisungen einer anderen unterlag. 3Ein Autonomiedefizit im Sinne von Satz 3 liegt in der Regel vor, wenn eine maßgebliche Beteiligung an der juristischen Person vorliegt und die juristischen Personen

  1. strukturell oder personell miteinander verflochten sind oder
  2. dem Rechtsverkehr gegenüber einheitlich auftreten.

(3) Das vorsätzliche oder fahrlässige Verhalten einer natürlichen Person, die für die wirtschaftliche Einheit

  1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
  2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
  3. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,
  4. als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder
  5. als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört,

handelt, steht dem der wirtschaftlichen Einheit gleich.

2. Entwurf § 81 GWB

(1) 1Wenn eine wirtschaftliche Einheit vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 101 oder Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt, kann die zuständige Behörde eine Geldbuße gegen diejenigen juristischen Personen und rechtsfähigen Personenvereinigungen als Gesamtschuldner festsetzen, die die wirtschaftliche Einheit zum Zeitpunkt des Wettbewerbsverstoßes getragen haben. 2Die Geldbuße beträgt bis zu 10 vom Hundert des Gesamtumsatzes der wirtschaftlichen Einheit im Geschäftsjahr, was der Behördenentscheidung vorausgeht. 3Die Geldbuße entfällt auf die Gesamtschuldner zu gleichen Teilen, soweit die Behördenentscheidung nichts anderes bestimmt.

(2) Das Gleiche gilt, wenn das Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen §§ 1, 19 verstößt.

VI. Fazit

Reformen im Kartellrecht tun Not. Die derzeitige Diskussion in Öffentlichkeit und Politik sollte Anlass sein, anstelle punktueller Änderungen nunmehr das Sanktionssystem grundlegend zu überarbeiten. Der hier unterbreitete Reformvorschlag will seinen bescheidenen Beitrag zu einer Vereinheitlichung leisten, freilich ohne Vollständig- oder gar Richtigkeit für sich zu beanspruchen. Gleichwohl bildet er ein mögliches System als einheitliche Handlungsgrundlage im Netz der Wettbewerbsbehörden ab. Ein gemeinsamer europäischer Wirtschaftsraum verträgt sich mit dem bisherigen Dualismus kartellbehördlicher Sanktionsbefugnisse nicht (mehr). Europa wächst in jeder Hinsicht enger zusammen. Dem kann und sollte sich das Kartellrecht nicht verschließen, sondern den letzten – ohne jeden Zweifel großen – Schritt tun.

[1] BKartA, Pressemitteilung v. 23.12.2014, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de (letzter Abruf am: 12.8.2015).

[2] Im Folgenden „Kommission“.

[3] Statistik der Kommission, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition (letzter Abruf am 12.8.2015).

[4] Richtlinie 2014/103/EU v. 26.11.2014, ABl. 2014 L 349, S. 1 (im Folgenden: „Schadensersatzrichtlinie“).

[5] Einen weiteren Reformvorschlag, der das Konzept der wirtschaftliche Einheit für das deutsche Wettbewerbsrecht fruchtbar macht, unterbreitet auch Kersting WuW 2014, 564 (565 f.). Vgl. ferner Makatsch/Mir EuZW 2015, 7 (8) und Stauber/Schaper NZKart 2014, 346 (347).

[6] Zentrales Ziel etwa der 7. GWB-Novelle war die Angleichung an das EU-Kartellrecht. Das Ergebnis war unter anderem die 10%-Regel des § 81 Abs. 4 S. 2 GWB, vgl. BT-Drs. 15/3640, S. 21 ff.; ausführlich zur fortschreitenden Annäherung des deutschen an das EU-Kartellrecht Aberle, Sanktionsdurchgriff und wirtschaftliche Einheit, 2013, S. 11 ff. u. 212 ff.

[7] BGH NJW 2013, 1972 Rn. 67 – Grauzementkartell; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2009, VI-2a Kart 2 – 06/08 OWi, Rn. 620 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2014, V-4 Kart 5/11 OWi, Rn. 172 ff. – Kaffeeröster.

[8] BGH NJW 2013, 1972 Rn. 55 ff. – Grauzementkartell.

[9] Unternehmensvereinigungen bleiben vorliegend außer Betracht.

[10] Siehe etwa Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 5. Aufl. 2014, § 1 Rn. 23; Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl. 2009, § 1 GWB Rn. 18 ff.; Bechtold, in: ders., GWB, 7. Aufl. 2013, § 1 Rn. 7; Heinichen, WRP 2012, 159 (161).

[11] St. Rspr.; siehe etwa BGH NJW 1962, 196 (199 f.) – Gummistrümpfe; BGH NJW 1976, 1941 (1942) – Autoanalyzer; BGH GRUR 1976, 739 (741) – Architekten-Gebühren; BGH NJW 1993, 789 (791) – Selbstzahler; BGH WRP 2008, 1242 (1244) – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt.

[12] Vgl. etwa Bechtold, in: ders., GWB, § 1 Rn. 7 ff.

[13] In jüngerer Zeit gab es jedoch immer wieder mehr oder weniger konkrete Reformbestrebungen, ein Unternehmensstrafrecht einzuführen. Vgl. etwa den Entwurf der NRW-Landesregierung für ein Verbandsstrafgesetzbuch (VerbStrG-E); abrufbar unter www.justiz.nrw.de (letzter Abruf am 12.8.2015); hierzu Kutschaty, ZRP 2013, 74 sowie Witte/Wagner, BB 2014, 643. Zum Stand der Diskussion auch Leipold, ZRP 2013, 34.

[14] Täter ist allein die „wirtschaftliche Einheit“, hierzu unter II 2.

[15] Rogall, in: KK OWiG, 4. Aufl. 2014, Vorb. Rn. 19; siehe auch Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, Vorb. § 1 Rn. 10 f. u. 31.

[16] Vgl. BGH NJW 2012, 164 Rn. 15 – Versicherungsfusion; OLG Düsseldorf NZKart 2013, 166 Rn. 34. Siehe auch die Gesetzesbegründung zu § 30 OWiG: „Die juristische Person (…) ist als fiktives und im natürlichen Sinne handlungsunfähiges Wesen weder einer Schuld fähig noch einer sozialethischen Missbilligung zugänglich“, BT-Drs. V/1269, S. 58.

[17] Achenbach, in: FK Kartellrecht, Stand: 79. Erg.-Lfg., § 81 GWB Rn. 241, Vorb. § 81 GWB, Rn. 51 ff.; Cramer/Pananis, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 81 GWB Rn. 5; Többens NStZ 1999, 1 (7); siehe auch Aberle, Sanktionsdurchgriff, S. 147 ff.

[18] Biermann/Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Vorb. 81 Rn. 141.

[19] Rogall, in: KK OWiG, § 30 Rn. 92. Beispiele bei Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 130 Rn. 27a; siehe ferner Hüneröder, Aufsichtspflichtverletzung im Kartellrecht, 1989, S. 57 ff.

[20] Vgl. Rogall, in: KK OWiG, § 30 Rn. 106.

[21] Siehe schon Rotberg, OWiG, 5. Aufl. 1975, § 19 Rn. 14; Hannich, in: Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, Stand: 18. Erg.-Lfg. zur 3. Aufl., § 9 Rn. 28; Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 9 Rn. 15a; Perron, in: Sch/Sch, StGB, 29. Aufl. 2014, § 14 Rn. 26; Böse, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl. 2013, § 14 Rn. 16 u. 18; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl. 2014, § 14 Rn. 8; Arloth, NStZ 1990, 570 (574 f.); Deutscher/Körner, wistra 1996, 8 (12 f.); Kawan, Organ- und Vertreterhaftung, 1992, S. 106 ff.

[22] BGH NJW 2012, 2366 (2368); BGH NStZ 1997, 30 (31); Hannich, in: Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 30 Rn. 28.

[23] BGH NJW 2012, 89 (91); BGH NJW 2012, 2366 (2368 f.); Perron, in: Sch/Sch, StGB, § 14 Rn. 26 unter Hinweis auf BGH NJW 1980, 406 (407).

[24] Hannich, in: Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 30 Rn. 28; Perron, in: Sch/Sch, StGB, § 14 Rn. 26.

[25] Vgl. hierzu nur BGH NJW 1969, 1494; BGHSt 28, 371 (372 f.); BGHSt 30, 127 (128); BGHSt 34, 221 (223 f.); OLG Karlsruhe NJW 2006, 1364 (1365). Eingehend Perron, in: Sch/Sch, StGB, 28. Aufl. 2010, § 14 Rn. 26.

[26] BGH NJW 2012, 2366 (2367 ff.). Mit ersten Zweifeln an der Interessentheorie bereits BGH NJW 2009, 2225 (2227); BGH NStZ-RR 2009, 373 sowie der entsprechende Anfragebeschluss des BGH NStZ 2012, 89.

[27] Siehe hierzu sowie den daraus folgenden Implikationen für das Kartellbußgeldrecht noch unten IV 1 b.

[28] Etwa im Falle aktienrechtlicher Weisungsrechte im Vertragskonzern sowie der Eingliederung (§§ 308, 323 AktG), oder im Rahmen GmbH-Gesellschafterversammlung (§ 37 GmbHG); vgl. Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 130 Rn. 5 u. Vorb. § 1 Rn. 13; siehe auch schon Tiedemann, NJW 1979, 1849 (1852 f.). Zur Beteiligung durch Weisung Aberle, Sanktionsdurchgriff, S. 181 ff.

[29] Zur Beteiligung durch Unterlassen am Kartellverstoß Gürtler, in: Göhler, OWiG, Vorb. § 1 Rn. 13; ausführlich auch Koch ZHR 171 (2007), 554 (569 u. 573 ff.); Vogt, Verbandsgeldbuße gegen eine herrschende Konzerngesellschaft, 2009, S. 85 ff.; Aberle, Sanktionsdurchgriff, S. 184 ff.

[30] So auch Achenbach NZWiSt 2012, 321 (325); in der Sache ferner Achenbach ZWeR 2009, 1 (10); Ackermann ZWeR 2010, 329 (345); Bürger WuW 2011, 130 (132 f. u. 135); Löbbe ZHR 177 (2013), 518 (541 f.); Aberle, Sanktionsdurchgriff, S. 202 f.

[31] Hierzu unter 2.

[32] Eingehend zu diesen Fragen und m.w.Nachw. jüngst BGH, Beschl. v. 16.12.2014, KRB 47/13, Rn. 24 ff. u. 13 – Maxit; siehe auch OLG Düsseldorf NZKart 2013, 166 Rn. 39 ff.

[33] Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (368 f.); so ferner Rogall, in: KK OWiG, § 30 Rn. 87; Reichling NJW 2012, 166 (166). Zurecht a.A. auch Kirch-Heim, Sanktionen gegen Unternehmen 2007, S. 85; Aberle, Sanktionsdurchgriff, S. 202 f.

[34] BT-Drs. 14/8998, S. 11.

[35] Eingehend etwa Achenbach, NZWiSt 2012, 321 (326); vgl. ferner etwa Vogt, Verbandsgeldbuße, S. 281 ff.

[36] Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Vorb. Art. 23 f. VO 1/2003 Rn. 124; Dannecker, in: Schünemann/Suárez Gonzáles, Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, 1994, S. 331 (331 ff.); Dannecker/Fischer-Fritsch, EG-Kartellrecht in der Bußgeldpraxis, 1989, S. 252 ff.; Hamann, Unternehmen als Täter, 1992, S. 153 ff.

[37] Siehe etwa EuGH, Urt. v. 15.10.2002, Rs. C-238/99 P, Slg. 2002, I-8375 Rn. 592 f. – Limburgse Vinyl Maatschappij; EuGH, Urt. v. 28.6.2005, Rs. C-189/02 P, Slg. 2005, I-5425 Rn. 278 – Dansk Rørindustri.

[38] Das Modell der umsatzbezogenen Bußgeldbemessung wurde auch in die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung 2016/679 übernommen (s. dort Art. 83).

[39] Zu diesem Begriff Heinichen, Unternehmensbegriff und Haftungsnachfolge, 2011, S. 34.

[40] EuGH, Urt. v. 23.4.1991, Rs. C-41/90, Slg. 1991, I-1979 Rn. 21 – Höfner und Elser; vgl. auch EuGH, Urt. v. 22.1.2002, Rs. C-218/00, Slg. 2001, I-691 Rn. 22 – Cisal; EuGH, Urt. v. 16.3.2004, Rs. C-264/01, Slg. 2004, I-2493 Rn. 58 – AOK-Bundesverband. Siehe ferner EuGH, Urt. v. 3.10.2013, Rs. C-59/12, Rn. 25 ff. – BKK Oil Mobil.

[41] EuGH, Urt. v. 12.7.1984, Rs. 170/83, Slg. 1984, 2999 Rn. 11 – Hydrotherm; vgl. ferner EuGH, Urt. v. 14.12.2006, Rs. C-217/05, Slg. 2006, I-11987 Rn. 40 – Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio; EuGH, Urt. v. 10.9.2009, Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 Rn. 55 – Akzo Nobel; EuGH, Urt. v. 20.1.2011, Rs. C-90/09 P Rn. 35 – General Química; EuGH, Urt. v. 29.9.2011, Rs. C-520/09 P, Rn. 37 – Arkema.

[42] St. Rspr.; siehe etwa EuGH, Urt. v. 28.6.2005, Rs. C-189/02 P, Slg. 2005, I-5425 Rn. 113 – Dansk Rørindustri; EuGH, Urt. v. 10.9.2009, Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 Rn. 54 – Akzo Nobel; EuGH, Urt. v. 20.1.2011, Rs. C-90/09 P, Rn. 34 – General Química; EuGH, Urt. v. 11.7.2013, Rs. C-440/11 P, Rn. 36 – Stichting Administratiekantoor Portielje.

[43] St. Rspr. seit EuGH, Urt. v. 10.9.2009, Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 Rn. 62 – Akzo Nobel. Siehe ferner EuGH, Urt. v. 20.1.2011, Rs. C-90/09 P, Rn. 50 u. 84 ff. – General Química; EuGH, Urt. v. 8.5.2013, Rs. C-508/11 P, Rn. 47 f. – ENI.

[44] EuGH, Urt. v. 29.9.2011, Rs. C-520/09 P, Rn. 46 ff. – Arkema; EuGH, Urt. v. 29.9.2011, Rs. C-521/09 P, Rn. 59 ff. – Elf Aquitaine; EuGH, Urt. v. 18.7.2013, Rs. C-501/11 P, Rn. 107 – Schindler Holding; EuGH, Urt. v. 8.5.2013, Rs. C-508/11 P, Rn. 68 – ENI.

[45] Statt vieler prägnant Joshua/Bottemann/Atlee, The European Antitrust Review 2012, 5: “You Can´t Beat the Percentage“.

[46] Heinichen, Unternehmensbegriff und Haftungsnachfolge, S. 122.

[47] Grundlegend EuG, Urt. v. 17.12.1991, Rs. T-6/89, Slg. 1991, II-1623 Rn. 236 – Enichem Anic; EuGH, Urt. v. 8.7.1999, Rs. C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125 Rn. 47 – Anic Partecipazioni. Seither st. Rspr., siehe etwa EuGH, Urt. v. 16.11.2000, Rs. C-297/98 P, Slg. 2000, I-10101 Rn. 27 ff. – SCA Holding; EuGH, Urt. v. 10.9.2009, Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 Rn. 57 – Akzo Nobel. Siehe auch GA Mengozzi, Schlussanträge v. 19.9.2013, verb. Rs. C-231/11 P u.a., Rn. 79 – Siemens Österreich.

[48] Soweit ersichtlich geht diese Bezeichnung zurück auf Dyekjær-Hansen/Høegh, ECLR 2003, 203.

[49] St. Rspr., siehe etwa EuGH, Urt. v. 16.11.2000, Rs. C-294/98 P, Slg. 2000, I-10065 Rn. 25 ff. – Metsä-Serla; EuGH, Urt. v. 10.9.2009, Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 Rn. 77 – Akzo Nobel; EuGH, Urt. v. 20.1.2011, Rs. C-90/09 P, Rn. 89 – General Química; EuGH, Urt. v. 29.9.2011, Rs. C-521/09 P, Rn. 57 – Elf Aquitaine; EuGH, Urt. v. 29.9.2011, Rs. C-520/09 P, Rn. 41 – Arkema; EuGH, Urt. v. 11.7.2013, Rs. C-440/11 P, Rn. 41 – Stichting Administratiekantoor Portielje.

[50] Auch eine Überschreitung der Befugnisse schließt die Zurechnung nur im Falle einer Exzesstat aus, vgl. etwa Komm., Entsch. v. 5.12.1983, Sa. IV/30.671, Rn. 17 – IPTC Belgium; zur Zurechnung des Verhaltens natürlicher Personen ferner Dannecker/Fischer-Fritsch, EG-Kartellrecht in der Bußgeldpraxis, S. 258 f.; Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, Vorb. Art. 23 VO 1/2003 Rn. 129.

[51] Siehe hierzu EuGH, Urt. v. 7.6.1983, verb. Rs. 100/80 u.a., Slg. 1983, 1825 Rn. 97 f. – Musique Diffusion Française; EuGH, Urt. v. 18.9.2003, Rs. C-338/00 P, Slg. 2003, I-9189 Rn. 98 – Volkswagen; siehe ferner Kindhäuser/Meyer, in: FK Kartellrecht, Bußgeldrechtliche Folgen Art. 101 AEUV Rn. 20 ff.; Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, Vorb. Art. 23 f. VO 1/2003 Rn. 125 ff.

[52] Eingehend zur subjektiven Zurechnung Timmerbeil/Mansdörfer, EuZW 2011, 214 (216 f.); Muders, wistra 2011, 405 (405 ff.).

[53] Ausdrücklich EuGH, Urt. v. 7.6.1983, verb. Rs. 100/80 u.a., Slg. 1983, 1825 Rn. 97 – Musique Diffusion Française; EuG, Urt. v. 20.3.2002, Rs. T-15/99, Slg. 2002, II-1613 Rn. 58 – Brugg Rohrsysteme; EuG, Urt. v. 17.5.2013, verb. Rs. T-146/09, Rn. 151 – Parker ITR. Siehe auch Nowak, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art. 23 VO 1/2003 Rn. 17.

[54] ABl. 2004 C 101, S. 43 ff.

[55] Vgl. Erwägungsgrund 6 zur VO 1/2003; i.Ü. Art. 4, 5, 16 VO 1/2003; Ritter, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, Art. 4 VO 1/2003 Rn. 1. Siehe zur parallelen Zuständigkeit auch EuGH, Urt. v. 14.2.2012, Rs. C-17/10, Rn. 69 ff. – Toshiba Corporation sowie zur daraus folgenden Problematik im Zusammenhang mit Kronzeugenregelungen EuGH, Urt. v. 20.1.2016, Rs. C-428/14, Rn. 29 ff. – DHL Express.

[56] Vgl. Weiß, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art. 4 VO 1/2003 Rn. 1 ff.; Krohs/Timmerbeil, BB 2012, 2447 Fn. 23.

[57] Baron, in: FS Canenbley, 2012, S. 25 (31).

[58] Nr. 6 u. 8 Netzwerkbekanntmachung; vgl. zu diesem Kriterium auch Schwarze, in: FS Bechtold, S. 483 (487 f.).

[59]  Nr. 8 Netzwerkbekanntmachung.

[60] Hierzu Schwarze, in: FS Bechtold, 2006, S. 483 (491 ff.); Walzel, Bindungswirkung ungeregelter Vollzugsinstrumente, 2008, S. 182 ff.

[61] Etwa FAZ v. 4.2.2015, S. 22: „Wurstfabrikant Tönnies führt das Kartellamt vor“.

[62] § 20 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 (für die Aufspaltung i.V.m. § 125 S. 1) UmwG.

[63] Vgl. jüngst BGH, Beschl. v. 16.12.2014, KRB 47/13, Rn. 21 – Maxit.

[64] Grundlegend BGH WuW /E BGH, 2265 – Bußgeldhaftung; in der Sache so auch schon OLG Frankfurt a.M. WuW /E OLG 3314 – U-Bahn-Lose. Siehe ferner BGH NJW 2005, 1381 (1383) – Quotenkartell; BGH NJW 2007, 3652 (3653) – Akteneinsichtsgesuch; BGH, Beschl. v. 16.12.2014, KRB 47/13 – Maxit; BGH, Beschl. v. 27.1.2015, KRB 39/14 – Melitta.

[65] BGH NJW 2005, 1381 (1383) – Quotenkartell; BGH NJW 2012, 164 Rn. 16 – Versicherungsfusion; BGH BeckRS 2011, 26167 Rn. 12 – Transportbeton; BayObLG wistra 2002, 395 (396); OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2014, V-4 Kart 5/11 OWi, Rn. 470.

[66] So die Terminologie des Bundeskartellamts für sog. Asset-Leerkäufe, vgl. BKartA, Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des BMJ zur Regelung der Rechtsnachfolge in die Bußgeldhaftung v. 25.5.2012, S. 5.

[67] So aber Bosch/Fritzsche NJW 2013, 2225 (2229); Rogall, in: KK OWiG, § 30 Rn. 46, die von einer Alternativität beider Tatbestände ausgehen. Doch selbst in diesem Fall läuft das Kriterium faktisch leer: Im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge ist § 30 Abs. 2a OWiG als lex specialis vorrangig; bei einer Einzelrechtsnachfolge greift es nach der eindeutigen Rechtsprechung bereits tatbestandlich nicht.

[68] Siehe bereits oben unter II 2 b.

[69] St. Rspr. seit EuGH, Urt. v. 8.7.1999, Rs. C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125 Rn. 145 – Anic Partecipazioni. Siehe zur Fallgruppe des wirtschaftlichen Erlöschens EuGH, Urt. v. 11.12.2007, Rs. C-280/06, Slg. 2007, I-10893 Rn. 40 – ETI; EuG, Urt. v. 11.3.1999, Rs. T-134/94, Slg. 1999, II-239 Rn. 136 u. 127 – NMH Stahlwerke.

[70] So die Kommission in EuGH, Urt. v. 28.4.1984, verb. Rs. 29/83, Slg. 2009, I-8237 Rn. 9 – CRAM und Rheinzink.

[71] EuGH, Urt. v. 16.12.1975, verb. Rs. 40/73 u.a., Slg. 1975, 1663 Rn. 84/87 – Suiker Unie; EuGH, Urt. v. 28.4.1984, verb. Rs. 29/83, Slg. 1984, 1679 Rn. 9 – CRAM und Rheinzink.

[72] EuGH, Urt. v. 16.12.1975, verb. Rs. 40/73 u.a., Slg. 1975, 1663 Rn. 84/87 – Suiker Unie; EuGH, Urt. v. 28.4.1984, verb. Rs. 29/83, Slg. 1984, 1679 Rn. 9 – CRAM und Rheinzink.

[73] Vgl. EuG, Urt. v. 17.12.1991, Rs. T-6/89, Slg. 1991, II-1623 Rn. 237 – Enichem Anic; EuG, Urt. v. 14.12.2006, Rs. T-259/02, Slg. 2006, II-5169 Rn. 325 f. – Raiffeisen Zentralbank Österreich.

[74] EuGH, Urt. v. 11.12.2007, Rs. C-280/06, Slg. 2007, I-10893 Rn. 48 f. – ETI; EuGH, Urt. v. 13.6.2013, Rs. C-511/11 P, Rn. 57 – Versalis.

[75] EuG, Urt. v. 13.12.2001, verb. Rs. T-45/98 u.a., Slg. 2001, II-3757 Rn. 62 – Krupp Thyssen Stainless; EuG, Urt. v. 4.7.2006, Rs. T-304/02, Slg. 2006, II-1887 Rn. 121 f. – Hoek Loos. Implizit auch EuGH, Urt. v. 14. 7. 2005, verb. Rs. C-65/02 P, Slg. 2005, I-6773, Rn. 81 f. – ThyssenKrupp Stainless.

[76] Vgl. v.a. Art. 7 Abs. 1 EMRK und Art. 49 GR-Ch. Hierzu auch Lorenzmeier, ZIS 2008, 20 sowie Ackermann, NZKart 2015, 17 (18 ff.).

[77] BVerfGE 9, 167 (170); BVerfGE 71, 108 (114); BVerfGE 87, 363 (391); BVerfG NJW 2005, 349 (349).

[78] Zu Recht konzedieren Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, Vorb. Art. 23 f. VO 1/2003 Rn. 114, dass es primäres Ziel der Unionspraxis sei, einen zahlungsfähigen Schuldner der Geldbuße zu ermitteln.

[79] Vgl. BGH, Beschl. v. 16.12.2014, KRB 47/13, Rn. 20 – Maxit.

[80] Vgl. nur BVerfG NJW 1962, 1563 (1564); BVerfGE 32, 346 (362).

[81] Siehe hierzu EuG, Urt. v. 2.2.2012, Rs. T-76/08, Rn. 73 f. – EI Du Pont de Nemours; EuG, Urt. v. 2.2.2012, Rs. T-77/08, Rn. 101 – Dow Chemical; mit Recht kritisch zu dieser Vorgehensweise Gehring/Kasten/Mäger, CCZ 2013, 1 (3). Vgl. auch Komm., Entsch. v. 3.9.2004, Sa. COMP/E-1/38.069, Rn. 543 – Kupfer-Installationsrohre.

[82] Ausdrücklich noch EuGH, Urt. v. 8.7.1999, Rs. C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125 Rn. 145 – Anic Partecipazioni.

[83] Hierzu bereits oben III 2.

[84] Vgl. de Bronett, EWS 2012, 113 (122).

[85] Dies ist im deutschen Recht mit der Rechtsprechung zu „wirtschaftlichen (Nahezu-)Identität“ geschehen, siehe BGH NJW 2012, 164 Rn. 25 – Versicherungsfusion. Das Ergebnis ist § 30 Abs. 2a OWiG.

[86] Vgl. BVerfGE 9, 167 (169 f.); BVerfGE 35, 311 (320); BVerfGE 74, 358 (370 f.); BVerfGE 110, 1 (13 f.); BVerfG NJW 2013, 1418 (1424).

[87] Vgl. BVerfGE 9, 167 (169); BVerfG NJW 1988, 1715 (1716).

[88] EGMR v. 23.7.2002, Nr. 34619/97, Rn. 101 f. – Janosevic/Schweden; siehe auch schon EGMR v. 7.10.1988, Nr. 10519/83, Rn. 28 – Salabiaku/Frankreich.

[89] EGMR v. 30.9.2011, Nr. 30754/03, Rn. 40 – Klouvi/Frankreich; vgl. auch EGMR v. 23.7.2002, Nr. 34619/97, Rn. 104 – Janosevic/Schweden; GA Bot, Schlussanträge v. 26.10.2010, Rs. C-201/09 P, Rn. 212 – ArcelorMittal Luxembourg.

[90] Vgl. BVerfGE 20, 323 (335 f.); BVerfGE 27, 18 (29 f.); BVerfGE 50, 125; BVerfGE 86, 288 (311); BVerfGE 110, 1 (13). Siehe BT-Drs. 10/318, S. 39 sowie Bohnert, in: KK OWiG, Einl. Rn. 123.

[91] BGHSt 2, 194 (202); siehe auch BVerfGE 20, 323 (331).

[92] Rogall, in: KK OWiG, § 30 Rn. 8 f.

[93] BVerfGE 20, 323 (336). Vgl. eingehend Rogall, in: KK OWiG, § 30 Rn. 8 f. Siehe auch Muders, wistra 2011, 405 (405 u. 412).

[94] Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung, 1963, S. 603 u. 624 f. Siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 10 I b.

[95] Näher zur Fiktionstheorie etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II u. § 10 I; Beuthien, NJW 1999, 1142 (1142 ff.).

[96] Hierzu bereits oben unter II 2 c.

[97] BVerfGE 20, 323 (335 f.).

[98] Vgl. nur Schwarze/Bechtold/Bosch, Rechtstaatliche Defizite im Kartellrecht der Europäischen Gemeinschaft, 2008, S. 49 f.; Voet van Vormizeel,e WuW 2010, 1008 (1014 ff.); Bechtold/Bosch, ZWeR 2011, 160 (167); Bosch, ZHR 177 (2013), 454 (461). Implizit ferner Bodenstein, NZKart 2015, 141 (141).

[99] Gleichwohl a.A. Muders wistra 2011, 405 (412).

[100] Vgl. auch Ackermann, ZWeR 2012, 3 (18); trotz a.A. in der Sache lehnt auch Bosch, ZWeR 2011, 160 (167) diesen Ansatz nicht rundweg ab.

[101] Siehe zur Entwicklung des Prinzips der wirtschaftlichen Einheit etwa Heinichen, Unternehmensbegriff und Haftungsnachfolge, S. 36 ff.

[102]  Vgl. hierzu BVerfGE 3, 225 (237 f.); BVerfGE 15, 313 (319); BVerfGE 35, 41 (47); BVerfGE 122, 190 (203).

[103] So auch Reichling, NJW 2012, 166 (166).

[104] § 1 Abs. 4 VerbStrG-E (Fn. 13).

[105] Vgl. etwa BVerfGE 4, 1 (7); BVerfGE 13, 132 (150); BVerfGE 86, 59 (62 f.); BVerfGE 90, 145 (196); BVerfGE 94, 241 (260).

[106] Siehe hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 I 6; Löbbe, ZHR 177 (2013), 518 (524 u. 529 f.).

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Max-Niklas Blome
    Der Autor hat Studium und Referendariat in Mannheim und New York absolviert. Er studiert derzeit im LL.M.-Programm der London School of Economics (LSE). Der Beitrag basiert auf seiner Dissertation, die demnächst unter dem Titel „Rechtsträgerprinzip und wirtschaftliche Einheit - Haftungssubjekte im Wettbewerbsrecht“ im Nomos-Verlag erscheint.

WiJ

  • Dr. Elias Schönborn , Jan Uwe Thiel

    Gesetzliche Regelungen zur Handy-Sicherstellung sind verfassungswidrig (Österreich)

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht