Dr. Hans-Joachim Gerst

Kryptowährungen und Steuerstrafrecht – Erste Fingerzeige zu einer aufkommenden Thematik

I. Einleitung

Wenn sich bis weit in die 1990er Jahre hinein mit schöner Regelmäßigkeit ein wiederholendes duales System beobachten lies, wonach Entwicklungen, Erfindungen oder Zeitgeisterscheinungen der realen (Wirtschafts-)Welt ihre jeweilige Entsprechung in der Welt des (Straf-)rechts gefunden hatten, machte die Digitalisierung aus dieser Dualität in zunehmendem Maße eine Trias. Aus „reale Welt“ erreicht „(Straf-)Rechtswelt, ist „reale Welt“ erreicht „virtuelle Welt“ erreicht „(Straf-)Rechtswelt“ geworden.

Lebenssachverhalte, die früher nur auf ihre strafrechtliche Relevanz im echten Leben und Erleben abseits der Digitalisierung und des Internets zu beurteilen gewesen waren, haben virtuelle Erscheinungsformen angenommen und sind dadurch und damit auch immer neuen strafrechtlichen Würdigungen zu unterwerfen.

Bekanntes und derzeit rechtspolitisch fokussiertes Beispiel: Beleidigen, verunglimpfen oder übelnachreden konnte man zum Zeitpunkt des Studiumsabschlusses des Verfassers ganz überwiegend[1] entweder (nur) von Angesicht zu Angesicht, schriftlich auf Papier oder im Rahmen von (Festnetz-) Telefongesprächen. Die heutigen Themen der Stunde zu diesen Straftatbeständen der alten Welt sind deren jetzt ubiquitäre Erscheinungsformen im Internet und deren Begehung über soziale Medien und Messenger-Dienste.

In die erwähnte Betrachtungstrias aufgenommen werden jüngst – freilich mit jeweils unterschiedlichen Prüfungsschwerpunkten – die an Präsenz in öffentlicher Wahrnehmung stets zunehmenden sogenannten „Kryptowährungen“ („crypto currencies“). Zu den althergebracht bekannten, und damit auch (wirtschafts-) strafrechtlich wenig exotischen, Erscheinungen der Finanzinstrumente wie Aktien, Anleihen, Devisen und dererlei mehr, gesellen sich jetzt diese Kryptowährungen wie „Bitcoin“, „Ethereum“ oder „Litecoin“[2], mit denen sich in atemberaubender Geschwindigkeit eine ganze Legion von neuen (straf-) rechtlichen Fragestellungen aufblättert. Bei Licht besehen ist die Trias im Fall der Kryptowährungen gar ein verschobenes duales System unter Auslassung der realen Welt als Ausgangspunkt. In ihr gab es sie nie.

II. Grundsätzliches

Mit der verstärkten – den enormen Kursanstiegen und teilweise sehr ambitionierten Prognosen zu Kursverläufen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte geschuldet – Öffentlichkeit der Kryptowährungen[3] und ihrer zunehmenden Verbreitung sowohl als Spekulationsobjekt als auch als Zahlungsmittel[4] und den verschiedensten Geschäftsmodellen, die von kryptowährungsbasierten Unternehmen im In- und Ausland propagiert und umgesetzt werden, gehen eine Reihe von Risiken für mit ihnen agierenden Personen einher. Auch und gerade strafrechtliche, was aktuell in den aufkeimenden juristischen Wortmeldungen zum Sujet noch völlig unterrepräsentiert ist.

Sowohl für im Wesentlichen „private“ Nutzer von Bitcoins, als auch für die im „Bitcoin-Geschäft“ aktiven Finanzdienstleister, Trading-Plattformen, Schürfer[5] und Unternehmen, sind die jetzt initiierten Diskussionen zu zivil-, steuer-, aufsichts- und strafrechtlichen Themen von immenser Bedeutung. Nur die (steuer-) strafrechtlichen können hier thematisiert werden. Und dabei wiederum im Wesentlichen lediglich die Berührungspunkte von einzelnem Käufer und Verkäufer von Kryptowährungen zum Steuerstrafrecht. Einige einleitende Bemerkungen zu aufsichtsrechtlichen Aspekten sollen aber dabei als Orientierung und Abgrenzungsposten zum hier allein fokussierten „Privatmann“ dienen.

1. Aufsichtsrecht

Weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Bitcoins als Rechnungseinheiten und damit als Finanzinstrument im Sinne des Kreditwesengesetzes eingestuft hat, erfordern zahlreiche Aktivitäten rund um Bitcoins eine bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis[6]. Daneben ist bei der Abwicklung von Zahlungsvorgängen über Kryptowährungen stets das Zahlungsdienstaufsichtsgesetz[7] zu beachten. Je nach Einsatzgebiet der Blockchain kann auch hiernach eine Erlaubnis der BaFin notwendig sein.

2. Bitcoinhandel als „Eigenhandel“

Altbekanntes Sujet ist, dass immer dann, wenn die Grenze zum sog. „Eigenhandel“ überschritten wird, potentielle Probleme mit der Erlaubnispflicht virulent werden. Dabei ist eine Variante des erlaubnispflichtigen Eigenhandels das kontinuierliche Anbieten des Kaufs oder Verkaufs von Finanzinstrumenten in einem multilateralen Handelssystem zu selbst gestellten Preisen. Wer aber an der Deutschen Börse in Frankfurt mit Aktien „handelt“, tritt für gewöhnlich nicht selber als Käufer oder Verkäufer auf, weil die Abwicklung über Broker erfolgt.

An den „Börsen“ und auf den webbasierten „Plattformen“ für virtuelle Währungen[8] gibt es solche zwischenagierenden Personen oder Institutionen hingegen nicht. Das ist ja gerade das charmante und attraktiv-unmittelbare, in Millisekunden von jedem Tablet oder Smartphone überall auf der Welt abwicklungsfähige dieser virtuellen Währungen. Der Käufer/Verkäufer/Investor selbst ist handelnde Person. Wer hier regelmäßig Kauf- oder Verkaufsordner platziert und dabei zudem nicht die bedingungslose Ausführung zum jeweils aktuellen Marktpreis, sondern zu einem nach den üblichen Mechaniken der „Trader“ selbst bestimmten Preis wählt, erfüllt schnell den Tatbestand des Eigenhandels. Und ist damit u.U. in der Erlaubnispflicht[9].

3. Abgrenzung zum Eigengeschäft im Einzelfall

Aufsichtsrechtlich grundsätzlich unbedenklich ist hingegen das sogenannte Eigengeschäft. Das liegt in Abgrenzung zum Eigenhandel dann vor, wenn dem Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten der genuine Dienstleistungscharakter fehlt. Es ist in diesen Fällen (nur) des Verkäufers, Käufers oder des Spekulierenden Sache. Das jeweilige Geschäft dient dann ausschließlich eigenen Interessen. Wer also nur selten einige Bitcoinfragmente[10] im Internet kauft oder am Arbeitsplatz oder im Studentenheim aus Neugier und Technikinteresse wenige Bitcoinfragmente „handelt“, betreibt ein grundsätzlich erlaubnisfreies Eigengeschäft. Aber: Es kommt stets auf eine Bewertung des individuellen Einzelfalls an. Kriterien sind insbesondere die Anzahl an Transaktionen, das Volumen und wie und wo gehandelt wird.

Wird der Eigenhandel ohne die notwendige Erlaubnis betrieben, droht gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 Kreditwesengesetz (KWG) Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ein Damoklesschwert, dessen Existenz den ein oder anderen Kryptowährungsneuling überraschen dürfte.

III. Steuerstrafrecht und Kryptowährungen

1. Gewinne per Mausklick

Es spielt sich so unkompliziert, schnell und unaufgeregt ab. Ist in wenigen Sekunden getan und ohne Einbeziehung Dritter zu bewerkstelligen. Wer über webbasierte Handelsbörsen wie „Coinbase“[11] Kryptowährungen kauft und verkauft (und somit – vereinfacht gesagt – über bestimmte einfache (Tausch-)Prozesse aus realweltlich-physischen Währungen wie Euro oder US-Dollar Bitcoins generiert und umgekehrt), tut dies gerade in jüngster Zeit[12] vermehrt auch und gerade, um einen Transaktionsgewinn dabei zu erzielen.

Dabei könnte man zunächst meinen, das sei per se zunächst nichts anderes als altbekanntes Handeln über die vielen lange etablierten Onlineplattformen. Was aber bei den sekundenschnellen Handelsvorgängen über Laptop oder Smartphone von außen zunächst vergleichbar scheinen mag, ist in Wahrheit wegen des besonderen Wesens der Blockchain, der fehlenden Einbeziehung Dritter bei An- und Verkaufsvorgang und der totalen Anonymität der Kryptowährung[13] etwas komplett anderes. Allerdings eint beide Vorgänge die Tatsache, dass der Fiskus ggfs. seinen Anteil an Transaktionsgewinnen einzufordern berechtigt ist.

Dem ein oder anderen interessierten Neuling im Kryptowährungsumgang wird es völlig arglos an der Sensibilität für die Frage fehlen, ob und wie etwaige in wenigen Sekunden, neben der Einnahme des Frühstückskaffees lässig einhändig am Smartphone, generierte Transaktionsgewinne (und die sind bei der derzeitigen Volatilität der Kryptowährungen bisweilen ganz erheblich) zu versteuern sein könnten. Im Einzelfall stehen für solche Personen die Chancen wohl (noch) nicht zwingend ungünstig, mit einer Verteidigung durchzudringen, die mit fehlendem Vorsatz und schierem Unwissen über die Steuerrelevanz solcher Gewinne operiert. Dieser Argumentationskorridor dürfte aber täglich schmaler werden.

Für regelmäßig und breiter agierende (Profi-)Marktteilnehmer[14] in diesem Segment aber ist diese Frage bei hohen Volumina und Frequenzen zur Bedienung der Steuerehrlichkeit und damit Meidung von strafrechtlichen Konsequenzen von enormer Relevanz. Und das mögliche Exkulpationsszenario des neugierigen Gelegenheits(ver-)käufers nicht mehr ganz so greifbar. So virtuell Kryptowährungen auch sein mögen, mit Ihnen bzw. durch deren Handhabung begangene Steuerverkürzungen werden in Ihren Konsequenzen schnell allzu real.

2. Geschäftscharakter aus steuer(straf-)rechtlicher Sicht

Wann droht eine Strafbarkeit wegen Steuerverkürzung gem. § 370 AO ? Der Verkauf von Bitcoins (unabhängig ob mit oder ohne Gewinn) ist privates Veräußerungs- geschäft – auch bekannt unter der Bezeichnung „Spekulationsgeschäft“ – im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sofern die Bitcoins zuvor angeschafft worden waren. Die Frage der Anschaffung stellt daher einen wesentlichen Aspekt bei der Frage der Besteuerung und subsequent möglicher Bestrafung bei mangelhafter Steuerehrlichkeit im Umgang mit einem Transaktionsgewinn dar.

Die Einstufung als Spekulationsobjekt führt dazu, dass Veräußerungsgewinne nach einer Haltefrist von mindestens einem Jahr komplett steuerfrei sind, vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Nicht alle Bitcoins die verkauft werden, wurden jedoch zuvor im Sinne dieser Vorschrift „angeschafft“, da die Verkäufer sie auf anderem Wege[15] als durch den schlichten Ankauf auf einer Handelsplattformen wie Coinbase erhalten haben können. In jedem Einzelfall ist daher zu prüfen, ob über den definitorischen Flaschenhals der „Anschaffung“ der § 23 Abs. 1 Nr. 2 EstG überhaupt zur Anwendung kommt.

a) Freibetrag / Anschaffung zu unterschiedlichen Kursen

Wird ein privates Veräußerungsgeschäft in Gestalt eines Bitcoinverkaufs innerhalb der einjährigen Haltefrist (mit Gewinn) abgewickelt, greift zwar die Freigrenze von Euro 600 p.a. gemäß § 23 Abs. 3 S. 5 EStG. Und wo keine Steueranspruch des Fiskus, da keine Gefahr einer steuerstrafrechtlichen Verfolgung. Da die Freigrenze aber für alle privaten Veräußerungsgeschäfte im betreffenden Jahr kumuliert („erzielte Gesamtgewinn“, vgl. § 23 Abs. 3 S. 5 EStG) aufgestellt ist, bezieht sich diese, ohnehin betraglich nicht in den Himmel gewachsene, Freigrenze nicht nur auf Bitcoin-Geschäfte des Steuerpflichtigen. Und: Kursverläufe mit Ausschlägen von Euro 600 oder mehr binnen weniger Tage oder Wochen sind in der jüngeren Geschichte der Kryptowährungen – nicht nur bei der Richtwährung Bitcoin – alles andere als singuläre Ereignisse.

Der der Besteuerung zu unterwerfende Veräußerungsgewinn (und damit der im Falle der Nichtangabe im Rahmen der Steuererklärung relevante Verkürzungsbetrag) ergibt sich aus der Differenz zwischen dem erzielten Veräußerungspreis und den Anschaffungskosten und Werbungskosten der eingesetzten Bitcoins (z.B. Kaufpreis der früher erworbenen („angeschafften“) Bitcoins). Und damit öffnet sich für die sanktionsrelevante Frage des genauen Verkürzungsbetrags, wie in anderen Bereichen des Steuerstrafrechts auch, die Büchse der Pandora im Mikrokosmos potentieller Berechnungsansätze/-probleme.

b) Verrechnungsfähigkeit von Verlusten

Verluste aus dem privaten Veräußerungsgeschäft mit Bitcoins können – soviel wird den bekannten Grundsätzen abseits von Kryptowährungen und gemäß § 23 Abs. 3 EStG angenommen werden können – sowohl zurück, als auch in künftige Jahren vorgetragen und so mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden. Bei der Ermittlung der Anschaffungskosten stellt sich häufig das Problem, dass die für das private Veräußerungsgeschäft genutzten/ausgegebenen Bitcoins zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten zu unterschiedlichen Kursen – also Anschaffungskosten – erworben wurden. Die in § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG für Fremdwährungsgeschäfte angelegte sog. „First-in-first-out-Methode“ dürfte in diesen Fällen geeignet sein, die Anschaffungskosten zuverlässig zu bestimmen (vgl. zu Fremdwährungsgeschäften LfSt Bayern v. 12.03.2013, S 2256.1.1-6/4 St32[16]).

Für Kryptowährungen hieße das also: Man unterstellt, dass diejenigen Bitcoins, die zuerst angeschafft wurden, auch diejenigen sind, die im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäfts als erstes eingesetzt/ausgegeben wurden. Dies wird (nur) dann nicht gelten, wenn der An- und Verkauf bestimmter Bitcoins ausnahmsweise klar von anderen Bitcoin-Geschäften abgegrenzt werden könnte[17].

c) Gewinnbesteuerung nach individuellem Einkommensteuersatz

Um dem veranlagendem Finanzamt im Zweifel geeignete Nachweise über die im Einzelnen getätigten Transaktionen zu den jeweils stattgehabten Kursen vorlegen zu können, kann sich sowohl für das Besteuerungs- wie ggf. Steuerstrafverfahren anbieten, eine genaue Dokumentation der Transaktionshistorie vorzuhalten. Als Steuersatz wird der gewöhnliche individuelle Einkommensteuersatz zugrunde gelegt.

IV. Zusammenfassung

Das Phänomen der Kryptowährungen ist dauerhaft. Soviel kann nach den Erfahrungen und den Entwicklungen der letzten Zeit gesagt, von vielen frohlockt, von einigen befürchtet werden. Mit deren Einzug in den (Wirtschafts-)Alltag sind vielfältige rechtliche Fragestellungen zu beantworten, zu denen neben aufsichtsrechtlichen Sujets jene der möglichen Strafbarkeit wegen Steuerverkürzung und deren Voraussetzungen gehört.

Der Verkauf von Bitcoins ist ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Nr.2 EStG, bei dem außerhalb des Freibetrags i.H.v. jährlich Euro 600 Steuern anfallen können, die nach jeweils individuellem Einkommenssteuersatz zu berechnen sind. Kompliziert kann die Berechnung und Betrachtung bei der – eher die Regel als die Ausnahme bildenden – Anschaffung und Veräußerung von Bitcoins zu unterschiedlichen Kursen über dem Zeitstrahl werden, bei denen die nicht mehr obligatorische „First-in-first-out“-Betrachtung in Analogie zur Fremdwährung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG einen Anhalt bietet. Will der Steuerpflichtige sowohl im Besteuerungs- wie ggf. Steuerstrafverfahren für sich günstige Argumentationen unter diese Verwendung dieses Ansatzes stützen, ist eine entsprechend lückenlose Dokumentation der Transaktionsvorkommnisse unverzichtbar.

[1] Von den wenigen und deutlich schwerer zugänglichen damaligen Möglichkeiten von Massenverbreitungen wie Funk, Fernsehen oder Printmedien abgesehen.

[2] Die BaFin hat Bitcoins in der Tatbestandsalternative der „Rechnungseinheiten“ gemäß § 1 Abs. 11 S. 1 KWG rechtlich verbindlich als Finanzinstrumente – nicht als gesetzliches Zahlungsmittel, Devisen oder Sorten – eingestuft. Das gilt gleichermaßen für alle Kryptowährungen (die BaFin nennt sie „VC- Virtuell Currencies“). Wenn im folgenden zur Verschlankung des Textes stets von „Bitcoins“ die Rede ist, sind damit immer alle vergleichbaren Kryptowährungen gemeint, die – obwohl in Ihrer Technologie durchaus unterschiedlich – jedenfalls für die Zwecke dieser Beitrags undifferenziert verallgemeinernd genannt werden können. Ansonsten bestehen natürlich – worauf Spezialisten für Kryptowährungen zu Recht wert legen werden – in der technischen Struktur der Blockchain-Technologie in Bezug auf Kryptowährungen (gerade in Sachen Rückverfolgbarkeit) einige Unterschiede.

[3] Im Jahr 2009 – dem Geburtsjahr von Bitcoin und damit dem Phänomen der Kryptowährungen – löste ein unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto bekannter Programmierer ein altes kryptografisches Problem: Die dezentrale Speicherung von Informationen ohne gegenseitiges Vertrauen als notwendige Bedingung. Seine Idee war die sogenannte und jetzt als solche bekannte Blockchain. Dabei werden Informationen in Blöcken gespeichert. Eine Blockchain beginnt jeweils mit dem ersten sogenannten Genesisblock. Der verfügt über einen sogenannten Hash, eine eindeutige Identifikationsnummer. Um einen neuen Block zu erzeugen, muss, basierend auf diesem Hash, eine schwierige kryptografische Rechenoperation gelöst werden. Sobald dies geschieht, werden die bis dahin aufgelaufenen Informationen in den neuen Block geschrieben und dieser an den vorherigen Block angehängt. Es entsteht also tatsächlich eine Kette von Blöcken – eine Blockchain. Im Kontext der Kryptowährungen ist diese Blockchain als eine Art. selbstreferentielles Orderbuch zu verstehen, das u.a. sicherstellt, dass die Zahlungsvorgänge keine bereits „genutzten“ Bitcoins betreffen.

[4] Japan hat Bitcoin zum 1. April 2017 als offizielles Zahlungsmittel akzeptiert, vgl. einführend

http://www.finanzen.net/nachricht/devisen/staerker-reguliert-japan-erkennt-bitcoin-als-zahlungsmittel-an-5406663 (abgerufen am 04.10.2017).

[5] Englisch: „Miner“, worunter vereinfacht gesagt Unternehmer oder Privatpersonen zu verstehen sind, die als „Vergütung“ für Ihre Teilnahme am Blockchain-System selbst Kryptowährungseinheiten erhalten, vgl z.B. sehr anschaulich https://www.btc-echo.de/tutorial/wie-kann-ich-bitcoins-minen (abgerufen am 04.10.2017).

[6] vgl. den Überblick auf der Internetpräsenz der BaFin: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/VirtualCurrency/virtual_currency_node.html, (abgerufen am 29.09.2017).

[7] Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstaufsichtsgesetz – ZAG), § 31 ZAG sieht Strafvorschriften des Nebenstrafrechts mit Strafandrohungen von immerhin bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor.

[8] Vgl. zur Sichtweise der BaFin dazu erneut https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/VirtualCurrency/virtual_currency_node.html (abgerufen am 29.09.2017).

[9] Aber auch abseits der Börse kann ein Eigenhandel bisweilen schnell vorliegen. Dafür reicht es grundsätzlich aus, wenn Finanzinstrumente auf eigene Rechnung angeschafft oder veräußert werden, soweit dies als Dienstleistung für andere geschieht. Dies erfasst insbesondere diejenigen, die durch ihr Auftreten am Markt Dritten überhaupt erst Zugang zu Bitcoin und andere virtuellen Währungen bieten.

[10] Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Manuskripts kostete ein „ganzer“ Bitcoin auf der Handelsplattform coinbase € 3682,59, es werden (daher) nicht nur ganze Bitcoins (gleiches gilt für die weiteren Kryptowährungen) gehandelt, sondern bis hin zu Teilfragmenten in der Größe von 0,00000001 Bitcoin.

[11] Vgl. zur Einführung in das Thema der sog. „Bitcoin wallets“ („Bitcoin Brieftaschen“) als sog. „online walle“ z.B.: https://de.wikipedia.org/wiki/Coinbase, (abgerufen am 01.10.2017).

[12] Die früheren Zeiten der hauptsächlichen Akzeptanz und Nutzung der Kryptowährungen von zunächst (Banken-) Systemkritikern, dann deliktisch motivierten „darknet“-Usern, zu einem gewissen Anteil immer auch Idealisten und stets auch „Blockchain“-begeisterten „Techies“, scheinen dem Fokus von Gewinnstreben und Investorentum aus der gesellschaftlichen Mitte von (Krypotwährungs-)Marktteilnehmern mehr und mehr zu weichen.

[13] Wobei es auch dort wiederum differenzierte Zuspitzungen in einigen neuen, noch anonymeren „Coin“-Generation gibt, zu denen z.B. „ditecoin“ gehört.

[14] Wobei aus Platzgründen hier eine Besprechung der nicht minder akuten (Steuer-) Strafrechtlichen Fragen rund um Handelsplattformbetreiber und insbesondere „Schürfer“ (englisch: „miner“) von Kryptowährungen außen vor bleiben müssen.

[15] Hauptvariante: „Schürfen“ von Bitcoins, vgl. FN 5.

[16] Vgl. dazu und zum Wegfall der Abgeltungssteuer https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/498931/ .

[17] Denkbares praktisches Beispiel: Über coinbase werden 3 bitcoins am 01.02.2017 erworben und in der entsprechenden „online wallet“ vorgehalten, über eine neue erst ab dem 01.03.2017 an den Markt gegangene erdachte Handelsplattform Alpha ebenfalls 3 und in deren „online wallet“ hinterlegt. Wenn nun am 15.03.2017 über Handelsplattform Alpha 3 bitcoins gegen Euro „verkauft“ werden, beträfe dies in der steuer(straf-)rechtlichen Betrachtung unter dem Fremdwährungsansatz des EStG nach der „First-in-first-out“-Methode (nur) die über coinbase erworbenen bitcoins. Denkbar wäre aber auch die Argumentation, dass im Wege einer inselhaften Betrachtung nach jeweiligen Handelsplattformen die 3 zuletzt am 01.03.2017 über die Handelsplattform Alpha erworbenen bitcoins „raus gehen“, also (allein) deren Anschaffungswert für Besteuerungsfragen heranzuziehen sein wird.

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Hans-Joachim Gerst
    Dr. Hans-Joachim Gerst ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und namensgebender Gründungspartner von Gerst & Meinicke Rechtsanwälte / Fachanwälte in Hamburg. Er ist bundesweit als Strafverteidiger in Kapital, Wirtschafts- und Steuerstrafsachen sowie in der Aus- und Fortbildung von Fachanwältinnen und Fachanwälten für Strafrecht tätig.

WiJ

  • Dr. Elias Schönborn , Jan Uwe Thiel

    Gesetzliche Regelungen zur Handy-Sicherstellung sind verfassungswidrig (Österreich)

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht