Fleckenstein, Lennart*, Die strafrechtliche Abschöpfung von Taterträgen bei Drittbegünstigten
Duncker & Humblot, Berlin 2017; 299 S., 79,90 €; Strafrechtliche Abhandlungen, Neue Folge, Band 277
I.
Welch unbestechliche Gedankenkraft! Unverblümt dargebracht, zugespitzt wie in Entscheidungen des Reichsgerichts, daher eine Klarheit erreichend, die heutzutage ihres Gleichen sucht. Das Verwenden manch scharfen Ausdrucks (Lippenbekenntnis, S. 271; vorgeschoben, S. 272) wäre dennoch vermeidbar gewesen, bleibt aber eine Geschmacksfrage.
Fleckenstein machte aus der Not eine Tugend: Begonnen hat er seine Arbeit unter Geltung des bis zum 30.6.2017 geltenden Abschöpfungsrechts. Angenommen wurde sie während des Gesetzgebungsverfahrens. Die Druckfassung berücksichtigt hingegen bereits das „Gesetz zur Reform der Vermögensabschöpfung“ vom 13.7.2017, BGBl. I, S. 872 ff., in Kraft getreten am 1.7.2017. Seine Ursprungsfassung erweiterte Fleckenstein insbesondere im der Neufassung gewidmeten Kapitel III (S. 198-281). Dafür erwiesen sich seine tiefgreifenden, die rechtshistorischen Grundlagen und ihre Verwerfungen im Gesetzgebungsverfahren vor Inkrafttreten der §§ 73 ff. StGB mit dem 2. Gesetz zur Reform des Strafrechts am 1.1.1975 nicht nur beleuchtenden, sondern entwirrenden und zu einer stringenten Dogmatik entwickelnden, dabei die Brüche des Gesetzes und die Grenzen ihrer Heilbarkeit aufzeigenden Erwägungen als eine geradezu ideale Basis, als ein sicheres Navigationssystem, mit dem er sich das neue Recht erschließen und es beurteilen konnte.
Geradezu bewundernswert ist es, wie knapp, aber intellektuell überzeugend, präzise, manchmal zwingend Fleckenstein die Eckpunkte der geistigen Grundlagen des Abschöpfungsrechts herausarbeitet, die Reichweite von Argumenten beleuchtet, sie einteilt in tragfähige und nicht überzeugende, letztere nicht nur verwirft, sondern konsequent ausblendet, und erstere stringent vom theoretischen Ausgangspunkt bis in die kleinsten Verästelungen auch nur theoretisch denkbarer Konstellationen nachzeichnet, dabei das Wesentliche mit einem Wort oder jedenfalls einem kurzen Satz eingägig hervorhebend und am Ende jedes Gedankengangs noch einmal kurz zusammenfassend.
Besonders bemerkenswert ist dabei, mit welch leichter Hand er argumentiert, so dass sich das Werk, das sich einem doch sehr komplexen Thema widmet, phasenweise wie ein Roman liest, den man als Leser nicht mehr aus der Hand legen möchte. Als besonders hilfreich erwies sich dabei die pädagogische Technik, das jeweilige Ergebnis in präzisen Beispielen anschaulich werden zu lassen. Angesichts zahlreicher Abgrenzungen und zuweilen minmaler Abweichungen (nur) scheinbar vergleichbarer Sachverhalte ist es eine Meisterleistung, wie Fleckenstein die jeweils einschlägigen Aspekte in kurzen Sachverhaltsausschnitten verdeutlichte: knapp, allen Überflusses entratend, dabei alles Notwendige enthaltend und auf diese Weise besonders anschaulich.
II.
Bereits in der Einleitung weist Fleckenstein darauf hin (S. 17), dass das Recht der Abschöpfung eine 3. Spur des (nicht nur) strafrechtlichen Rechtsfolgensystems markiere (OWiG, StGB, GWB, UWG, WiStG, S. 21). Sie unterscheide sich von Strafen und Maßregeln dadurch, dass sie weder auf Schuld noch auf Gefährlichkeit abstelle (S. 17, auch S. 23), und schließe zumindest teilweise die Lücken des in Deutschland (noch?) nicht vorhandenen Unternehmensstrafrechts (S. 22).
1.
Seinen theoretischen Überlegungen liegt die Differenzierung zwischen Rechtsgrund als Zweck und systematisch betrachteter Rechtsnatur zugrunde (S. 27).
Auf Basis der kurz nachgezeichneten bisherigen Diskussion zum Rechtsgrund entwickelte Fleckenstein seine eigene Auffassung. Von einer bloß dem Zivilrecht dienenden Funktion könne keine Rede sein, denn andernfalls hätte es bereits den Verfall gar nicht geben dürfen, beschränkte der sich doch auf Erträge aus Taten ohne individuellen Verletzten (S. 34). Die strafrechtliche Abschöpfung trete vielmehr eigenständig neben andere Ausgleichssysteme. Fleckenstein exemplifiziert seine Einsicht am Beispiel der in der Begründung des Reformgesetzes wiederholt hervorgehobenen Parallele zum Recht der ungerechtfertigten Bereicherung der §§ 812 ff. BGB und zeigt dabei auf, dass und warum sie überhaupt nicht bestehe (S. 34-43) und sich nur beim Umweltstrafrecht (S. 40 f.) gewisse Ähnlichkeiten erwiesen. Leider wird erst später wirklich deutlich, dass Fleckenstein die fehlende Parallelität zwischen strafrechtlichem Abschöpfungs- und bürgerlich-rechtlichem Bereicherungsrecht allein auf die Tatbestandsseite bezieht, sie hingegen für die Rechtsfolgenseite nicht nur bejaht, sondern daraus auch Korrekturen der strafrechtlichen Bestimmungen ableitet (z.B. S. 69, 215 f.).
Der wesentliche Unterschied zwischen Abschöpfungs- und Bereicherungsrecht bestehe darin, dass bei Ersterem allein das „Nehmen“ des aus einer Tat stammenden Ertrags im Vordergrund stehe (S. 45). Damit soll die verletzte Rechtsordnung wiederhergestellt werden (S. 45 f.). Diesen Gedanken setzt Fleckenstein nun jedoch zu Recht nicht absolut, sondern bindet ihn in die freiheitsfördernde Funktion des Staates des Grundgesetzes ein. Dies führt ihn zur Generalprävention (S. 46-54) als einzigem Rechtsgrunds des Instituts strafrechtlicher Abschöpfung (S. 53). Als Nebenprodukt zeigt er bei seinem Gedankengang die Künstlichkeit der Differenzierung zwischen negativer und positiver Generalprävention auf: Auch letztere sei nicht an den ohnehin Rechtstreuen adressiert (diese Sicht dürfte allerdings etwas zu pauschal sein, nimmt man in den Blick, dass ein Rechtstreuer auch in Zukunft rechtstreu bleiben soll), sondern habe den potentiellen Rechtsbrecher im Blick (darunter fällt nun jedoch in der Tat auch der bisher Rechtstreue): Dessen rechtswahrendes Verhalten solle negativ mittels Abschreckung und positiv im Wege der Überzeugungsbildung gesichert werden (S. 50 f.). Das Abschöpfungsrecht diene der Vervollständigung des von den Straftatbeständen erstrebten Rechtsschutzes und ergänze diese somit (S. 52 f.). Zwar begründe dies nur die Legitimität der Entziehung, nicht auch die Übertragung auf den Staat. Dies gelte aber für Geldstrafen genauso. (S. 53).
2.
Fleckensteins Betrachtungen zur Rechtsnatur knüpfen an seine Erkenntnis der den Rechtsgüterschutz ergänzenden Funktion des Abschöpfungsrechts an, welche ihn die Frage stellen lässt, ob denn dann nicht die Abschöpfung die Rechtsnatur der Bestrafung teilen und selbst als „Strafe“ betrachtet werden müsse (S. 58). Die Suche nach einer Antwort führt ihn zur Prüfung der Merkmale, welche eine Rechtsfolge als „Strafe“ kennzeichnen. Unumgänglich sei dabei eine phänomenologische Definition: Weil das Grundgesetz für die Zulässigkeit von „Strafen“ bestimmte Anforderungen stelle, könne es nicht in der Definitionsmacht des einfachen Gesetzgebers liegen, ob er von ihm ergriffene Regelungen als „Strafe“ oder strafähnlich betrachte oder nicht (S. 58). Das gelte auch für das Abstellen auf ein „ethisches Unwerturteil“ (S. 62). Damit würden Begriff und Legitimationsvoraussetzungen miteinander vermengt (S. 63 f.). Sein eigenes Verständnis von Strafe fällt demgegenüber – eingestandenermaßen, aber für die vorliegende Untersuchung als ausreichend angesehen – arg weit aus und erstreckt sich auf jedes staatlicherseits auferlegte Übel i.S. eines materiellen Nachteils als Reaktion auf angenommenes Fehlverhalten (S. 65).
Löse der Gesetzgeber wie seit 1975 die Abschöpfungsfunktion aus der (Geld-)Strafe heraus, so liege in der Abschöpfung nach dem Nettoprinzip kein gegenüber dem status quo ante, also dem Stand vor Begehen der Straftat, zusätzliches Übel. Insoweit handele es sich um eine Maßnahme eigener Art ohne Strafcharakter (S. 67 f.). Daran ändere allerdings auch der Übergang zum Bruttoprinzip nichts Grundlegendes (S. 68-83), weil das Bereicherungsrecht mit den §§ 818 Abs. 4 und 819 BGB dem Bösgläubigen ebenfalls wirtschaftliche Verlustrisiken zuweise, ihm also eine Haftungsverschärfung zumute (S. 69, 72 f.). Zudem habe sich das Verständnis des Bereicherungsrechts des BGB gewandelt, von der Betrachtung der Bereicherung zum Abstellen auf das Erlangte (S. 70-72). Auch strafrechtlich greife der Staat bei der (Original-)Einziehung nur darauf zu und eben nicht auf das sonstige, auch legale Vermögen. Dabei bleibe es auch unter Anwendung des Bruttoprinzips. Erleide der Betroffenen aus dem Gesamtgeschehen einen darüber hinausgehenden Verlust in seinem Vermögen, so habe er diesen mittels Investierens in ein verbotenes Geschäft bereits zuvor, jedenfalls unabhängig von der Abschöpfung quasi selbst herbeigeführt (S. 74). Die Übernahme des Rechtsgedankens des § 817 BGB in das Abschöpfungsrecht wandele daher nicht dessen Rechtsnatur (S. 74-76). Gleiches gelte für das Genügen von Leichtfertigkeit (S. 78)
Der Blick auf die Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts, konkret der §§ 818 Abs. 4 und 819 BGB, führt Fleckenstein dann aber zugleich auch zügig an die Grenzen legitimer Anwendung des Bruttoprinzips (S. 77): Sofern der Betroffene, insbesondere ein Drittempfänger, hinsichtlich des deliktischen Hintergrundes des Geschäfts oder der empfangenen Gegenleistung nicht bösgläubig sei, treffe ihn die bürgerlich-rechtliche Haftungsverschärfung nicht und er könne seine Aufwendungen abziehen, so dass er nur für den Saldo hafte. Diese Wertung überträgt Fleckenstein – als seine zentrale These – auch auf das Strafrecht. Die verschärfte Haftung setze zwar nicht Schuld voraus, sondern lediglich Bösgläubigkeit. Im Fall fehlender Bösgläubigkeit nehme aber die Haftung über die Netto-Abschöpfung hinaus automatisch Strafcharakter an – und verstoße deshalb gegen das Schuldprinzip. Die Schlüssigkeit dieser Argumentation steht und fällt mit dem Zugrundeliegen von Fleckensteins äußerst weiter Definition von Strafe. Betrachtet man nicht jeden auferlegten materiellen Nachteil als Strafe – und dafür gibt es überzeugende Gründe, will man nicht auch Steuern und manchen Abgaben Strafcharakter beimessen – so fehlt es zumindest am Automatismus der Mutation der über das Nettoprinzip hinausgehenden Vermögenseinbuße zu einer Strafe. Angesichts dessen erweist sich diese Schlussfolgerung als redundant.
3.
Die interpretative Einschränkung des Bruttoprinzips auf Fälle nicht bösgläubiger Betroffener steht mit dieser Argumentation also noch auf tönernen Füßen. Ihre Basis wird zwar nicht von der MRK gefestigt (S. 83 f.), das Ergebnis aber von der Verfassungsgarantie des Art. 14 GG gestützt (S. 85-117). Es fällt dabei so eindeutig aus, dass es des Diskurses über die Strafe gar nicht bedurft hätte: Der darauf verwendete Abschnitt könnte vielmehr folgenlos entfallen. Ohne ihn wäre allerdings die Möglichkeit offengeblieben, dass es sich bei Fleckensteins tiefenscharfem Blick auf das Verfassungsrecht um ein Unikat gehandelt haben könnte und nicht um einen Ausweis seiner besonderen Stärke: Wie bereits im Blick auf den Begriff der „Strafe“ so stellt sich Fleckenstein auch in Bezug auf das Verständnis von „Eigentum“ das Problem einer verfassungsrechtlichen Definition, welche eine Delegation an das einfache Recht vermeidet und somit der Gefahr des Schutzes seitens der Verfassung lediglich nach Maßgabe des einfachen Rechts vorbeugt.
Fleckensteins Lösung auf verfassungsrechtlicher Ebene ist radikal und letztlich keine juristische – das Sezieren der vom BVerfG in der Entscheidung zum erweiterten Verfall eingenommenen Position (BVerfGE 110, 1, 23 f.) deckt Inkonsequenzen auf (S. 93-96) – sondern besteht in der verfassungsgeboteten Anerkennung allen faktischen Verhaltens und seiner Ergebnisse (so ausdrücklich S. 96). Immanente Gemeinschaftsvorbehalte grundrechtlicher Schutzbereiche lehnt er deshalb ab (S. 90). Als einzige Ausnahme erkennt er den in der Verfassung selbst normierten Vorbehalt der Verwirkung gemäß Art. 18 GG an (S. 91).
Dem könne das Eigentumsgrundrecht nicht gleichgestellt werden. Art. 14 Abs. 2 GG enthalte zwar eine Gemeinwohlklausel. Aus Sicht des Grundrechtsträgers folge aus dem Terminus „zugleich“ aber zumindest die bestehende Gleichrangigkeit von privat- wie gemeinnütziger Verwendung. Das Grundgesetz anerkenne das Spannungsverhältnis, löse es aber nicht selbst auf (S. 91). Unter Verweis auf den Nassauskiesungsbeschluss des BVerfG (E 58, 300, 330 ff.) und die seitdem ständige Rechtsprechung sieht Fleckenstein in der Gemeinwohlklausel eine an den Gesetzgeber gerichtete verfassungsunmittelbare Delegation zur Bestimmung des Verhältnisses von privat- und fremdnützigem Eigentumsgebrauch, die dieser unter Wahrung beider Aspekte nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen habe. Die Aufgabe der Konkretisierung stehe der Annahme einer Vorverlagerung auf die Verfassungsebene entgegen. Daher gebe es auch für Art. 14 GG keine immanenten Missbrauchs- und Verwirkungsschranken (S. 92). Konsequenterweise gelangt Fleckenstein auf diese Weise dazu, dass auch eine deliktisch erworbene Rechtsposition „Eigentum“ i.S. von Art. 14 GG darstelle (S. 93). Eine verfassungsrechtliche Differenzierung zwischen Einziehung des Erlangten selbst und von dessen Wert lehnt er im Blick auf den spätestens in der Vollstreckung erfolgenden Zugriff auf legales Vermögen ab (S. 96-98).
Demgemäß betrachtet Fleckenstein das gesamte Recht der Abschöpfung als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (S. 100) mit der Folge, dass Beschränkungen von dessen Privatnützigkeit einer Rechtfertigung vor der Verfassung bedürften (legitimer Zweck <hier: Generelprävention, S. 102-104, 106>, Erforderlichkeit, Eignung und Angemessenheit). Im Ergebnis gelangt Fleckenstein zu folgenden Ergebnissen:
Die Abschöpfung darf auch beim Drittempfänger vorgenommen werden.
Allerdings gebührt der Abschöpfung beim Täter oder Teilnehmer der Vorrang, so dass insoweit kein (reines) Verhältnis der Gesamtschuldnerschaft angenommen werden darf (zum neuen Recht s. S. 229-231).
Der nicht bösgläubige Drittempfänger darf sowohl seine anfänglichen wie seine nachträglichen Aufwendungen abziehen. Insoweit darf die ersatzweise Einziehung des Wertes nur auf Basis des Nettoprinzips angeordnet werden.
III.
Seine im ersten Kapitel erzielten Erkenntnisse wendet Fleckenstein im zweiten Kapitel auf das bis zum 30.6.2017 geltende Abschöpfungsrecht an.
1.
Beginn findet sich ein Überblick über die Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 3 StGB a.F. (RStGB 1871, PreistreibereiVO 1918, GeldstrafenG 1923, WiStG 1949, Große Strafrechtskommission ab 1954; E 1963; AE 1966; Sonderausschuss für die Strafrechtsreform ab 1965 bis zum 2. Gesetz zur Reform des StGB, in Kraft seit 1.1.1975, S. 119-145).
2.
Als Hauptschwerpunkt einerseits und bis heute in § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB fortwirkende Crux andererseits identifiziert Fleckenstein den für die Abschöpfung beim Drittbetroffenen zentralen Passus des „Handelns für einen anderen“. Er zeigt auf, dass der Sonderausschuss die Abschöpfung unabhängig davon ermöglichen wollte, in welchem Vermögen sich der tatbedingte Vermögensvorteil befindet. Zu diesem Zweck sollte es überhaupt nicht mehr, wie gemäß frühere Überlegungen, darauf ankommen, ob der Täter (oder Teilnehmer) ursprünglich (und erkennbar) für einen anderen gehandelt hat. Man strich deshalb das im seinerzeit aktuellen Entwurf vorhandene Hauptbeispiel, das Handeln als Vertreter, übersah dabei jedoch, dass sich nicht allein daraus, sondern auch aus dem Erfordernis des bestehenbleibenden Merkmals eines Handelns für einen anderen die Einschränkung des Anwendungsbereichs ergab, die man gerade beseitigen wollte (S. 135-140): Als Folge gab es nur eine Regelung für den Erwerb direkt aus dem Vermögen des Verletzten, nicht aber für einen vom Täter, Teilnehmer oder einem anderen Dritten abgeleiteten Erwerb.
3.
Auch das Erfordernis des Erhalts des Erlangten seitens des Dritten „durch“ die Tat sei im Sonderausschuss nicht in begrifflicher Klarheit diskutiert worden (S. 140-144). Nach den Vorstellungen des (seinerzeitigen) Bundesjustizministeriums habe mit dieser Wendung eine Beschränkung auf das unmittelbar Zugewendete festgelegt werden sollen (S. 140). Unklar sei jedoch der Bezugspunkt dieses Unmittelbarkeitserfordernisses geblieben: Zuwendung uno actu oder lediglich Ausschluss von Surrogaten? Dem Inhalt der protokollierten Diskussion entnimmt Fleckenstein, dass Ersteres gar nicht zur Sprache gekommen sei. Vergleichbar mit § 73 Abs. 1 StGB sei es nur um den Ausschluss der Abschöpfung dessen gegangen, was mit dem Erlangten erworben worden sei (z.B. Lotteriegewinn mit bemakeltem Geld). Derartige Konstellationen wurden abschöpfungsrechtlich auf den Verfall von Nutzungen und Surrogaten, § 73 Abs. 2 StGB a.F., beschränkt. Mit der Beschränkung auf die Abschöpfung von Surrogaten beim Täter oder Teilnehmer sei – wertungsmäßig inkonsequent und ohne erkennbare Begründung – eine Regelung unterblieben, welche den Zugriff auf Gegenstände erlaubt hätte, welche beim Drittbetroffenen an die Stelle des Erlangten getreten sind (S. 143).
4.
Die Befassung mit dem methodisch möglichen Umgang mit den beiden genannten Problemen (S. 145-197) führt Fleckenstein direkt zur grundlegenden Entscheidung BGHSt 45, 235, in welcher das oberste Strafgericht Vertretungs-, Verschiebungs- und Erfüllungsfälle unterschied (S. 149-197). Sie bereitete den Boden für das Abstellen der Praxis auf den Bereicherungszusammenhang (S. 166 f.), verbunden mit einem in doppelter Hinsicht erweiterten Verständnis: „dadurch“ wurde auch beim verschiebenden Handeln des Täters oder Teilnehmers nach der Tat und „für einen anderen“ auch im Fall des Durchgangserwerbs als erfüllt angesehen (S. 173 f.).
a)
Letzteres lasse sich methodisch nur im Wege der Gesetzeskorrektur erreichen (S. 175), womit dann immerhin den Vorstellungen des Sonderausschusses Rechnung getragen würde (S. 180-182). Fleckenstein sieht darin allerdings nur eine Notlösung (S. 185).
b)
Im Hinblick auf Ersteres wendet sich Fleckenstein zunächst einer Sonderproblematik zu, nämlich der Frage, ob beim Dritten auch abgeschöpft werden könne, wenn das Erlangte bei diesem nur „geparkt“ oder lediglich vorübergehend seinem Vermögen einverleibt worden wäre, es aber an den Täter oder Teilnehmer zurückfließen solle (S. 188-192; zum neuen Recht S. 231 f.). Überzeugend arbeitet er als Stufenverhältnis heraus, dass das Abstellen auf das „Erlangte“ keineswegs zur Relativierung einer lediglich formalen Rechtsposition führen und sie als Abschöpfungshindernis konstruieren sollte. Vielmehr handele es sich um eine Erweiterung: Abgeschöpft werden könne selbst dann, wenn der Dritte über keine förmliche Rechtsposition verfüge – natürlich erst recht dann, wenn dies der Fall sei.
Die wesentliche Frage laute jedoch, ob es methodisch begründbar sei, im Durchgangserwerb ein Handeln zu sehen, wodurch der Dritte i.S. von § 73 Abs. 3 StGB a.F. etwas erlangt habe. Fleckenstein lehnt das ab und legt dar, dass Bezugspunkt nur das Tathandeln selbst sein könne. Die Auslegung der Rechtsprechung, es genüge ein Handeln im Zusammenhang mit der Tat, verstoße auch gegen den Willen des Sonderausschusses, der die Abschöpfung auf den Ersterwerb des Drittempfängers direkt vom Verletzten beschränkte. Folglich scheide eine Gesetzeskorrektur insoweit zwingend aus (S. 195 f.). Damit entfalle aber zugleich auch das Bedürfnis für die gesetzeskorrigierende Notlösung im Hinblick auf das Verständnis des „Handelns für einen anderen“ (S. 195). Das frühere Recht erlaubte damit entgegen der Rechtsprechung in Verschiebungsfällen nicht die Abschöpfung.
IV.
Im Kapitel 3 legt Fleckenstein die von ihm erarbeitete Messlatte an das seit dem 1.7.2017 geltende Abschöpfungsrecht an.
1.
Er bedauert, dass sich der Fehler des Sonderausschusses in der Wortfassung des neuen § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB fortsetze, weil auch diese Bestimmung ein „Handeln für einen anderen“ und das „Erlangen durch die Tat“ (letzteres nunmehr sogar ausdrücklich) verlange. Das trifft in der Tat zu. Die Folgen sind jedoch gegenüber § 73 Abs. 3 StGB a.F. deutlich geringer, weil nunmehr § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a und b StGB die Verschiebungsfälle erfasst und damit ausdrücklich die Abschöpfung sowohl nach unentgeltlichem wie rechtgrundlosem, im Fall der Bösgläubigkeit aber auch nach Erwerb mit Rechtsgrund gestattet. Damit sind nach neuem Recht die Fälle des Durchgangsrechtserwerbs beim Dritten ausdrücklich geregelt. Auch wenn die Rechtsprechung zur Maßgeblichkeit des Bereicherungszusammenhangs damit obsolet ist (S. 210 f.), mag sie allerdings auch fürderhin noch die ein oder andere Argumentationshilfe bieten.
Nach unmittelbarem Dritterwerb scheitert die Abschöpfung an § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB demnach, wenn überhaupt, nur noch in solcher Konstellation, in der der Täter oder Teilnehmer nicht für den Drittempfänger gehandelt hat. Obwohl damit der Grundsatz der Abschöpfbarkeit unabhängig davon, in wessen Vermögen sich das Erlangte befindet, vom geltenden Recht weiterhin nicht vollständig verwirklicht wurde, sind doch die Fälle, in denen die Abschöpfung aus diesem Grunde scheitern könnte, gegenüber dem bisherigen Recht deutlich verringert. Denkbar ist das nur noch dann, wenn das Erlangte ungeplant in das Vermögen eines Dritten fällt. Die zweite Variante, in der die Mitwirkung des Drittempfängers fehlt (z.B. wenn der Betrüger sein Opfer veranlasst, unmittelbar an einen Gläubiger des Täters zu leisten, S. 217), ließ sich interpretatorisch zwar nicht unter § 73 Abs. 3 StGB a.F. subsumieren. Der dafür bestehende Grund, der entgegenstehende Wille des historischen Gesetzgebers, ist aber nunmehr entfallen. Im Bestreben, die Rechtsprechung des BGH zu kodifizieren, liegt auch die Übernahme von dessen Interpretation, es genüge ein Handeln im Interesse des Dritten. Da dieses Verständnis auch mit dem Wortlaut von § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB ohne weiteres vereinbar ist, spricht alles dafür, nunmehr eindeutig (und entgegen Fleckenstein, S. 208, ohne Gesetzeskorrektur) eine Mitwirkung des Drittempfängers für irrelevant zu halten.
2.
Im Hinblick auf § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB zeigt Fleckenstein auf, dass die von der Gesetzesbegründung gezogene Parallele zu § 822 BGB nicht bestehe, die Regelungen aber vom Präventionsgedanken getragen würden (S. 212-217) und zwar auch soweit auf das Vorliegen einer Verschiebungsabsicht verzichtet werde (S. 218-223). Im Hinblick auf den Schutz des nicht bösgläubigen Drittempfängers und die damit erforderliche Berücksichtigung seiner (anfänglichen wie nachträglichen) Aufwendungen beanstandet Fleckenstein die Unterschiedslosigkeit, mit der § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a, 2. Alt. StGB die Rechtsgrundlosigkeit der Unentgeltlichkeit gleichstellt (S. 223-225). Der Wortlaut erfasse damit – wertungswidrig – auch den entgeltlichen, nicht bösgläubigen rechtsgrundlosen Erwerb (S. 224). Insoweit befürwortet er de lege lata eine teleologische Reduktion (S. 225).
3.
Für § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. b StGB genügt nach Fleckenstein die einfache Fahrlässigkeit nicht. Erforderlich sei vielmehr (alternativ zum Wissen) auf Leichtfertigkeit beruhende Unkenntnis (S. 225-228). Aus Gründen der Schutzbedürftigkeit des Empfängers sei es geboten, nicht auf den Zeitpunkt der Erfüllung, sondern auf den der Entstehung der Pflicht, regelmäßig auf den Abschluß des schuldrechtlichen Grundgeschäfts, abzustellen. Dieses Ergebnis lasse sich jedoch ohne Gesetzesänderung nicht begründen, weil § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. b StGB ohne ernsthaften Zweifel auf den Zeitpunkt des Empfangs der Leistung rekurriere (S. 228 f.; s.a. S. 274 m. Fn. 227). Allerdings besteht insoweit eine übereinstimmende Wertung mit § 261 StGB, Geldwäsche, dort allerdings beschränkt auf den abschließend normierten Vortatenkatalog.
4.
Die Einbeziehung des Erbfalls, § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB (S. 233-237), und den Ausschlusstatbestand rechtmäßigen Zwischenerwerbs, § 73b Abs. 1 S. 2 StGB (S. 237-239), begrüßt Fleckenstein als Parallele zu § 261 Abs. 6 StGB, obwohl er sieht, dass Kriminellen damit die Möglichkeit eröffnet wird, das Erlangte mittels Einbeziehens eines Gutgläubigen in eine Erwerbskette vor der Abschöpfung zu sichern (S. 237).
5.
73b Abs. 2, Var. 2, und Abs. 3 StGB erstrecken die Regelung des § 73 Abs. 2 und 3 StGB über das Abschöpfen von Nutzungen und Surrogaten auf die Einziehung beim Drittempfänger.
6.
Besonderer Beachtung erfreut sich § 73b Abs. 2, Var. 1 StGB. Danach kann auch abgeschöpft werden, was ein Dritter zwar nicht im Original, wohl aber als dessen Gegenwert erhalten hat. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, nicht allein das Erlangte selbst, sondern bereits dessen Wert könne in makelbehafteter Weise auf einen Dritten übertragen werden.
a)
Immerhin vorstellbar ist dies, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen Erlangtem und Werttransfer besteht: Hatte sich der Täter das benötigte Auto ergaunert, so kann ihm dies möglichen, das für den Kauf vorgesehene Ersparte seinem Sohn zu übergeben. Aber selbst in diesem von Gegenständlichkeit gekennzeichneten Fall fragt es sich, was es rechtfertigen kann, die legal angesammelte Summe beim Sohn abzuschöpfen. Bei ersparten Aufwendungen ist die Verbindung noch weiter gelockert: In welchem Vermögenswert manifestieren sich 40.000 € nicht vorangemeldete Umsatzsteuern? Im gegenständlichen Nichts (Bittmann, wistra 2003, 161, 167 f., zum Parallelproblem bei der Geldwäsche). Bei einem zeitlichen Transfer in entsprechender Höhe liegt eine Verbindung nahe. Kann sie ausreichen? Und was ist, wenn der schöne Gewinn in zahlreichen Geschäften des Alltags versickert? Soll man sich wirklich mit dem Gedanken vertraut machen, dass beim Bäcker, der von der Steuerunehrlichkeit seines Kunden weiß, der Gegenwert der in den letzten 30 Jahren gekauften Brötchen abgeschöpft werden können soll?
Wie bei der Geldwäsche stellt sich die Frage, welche Vermögensgegenstände des Täters kontaminiert sind: Alle? Keiner? Die Gesamtheit? Fleckenstein legt überzeugend dar, dass es zumindest regelmäßig weder bei § 261 StGB noch bei der Einziehung überhaupt möglich ist, irgendeinen bestimmten Vermögensbestandteil zu identifizieren, der den Wert der deliktisch ersparten Aufwendungen verkörpert (S. 239-246). Er versucht sich deshalb an einer (allerdings nur de lege ferenda möglichen) dogmatischen Neubestimmung (S. 247-252) und findet sie im Gedanken der Isolation, der Verkehrsunfähigkeit des Vermögens des Täters (nicht nur, aber auch des Geldwäschers): Auf der Primärebene komme bei ersparten Aufwendungen nur die Einziehung von Wertersatz in Betracht. Damit scheide die Weitergabe eines kontaminierten Gegenstands von vorn herein aus. Bis zur Höhe des Werttransfers könne daher die Abschöpfung im übernehmenden Vermögen angeordnet werden.
b)
Soweit Fleckenstein damit den Zugriff auch auf das Legalvermögen des Drittempfängers eröffnet, bewegt er sich noch in bekannten Bahnen, denn ein solcher ist auch bei Kettengeschäften mit dem Erlangten möglich. Er geht aber noch einen Schritt weiter und zwar bei demjenigen, der den illegitimen Wert erlangt hat. Bei diesem betrachtet Fleckenstein jeden Vermögenswert als bemakelt. Mit Ausnahme von Geschäften mit Nicht-Bösgläubigen hätte dies die komplette Verkehrsunfähigkeit des Vermögens des (lediglich) Wert-Bereicherten zur Folge.
Diese drastische Konsequenz lässt ihn denn allerdings doch daran zweifeln, eine solche Neukonzeption zu propagieren. Die aufgrund von Schneeballeffekten eintretende Belastung der Vermögen aller an Folgegeschäften Beteiligter müsse zwar ihre Grenze nicht nur in der Verjährungsfrist von 30 Jahren, sondern könne sie auch darin finden, dass sich die abzuschöpfende Summe nicht vervielfältige (das ist in den Fällen der Verwirklichung eines Tatbestands des § 261 StGB allerdings keineswegs sicher), die Kontaminierung also ende, sobald der Wert des ursprünglich Erlangten abgeschöpft sei. Zudem lasse sich der Zugriff auf Drittempfänger erst eröffnen, wenn die Abschöpfung beim Täter oder Teilnehmer (auch bei einem in der Kette früheren Dritten?) fehlschlage. Schließlich handele es sich um nicht strukturell Neues, ähnele der Rückgriff bei den späteren Drittempfängern doch strukturell der Insolvenzanfechtung, sei folglich dem geltenden Recht nicht fremd.
Es frage sich aber, ob eine derartige Ausweitung der Abschöpfung gerade angesichts der Möglichkeiten der Anfechtung nach der Insolvenzordnung (und dem Anfechtungsgesetz) sowie der Strafdrohung des § 283 StGB erforderlich sei (S. 250 f.). Aufgrund beider Instrumente sei die ersatzlose Streichung des § 73b Abs. 2 Var. 1 StGB eine ernsthafte Alternative. Das wiederum hätte zur unerwünschten Folge, dass die Abschöpfung auch bei verschleiernden Kettengeschäften verunmöglicht wäre, sofern dem Empfänger kein eigenes strafbares Handeln zur Last fällt.
c)
Deutlich geworden ist jedenfalls, dass es einer ausufernden Anwendung von § 73b Abs. 2 Var. 1 StGB vorzubeugen gilt. Zu überlegen ist, ob zu diesem Zwecke nicht der Rechtsgedanke des legalen Zwischenerwerbs, den § 73b Abs. 1 S. 2 StGB als Grenze der Einziehung des Original-Erlangten normiert, auch auf die Fälle des Wertransfers in dem Sinne fruchtbar gemacht werden könnte, dass einerseits die Abschöpfung etwa bei Unentgeltlichkeit und Verschiebungen möglich ist, sie jedoch andererseits bei tat(folgen)unabhängigen Austauschgeschäften ausscheidet.
7.
Die bisherige Härteklausel des § 73c StGB a.F. findet sich für das Erkenntnisverfahren nur noch rudimentär, beschränkt auf die Entreicherung des gutgläubigen Drittempfängers, in § 73e Abs. 2 StGB wieder.
a)
Ob dies jedoch ausreicht, um den von Fleckenstein geforderten, aus der Verfassung abgeleiteten Schutz des gutgläubigen Drittempfängers ausreichend zu gewährleisten, hängt u.a. davon ab, was mit „Entreicherung“ gemeint ist. Ist der Begriff bereicherungsrechtlich zu verstehen (Gegenstand oder Wert nicht mehr vorhanden) oder setzt er Verarmung voraus? Unter systematischer Betrachtung auch der vollstreckungsrechtlichen Bestimmung des § 459g Abs. 5 StPO, der Rechtsprechung zu § 73c StGB a.F., der Begründung des Reformgesetzes und der unterschiedlichen Lage des gutgläubigen Drittempfängers einerseits und des Betroffenen, dem letztlich aus sozialen Gründen die Einziehungsverbindlichkeit (ganz oder teilweise) erlassen wird andererseits, gelangt Fleckenstein (S. 252-259) überzeugend zur generellen Anwendbarkeit von § 459g Abs. 5 StPO im Fall der Verarmung, allerdings und nur für den gutgläubigen Drittempfänger ergänzt um den Ausschluss der Einziehung gem. § 73e Abs. 2 StGB im Fall der Entreicherung i.S. der §§ 812 ff. BGB, d.h. bereits dann, wenn der Empfänger Aufwendungen getätigt hat, die er ohne das Erlangte nicht veranlasst hätte (im Wesentlichen also Luxusaufwendungen).
b)
Versteht man § 73e Abs. 2 StGB dahingehend, dass er nur Fälle der nachträglichen Entreicherung erfasst, so stellt sich für den gutgläubigen Drittempfänger die Frage, ob er seine anfänglichen Aufwendungen wirklich nicht abziehen darf. Das ordnet § 73d Abs. 1 S. 1 StGB für den Fall an, dass sie der Vorbereitung oder Begehung der Tat dienten. Nun kann es jedoch vorkommen, dass der Täter Aufwendungen für die Tat nicht aus eigenem Vermögen finanzierte, sondern aus dem Vermögen des Drittempfängers. Fleckenstein rekurriert dafür auf das vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz gebildete Beispiel, dass ein Mitarbeiter Bestechungsgeld aus dem Vermögen des Arbeitgebers zahlte (BT-Drs. 18/11640, S. 80), und verlangt für den Ausschluss des Abzugs beim Drittempfänger einen Grund, der es erlaubt, das Handeln des Mitarbeiters auch abschöpfungsrechtlich dem Arbeitgeber zuzurechnen. Ein solcher liege vor, wenn der Letzterer den Mitarbeiter mit der selbständigen Wahrnehmung von Aufgaben betraut und sich die Tat innerhalb dieses Tätigkeitsfeldes abgespielt habe. Bei eigenmächtigem Zugriff jenseits seiner Zuständigkeiten scheide hingegen die Zurechnung aus und dürfe beim Arbeitgeber nur der Nettobetrag abgeschöpft werden (S. 262). Dazu formuliert Fleckenstein eine mögliche gesetzliche Bestimmung (S. 263).
8.
Die erweiterte Einziehung beim Dritten beschränkt Fleckenstein auf Vermögensgegenstände, die aus anderen Taten desselben Täters stammen. Würden hingegen beim Dritten Gegenstände aus Taten eines anderen Täters aufgefunden, so scheide die Dritteinziehung aus (S. 265-267). Ergänzend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in einem solchen Fall die Täterschaft anderer, auch des Dritten, für Ursprungstat(en) und für Anschlußdelikte (Hehlerei; Geldwäsche) zu prüfen ist. Dies anerkennt Fleckenstein nur in den Fällen des § 76a Abs. 4 StGB (S. 271).
9.
Dieser Bestimmung steht er aufgrund ihrer Eigenbrötelei (S. 268) insgesamt ablehnend gegenüber. Er wünscht sich einerseits eine Ausdehnung auf alle Straftaten, weil mit der Beschränkung auf einen bestimmten Kreis von Anlassdelikten die für die erweiterte Einziehung gerade beseitigten Probleme wiederkehrten (S. 271 f.), andererseits die ausdrückliche Ausdehnung des Schutzes des gutgläubigen Dritten auch auf diese Fälle, de lege lata nur möglich im Rahmen der Ausübung des staatsanwaltschaftlichen Handlungsermessens, welches ihr § 76a Abs. 4 StGB, wenn auch nur eingeschränkt als „Soll-Regelung“, immerhin einräume (S. 272-275).
10.
Abschließend tritt Fleckenstein dem Eindruck genereller Ablehnung des Reformgesetzes entgegen. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, wenngleich mit den von ihm aufgeführten Mängeln im Detail. Sein Hauptanliegen ist dabei der durchgängige Schutz des nicht bösgläubigen Dritten vor Einbußen im Vermögensstatus quo ante. Insoweit verlangt er die ausnahmslose Anerkennung auch anfänglicher Aufwendungen als Abzugsposten (S. 277-279). In struktureller Hinsicht vermisst er eine Regelung über den Vorrang der Haftung des Täters oder Tatbeteiligten vor dem Drittempfänger. Neben den Bestimmungen über die Verschiebung in Wertersatzfällen beklagt er die Inkonsequenz des § 76a Abs. 4 StGB (S. 279 f.) und verweist auf einige weitere handwerkliche Fehler oder zumindest Ungenauigkeiten (S. 280).
V.
Wiewohl Fleckenstein (wie angedeutet) nicht alle Möglichkeiten interpretatorischer Abhilfe auslotete, handelt es sich um eine höchst verdienstvolle Arbeit. Mit wissenschaftlicher Akribie und messerscharfer Logik eröffnete Fleckenstein nach Entfernen sämtlicher störender Hindernisse den Blick auf das Wesentliche. Auf diese Weise verdeutlichte er die abschöpfungsrechtlichen Grundphänomene, ihre Kerngedanken, die verschiedenen Regelungsziele sowie Entwicklungslinien und Brüche in der Argumentation des zu verschiedenen Zeiten aktiv gewordenen Gesetzgebers, aber auch der Rechtsprechung, zeigte auf, welche Mängel behoben oder neutralisiert wurden, jedoch auch, welche anderen seit Jahrzehnten trotz verschiedener Novellen bis in das neue Recht fortwirken. Er liefert damit sowohl dem Gesetzgeber als auch den Gerichten nicht nur eine Fülle von Anregungen, sondern bietet überdies systematisch überzeugende Argumentationsstränge für wertungsgerechte Ergebnisse – eine bewundernswerte Leistung!
* Dr. Lennart Fleckenstein, Düsseldorf, ist Preisträger des WisteV-Preises 2017.