Johann-Alexander Klöpper

Anmerkung zu OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17

I. Problemstellung

Die Entscheidung des OLG Frankfurt befasst sich ausführlich mit dem Umfang der Rechte und Pflichten eines Geldwäschebeauftragten und nimmt dabei insbesondere zu dessen Recht auf eigene Ermittlungen, das (Nicht-) Vorliegen eines Geldwäscheverdachts und die Rechtzeitigkeit einer Verdachtsmeldung Stellung.

II. Sachverhalt und Gang des Verfahrens

Der 2. Strafsenat des OLG Frankfurt a.M. hatte über die Rechtsbeschwerde einer Geldwäschebeauftragten einer Bank gegen die Verhängung dreier Geldbußen wegen verspätet erfolgter Geldwäscheverdachtsmeldungen gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 14 i.V.m. § 11 Abs. 1 GWG a.F. zu entscheiden.

Am 6.9.2016 hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen Bußgeldentscheid gegen die Betroffene wegen Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Erstattung von Meldungen gem. § 11 Abs. 1 GwG a.F. (§ 43 Abs. 1 GwG n.F.) erlassen und Geldbußen in Höhe von je 6.000 €, 2.500 € und 4.000 € festgesetzt.

Auf ihren Einspruch hin hat das AG Frankfurt die Betroffene am 10.7.2017 wegen leichtfertigen nicht rechtzeitigen Nachkommen der Pflicht zur Abgabe einer Verdachtsmeldung in drei Fällen zu Geldbußen in Höhe von 2.000 €, 900 € und 1.300 € verurteilt.

Nach den Feststellungen des AG Frankfurt wurde die Betroffene Ende 2010 bei der Bank eingestellt, um die Abteilung Geldwäsche weiter auszubauen war im Tatzeitraum zur Geldwäschebeauftragten bestellt und der damals für Geldwäscheprävention (Financial Sections) und Auskunftsersuchen zuständigen Einheit… vorgesetzt… und damit insbesondere für die Vornahme von Geldwäscheverdachtsmeldungen verantwortlich. Zuvor war sie in einem Zeitraum von über 10 Jahren bei einer Bank ebenfalls als Geldwäschebeauftragte tätig.

Die von der BaFin als verspätet angesehenen Geldwäscheverdachtsmeldungen betrafen alle Bargeldeinzahlungen und Überweisungen einer Kundin. Die Bankkundin war Ehefrau einer politisch exponierten Person (peP) im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 2006/70/EG (umgesetzt durch GwBeKErgG v. 13.8.2008[1]). Die Kundin war der Kundengruppe “Standard (Risiko) – High Volume Customer“ zugeordnet. Weder für unter ihrem Namen noch für das mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Mann gemeinschaftlich geführte Konto war der pEP- Status bankseitig erfasst worden.

Fall 1 und 3

Während zweier Filialbesuche – 29.01.2013 (Fall 1) sowie 27.5.2013 (Fall 3) – ließ sich die Kundin Zugang zu ihrem Schließfach bei der kontoführenden Bank verschaffen, zahlte anschließend, jeweils taggleich Bargeldbeträge im sechsstelligen Bereich auf die Konten ein. Ebenfalls am 27.3.2013 überwies die Kundin 400.000 € auf ein in ihrem Namen bei einer anderen Bank geführtes Konto. Die Transaktionen wurden jeweils am Folgetag filialintern in der Umsatzüberwachungsliste ausgesteuert und vom zuständigen Kundenbetreuer freigegeben. Eine interne Meldung an die Geldwäschebeauftragte erfolgte nicht und auch das bei der Bank genutzte Monitoring-System generierte keine automatisierte Meldung. Die Beträge hätten jeweils die bankinterne Meldeschwelle bei Kunden mit peP-Status (40.000 €) für hohe Bargeldeinzahlungen überschritten, die für die Kundengruppe“ Standard (Risiko)“ (200.000 €) jedoch nicht. Eine zentralisierte „manuelle Überprüfung“ von Bargeldeinzahlungen durch die Geldwäschebeauftragte bzw. durch ihre Abteilung war nicht vorgesehen.

Am 12.6.2013 erlangten Mitarbeiter der Geldwäschefallbearbeitung der Bank der Betroffenen Kenntnis vom Sachverhalt (Fall 3), da aufgrund der Transaktion in Höhe von 400.000 € der Compliance-Bereich der zweiten Bank Kontakt aufgenommen hatte, um die Mittelherkunft zu plausibilisieren. Nach Analyse des gesamten Sachverhalts (Fälle 1-3) wurde die Betroffene über diesen am 26.6.2013 in Kenntnis gesetzt.

Diese entschloss sich, die Kundin durch den sie betreuenden Mitarbeiter zunächst zu den Hintergründen der Transaktionen zu befragen. Diese Befragung fand am 15.7.2013 telefonisch statt. Im Rahmen dieses Telefonats äußerte sich die Kunden unter anderem dahingehend „sie hätte die Einzahlung und Transaktion nicht gemacht, wenn sie gewusst hätte, dass Nachfragen erfolgen würden“. Insbesondere diese Aussage veranlasste die Betroffene eine Verdachtsmeldung abzugeben, welche am 18. Juli 2013 der Geldwäscheclearingstelle des zuständigen Landeskriminalamts per Fax übersandt wurde. Der wesentliche Inhalt der halbseitigen Begründung benannte die Schließfachbesuche und die anschließende Bareinzahlung durch die Kundin. Die Äußerung der Kundin im Telefonat vom 15.7.2013, dass sie bei Kenntnis der Nachfrage die Transaktion nicht getätigt hätte, wird in der Verdachtsmeldung nicht erwähnt.

Für die Fälle 1 und 3 hat das OLG die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Tenor des Urteils des AG Frankfurt dahingehend geändert werde, dass die Geldbußen wegen vorsätzlicher Verletzung der unverzüglichen Meldepflicht von Verdachtsfällen in zwei Fällen in Höhe von 2.000 € und 1.300 € festgesetzt werde.

Fall 2

Am 01.03.2013 wurden bankintern von einem Konto der Kundin 110.000 € auf eines, das vormals für die Eheleute geführt wurde, überwiesen. Nach Ansicht des OLG stelle diese Transaktion nicht ohne weiteres eine verdachtsmeldepflichtige Transaktion i.S.d. § 11 GWG a.F. dar. Allerdings komme ein Freispruch nicht Betracht, da sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe [des AG] hinreichend deutliche Indizien dafür ergeben, dass auch der Fall 2 eine verdachtsmeldepflichtige Transaktion darstellen könnte. [2]

Strafrechtliches Ermittlungsverfahren

Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen die Kundin wurde durch die Staatsanwaltschaft nach §170 Abs. 2 StPO eingestellt.

III. Anmerkung

Der Beschluss des 2. Strafsenats des OLG Frankfurt ist in mehr als nur einem Aspekt für die Fachwelt interessant und für Verpflichtete bedeutsam.

Nicht nur sind die Veröffentlichungen von Entscheidungen zu den Bußgeldtatbeständen des GWG rar, sondern ist diese – soweit ersichtlich – die erste obergerichtliche, die sich ausführlich mit der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 1 GWG a.F. auseinandersetzt.

Im konkreten Fall musste das Gericht die Fragen beantworten, ob die Bargeldeinzahlungen der Kundin meldepflichtige Transaktionen darstellten und ob die ggf. obligatorischen Verdachtsanzeigen „unverzüglich“ erfolgten oder nicht.

1. Meldepflichtigkeit der Transaktionen

Die geldwäscherechtliche Beurteilung einer einzelnen Transaktion und erst recht eines komplexeren Sachverhalts kann oft alles andere als einfach sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat der Verpflichtete eine Transaktion unverzüglich zu melden, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt oder die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen.[3]

Für das OLG Frankfurt scheinen schon die Bareinzahlungen von mehreren 100.000 € und deren folgende Überweisung hierfür zu genügen.[4] Es bleibt im Dunkeln an welche der zahlreichen Vortaten des Katalogs des § 261 StGB das Gericht konkret gedacht haben mag. Einen versteckten Hinweis enthält die Urteilsbegründung in der nebulös „mögliche Verstöße der Kontoinhaberin gegen die Abgabenordnung“ erwähnt werden[5], ohne diese zu präzisieren. Sollte der erkennende Senat hierbei zum Beispiel an hinterzogene Steuern auf Vermögenserträge gedacht haben, so bleibt völlig unklar wie diese erwirtschaftet worden sein könnten. Zumindest drängt sich die Erkenntnis auf, dass die bloße Einlagerung von Bargeld in einem Bankschließfach ausscheiden muss, da diese keine Erträge abwirft.

Dass keine wirkliche Auseinandersetzung bezüglich der Meldepflichtigkeit der Transaktion seitens des Gerichts stattgefunden hat wird zudem durch eine weitere Formulierung deutlich: „[…] egal welche Angaben die Kontoinhaberin zur Herkunft des Bargeldes gemacht hätte, es wären Bargeldeinzahlungen geblieben und damit Verdachtsfälle“.[6]

Nimmt man die Entwicklungsgeschichte der Anforderungen, die an den Verdachtsgrad für eine Meldepflicht zu stellen sind, so ist unbestritten, dass diese keineswegs einen Anfangsverdacht im strafprozessualen Sinne (§ 152 StPO) erfordern. Ausreichend, aber auch erforderlich, sind vielmehr Tatsachen, die auf einen relevanten Sachverhalt hindeuten, also somit die Einschätzung des Verpflichteten, dass ein solcher vorliegen könnte.[7] Hierbei hat der Verpflichtete also einen gewissen Beurteilungsspielraum und darf eine subjektive Einschätzung aus den konkreten Umständen heraus vornehmen.[8] Die Höhe der Bargeldeinzahlungen im vorliegenden Fall ist gewiss ungewöhnlich, aber nicht jede außergewöhnliche Transaktion deutet automatisch auf Tatsachen i.S.d. § 11 GWG a.F. hin. Wie Pelz treffend feststellt, müssen vielmehr die bekannt gewordenen Umstände gerade darauf hindeuten, dass das Bargeld aus einer Geldwäschevortat stammt.[9]

Man mag in einer Gesamtschau der Umstände – Höhe der Bargeldeinzahlungen, peP-Status des verstorbenen Ehemannes und die Reaktion der Kundin auf die telefonische Nachfrage – zu einem meldepflichtigen Vorgang kommen, so zwingend einfach wie der Beschluss es suggeriert, ist diese Schlussfolgerung nicht.

Wirklich aufhorchen lassen die Ausführungen, dass „eine in jeder Hinsicht gesetzeskonforme Herkunft des in dieser Höhe eingezahlten Bargeldes für die Bank mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln vorliegend nicht sicher belegbar war, sodass bereits bei den Bareinzahlungen, erst recht aber bei der Überweisung unter Zugrundelegung der Sorgfaltspflichten nach § 3 GWG die Voraussetzungen der Verdachtsmeldung gegeben waren.“[10] Ein solches Verständnis der Meldepflichtigkeit hieße, dass eine Bank immer zur Meldung verpflichtet wäre, wenn ihr der sichere Nachweis einer legalen Mittelherkunft nicht gelänge. Hier scheint das Gericht eine Schuldvermutung zu Lasten des Bankkunden konstruieren zu wollen, die durch die Bank entweder zu widerlegen sei oder aber sie den Geschäftsvorfall als auffällig einzustufen und dementsprechend zu melden habe. Ein solches „Verständnis“ des § 11 GWG a.F. steht dem Gesetzeswortlaut klar entgegen. Es entfernt sich deutlich von den Tatbestandsmerkmalen „Tatsachen“, die darauf „hindeuten“, und ignoriert zudem, dass der Wortlaut eine Katalogstraftat des § 261 StGB oder einen Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung fordert. Mit dem Ausdruck „in jeder Hinsicht gesetzeskonform“ entfernt sich der Senat derart weit vom Tatbestand der Norm, weil es dadurch Herrühren aus einer geldwäsche-tauglichen Vortat auf jeden „illegalen“ Vermögensgegenstand ausdehnt und damit Straftaten einschließt, die § 261 StGB gar nicht erfassen soll.

Ein ähnlich weites Verständnis weisen auch die Auslegungshinweise des Bundesfinanzministeriums auf, wenn es darin heißt, dass „[…] illegale Gelder dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen oder mit der die Herkunft illegale Vermögenswerte verdeckt werden sollen […]“.[11]Auch wenn hierdurch wohl die Meldeschwelle abgesenkt wird, um möglichst viele Geldwäscheverdachtsfälle zu erfassen, darf dies nicht dazu führen, dass eine widerlegliche Schuldvermutung konstruiert wird, ohne dass dies eine Stütze im Gesetz findet.

2. Rechtzeitigkeit der Verdachtsmeldung

Liegen die Voraussetzungen für eine Verdachtsmeldung vor, muss der Verpflichtete diese unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern der Zentralstelle für Finanztransaktions-untersuchungen (FIU) melden.[12] Der Senat stellt fest, dass die Verdachtsmeldung durch die Betroffene erst ca. fünfeinhalb nach der ersten bzw. ca. zwei Monate nach der zweiten Einzahlung erfolgte und daher nicht rechtzeitig gewesen sein könne.[13] Die Verzögerung sei auch schuldhaft, da die Meldung nicht nach dem gesetzlich durch § 11a GWG a.F. vorgegebenen Zeitraum durchgeführt worden sei.

Die Betroffene hatte dem entgegengehalten, dass ihr zur Vermeidung von „unnötigen Verdachtsmeldungen“ oder „Verdachtsmeldungen ins Blaue hinein“ nach § 11 GWG a.F. ein Beurteilungsspielraum zukomme.[14]

Der Senat verwirft diesen Einwand zutreffend als unerheblich und begründet dies damit, dass der Beurteilungsspielraum des Verpflichteten lediglich auf das Beiziehen, Aufbereiten und ggf. das Bewerten kurzfristig beschaffbarer Informationen, die im direkten Umfeld der Geschäftsbeziehung entstanden seien, zugeschnitten sei. [15] Mit Verweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs[16] betont der Senat, dass das Ziel des Gesetzgebers bei Abfassung der Vorschrift gewesen sei, jede Zeitverzögerung bei Abgabe der Verdachtsmeldung zu vermeiden und Sinn und Zweck derselben sei, Geldwäscheverdachtshandlungen u.U. noch vor der Durchführung unterbinden zu können. Die von der Betroffenen veranlasste telefonische Nachfrage bei der Kundin zur Mittelherkunft sei rechtlich nicht geboten gewesen und überdies habe eine Bewertung der Glaubwürdigkeit der Kundin und ihrer Angaben der Betroffenen nicht zugestanden. Diese „Ermittlungshandlungen“ seien überdies ungeeignet gewesen und hätten den bereits entstandenen Verstoß nur noch zeitlich vertieft.[17] Es sei gerade nicht die Aufgabe des Geldwäschebeauftragten, anstelle oder neben den Strafverfolgungsbehörden selbstständig ermittlungstechnisch tätig zu werden und u.a. Gespräche mit Kunden zu dem Verdachtsfall zu führen.[18]

Mit dieser Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Unverzüglichkeit“ bestätigt der Beschluss die Verwaltungsauffassung, dass eine Abwägung zwischen Sachverhaltsaufklärung und schnellstmöglicher Verdachtsmeldung immer zugunsten letzterer ausfallen möge.[19] Oder wie es die BaFin in ihrem Jahresbericht vereinfacht ausdrückt: „Schneller und öfter melden“.[20]

In Bezug auf die zeitliche Komponente ist dem Senat jedenfalls im konkreten Fall auch beizupflichten: Auch wenn die Betroffene davon ausging, dass sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums zu Nachforschungen in Form eines Gesprächs mit der Kundin berechtigt und verpflichtet gewesen sei, so ist dennoch nicht zu verstehen, warum zwischen Kenntnis und telefonischer Nachfrage drei Wochen vergehen mussten.

Dass das Gericht eine Kontaktaufnahme mit Kunden grundsätzlich für ungeeignet hält, um den Verdachtsfall zu beseitigen, erscheint jedoch bedenklich. Zum einen sind Fälle denkbar, in denen die Informationslage auf Bankseite tatsächlich nicht ausreicht und eine Nachfrage beim Kunden diese entscheidend verbessert – ohne dass zugleich die Gefahr der Verdunklung besteht -, und zum anderen entsteht für die Bank bei einer übereilten Verdachtsmeldung immer das Risiko, die Kundenbeziehung nachhaltig zu gefährden.

3. Leichtfertigkeit oder Vorsatz?

Das AG Frankfurt ging in seinem Beschluss noch von einer leichtfertigen Verletzung der Meldepflicht aus und stellte primär darauf ab, dass die Betroffene gemeint habe zu eigenen Ermittlungshandlungen befugt gewesen zu sein. Das OLG Frankfurt verschärft den Vorwurf und nimmt Vorsatz an. Hierbei wählt es aber einen gänzlich anderen Bezugspunkt.

Die Betroffene habe es bereits unterlassen, die Implementierung und Überwachung der Einhaltung sämtlicher geldwäscherelevanter Vorschriften bei ihrem Arbeitgeber umzusetzen. So habe es keine Struktur gegeben, dies ermöglicht hätte, die vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben, die die Betroffene mit ihrer Bestellung verpflichtend und bußgeldrelevant übernommen hatte, erfüllen zu können. Wer, wie die Betroffene, jahrzehntelang als Geldwäschebeauftragte tätig gewesen sei, ein Amt und eine Position übernehme, die von Gesetzes wegen angelegt sei und dennoch den ihm übertragenen Pflichten und Aufgaben nicht nachkomme, handele mit Vorsatz. [21]

Versäumt ein Verpflichteter ein funktionierendes Geldwäsche-Compliance-System zu implementieren und zu betreiben, so kann dies unter verschiedene Bußgeldtatbestände des heutigen § 56 Abs. 1 GWG unterfallen. Man denke etwa an Nr. 2, 3 (Ermittlung, Dokumentation und Analyse von Risiken), Nr. 4 (interne Sicherungsmaßnahmen), Nr. 32, 33 (Transaktionsüberwachung, verstärkte Sorgfaltspflichten) oder Nr. 36, 38 (verstärkte, kontinuierliche Überwachung von Geschäftsbeziehungen). Auch nach den aktuellen Bußgeldvorschriften wird jedoch aus dem Wissen um die Mangelhaftigkeit eines Geldwäschepräventionssystems noch nicht automatisch ein Vorsatz des Verpflichteten in Bezug auf eine nicht rechtzeitig erfolgte Meldung, wie Pelz zu recht feststellt.[22]

Einen derart ausführlichen Pflichtenkatalog mit immerhin 64 Nummern sucht man indes in der damaligen Fassung des GWG vergebens. In § 17 Abs. 1 GWG a.F. finden sich nur 17 bußgeldwährte Pflichtverletzungen, wobei sich keine davon auf das Vorhalten und Betreiben eines funktionierenden Geldwäsche-Compliance-System bezieht. Dass das OLG Frankfurt diesen Bezugspunkt wählt, lässt vermuten, dass es nicht sauber zwischen alter und neuer Gesetzeslage unterscheiden wollte oder konnte. Eine Vorschrift zum Nachteil der Betroffenen anzuwenden, die zum Tatzeitpunkt noch nicht existierte, verstößt aber allemal gegen das Rückwirkungsverbot.

Hinterfragenswert sind auch die Ausführungen zur Höhe des verhängten Bußgeldes. Anknüpfend an die unbestrittenen Mängel, wenn nicht gar das Fehlen eines funktionierenden Geldwäsche-Compliance-Systems, sieht das Gericht hierin eine „vorsätzliche Nichtleistung“ der Betroffenen und will darin einen wirtschaftlichen Vorteil i.S.d. § 17 Abs. 4 OWiG sehen, der durch das Bußgeld abgeschöpft werden müsse. [23]

Wenn das Gericht meint, dass Pflichtverletzungen und daraus resultierende Verstöße gegen die Meldepflicht dazu führen, dass Geldwäschebeauftragte ihre Gehaltszahlungen zu Unrecht erhalten, zeigt dies ein viel zu weites Verständnis des Tatbegriffs. Es fehlt der Konnex zwischen den verspätet abgegebenen Verdachtsmeldungen und dem Arbeitslohn. Damit verbietet es sich, hierin einen wirtschaftlichen Vorteil zu erblicken, der abgeschöpft werden könne, da er schlicht nicht aus der Tat selbst stammt.

4. Auswirkungen für die Praxis

Auch angesichts der Begründungsmängel des Beschlusses dürfte dieser dennoch dazu führen, dass sich Banken dazu veranlasst sehen, zukünftig noch früher und noch mehr Verdachtsmeldungen abzugeben. Zumal dieser (leider) auch schon an verschiedenen Stellen Eingang in die aktuellen Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz der BaFin gefunden hat.[24] Daher sind Verpflichtete vorerst gut beraten, sich an den Grundsätzen des Beschlusses des OLG Frankfurt zu orientieren. Darüber hinaus bleibt zu hoffen, dass die Diskussion in der Fachwelt weiter voranschreitet und der Themenkomplex irgendwann auch eine höchstrichterliche Klärung erfährt.

[1] BGBl I 2008, S. 1690 ff.

[2] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 29.

[3] Vgl. § 11 Abs. 1 GWG a.F..

[4] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 32.

[5] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 45.

[6] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 46.

[7] Vgl. Häberle in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 224. EL März 2019, § 43 GWG, Rn, 2f.

[8] Vgl. Barreto de Rosa in: Herzog, Geldwäschegesetz, 3. Aufl. 2018, Rn. 25.

[9] Pelz, jurisPR-Compl 1/2019 Anm. 2, C..

[10] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 32.

[11] Auslegungshinweise des Bundesministeriums der Finanzen zur Handhabung des Verdachtsmeldewesens vom 06.11.2014, S. 2.

[12] Barreto de Rosa in: Herzog, Geldwäschegesetz, 3. Aufl. 2018, Rn. 54.

[13] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 33, 36.

[14] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 42.

[15] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 44.

[16] BTDrs. 317/11 zu § 9 Abs. 2 Neu-GWG S. 44 ff..

[17] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 48.

[18] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 43.

[19] Vgl. Auslegungshinweise des Bundesministeriums der Finanzen zur Handhabung des Verdachtsmeldewesens vom 06.11.2014, S. 3.; BaFin-Rundschreiben

[20] BaFin-Jahresbericht 2014, S. 73.

[21]Vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 48-52 (50).

[22] Pelz, jurisPR-Compl 1/2019 Anm. 2, C..

[23] OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. April 2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 –, juris, 57.

[24] BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, 12/2018, S. 18, 73, 74.

Autorinnen und Autoren

  • Johann-Alexander Klöpper
    Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kanzlei Bellmann, einer auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzleiboutique in Heidelberg.

WiJ

  • Dr. Simon Ulc , Marc Neuhaus

    Übernahme von Kosten für Verteidiger und Zeugenbeistände – eine Praxisübersicht

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Ricarda Schelzke

    BGH, Urteil vom 6. März 2024 – 1 StR 308/23

    Individual- und Unternehmenssanktionen

  • Dr. Marius Haak , Joshua Pawel LL.M.

    Umweltkriminalität im Visier der EU – Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom Rat beschlossen

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung