Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 17.09.2019S – 34 BA 58/18
In diesem Urteil bewertet die 34. Kammer des Sozialgerichtes Dortmund das Argument eines Rettungsdienstes, dass die Einbindung von Honorarnotärzten in die Einsatzorganisation ausschließlich auf Sachzwängen beruht, nicht als ein solches, das für eine Selbständigkeit eines Notarztes spricht. Vielmehr soll daraus deutlich werden, dass die Hinzuziehung von Honorarnotärzten mit den Notwendigkeiten eines sachgemäß organisierten Rettungsdienstes nicht zu vereinbaren ist und insofern regelmäßig eine abhängige Beschäftigung vorliegt.
I. Sachverhalt
Dem Urteil liegt eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zugrunde, in der sich der Kläger (Rettungsdienst) gegen einen Bescheid der Beklagten richtete, nach dem der Beigeladene Notarzt als abhängig Beschäftigter bei dem Kläger tätig geworden sein soll.
Ursprünglich beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Notarztes. Ausweislich des vorgelegten Honorarvertrages zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen sollte der Beigeladene als freiberufliche notärztliche Honorarkraft beschäftigt werden. Als Rentner übt er keine weitere Beschäftigung aus. Seine Aufgaben umfassen alle notärztlichen Tätigkeiten im Rettungsdienstbereich des Klägers. Ort der Leistungserbringung sind die Rettungswachenbereiche des Hochsauerlandkreises. Der Beigeladene muss sich in einer vom Auftraggeber bereitgestellten Unterkunft aufhalten, erhält einen Funkmelder und muss sich spätestens nach 120 Sekunden für die Abholung durch ein Notarzteinsatzfahrzeug bereitstellen. Die Buchung seiner Schichten erfolgt über das System „Notarztpool HSK“ und ist verbindlich. Die Vergütung erfolgt stundenweise. Der Kläger schließt für den Beigeladenen zusätzlich eine private Unfallversicherung und eine Haftpflichtversicherung ab. Der Beigeladene muss eine Einweisung durch den Medizinproduktebeauftragten des Hochsauerlandkreises absolvieren und nimmt an Teambesprechungen teil. Zudem ist der Notarzt verpflichtet, geeignete Einsatzkleidung, insbesondere die vom Hochsauerlandkreis gestellte einheitliche Rettungsdienstjacke zu tragen. Die Dokumentation der Einsätze erfolgt über ein standardisiertes Notarzteinsatzprotokoll.
Die Beklagte stellte in dem Bescheid fest, dass der Beigeladene die Tätigkeit als Notarzt bei dem Kläger im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist der Beigeladene versicherungsfrei.
Gegen den Bescheid richtet sich die Klage. Zur Klagebegründung trägt der Kläger ergänzend vor, dass der Beigeladene völlig frei darin ist, ob er einzelne Angebote auf Abschluss eines Auftragsverhältnisses unterbreitet. Keinesfalls ist in der vereinbarten und auch nicht in der tatsächlichen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien des Honorarvertrages das Gepräge eines Dauerschuldverhältnisses, auch nicht das eines solchen mit Arbeit auf Abruf feststellbar. Weder besteht für den Beigeladenen ein Anspruch auf Beschäftigung, noch seitens des Klägers ein irgendwie geartetes Direktionsrecht hinsichtlich des Abrufes von Leistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Die Parteien haben ausdrücklich vereinbart, dass die Dienste freiberuflich erbracht werden. Mit der Zahlung des monatlich abgerechneten, sich nach dem zeitlichen Umfang des Einsatzes bemessenden Honorars sind sämtliche Ansprüche des Beigeladenen erfüllt. Vorgaben zu Zeit und Ort der Dienstleistungen ergeben sich aus rettungsdienstlichen Notwendigkeiten. In dem Honorarvertrag werden keine Weisungsrechte begründet, sondern vielmehr werden die sich aus gesetzlichen Anforderungen ergebenden Notwendigkeiten deklaratorisch aufgeführt. Der Kläger hat auch aus § 7 des Honorarvertrages kein Weisungsrecht in fachlicher Hinsicht gegenüber dem Beigeladenen. Die Inanspruchnahme sächlicher und personeller Mittel des Klägers durch den Beigeladenen ist den tatsächlichen Notwendigkeiten und den gesetzlichen Anforderungen des Rettungsdienstes geschuldet und bedingt deshalb keine Einbindung in die Organisationsstrukturen des Klägers. Anderenfalls ist dies mit dem Recht auf eine privatautonome Entscheidung für oder gegen eine Selbständigkeit kaum zu vereinbaren. Auch stellt die Vergütung der Dienste durch feste Stundensätze kein Indiz dar. Das unternehmerische Risiko des Beigeladenen liegt darin, dass er das Risiko trägt, Aufträge nicht oder nicht in auskömmlichen Umfang zu erhalten. Die im Jahre 2017 eingeführte Regelung des § 23 c Abs. 2 SGB IV und die dazugehörige Übergangsregelung in § 118 SGB IV schafften keinen Sondertatbestand einer gesetzlichen Qualifizierung der Notarzttätigkeit als Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV. Vielmehr soll mit dieser Regelung Klarheit dahingehend geschaffen werden, dass unabhängig davon, ob die Notarzttätigkeit auf selbständiger Basis oder im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübt wird, jedenfalls die Einnahmen aus dieser Tätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen von der Beitragspflicht freigestellt sind.
II. Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da sich der angefochtene Bescheid der Beklagten sich als rechtmäßig erweist. Der Beigeladene übt seine notärztliche Tätigkeit als abhängig Beschäftigter für den Kläger aus und ist daher entsprechend Sozialversicherungspflichtig.
1. Nach § 7 a Abs. 2 SGB IV entscheidet die Beklagte im Rahmen eines Anfrageverfahrens aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts findet hierbei keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung, sondern zugleich eine Entscheidung über die Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung statt.
Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte sind versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III.
2. Dabei ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV unter dem Begriff „Beschäftigung“ die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert wird und einem (ggfls. nach den Erfordernissen des konkreten Tätigkeitsfeldes eingeschränkten) umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, das eigene Unternehmerrisiko und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Nach diesen Maßstäben liegt bei dem Beigeladenen in seiner notärztlichen Tätigkeit für den Kläger eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor.
a) Die Kammer wertet es als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen, dass er sich in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe des Rettungsdienstes des Klägers einzufügen hat, ohne darauf eigenen, unternehmerischen Einfluss zu haben. Größeren Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum als ein sogenannter Honorararzt im Krankenhaus, den das Bundessozialgericht mit Urteilen vom 04.06.2019 (Az. des Leitfalles: B 12 R 11/18 R) als regelmäßig abhängig beschäftigt ansieht, besitzt der Beigeladene in seiner notärztlichen Tätigkeit nicht. Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers zeigt sich insbesondere darin, dass Ort und Zeit der Dienstleistung vorgegeben sind, Einsätze nach Vorgaben des Klägers zu dokumentieren sind und die Buchung der Schichten nach Maßgabe eines von einer Mitarbeiterin der Verwaltung des Klägers geführten Einbuchungssystems vorzunehmen ist.
b) Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass bei dem Kläger auch festangestellte Notärzte beschäftigt sind. Diese Notärzte sind unmittelbar nach ihrer honorarärztlichen Tätigkeit von dem Kläger festangestellt worden. Sie haben in der mündlichen Verhandlung der erkennenden Kammer bekundet, dass ihre Arbeitsleistungen sich durch den veränderten Status nicht geändert hätten. Die inhaltlichen und organisatorischen Vorgaben seien die gleichen gewesen. Die Einbuchung der Schichten sei weiterhin über das vorgenutzte Buchungssystem erfolgt. Es habe sogar mehr Freiheit bei den Buchungen als festangestellter Mitarbeiter bestanden, weil diese ihre Dienste früher fixieren könnten. Es bestünden weiterhin keine Vorgaben, wann Schichten zu buchen seien. So könnten sie auch als festangestellte Notärzte des Klägers weiterhin für sich längere Freizeitphasen vorsehen. Insgesamt sind für die Kammer vor diesem Hintergrund keine wesentlichen Unterschiede in den Arbeitsabläufen von Mitarbeitern des Klägers mit Honorarvertrag und solchen mit Arbeitsvertrag zu erkennen. Da die Notärzte immer im Team mit Fahrer und Rettungssanitätern unter Nutzung einheitlicher Rettungsdienstjacken des Klägers auftreten, ist für Patienten und andere Geschehensbeteiligte nicht ersichtlich, ob es sich bei dem jeweiligen Notarzt um eine freiberufliche Kraft oder einen festangestellten Mitarbeiter des Klägers handelt.
c) Der Beigeladene hat kein eigenes, über das Gehaltsausfallrisiko hinausgehendes Unternehmerrisiko in seiner Tätigkeit für den Kläger. Er setzt bei kostenloser Bereitstellung aller wesentlichen Arbeitsmittel und zusätzlicher Versicherungen durch den Kläger nur seine Arbeitskraft, aber kein eigenes Kapital ein und läuft auch nicht Gefahr, dass seine Arbeit nicht vergütet wird. Vielmehr sind ihm feste Pauschalen je nach zeitlicher Dauer seiner Tätigkeit zugesichert. Unbeachtlich ist demgegenüber, dass der Kläger und der Beigeladene kein Anstellungsverhältnis begründen wollten. Das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV unterliegt nicht der Disposition der Beteiligten, sondern ist nach den Umständen der praktischen Durchführung des Vertragsverhältnisses zu beurteilen.
d) Schließlich ist es nicht entscheidend, dass der Beigeladene in seiner notärztlichen Einzelfalltätigkeit weitgehend weisungsfrei arbeiten kann. Fehlende Einzelweisungen und die Möglichkeit, die Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse frei zu gestalten, sind bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkte für eine Selbständigkeit zu bieten. Soweit das LSG NRW (Urteil vom 08.02.2017, Az.: L 8 R 162/15, Juris) darauf abstellt, dass allein aus der Bindung an die Vorschriften des Rettungsdienstgesetzes NRW keine Weisungsabhängigkeit des Notarztes gegenüber seinem Auftraggeber folge, ist vorliegend zu beachten, dass sich aus § 7 Abs. 1 des Honorarvertrages eine eindeutige vertragliche Weisungsgebundenheit des Beigeladenen gegenüber medizinischen Vorgaben durch den ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes ergibt.
e) Soweit der Kläger geltend macht, die Einbindung des Beigeladenen in die Einsatzorganisation des Rettungsdienstes beruhe auf Sachzwängen, erschließt sich nicht, warum dies ein Argument für die Selbständigkeit des Notarztes sein soll. Vielmehr macht es deutlich, dass die Hinzuziehung von Honorarärzten mit den Notwendigkeiten eines sachgemäß organisierten Rettungsdienstes ebenso wenig wie mit denen eines Klinikalltages zu vereinbaren ist und deshalb regelmäßig eine abhängige Beschäftigung vorliegt.
f) Soweit der Gesetzgeber als Reaktion auf berufungsgerichtliche Entscheidungen zur Sozialversicherungspflicht von Notärzten mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz vom 04.04.2017 (BGBl. I S. 778) die Beitragsfreiheit von Notärzten im Rettungsdienst unter bestimmten Bedingungen angeordnet hat, bewirkt diese Neuregelung keine grundsätzlich sozialversicherungsfreie Notarzttätigkeit. Vielmehr ist diese Regelung so zu verstehen, dass der Gesetzgeber die regelmäßige abhängige Beschäftigung und damit Sozialversicherungspflicht von Notärzten zur Kenntnis nimmt und daran anknüpfend ihr Arbeitsentgelt lediglich unter bestimmten Voraussetzungen von der Beitragserhebung ausnimmt.
g) Schließlich sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht dahingehend auszulegen, dass die Beklagte das Vorliegen eines Dauerrechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen für seine Tätigkeit als Notarzt festgestellt hätte. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend nach Auswertung der von dem Kläger vorgelegten Abrechnungsunterlagen und Stundennachweisen die einzelnen, in der Regel vierundzwanzigstündigen Dienste des Beigeladenen der Statusbeurteilung nach § 7 a SGB IV unterzogen.
III. Anmerkung
Das Urteil der 34. Kammer des Sozialgerichts Dortmund orientiert sich ausdrücklich an dem kurz zuvor ergangenem Urteil des 12. Senats des Bundesozialgerichtes vom 04.06.2019 zu Honorarärzten in Krankenhäusern (https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2019/2019_06_04_B_12_R_20_18_R.html). Die Kammer geht in der Begründung inhaltlich noch etwas darüber hinaus, indem sie postuliert, dass mach ihrer Ansicht die „Hinzuziehung von Honorarärzten mit den Notwendigkeiten eines sachgemäß organisierten Rettungsdienstes ebenso wenig wie mit denen eines Klinikalltages zu vereinbaren ist und deshalb regelmäßig eine abhängige Beschäftigung vorliegt“. Mit dieser Feststellung negiert die Kammer quasi, dass es in einem ordnungsgemäß geführten Rettungsdienst bzw. Krankenhaus überhaupt eine selbständige Beschäftigung eines (Not-)Arztes geben kann.
In der Urteilsbegründung des Senates des Bundessozialgerichtes in einer solchen Absolutheit keine derartige Feststellung getroffen worden, sondern er ging davon aus, dass Ärzte auch auf selbständiger Basis in Kliniken tätig sein können. Der Senat legt in den Entscheidungsgründen dar, dass eine Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder erfolgen kann und es insofern auch möglich ist, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgebend sind die konkreten Umstände des individuellen Einzelfalls.
In den weiteren Urteilsgründen des Senats des Bundessozialgerichts wird ausführlich ausgeführt, dass bei Ärzten die Zuordnung einer Tätigkeit als selbständig oder abhängig nach dem Gesamtbild geschehen muss, indem alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden. Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist, was bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb dann der Fall ist, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Bei der Gewichtung der Indizien ist nach dem bundessozialgerichtlichen Urteil zu berücksichtigen, dass die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus Besonderheiten aufweist. Deshalb können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbstständig kennzeichnen, von vornherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach ganz herrschender Meinung selbst Chefärzte als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind. Umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln des Krankenhauses zwingend eine abhängige Beschäftigung angenommen werden.
Zudem unterliegen Krankenhäuser regulatorischen Vorgaben, die ebenfalls bei der Statusbeurteilung ärztlicher Tätigkeit zu beachten sind. Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses sowie die Regelungen über die Erbringung und Vergütung von Krankenhausleistungen, zur Qualitätssicherung im Krankenhaus und zum Patientenschutz haben keine zwingende, übergeordnete und determinierende Wirkung, aber die regulatorischen Vorgaben sind bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung zu berücksichtigen.
Ferner hat ein Krankenhaus nach § 2 Abs 3 KHEntgG sicherzustellen, dass die nicht fest angestellten Ärzte die gleichen Anforderungen wie die fest im Krankenhaus angestellten Ärzte erfüllen. Dies setzt einen maßgeblichen Einfluss des Krankenhauses auf ihre Tätigkeit voraus. Neben dem Erfordernis und Nachweis entsprechender fachlicher Qualifikationen bestehen umfassende Sicherstellungspflichten des Krankenhauses, die zu einer weitreichenden Einbindung der Ärzte in die Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen führen. Insofern erkennt der Senat des Bundessozialgerichtes, dass diese regulatorischen Rahmenbedingungen im Regelfall die Eingliederung ärztlichen Krankenhauspersonals in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses bedingen.
Es ist nach den Ausführungen der Urteilsbegründung nicht zu verkennen, dass der Senat des Bundessozialgerichtes eine selbständige Tätigkeit eines Honorararztes in einem Klinikum als eine Ausnahme ansieht, aber er geht nicht soweit, dass allein aus den Notwendigkeiten eines sachgemäß organisierten Klinikalltages bzw. Rettungsdienstes eine abhängige Beschäftigung folgen muss.
Die in den letzten Jahren aufkommende Tendenz, dass die Gerichtsbarkeiten einen Honorar(Not-)Arzt in Kliniken oder Rettungsdiensten eher als abhängig beschäftigt als selbständig tätig bewerten, muss auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten der Scheinselbständigkeit und des damit verbundenen Nichtabführens von Sozialversicherungsabgaben nach § 266a StGB gesehen werden und in der Beratung entsprechende Berücksichtigung finden.