Dr. Manuel Lorenz, Dr. Christian Rathgeber

Keine Ahndung des Abschlussprüfers durch die BaFin für sonstige Verstöße gegen das Berufsrecht

I. Einleitung

Der Prozess der Abschlussprüfung unterliegt einer Vielzahl gesetzlicher und untergesetzlicher Vorschriften. Diese entstammen verschiedenen Regelungskreisen mit jeweils eigenen Zwecken und Schutzrichtungen und ihre Einhaltung wird von unterschiedlichen Behörden und Körperschaften überwacht. So unterliegen die beteiligten Wirtschaftsprüfer der Berufsaufsicht durch die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) sowie – bei Prüfungsmandaten von Unternehmen von öffentlichem Interesse – durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Als Teil der Bilanzkontrolle haben sie die Berichte über die Prüfung des Jahres- bzw. Konzernabschlusses teilweise auch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einzureichen. Verletzungen sowohl der Pflichten über die Prüfungsinhalte als auch über den formalen Umgang mit den Prüfungsberichten können zu Sanktionen führen.

Mitunter kann es jedoch im Rahmen laufender Verfahren erforderlich sein, die Zuständigkeiten einzelner Aufsichtsbehörden präzise nachzuvollziehen und – wo erforderlich – deren Grenzen aufzuzeigen. Eine aus der Praxis bekannte Konstellation betrifft etwa den Versuch der BaFin, über die Blankettvorschrift des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG nicht nur das nicht rechtzeitige Einreichen des Prüfungsberichts durch den Abschlussprüfer zu bebußen. Vielmehr wird die Vorschrift wegen der Formulierung „nicht richtig“ in der Verweisungsnorm des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG überdies als Einfallstor für die Ahndung und Bebußung etwaiger Verstöße gegen das Berufsrecht der Abschlussprüfer gedeutet. Die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, dass diese Deutung wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verfassungswidrig ist. Die Blankettvorschrift des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG erfasst – trotz der sprachlichen Ungenauigkeiten in der Verweisungsnorm – ausschließlich die nicht unverzügliche Einreichung des Prüfungsberichts. Darüber hinaus lassen sich auf diese Vorschrift keine ahndbaren Vorwürfe stützen.

II. Problemaufriss

Die Verpflichtung des Abschlussprüfers zur Einreichung des Prüfungsberichts bei der BaFin ergibt sich aus § 26 Abs. 1 S. 3 KWG. Darin heißt es:

Der Abschlussprüfer hat den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses (Prüfungsbericht) unverzüglich nach Beendigung der Prüfung der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank einzureichen.

Für den Konzernabschlussprüfer gilt folgende inhaltsgleiche Verpflichtung aus § 26 Abs. 4 S. 3 KWG, die deshalb nachfolgend nicht gesondert behandelt wird:

Der Konzernabschlussprüfer hat die Prüfungsberichte über die in den Sätzen 1 und 2 genannten Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte unverzüglich nach Beendigung seiner Prüfung bei der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank einzureichen.

Um die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Einreichungspflicht sicherzustellen, können Verstöße gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG mit einem Bußgeld geahndet werden:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] entgegen § 26 Absatz 1 Satz 1, 3 oder 4 oder Absatz 3 eine Finanzinformation, eine Risikotragfähigkeitsinformation, einen Jahresabschluss, einen Lagebericht, einen Prüfungsbericht, einen Konzernabschluss oder einen Konzernlagebericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig einreicht.“ (Hervorhebungen hinzugefügt)

Vor allem der hier benutzte unbestimmte Rechtsbegriff „nicht richtig“ führt zu erheblicher Unsicherheit. Denn in der Praxis legen Aufsichtsbehörden ihn mitunter dahingehend aus, dass ein Prüfungsbericht (auch) dann „nicht richtig“ eingereicht wurde, wenn im Rahmen der Prüfung (vermeintlich) gegen Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) oder die einschlägigen Prüfungsstandards verstoßen wurde. Aus diesem Verständnis leitet insbesondere die BaFin immer wieder eine eigene Zuständigkeit für die Sanktionierung solcher Verletzungen des Berufsrechts gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG ab.

III. Blankettgesetze

Die Bußgeldtatbestände des KWG sind sämtlich als sog. Blankett-Tatbestände ausgestaltet.

1. Systematik der Blankettgesetze

Blankettnormen bezeichnen Vorschriften, die ausschließlich bestimmte Rechtsfolgen festlegen und die strafbewehrte Verhaltensnorm nicht selbst beinhalten. Vielmehr wird zur Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen auf andere Vorschriften, sog. Ausfüllungsnormen, verwiesen. Damit beschreibt die Blankettnorm, anders als der klassische Straftatbestand, das tatbestandliche Unrecht nicht bereits selbst inhaltlich, sondern enthält nur die Strafdrohung.[1] Sanktions- und Ausfüllungsnorm sind dabei vollständig getrennt.[2] Auch die konkrete Schutzrichtung der Sanktionsvorschrift ergibt sich erst aus der jeweils in Bezug genommenen Verhaltensnorm.[3] Der Gesetzgeber verwendet diese Gesetzestechnik aus Gründen der Vereinfachung der Tatbestandsformulierung und um die Änderung der Strafnorm zu erleichtern.

2. § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG als Blankettgesetz

Auch der § 56 KWG stellt nach ganz einhelliger Auffassung einen solchen Blankett-Tatbestand dar. § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG knüpft also an eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen die in § 26 Abs. 1 S. 1, 3 und 4 KWG sowie in § 26 Abs. 3 KWG normierten Handlungsgebote an, ohne selbst einen eigenständigen, aus sich heraus verständlichen Tatbestand zu normieren. Erst ein Zusammenlesen des Bußgeldblanketts und der Ausfüllungsnorm – hier des § 26 Abs. 1 S. 3 KWG – ergibt, wer tauglicher Täter dieser Ordnungswidrigkeit sein kann (der „Abschlussprüfer“ im Sinne der Norm) und worin das mit Bußgeld bedrohte Verhalten besteht, nämlich darin, dass dieser es unterlässt, den Prüfungsbericht nach Beendigung der Prüfung in der geforderten Weise einzureichen.

IV. Anforderungen der Verweisungsnorm

Aus der Eigenschaft als Blankettgesetz folgt, dass § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG nur Art und Maß der Sanktion bestimmt und im Übrigen anordnet, dass diese Sanktion denjenigen trifft, der die Verhaltenspflicht aus der Bezugsnorm verletzt.[4] Das vom Normadressaten verlangte Verhalten muss folglich aus § 26 Abs. 1 S. 3 KWG ersichtlich sein. Diese Bezugsnorm richtet sich an die Abschlussprüfer. Ihnen obliegt die Aufgabe, die Jahresabschlüsse von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten zu kontrollieren und die Ergebnisse in einem Prüfungsbericht festzuhalten. Im Zuge dessen haben die Abschlussprüfer die gesetzlichen Vorschriften der §§ 321-322 HGB, die berufsständischen Vorgaben des IDW PS 400 und 450 sowie die Prüfungsberichtsverordnung (PrüfbV) der BaFin zu beachten. Die Überwachung der Einhaltung dieser berufsspezifischen Vorgaben jedoch ihrerseits über den „doppelten Transmissionsriemen“ des § 26 Abs. 1 S. 3 KWG und anschließend des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG der BaFin zu überlassen, erscheint gleich aus mehreren Gründen ausgeschlossen.

1. Der Bestimmtheitsgrundsatz

Zunächst gilt auch für Blankett-Tatbestände der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG). Denn auch wenn der Gesetzgeber sich zur Vereinfachung einer solchen Verweisungstechnik bedient, muss der Normadressat selbstverständlich vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Ob diese Vorhersehbarkeit (ausreichend) gegeben ist, hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um eine „statische“ oder eine „dynamische“ Verweisung handelt. Während sich erstere auf ein Verweisungsobjekt in einer konkreten Fassung bezieht, nimmt die dynamische Verweisung Bezug auf die jeweils gültige Fassung der Ausfüllungsnorm. Dynamische Verweisungen sind zwar nicht grundsätzlich unzulässig, unterliegen aber einem besonders strengen Prüfungsmaßstab im Einzelfall. Das Bundesverfassungsgericht hält sie dann für zulässig, wenn der Gesetzgeber den Inhalt seiner Vorschriften trotz Verweisung selbst festlegt und nicht der Entscheidung Dritter unterwirft.[5] Welcher der beiden Formen ein Blankett-Tatbestand unterfällt, ist durch Auslegung zu ermitteln.[6] In einer jüngeren Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht eine Verweisung innerhalb desselben Gesetzes ausdrücklich nicht als dynamische Verweisung eingeordnet, obwohl die Ausfüllungsnorm ihrerseits zusätzlich auf außergesetzliche Umstände verwies.[7] Somit ist zu unterstellen, dass es sich vorliegend um eine (zulässige) statische Binnenverweisung handelt.

Deren Reichweite ist primär nach dem Wortlaut zu bestimmen. Indem § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG ausdrücklich, aber auch ausschließlich auf § 26 Abs. 1 S. 1, 3 oder 4 sowie Abs. 3 KWG verweist, unterliegen Wirtschaftsprüfer zunächst Pflichten nach dem KWG. Fraglich ist, ob darüber hinaus ein Durchgriff auf weitere Pflichten, etwa solche des Berufsrechts, möglich ist. Zwar kann der Gesetzgeber grundsätzlich auch auf andere Regelungen – und zwar auch auf solche eines anderen Normgebers – verweisen.[8] Dies tut er mitunter in einer Weise, dass eine Blankettnorm auf eine Ausfüllungsnorm verweist, die wiederum auf eine weitere Norm Bezug nimmt. Derartige mehrstufige Verweisungen mit „Kaskaden-Charakter“ sind häufig bei der Umsetzung von EU-Rechtsakten zu beobachten und werden regelmäßig – und zutreffend – von der strafrechtlichen Literatur als Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz kritisiert.[9]

Vorliegend fehlt es aber an einer solchen (Weiter-)Verweisung, denn § 26 KWG lässt jeglichen Bezug zu anderen Normen, etwa solchen des Berufsrechts, vermissen. Es bliebe somit nur ein Verständnis, wonach in der Formulierung „nicht richtig“ eine Verhaltenspflicht liegen soll, die pauschal – und stillschweigend (!) – auf sämtliche berufsrechtlichen Normen verweist. Damit würde nicht nur eine Vielzahl verschiedener Normgeber über die Voraussetzungen der Sanktion gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG bestimmen. Fasste man zudem noch die Anforderungen der von der BaFin erlassenen PrüfBV unter die Formulierung „nicht richtig“, würden im Ergebnis die Voraussetzungen der Sanktionierung sogar von der zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt werden.

Schwerwiegender ist, dass bei einer solchen Auslegung der Normadressat nicht wissen oder vorhersehen, sondern nur vermuten könnte, was in die Formulierung „nicht richtig“ von einer Verfolgungsbehörde hineingelesen werden wird. Dies wäre mit den Anforderungen des § 3 OWiG nicht vereinbar. Daher darf die Blankettnorm nicht als Transmissionsriemen für Vorstellungen der Verwaltung über eine geeignete oder gefällige Pflichtenwahrnehmung umgedeutet werden. Die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG an die Konkretisierungen der Voraussetzungen einer Sanktionsnorm (Umgrenzung, inhaltliche Klarheit, Vorhersehbarkeit für den Rechtsanwender, Verhältnismäßigkeit von Verhaltenspflicht zu Sanktionsmittel)[10] wären in diesem Fall nicht erfüllt. Damit eine dem Bestimmtheitsgrundsatz zuwiderlaufende Ausweitung des objektiven Tatbestands des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG verhindert wird, muss bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des „nicht“, „nicht vollständigen“ oder „nicht rechtzeitigen“ Einreichens der sachliche Bezug zum Verhaltensgebot des § 26 Abs. 1 KWG beachtet werden. Folglich ist ein „nicht richtiges“, „nicht vollständiges“ oder „nicht rechtzeitiges“ Einreichen eines Prüfungsberichts zunächst dann eine ahndbare Handlung nach § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG, wenn dadurch zugleich ein „nicht unverzügliches“ Einreichen gegeben ist, mithin ein Verstoß gegen § 26 Abs. 1 S. 3 KWG vorliegt. Eine andere Lesart käme der Etablierung einer universalen Sanktionsform gleich, die jeden wie auch immer gearteten Verstoß gegen eine berufsständige Regelung erfassen würde.

Somit wäre die mitunter von den Aufsichtsbehörden praktizierte (exzessive) Lesart, wonach § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG zugleich sämtliche Verstöße gegen beliebige berufsrechtliche Gebote durch die Abschlussprüfer erfassen soll, mit dem Gebot der Rechtsklarheit nicht in Einklang zu bringen. Denn die Bezugsnorm (§ 26 Abs. 1 S. 3 KWG) formuliert selbst keine inhaltlichen oder systematischen Anforderungen an die Abschlussprüfung, sondern setzt sprachlich eine bereits beendete Prüfung sowie einen fertigen Prüfungsbericht voraus.

2. Gesetzgebungsgeschichte und Wille des (europäischen) Gesetzgebers

Die Analyse der Gesetzgebungsgeschichte kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Bußgeldtatbestand nur die nicht unverzügliche Übersendung des Prüfungsberichts erfassen kann und soll.

Seine aktuelle Gestalt hat der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 56 KWG v.a. durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28.08.2013[11] erhalten. Dieses diente der Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtspersonen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen.

Der auch aktuell noch gültige Wortlaut des § 26 Abs. 1 S. 3 KWG wurde aber bereits durch das 3. Änderungsgesetz zum KWG vom 20.12.1984[12] sowie das Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22.10.1997[13] formuliert.

a) Änderungen des § 56 Abs. 2 KWG

Die heutige Nr. 11 b) des § 56 Abs. 2 KWG war in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22.10.1997 noch in Abs. 5 Nr. 5 geregelt und hatte folgenden Wortlaut:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig […] entgegen § 26 Abs. 1 Satz 1, 3 oder 4 oder Abs. 3 einen Zwischenabschluss, einen Zwischenprüfungsbericht, einen Monatsausweis, einen Jahresabschluss, einen Lagebericht, einen Prüfungsbericht, einen Konzernabschluss oder einen Konzernlagebericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig einreicht.“ (Hervorhebungen hinzugefügt)

In der Vorgängerfassung vom 22.01.1996[14], gültig ab 31.12.1995 bis zum 31.12.1997, lautete die Nr. 5 folgendermaßen:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig der Pflicht zur Einreichung von Zwischenabschlüssen und Prüfungsberichten nach § 10 Abs. 7 Satz 5, von Monatsausweisen nach § 25 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder Abs. 2 Satz 1, auch in Verbindung mit § 53b Abs. 3 Satz 1, von Jahresabschlüssen, des Prüfungsberichts, des Konzernabschlusses, des Konzernlageberichts oder des Prüfungsberichts der Konzernabschlussprüfer nach § 26 Abs. 1 oder 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nachkommt oder in einem Monatsausweis unrichtige Angaben macht.“ (Hervorhebungen hinzugefügt)

Der entsprechende Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22.10.1997[15] diente v.a. der Umsetzung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10.05.1993, der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15.03.1993 und der Richtlinie 95/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.06.1995 in deutsches Recht. Ausdrücklich finden sich in der Begründung keine Erklärungen für die Änderung bzw. für die Einfügung der Worte „nicht richtig“. Dies nicht ohne Grund: Denn der Gesetzgeber wollte in Bezug auf die Ausfüllungsnorm des § 26 KWG über die ausdrücklich behandelten Änderungen hinaus nichts ändern, wie er in demselben Entwurf explizit klargestellt hat: „Zu Nummer 41 (§ 26; Vorlage von Jahresabschluß, Lagebericht und Prüfungsberichten) Die Einbeziehung der Finanzdienstleistungsinstitute in die Vorlagepflichten des § 26 ist eine notwendige Konsequenz aus ihrer Unterstellung unter die Aufsicht des BAKred. Die weiteren Änderungen in Absatz 1 sind rechtsförmlich veranlasst; materiell ändern sich die in Abs. 1 geregelten Vorlagepflichten gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht.“[16] Es handelt sich dabei also schlicht um redaktionelle Änderungen.

Hinzu kommt, dass die Formulierung „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig einreicht“ später durch das CRD-IV Umsetzungsgesetz vom 28.08.2013 flächendeckend und inflationär für nahezu alle 29 Nummern des Abs. 5 übernommen wurde. Letztlich verhalten sich auch die umgesetzten Richtlinien ausschließlich zu dem Thema der Unverzüglichkeit und nicht zu der Frage, ob ein Prüfungsbericht „nicht richtig“ eingereicht wird.

b) Änderungen des § 26 Abs. 1 KWG

§ 26 Abs. 1 S. 3 KWG wurde durch das 3. Änderungsgesetz zum KWG vom 20.12.1984[17] eingefügt und hatte den folgenden Wortlaut:

Der Prüfer hat den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses (Prüfungsbericht) unverzüglich nach Beendigung der Prüfung dem Bundesaufsichtsamt und der Deutschen Bundesbank einzureichen; bei Kreditinstituten, die einem genossenschaftlichen Prüfungsverband angehören oder durch die Prüfungsstelle eines Sparkassen- und Giroverbandes geprüft werden, ist der Prüfungsbericht nur auf Anforderung einzureichen.

Die direkte Einreichung der Prüfungsberichte durch die Wirtschaftsprüfer sollte ausschließlich den Informationsweg abkürzen und die Möglichkeit von Fälschungen ausschließen.[18] Die entsprechende Gesetzesbegründung zum KWG lautet insoweit:[19]

Nach dem geänderten [§ 26] Absatz 1 Satz 3 hat der Prüfer, und nicht wie bisher das Kreditinstitut, den Prüfungsbericht dem Bundesaufsichtsamt und der Deutschen Bundesbank einzureichen, und zwar unmittelbar und unverzüglich nach Beendigung der Prüfung. Die Prüfung ist beendet, sobald der unterschriebene Prüfungsbericht der Geschäftsleitung vorgelegt wird. Durch die Neuregelung soll der Informationsweg abgekürzt und die Möglichkeit von Fälschungen der Prüfungsberichte ausgeschlossen werden.

§ 26 KWG hat damit ausschließlich die zeitnahe Information der Aufsichtsbehörden im Blick.[20] Die Vorgängervorschrift, die auf der letzten Neufassung des KWG vom 10.07.1961 beruht, hatte noch folgenden Wortlaut:

„§ 26 Bilanzvorlage

Die Kreditinstitute haben dem Bundesaufsichtsamt und der Deutschen Bundesbank die festgestellte Jahresbilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung (Jahresabschluss) und den Geschäftsbericht, soweit ein solcher erstattet wird, unverzüglich einzureichen; der Jahresabschluss ist in einer Anlage zur Jahresbilanz zu erläutern. Sofern der Jahresabschluss nach § 27 zu prüfen ist, muss er mit dem Prüfungsvermerk versehen sein. Der Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses (Prüfungsbericht) ist gleichfalls einzureichen; Kreditinstitute, die einem genossenschaftlichen Prüfungsverband angehören oder durch die Prüfungsstelle eines Sparkassen- und Giroverbandes geprüft werden, haben den Prüfungsbericht nur auf Anforderung einzureichen.

§ 56 Abs. 1 Nr. 5 KWG als Vorgängervorschrift der Nr. 11 b) lautete zur selben Zeit:

vorsätzlich oder leichtfertig der Pflicht zur Einreichung von Monatsausweisen nach § 25 sowie des Jahresabschlusses und des Prüfungsberichts nach Paragraf 26 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nachkommt oder in einem Monatsausweis unrichtige Angaben macht

Neben der grammatikalischen und der teleologischen belegt mithin auch die historische Auslegung, dass es bei der Bußgeldnorm des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG auch nach dem unmissverständlichen Willen des Gesetzgebers ausschließlich um das in § 26 Abs. 1 S. 3 KWG bestimmte Verhalten geht, nämlich die unverzügliche Übersendung des Prüfungsberichts.

3. Zwischenergebnis

Die Anforderung der Verweisungsnorm des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG für die Merkmale „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig“ vermag die in der Ausfüllungsvorschrift des § 26 Abs. 1 S. 3 KWG konkret bezeichnete Verhaltenspflicht jedenfalls nicht dergestalt zu erweitern, dass sich ein völlig neuer Regelungsgehalt ergibt, der in der Ausfüllungsnorm nicht angelegt ist und für den es auch keine Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien gibt. Die Auswertung der einschlägigen Gesetzesmaterialien ergibt, dass es sich bei der eingefügten Formulierung „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig“ schlicht um eine sprachliche Vereinheitlichung – ohne eigenständigen Regelungsgehalt – handeln sollte. Es ist zwar allgemein anerkannt, dass das Charakteristikum des Blankett-Tatbestandes in der wechselseitigen Ergänzung von Sanktionsnorm und Ausfüllungsnorm liegt und erst die Zusammenschau beider Normen die Vollvorschrift ergibt.[21] Dies kann allerdings nur dann gelten, wenn der Bestimmtheitsgrundsatz eingehalten wurde und der Gesetzgeber bei der Schaffung der Vollvorschrift überhaupt einen entsprechenden Regelungswillen hatte.

4. Anforderungen der Anzeigenverordnung (AnzV)

Der Umstand, dass § 26 KWG seinerseits keine (Weiter-)Verweisung auf andere Normen außerhalb des KWG enthält, erscheint schon deshalb problematisch, weil die von der BaFin erlassene Anzeigenverordnung (AnzV) u. a. auch auf die Einreichung von Prüfungsberichten anwendbar sein soll. So heißt es in § 1 Abs. 1 S. 1 AnzV:

„Die Anzeigen und die Unterlagen, die nach dem Kreditwesengesetz zu erstatten oder vorzulegen sind und durch diese Verordnung näher bestimmt werden, sind vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in dieser Verordnung jeweils in einfacher Ausfertigung der Aufsichtsbehörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes (Aufsichtsbehörde) und der für das Institut zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank einzureichen.“ (Hervorhebungen hinzugefügt)

Speziell für die Vorlage von Unterlagen nach § 26 KWG (Jahresabschlüsse, Lage- und Prüfungsberichte) bestimmt § 13 AnzV lediglich:

„Bei der Einreichung des festgestellten Jahresabschlusses ist der Tag der Feststellung anzugeben.“ (Hervorhebungen hinzugefügt)

Grundsätzlich verpflichtet die AnzV die beaufsichtigten Institute. Da § 13 AnzV nur eine Regelung für das Einreichen des Jahresabschlusses beinhaltet, nicht aber für das Einreichen von Prüfungsberichten, richtet sich die Norm nicht an Abschlussprüfer. Anders ist dies bei § 1 Abs. 1 AnzV. So hat das OLG Frankfurt a. M. für einen Fall des verspäteten Einreichens eines Prüfungsberichts angenommen, dass sich sowohl die Pflicht aus § 26 Abs. 1 S. 3 KWG als auch diejenige aus § 1 Abs. 1 AnzV unmittelbar an den Abschlussprüfer richten.[22] Interessanterweise hat das Gericht dabei beide Normen nebeneinandergestellt, ohne auf deren Verhältnis zueinander einzugehen („Auch aus § 1 Abs. 1 AnzV folgt eine entsprechende Einreichungspflicht des Abschlussprüfers bei beiden Adressaten“). Insbesondere folgt aus dem Beschluss des OLG Frankfurt a. M. nicht, dass die Regelungen der AnzV zur Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe in § 26 KWG dienen sollen.

Nimmt man ein solches Normengefüge gleichwohl an, ergäben sich aus §§ 1 Abs. 1 AnzV lediglich sehr beschränkte Vorgaben in Hinblick darauf, wie der Wirtschaftsprüfer Jahresabschlüsse, Lage- und Prüfungsberichte „richtig“ einzureichen hat, nämlich in einfacher Ausfertigung. Damit hätte die zuständige Aufsichtsbehörde im Ergebnis dann doch in gewissem Umfang die Voraussetzungen der Sanktionierung selbst bestimmt (vgl. bereits unter IV. 1.). Im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz bleiben zudem Bedenken dahingehend, dass der nach dem KWG Verpflichtete mangels ausdrücklicher Verweisung nicht erkennen kann, dass eine Verletzung dieser technischen Anforderungen ggf. über § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 KWG mit einer Geldbuße geahndet werden könnte.

Selbst wenn man also annimmt, dass § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG sich außer auf § 26 Abs. 1 KWG zusätzlich (und stillschweigend) auf § 1 Abs. 1 AnzV bezieht, wäre damit die absolute Grenze des Bußgeldtatbestands erreicht. Und dies auch nur deshalb, weil sich § 13 AnzV ausdrücklich auf die Einreichung i.S.v. § 26 KWG bezieht. Die BaFin hätte ggf. die Möglichkeit gehabt, in § 13 AnzV auch zusätzliche Anforderungen an das Einreichen von Prüfungsberichten aufzunehmen oder auf andere Vorschriften zu verweisen, hat jedoch davon abgesehen. Auch auf diesem Wege gelingt somit keine Ausweitung des unbestimmten Rechtsbegriffs „nicht richtig“ auf berufsrechtliche Vorschriften der Wirtschaftsprüfer.

 5. Verletzung der Berichtspflicht (§ 332 Abs. 1 HGB)

Befasst man sich mit dem Regelungsgehalt des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG, so rückt auch der Straftatbestand des § 332 Abs. 1 HGB in den Fokus. Dieser bedroht denjenigen Abschlussprüfer mit Strafe, der vorsätzlich über das Ergebnis der Prüfung eines Jahresabschlusses „unrichtig“ berichtet. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch im Regelungsgehalt der Normen: So wollte der Gesetzgeber mit der Einfügung der Begrifflichkeit „unrichtig“ im Rahmen der Vorschrift des § 322 Abs. 1 HGB tatsächlich etwas regeln, wohingegen die Einfügung „nicht richtig“ in die Vorschrift des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG nach dem bereits dargestellten ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers an dem Regelungsgehalt der Vorschrift nichts ändern sollte und ausschließlich redaktionelle Gründe hatte („Die weiteren Änderungen in Absatz 1 sind rechtsförmlich veranlasst; materiell ändern sich die in Abs. 1 geregelten Vorlagepflichten gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht.“[23]). Vor diesem Hintergrund regelt diese Vorschrift auch weiterhin nur das „unrichtige Einreichen“, welches sich aus der Ausfüllungsnorm des § 26 Abs. 1 S. 3 KWG ergibt. Die Einfügung „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig“ innerhalb der Verweisungsnorm des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG diente ausschließlich der sprachlichen Vereinheitlichung innerhalb der Vorschrift des § 56 KWG, die weder über § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG noch über eine andere Variante die inhaltliche Richtigkeit von Prüfungsberichten erfasst.

§ 332 Abs. 1 HGB knüpft an die in § 321 Abs. 1 HGB normierte Pflicht des Abschlussprüfers an, über Art und Umfang sowie über das Ergebnis der Prüfung zu berichten. Der Wahrheitsgrundsatz erfordert, dass der Inhalt des Prüfungsberichts nach der Überzeugung des Abschlussprüfers den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.[24] Geschützt ist also nicht die objektive Wahrheit oder Richtigkeit des Inhalts. Vielmehr folgt der Straftatbestand des § 332 Abs. 1 HGB einem subjektiven Wahrheitsbegriff.[25] Der Abschlussbericht ist daher dann unrichtig im Sinne der Norm, wenn er von den Feststellungen der Abschlussprüfung abweicht, wobei auf die subjektive Kenntnis des Täters abzustellen ist. Auf dieser Ebene ist (mindestens) dolus directus zweiten Grades erforderlich. Wenn der Abschlussprüfer also beispielsweise seine tatsächlich getroffenen Feststellungen vorsätzlich bemäntelt oder eigentlich nachteilige Feststellungen bewusst nicht in den Bericht mit aufnimmt, berichtet er „unrichtig“. Andererseits erfüllt der Abschlussprüfer dann nicht den Straftatbestand, wenn er aus Nachlässigkeit Fehler bei der Abschlussprüfung macht und ein objektiv unrichtiges Ergebnis erstellt, über dieses hingegen aber aus seiner Sicht korrekt berichtet. Nur wenn der Inhalt des Prüfungsberichts und die getroffenen Feststellungen bewusst voneinander abweichen, ist eine Strafbarkeit nach § 332 Abs. 1 HGB zu bejahen.

Der Bußgeldtatbestand des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG unterscheidet sich von dem Straftatbestand des § 332 Abs. 1 HGB darüber hinaus auch hinsichtlich des geschützten Rechtsguts. So schützt § 332 Abs. 1 HGB das Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prüfung von Abschlüssen, Lageberichten und Zwischenabschlüssen durch ein unabhängiges Kontrollorgan[26] und damit das Vertrauen in die Integrität der Prüfung selbst. Der Bußgeldtatbestand des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG schützt demgegenüber ausschließlich die Integrität des Prüfungsberichtes als fertiges Arbeitsprodukt. Das subjektiv geprägte Merkmal des „unrichtigen Berichtens“ kann auch vor diesem Hintergrund nicht mit dem technisch geprägten Merkmal des „unrichtigen Einreichens“ gleichgesetzt werden. Im ersteren Fall (strafbewehrt durch § 332 Abs. 1 HGB) soll die Finanzaufsicht darauf vertrauen können, dass Abschlussprüfer exakt das berichten, was sie im Rahmen ihrer Abschlussprüfung festgestellt haben. Hingegen betrifft der zweite Fall (bußgeldbewehrt durch § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG) ausschließlich das Vertrauen darauf, dass der Prüfungsbericht, der primär über das geprüfte Unternehmen bei der BaFin und Bundesbank einzureichen ist, nicht verfälscht wurde, nachdem er die Sphäre des bestellten Abschlussprüfers verlassen hat. Geschützt ist somit das Vertrauen in die Unverfälschtheit des Abschlussberichts. Weil es insoweit gerade nicht auf die im objektiven Tatbestand des § 332 Abs. 1 HGB geforderte Divergenz zwischen den (subjektiven) getroffenen Feststellungen und dem (objektiven) Inhalt des Abschlussberichts ankommt, reicht für den Bußgeldtatbestand des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG im Gegensatz zu dem Straftatbestand des § 332 Abs. 1 HGB bedingter Vorsatz für das nicht richtige Einreichens aus.

V. Zusammenfassung und Ergebnis

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte und Zwecksetzung dafürsprechen, dass mit der Formulierung „nicht richtig“ in der Verweisungsnorm des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG fehlerbehaftete Prüfungshandlungen nicht erfasst sind. Die Vorschrift des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 3 KWG ist immer nur dann anwendbar, wenn auch ein Verstoß gegen die in Bezug genommene Verhaltensnorm (§ 26 Abs. 1 S. 3 KWG) vorliegt, die den Prüfer nun einmal unmissverständlich nur dazu anweist, den Prüfungsbericht unverzüglich nach Beendigung der Prüfung bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank einzureichen.

Erkennbar ist durch § 26 Abs. 1 S. 3 KWG also weder eine richtige noch eine vollständige Einreichung gefordert. Die Norm soll ausschließlich den direkten, abgekürzten Informationsweg an die BaFin und den Ausschluss von Fälschungsmöglichkeiten sicherstellen.[27] Der Formulierung „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig“ innerhalb der Sanktionsnorm des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG kommt für sich genommen und losgelöst von der Ausfüllungsnorm des § 26 Abs. 1 S. 3 KWG keine unrechtsumschreibende und damit keine sanktionsbegründende Wirkung zu.

Aber auch aus § 26 Abs 1 S. 3 KWG ergeben sich keine inhaltlichen Anforderungen an den Prüfungsbericht. Die für etwaige inhaltliche Anforderungen maßgebliche Norm des § 29 KWG ist in den Tatbestand des § 56 Abs. 2 KWG nicht aufgenommen worden. Sie kann auch nicht mittelbar aus den Merkmalen „nicht richtig“ oder „nicht vollständig“ gem. § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG abgeleitet werden. Dass der aus § 26 Abs. 1 S. 3 KWG und § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG zusammengesetzte Bußgeldtatbestand insbesondere über die Formulierung „nicht richtig“ nicht sämtliche Verstöße gegen beliebige berufsrechtliche Gebote erfassen kann, ergibt sich bereits aus dem verfassungsrechtlich abgesicherten Bestimmtheitsgrundsatz des § 3 OWiG i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG. Denn insbesondere der Normadressat könnte nicht hinreichend vorhersehen, welches Verhalten verboten und mit Geldbuße bedroht ist.

Soweit es die Abschlussprüfer betrifft, lässt sich einzig die Vorschriften der § 1 Abs. 1 AnzV ggf. zum Ausfüllen des unbestimmten Rechtsbegriffs „nicht richtig“ heranziehen. Abgesehen von der fraglichen Bestimmtheit einer solchen Regelung, ergibt sich dadurch keine praxisrelevante Ausweitung des Bußgeldtatbestands. Ferner spräche gerade diese Auffassung gegen eine noch weitergehende (stillschweigende) Ausweitung des § 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG.

§ 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG ist somit kein Einfallstor zur Prüfung des gesamten Berufsrechts der Abschlussprüfer. Durch den Verweis der Blankettvorschrift (§ 56 Abs. 2 Nr. 11 b) KWG) auf die Verhaltensnorm (§ 26 Abs. 1 S. 3 KWG) wird ausschließlich zur Beurteilung der Frage berufen, ob der Abschlussprüfer den Prüfungsbericht unverzüglich nach Beendigung der Prüfung der BaFin und der Deutschen Bundesbank eingereicht hat. Die Formulierung „nicht richtig“ ist in der Weise zu verstehen, dass sie sich praktisch ausschließlich auf die Pflichten der Institute nach § 26 Abs. 1 S. 1 und 4 sowie Abs. 3 (mit Ausnahme von S. 3) KWG bezieht. Entsprechend eingeschränkt ist die Ahndbarkeit.

[1]Gerhold, in: BeckOK OWiG, § 3 Rn. 17, 19; Gürtler, in: Göhler, OWiG, Vor § 1 Rn. 17; Bülte, in: Bohnert, Ordnungswidrigkeitenrecht, § 1 Rn. 9 f.; Rogall, in: KK-OWiG, Vor § 1 Rn. 15; Heitmann, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl. 2015, § 3 Rn. 3.

[2]Bock, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschaft- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 56 KWG Rn. 3.

[3]Theile, in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, 1. Aufl. 2017, § 56 KWG Rn. 1.

[4]Gerhold, in: BeckOK OWiG, § 3 Rn 19; Rogall, in: KK-OWiG, § 3 Rn. 16; Fischer, StGB, § 1 Rn 9 m.w.N.

[5] BVerfGE 78, 35 (35 f.); BVerfGE 141, 143 (176 f.) = NVwZ 2016, 675 Rn. 75.

[6] OLG Köln NJW 1988, 657 (658).

[7] BVerfG, Beschluss vom 18.7.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18 = NVwZ 2019, 3054 (3057).

[8] vgl. BVerfGE 78, 32 (35 f.).

[9]Schmitz, in: MüKo-StGB, 4. Aufl., 2020, § 1 Rn. 65 m.w.N.

[10] vgl. BVerfGE 75, 329 (342).

[11] BGBl. I 2013, S. 3395 ff.

[12] BGBl. I 1984 S. 1693.

[13] BGBl I 1997, S. 2518.

[14] BGBl. I S. 64

[15] BT-Drs. 13/7142.

[16] BT-Drs. 13/7142, S. 88.

[17] BGBl. I 1984 S. 1693

[18]Becker, in: Reischauer/Kleinhaus, KWG-Kommentar, Erg.-Lfg. 5/11, § 26 Rn 8.

[19] BT-Drs. 10/1441, S. 48.

[20]Braun, in: Boos/Fischer/Mattler, § 26 Rn 55.

[21]Rogall, in: KK-OWiG, Vorbem. Rn. 15.

[22] OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2020, 182.

[23] BT-Drs. 13/7142, S. 88.

[24]Schmidt/Deicke, Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Auflage 2020, § 321 HGB Rn. 22.

[25] OLG Dresden BKR 2019, 411, 412; Gercke/Stierner, in: Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht, 5. Aufl. 2019, § 332 HGB Rn. 24.

[26]Klinger, in: MüKo HGB, 4. Aufl. (2020), § 332 Rn. 1 mwN.

[27] vgl. BT-Drs. 10/1441, S. 48.

Autorinnen und Autoren

  • Dr. Manuel Lorenz
    Dr. Manuel Lorenz ist Partner der Kanzlei Knierim & Kollegen in Mainz. Er berät und verteidigt Einzelpersonen und Unternehmen insbesondere auf den wirtschaftsstrafrechtlichen Gebieten des Vermögensstrafrechts, Steuerstrafrechts, Umweltstrafrecht und Insolvenzstrafrecht. Er ist Lehrbeauftragter der Universität Trier und Dozent am Umweltinstitut Offenbach.
  • Dr. Christian Rathgeber
    Dr. Christian Rathgeber, Mag. rer. publ., ist Partner der auf Individualverteidigung, Unternehmensverteidigung und Compliance-Beratung spezialisierten Kanzlei Knierim & Kollegen in Mainz. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind neben der Individualverteidigung insbesondere die Beratung von Unternehmen im Zusammenhang mit Compliance-Fragen sowie die Begleitung von Internal Investigations mit internationalen Bezügen.

WiJ

  • Dr. Florian Neuber

    Verteidigung ohne Grenzen?

    Internationales Strafrecht, EU, Rechtshilfe, Auslandsbezüge

  • Prof. Dr. Stefan Kirsch

    EUGH setzt Verfahrensrecht der Europäischen Staatsanwaltschaft

    Internationales Strafrecht, EU, Rechtshilfe, Auslandsbezüge

  • Prof. Dr. Robert Esser

    Tagungsbericht: WisteV-wistra-Neujahrstagung 2024

    Internationales Strafrecht, EU, Rechtshilfe, Auslandsbezüge