Franziska Stapelberg

Schwartmann/Jaspers/Eckhardt: TTDSG – Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz

C.F. Müller Verlag, Heidelberg, 2022, ISBN 978-3-8114-5753-9, EUR 119,00.

Das Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz – TTDSG) ist am 1. Dezember 2021 in Kraft getreten.

Auf der Internetseite des Bundestages zum Gesetzgebungsverfahren wurde die Äußerung der Bundesregierung festgehalten, dass Beauftragte „nun auch Bußgelder verhängen“ und etwa bei Messengerdiensten häufig mit Unternehmen zu tun haben könnten, die ihren Sitz im Ausland haben – was Verfahren verkomplizieren dürfte (Website des Bundestages zum TTDSG, 2./3. Lesung).

Das TTDSG wurde also unmittelbar mit der Prognose oder gar Ankündigung von „nun“ zu verhängenden Bußgeldern seitens der Aufsicht und erwartbaren größeren Verfahren versehen. Vor diesem Hintergrund ist es umso erfreulicher, dass bereits etwa ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der Regelungen eine so vortreffliche Kommentierung der komplexen Vorschriften vorgelegt werden konnte. Schelmisch könnte man sagen, „hoffentlich hilft´s“.

Der vorliegend rezensierte Kommentar zum TTDSG ist in der Reihe Heidelberger Kommentare im C.F. Müller Verlag erschienen. Herausgeber sind Rolf Schwartmann, Andreas Jaspers und Jens Eckhardt, die weiteren Autor*innen sind namhafte Expert*innen im Datenschutzrecht aus Wissenschaft, Aufsicht, Ministerien, Anwaltschaft und Unternehmen.

Neben der eigentlichen Kommentierung zum TTDSG sind in den hinsichtlich des insgesamten Umfangs nicht unbeträchtlichen Anhängen die Gesetzestexte zum Telekommunikationsgesetz (TKG), Telemediengesetz (TMG), Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sowie zum Medienstaatsvertrag (MStV) abgedruckt. Dies erleichtert die Arbeit natürlich sehr.

Der Aufbau der Kommentierungen mit Abdruck der Norm, Übersicht, Literatur sowie der (eigentlichen) Kommentierung folgt dem Üblichen eines solchen Werks. Ein geringfügiger Kritikpunkt ist die Gliederung der Übersicht in zwei Spalten, aus Sicht der Rezensentin ist diese der gewünschten absolut zügigen Übersicht nicht vollumfänglich dienlich. Die Literatur ist teilweise sehr umfangreich, teilweise eher knapp – letzteres liegt vor allem in der Natur der Sache, vorliegend wird ein neu verabschiedetes Gesetz in erster Auflage kommentiert.

Vor den eigentlichen Kommentierungen der einzelnen Normen, insgesamt sind es „lediglich“ dreißig an der Zahl, erfolgt zunächst der Abschnitt zu Einordnung, Hintergrund, teilweise auch zum Ausblick.

Diese Ausführungen sind aus Sicht der Rezensentin vor dem Hintergrund des Regelungsgegenstands des Gesetzes besonders hervorzuheben. Gerade für ein Gesetz, welches bestehende Vorschriften anpasst, hier die Datenschutzbestimmungen des TKG und des TMG an die EU-DSGVO, sowie daneben Vorschriften einer bestehenden Richtlinie in nationales Recht umsetzt, vorliegend der ePrivacy-Richtlinie, ist auch für Fachleute eine Herausforderung. Alleine die Erläuterungen, die immer wieder diese Einordnung vornehmen, welche Regelungen konkret übernommen wurden, unverändert beziehungsweise lediglich hinsichtlich ihres Wortlauts angepasst oder auch angepasst zum Zwecke der Klarstellung, sind für Fachleser*innen, die bereits zuvor mit diesem Rechtsgebiet befasst waren, überaus hilfreich.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, nach Ansicht der Rezensentin, die Kommentierung zu § 2 TTDSG, den Begriffsbestimmungen. Gerade die Übernahme von Regelungen aus TKG und TMG, auch im Verhältnis zu den Regelungen der EU-DSGVO setzen wegen der Verzahnung eine widerspruchsfreie Begrifflichkeit voraus (§ 2 Rz. 1). § 2 Abs. 1 TTDSG regelt jedoch hinsichtlich der Anwendung der Definitionen zunächst die Verweisung auf das TKG, das TMG und die EU-DSGVO, soweit in § 2 Abs. 2 TTDSG keine abweichende Begriffsbestimmung getroffen wurde.

Aus Sicht der Rezensentin wird dieser „Dschungel“ aus Vorrang, Verweisung, Abgrenzung, Auslegung, Abgrenzung der Verweisung, Abgrenzung der Anwendungsbereiche und auch die Aufführung von Sonderfällen überaus klar und verständlich aufbereitet, was für das grundsätzliche Verständnis der Regelungen und damit die Voraussetzung für deren Anwendung von großer Bedeutung ist.

Überdies werden beispielsweise zur – durchaus langen und vieldiskutierten – Historie der Umsetzung des Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL durch die Ausführungen zu Einordnung und Hintergrund nochmals wertvolle Hinweise auf die einzelnen Problematiken der bisherigen Rechtslage gegeben, die – so die Verfasser der Kommentierung nach Verständnis der Rezensentin – alleine auch deswegen weiter beachtenswert sein werden, da mit Einführung der konkreten Norm des TTDSG zentrale praktische Fragestellungen insofern aber ungelöst blieben und die Zielsetzung des TTDSG, für mehr Rechtsklarheit zu sorgen, nur partiell erreicht werde (§ 25 Rz. 10).

Somit ist auch die Kommentierung des TTDSG geprägt von der notwendigen Einordnung der neuen Normen, dies gelingt insbesondere anhand von Übersichten, welche Normen den bisherigen entsprechen, beziehungsweise den Ausführungen, an welche sie anknüpfen.

Dazuhin ist die vom TTDSG geregelte Materie im Zusammenspiel von deutschem und europäischen Recht, von Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, altem und neuem Recht dominiert von der Rechtssystematik wie (eigenständiger) Anwendungsbereich beziehungsweise Verdrängung oder Erweiterung des Anwendungsbereichs, Anwendungsvorrang, Abgrenzung, (Rang-)Verhältnis, Verweisungen und Auslegung – um nur einige Schlagworte zu nennen. An dieser Stelle ist zuvorderst die klare Strukturierung und Gestaltung anerkennend hervorzuheben, die klare Gliederung, insbesondere durch Absätze und Fettdruck sind die einzelnen, entweder gezielt gesuchten oder für das zügige Querlesen, hervorgehobenen Stichworte sehr hilfreich.

Der Kommentierung folgen die Praxishinweise beziehungsweise Praxishinweise und Rechtsfolgen. Bei frisch verabschiedeten Gesetzen kann eigentlich nicht auf eine gängige, bestehende Praxis zurückgegriffen werden, hier greift aber auch die bereits erwähnte Besonderheit des TTDSG mit seiner Umsetzung, Anpassung und Neufassung bestehender Regelungen. Insofern werden hier zum einen bereits erfolgte Positionierungen von Aufsichtsbehörden, wie der Datenschutzkonferenz (DSK) und des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) aufgegriffen oder die grundsätzliche Praxisrelevanz für die einzelnen, am Telekommunikationsmarkt Beteiligten kategorisiert und aufgezeigt.

Den sich jeweils anschließenden Ausführungen zu den Sanktionen, beziehungsweise Durchsetzungs- und Sanktionsmöglichkeiten oder Sanktionen / Kosten im Rahmen der einzelnen Normen kommt auch insofern besondere Bedeutung zu, als dass die zentrale Vorschrift zu den Sanktionen innerhalb des TTDSG (§ 28 Bußgeldvorschriften) als Blankettnorm ausgestaltet ist, welche zwar die Rechtsfolgen bestimmt, aber die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen außerhalb der Norm verortet (§ 28 Rz. 9). Bei den einzelnen Kommentierungen werden Bußgelder, Aufsichtsmaßnahmen und/oder Strafbarkeitsrisiken aufgezeigt, es wird aber auch – dies liegt wie bereits dargestellt in der Natur der Sache – bei Unsicherheiten außerhalb vermehrter „geklärter Praxisfälle“ bezüglich gewisser Gegenstände empfohlen, eine Abstimmung mit der Bundesnetzagentur vorzunehmen, so zu § 8 TTDSG (§ 8 Rz. 43). Überdies werden in diesem Abschnitt, wo notwendig, die Zuständigkeitsbestimmungen aufgezeigt, insbesondere vor dem Hintergrund diverser Zuständigkeiten von Bundes- und Landesdatenschutzbehörden und Bundesnetzagentur, die im Rahmen des TTDSG von erheblicher Bedeutung sind.

Ein etwas tieferer Blick soll auf die Kommentierung der Vorschrift gerichtet werden, die im Rahmen dieser Gesetzesentstehung – in der juristischen und öffentlichen (Fach-)Welt – am meisten diskutiert wurde, § 25 TTDSG. Immerhin wurde das TTDSG in der Öffentlichkeit auch immer wieder lapidar als „Cookies-Gesetz“ betitelt. Zunächst erfolgt hier die Einordnung dieser Norm, welche unter Aufhebung des bisherigen § 15 Abs. 3 S. 1 TMG einhergeht und welche die Umsetzung des Art. 5 Abs. 3 der ePrivacy-Richtlinie in nationales Recht darstellt, obgleich sich die Formulierung „unmittelbar“ und „eng“ am Richtlinien-Wortlaut orientiert. Es folgen in der Kommentierung die Abschnitte zum Verhältnis der Vorschrift zur EU-DSGVO, zum Anwendungsbereich sowie zum einwilligungsbasierten Zugriff als dem gesetzlichen Regelfall (§ 25 Abs. 1 TTDSG). Die Ausführungen zur Anforderung an die Einwilligung des Endnutzers und an dessen Information, welche sich nach der EU-DSGVO richten, sind hinsichtlich Darstellung und Tiefe aus Sicht der Rezensentin besonders hervorzuheben. Jedenfalls besteht hierzu nicht das (eigentlich naheliegende) Bedürfnis, die diesbezügliche Kommentierung der EU-DSGVO hinzuzuziehen, was angesichts der vielzähligen Fragestellungen einen großen Vorteil bietet. Die Ausführungen zur gesetzlichen Zugriffsermächtigung (§ 25 Abs. 2 TTDSG) sind bereits insofern von Bedeutung, als dass im Rahmen dieser Regelung „zentrale praktische Fragestellungen aber offenbleiben“ (§ 25 Rz. 10). Hervorgehoben werden kann hierzu nach Ansicht der Rezensentin zum einen die ausführliche Darstellung unter Heranziehung der Äußerungen der Art.-29-Datenschutzgruppe wie auch europäischer Aufsichtsbehörden, wie beispielsweise der spanischen; gerade die Abschnitte zur datenschutzrechtlichen Parallelwertung vervollständigen und bereichern die ebenso lobenswert verständliche Bearbeitung.

Mit Einführung des Gesetzes erstreckt sich die Geltung des Fernmeldegeheimnisses von klassischen Kommunikationsdiensten auch auf Over-the-Top-Kommunikationsdienste (E-Mail, Messenger, Voice-Over-IP-Telefonie und Videokonferenzsysteme). Ebenso wurde mit § 4 TTDSG eine Regelung zum digitalen Erbe getroffen und der Rechtsrahmen für Dienste zur Einwilligungsverwaltung (Personal Information Management Systems, PIMS) geschaffen (§ 26 TTDSG). Letztere ist als Norm ohne unmittelbare Rechtswirkung (§ 26 Rz. 28) auf eine zukünftige, noch zu erlassende Rechtsverordnung gerichtet. Die sich hieraus ergebenden Fragestellungen werden ausführlich behandelt und bewertet. Gerade vor dem Hintergrund der derzeit geführten offenen beziehungsweise teilweise sehr kritischen „datenpolitischen“ Diskussion, sind die hier getroffenen systematischen Einordnungen ein hilfreicher Beitrag.

Es lässt sich nach Ansicht der Rezensentin zusammenfassen, dass die vorliegende Kommentierung ihrem im Vorwort formulierten Anspruch, vor dem Hintergrund dieses Gesetzes, welches bekannte Inhalte aufnimmt und zugleich eigene Standards setzt, die Berücksichtigung der bisherigen Auslegung nicht ausblendet und eine diesem Kontext Rechnung tragende eigene Auslegung findet, vollauf gerecht geworden ist.

Abschließend auch ein Lob an den Verlag, denn das Buch ist nach Empfinden der Rezensentin außerordentlich schön gedruckt unter Verwendung hochwertigen Papiers und mit schönem Druckbild. Daher lässt sich insgesamt nach Inhalt und Gestaltung resümieren: Ein wertvolles Werk.

Autorinnen und Autoren

  • Franziska Stapelberg
    Syndikusrechtsanwältin im Bereich Datenschutzrecht in Köln.

WiJ

  • Nils Stahnke

    Der transnationale Strafklageverbrauch im europäisierten Steuerstrafrecht

    Internationales Strafrecht, EU, Rechtshilfe, Auslandsbezüge

  • Dr. Elias Schönborn , Jan Uwe Thiel

    Gesetzliche Regelungen zur Handy-Sicherstellung sind verfassungswidrig (Österreich)

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)

  • Dr. Tino Haupt

    Der Zugriff auf Fahrzeugdaten aus strafprozessualer Perspektive

    Straf- und Bußgeldverfahren (inklusive OWi-Verfahren)