Ronja Pfefferl, Henrik Halfmann

Außerstrafrechtliche Folgen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

– Was in der strafrechtlichen Beratung berücksichtigt werden sollte

 

WiJ-Checklisten

Ein Strafverfahren kann für den Betroffenen[1] oft weitaus mehr Konsequenzen mit sich bringen als die am Ende des Verfahrens stehende strafrechtliche Sanktion. Insbesondere wenn der Betroffene einer bestimmten Berufsgruppe angehört, ein sicherheitsrelevantes Hobby ausübt oder gewisse Ämter oder Unternehmenspositionen bekleidet oder bekleiden will, kann die außerstrafrechtliche Folge teils gravierende Konsequenzen haben. Da auch eine – vor allem in wirtschaftsstrafrechtlichen Fällen oft angestrebte – Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Auflagen gem. § 153a StPO teils Auswirkungen auf außerstrafrechtlicher Ebene haben kann, ist es wichtig, den Mandanten bereits frühzeitig in der Beratung auf mögliche Risiken hinzuweisen und entsprechend zu beraten. Der Der folgende Beitrag soll eine Übersicht der wichtigsten Fallkonstellationen bieten und so den Einstieg in die Materie erleichtern.

KategorieMaßgebliche NormenErläuterung
Beamte§§ 24, 47 BeamtStG, §§ 41, 77 BBG
§§ 5 ff. BDG
unter I.
Richter§ 24 DRiG
§§ 46, 71 DRiG i.V.m. §§ 24, 47 BeamtStG, §§ 41, 77 BBG

 

unter II.
Schöffen§ 32 Nr. 1 und 2 GVGunter III.
Soldaten§§ 38, 48 SG
§ 23 SG i.V.m. §§ 15, 22 ff., 58 ff. WDO
unter IV.
Notare§ 5 BnotO
§ 96 BnotO i.V.m. §§ 5 ff. BDG
unter V.
Rechtsanwälte§§ 7, 113 ff. BRAOunter VI.
Wirtschaftsprüfer§§ 16, 67 ff. WPOunter VII.
Steuerberater§§ 40, 89 ff. StBerGunter VIII.
Ärzte

Apotheker

Psychotherapeuten

Zahnärzte

§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO

§ 2 Abs. 1 Nr. 4 ApoG

§ 3 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG

§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ZHG

unter IX.
Geschäftsführer

Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft

Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft

§ 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 38 Abs. 2 GmbHG

§ 76 Abs. 3 Nr. 3, § 84 Abs. 4 AktG

§ 103 AktG

unter X.
Gewerbetreibende§ 35 Abs. 1 Satz 1 GewOunter XI.
Banken- und Finanzdienstleister§ 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG
§ 12 Nr. 5 ZAG
unter XII.
ArchitektenLandesrecht, bspw. § 6 Hamburgisches Architektengesetzunter XIII.
Beschäftigte in der Kinder- und Jugendhilfe§ 72a Abs. 1 SGB VIII
§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII
§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VII
unter XIV.
Arbeitnehmer§ 626 BGBunter XV.
Öffentliche Ämter und passives Wahlrecht§ 45 Abs. 1 StGBunter XVI.
Berufsverbot§ 70 Abs. 1 StGBunter XVII.
Jagdschein

Waffenschein

§ 17 BJagdG

§ 5 WaffG

unter XVIII.
Pilotenlizenz und Mitarbeiter in der Luftfahrt§ 7 LuftSiGunter XIX.
Fahrerlaubnis§§ 69, 69a StGB
§ 44 StGB
unter XX.
Ausländer§§ 53 ff. AufenthGunter XXI.
Vergabe von öffentlichen Aufträgen§§ 123, 124 GWBunter XXII.

I. Beamte

Im Falle einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr endet das Beamtenverhältnis gem. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG, § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG kraft Gesetzes mit Rechtskraft des Urteils. Bei bestimmten Delikten, etwa auch Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einer Diensthandlung im Hauptamt, tritt der Verlust der Beamtenrechte bereits bei einer Verurteilung zu 6 Monaten Freiheitsstrafe ein (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG, § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBG). Unerheblich ist, ob die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird (BVerwG ZBR 1980, 381). Voraussetzung ist die Verurteilung in einem ordentlichen Strafverfahren. Eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe im Verfahren gegen Jugendliche nach dem JGG führt daher nach herrschender Meinung nicht kraft Gesetzes zum Verlust der Beamtenrechte, kann jedoch disziplinarrechtliche Folgen nach sich ziehen (VG München NZWehrR 1996, 41; Bracher, in Müller/Schlothauer/Knauer, MAH Strafverteidigung, 3. Auflage 2022, § 34 Rn. 3 m.w.N.)

Ein Strafbefehl ist kein „Urteil im ordentlichen Strafverfahren“ i.S.d. § 24 BeamtStG, § 41 BBG und führt somit nicht zum Verlust der Beamtenrechte kraft Gesetzes. Wenngleich ein bestandskräftiger Strafbefehl strafprozessual gemäß § 410 Abs. 3 StPO einem rechtskräftigen Urteil entspricht, bietet der nach einem summarischen Verfahren ergehende Strafbefehl nicht das gleiche Maß an Ergebnissicherheit, das Voraussetzung für die Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes ist (BVerwG NJW 2000, 3297).

Darüber hinaus ist bei einer strafrechtlichen Verurteilung, die unter dem Maß des § 24 BeamtStG bzw. § 41 BBG liegt sowie auch im Falle eines Strafbefehls oder einer Einstellung nach § 153a oder § 153 StPO die Verhängung disziplinarrechtlicher Maßnahmen möglich, die sich nach dem Bundesdisziplinargesetz (BDG) richten. Voraussetzung für die Verhängung disziplinarrechtlicher Maßnahmen ist ein Dienstvergehen, was nach § 47 Abs. 1 BeamtStG, § 77 Abs. 1 BBG vorliegt, wenn Beamten schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen.

Ein Verhalten außerhalb des Dienstes stellt dabei nur dann ein Dienstvergehen dar, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG). Dies ist bspw. bei privaten Straßenverkehrsdelikten regelmäßig nicht der Fall (BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9/14; BVerwGE 112, 19, 23), wurde aber etwa bei Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien eines Polizisten angenommen (BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9/14).

Das Verhängen einer disziplinarrechtlichen Maßnahme liegt im Ermessen des Disziplinargerichts und reicht von einem Verweis (schriftlicher Tadel eines bestimmten Verhaltens eines Beamten, § 6 BDG) bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG). Soweit gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt, oder eine nach § 153a StPO verhängte Auflage oder Weisung erfüllt wurde, wird der Katalog an zulässigen Disziplinarmaßnahmen beschränkt, sodass bspw. ein Verweis dann nicht mehr ausgesprochen werden darf (§ 14 BDG). Insoweit gilt für gewisse Rechtsfolgen ein Verbot der Doppelbestrafung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch in diesem Fall möglich, droht allerdings nur bei einem schweren Dienstvergehen, durch das der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 4 BDG).

Für Beamte im Ruhestand kommt als Disziplinarmaßnahme die Kürzung des Ruhegehalts (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 11 BDG) oder die Aberkennung des Ruhegehalts (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 12 BDG) in Betracht.

Ist in einem Strafverfahren ein rechtskräftiger Freispruch ergangen, entfaltet dieser eine Sperrwirkung für das Disziplinarverfahren. Das bedeutet, es darf nur dann eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden, wenn der Sachverhalt ein Dienstvergehen darstellt, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift zu erfüllen (disziplinarer Überhang) (§ 14 Abs. 2 BDG).

Im Disziplinarverfahren sind die Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren grundsätzlich bindend (§ 23 Abs. 1 BDG). Bei Strafbefehlen besteht zwar keine grundsätzliche Bindungswirkung, die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafbefehls können allerdings der Entscheidung ohne nochmalige Prüfung grundsätzlich zugrunde gelegt werden, es sei denn die Indizwirkung wird entkräftet, indem die Tatsachenfeststellungen substantiiert in Zweifel gezogen werden (BVerwG, Urteil vom 19.01.2023 – 2 WD 4/22).

Wird das Verfahren nach § 153a StPO eingestellt, steht richtigerweise weder der tatsächliche Lebenssachverhalt noch dessen rechtliche Bewertung fest, sodass von Verwaltungsbehörden und Gerichten beides geprüft werden muss. Das ergibt sich aus einer wegweisenden Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1991, mit der das BVerfG entschieden hat, dass auf der Grundlage einer Einstellungsentscheidung nicht davon ausgegangen werden dürfe, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verübt habe. Vielmehr werde mit einer Einstellung gem. § 153a Abs. 2 StPO gerade keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm durch die Anklage vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht. Aus der Unschuldsvermutung ergebe sich insbesondere, dass dem Täter in einem justizförmig geordneten Verfahren, das eine wirksame Sicherung der Grundrechte des Beschuldigten gewährleistet, Tat und Schuld nachgewiesen werden müssen (BVerfG NJW 1991, 1530 (1531); BVerfG NStZ-RR 1996, 168 (169); vgl. dazu Rettenmaier, NJW 2013, 123).

Nach Nr. 15 MiStra i.V.m. § 49 BeamtStG, § 115 BBG sind in Strafverfahren gegen Beamte dem zuständigen Dienstvorgesetzten Mitteilungen zu machen. Zu übermitteln sind unter anderem die Anklageschrift sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch Entscheidungen über eine Verfahrenseinstellung.

II. Richter

Das Richterverhältnis endet gem. § 24 DRiG mit der Rechtskraft des Urteils, ohne dass es einer weiteren gerichtlichen Entscheidung bedarf, wenn gegen den Richter durch Urteil eines deutschen Gerichts im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkannt wird auf

  • Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlichen Tat,
  • Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen Volksverhetzung),
  • Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit strafbar ist
  • Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter.

Im Übrigen gelten für die Rechtsverhältnisse der Richter gem. §§ 46, 71 DRiG die Vorschriften des BeamtStG bzw. des BBG entsprechend, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.

III. Schöffen

Schöffe kann nicht sein, wer die Bekleidung zur Fähigkeit öffentlicher Ämter nicht besitzt, wobei die Unfähigkeit bereits dann anzunehmen ist, wenn ein Ermittlungsverfahren schwebt, welches die Nebenfolge des § 45 StGB zur Folge haben kann (§ 32 Nr. 1 und 2 GVG). Die Unfähigkeit für das Amt der Schöffen ist zudem bereits dann anzunehmen, wenn die Person wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten verurteilt worden ist (§ 32 Nr. 1 GVG).

In Strafsachen wegen einer Tat, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann, ist gem. Nr. 17 Abs. 2 Nr. 1 MiStra die Einleitung des Ermittlungsverfahrens und der Ausgang des Verfahrens mitzuteilen

IV. Soldaten

Als Soldat kann gem. § 38 Abs. 1 Nr. 1 SG nicht berufen werden, wer wegen eines Verbrechens zu einer Mindeststrafe von mindestens einem Jahr oder wegen Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat, Gefährdung der äußeren Sicherheit oder Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Darüber hinaus kann nicht berufen werden, wer infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 SG, § 45 Abs. 1 StGB) oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach dem StGB bzw. der Sicherungsverwahrung nach dem JGG unterworfen ist (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 SG).

Aus den Gründen des § 38 Abs. 1 SG verliert ein Berufssoldat gem. § 48 Nr. 1 SG kraft Gesetzes seine Rechtsstellung. Der Berufssoldat verliert zudem seine Rechtsstellung kraft Gesetzes bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlich begangenen Tat (§ 48 Nr. 2 SG) sowie bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen Bestechlichkeit, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Wehrdienst bezieht (§ 48 Nr. 3 SG). Für den automatischen Status- bzw. Rechtsverlust als Soldat gelten die gleichen Maßstäbe wie für Beamte nach § 24 BeamtStG, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird.

Wenn der Soldat aus einem der in § 38 SG genannten Gründe nicht hätte ernannt werden dürfen und das Hindernis noch fortbesteht, ist der (Berufs-)Soldat gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 SG bzw. § 55 Abs. 1 SG zu entlassen. Zudem ist er zu entlassen, wenn sich herausstellt, dass er vor seiner Ernennung eine Straftat begangen hat, die ihn der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unwürdig erscheinen lässt, und er deswegen zu einer Strafe verurteilt war oder wird (§ 46 Abs. 2 Nr. 3 SG). Unwürdigkeit kann angenommen werden bei den in § 48 SG genannten Straftaten sowie bei Sittlichkeits- und Eigentumsdelikten sowie Betäubungsmittelstraftaten (Brinktrine, in Dietrich/Fahrner/Gazeas/von Heintschel-Heinegg, Handbuch Sicherheits- und Staatsschutzrecht, 1. Aufl. 2022, § 46 Rn. 131).

Verletzt ein Soldat schuldhaft seine Pflichten, begeht er gem. § 23 Abs. 1 SG ein Dienstvergehen, welches mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden kann. Einem Soldaten drohen auch disziplinarrechtliche Folgen, wenn er sich gem. § 17 Abs. 2 Satz 3 SG außer Dienst und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen nicht so verhält, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt. Eine ernsthafte Beeinträchtigung ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine Straftat begangen wird, die zumindest mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich sanktioniert werden kann (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2020, 983 Rn. 19).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WDO können Dienstvergehen durch einfache Disziplinarmaßnahmen (§ 22 WDO) oder durch gerichtliche Disziplinarmaßnahmen (§ 58 WDO) geahndet werden Die Verhängung von gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen ist den Wehrdienstgerichten vorbehalten (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WDO). Einfache Disziplinarmaßnahmen sind in den §§ 22 ff. WDO geregelt. Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen sind in §§ 58 ff. WDO geregelt.

Soldaten im Ruhestand kann das Ruhegehalt verkürzt (§ 64 WDO) oder aberkannt werden (§ 65 WDO).

Ist gegen den Soldaten wegen des Sachverhalts, der dem gerichtlichen Disziplinarverfahren zu Grunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, so wird das gerichtliche Disziplinarverfahren zunächst ausgesetzt (§ 83 Abs. 1 Satz 1 WDO). Die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sind gem. § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO im gerichtlichen Disziplinarverfahren bindend. Ein Strafbefehl ist kein Urteil i.S.d. § 84 WDO, die Feststellungen können aber trotzdem Grundlage für eine Entlassung sein (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2023 – BVerwG 2 WD 4/22).

Im Bewerbungsbogen für die Soldatenlaufbahn muss der Bewerber Auskunft über laufende oder abgeschlossene Ermittlungsverfahren geben. Nach Nr. 19 MiStra sind in Strafsachen gegen Soldaten zudem neben etwa der Anklagerhebung in bestimmten Fällen auch die Einstellung eines Verfahrens mitzuteilen.

V. Notare

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BNotO darf nicht als Notar bestellt werden, wer sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, das notarielle Amt auszuüben. Nach § 6a Abs. 2 BNotO kann die Bestellung ausgesetzt werden, wenn gegen die Person, deren Bestellung beabsichtigt ist, ein Verfahren wegen des Verdachts einer Straftat anhängig ist, in dem der Tatvorwurf eine Verurteilung erwarten lässt, die eine Versagung der Bestellung zur Folge haben würde.

Nach § 49 BNotO führt eine strafgerichtliche Verurteilung bei einem Notar in gleicher Weise zum Amtsverlust wie bei einem Beamten nach § 24 Abs. 1 BeamtStG. Nach § 47 Nr. 5 BNotO erlischt das Amt des Notars in diesem Fall.

Nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 BNotO ist der Notar in der Regel seines Amtes zu entheben, wenn bei der Bestellung nicht bekannt war, dass er sich eines Verhaltens schuldig gemacht hatte, das ihn unwürdig erscheinen ließ, das notarielle Amt auszuüben.

Für disziplinarische Maßnahmen aufgrund von Dienstpflichtverletzungen gelten grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes entsprechend (§ 96 Abs. 1 BNotO).

Nach Nr. 23 MiStra sind in Strafverfahren gegen Notare den dort genannten Stellen grundsätzlich unter anderem die Erhebung der öffentlichen Klage sowie in bestimmten Fällen auch die Einleitung und der Ausgang des Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.

VI. Rechtsanwälte

Nach § 7 Satz 1 BRAO ist die (Wieder-)Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn die antragstellende Person infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt (§ 7 Satz 1 Nr. 2 BRAO i.V.m. § 45 Abs. 1, 2 StGB) oder
wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben (§ 7 Satz 1 Nr. 5 BRAO).

Unwürdigkeit liegt vor, wenn die antragstellende Person bei Abwägung ihres schuldhaften Verhaltens und aller erheblichen Umstände wie Zeitablauf und zwischenzeitlicher Führung nach ihrer Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht mehr oder noch nicht wieder tragbar ist (BVerfG NJW 1983, 1535). Zwischen dem strafbaren Verhalten und der Unwürdigkeit muss ein rechtlicher Zusammenhang bestehen, der die Belange der Rechtspflege prognostisch als gefährdet erscheinen lässt (BeckOK BRAO/Jähne, 24. Ed. 1.8.2024, BRAO § 7 Rn. 7). Unwürdigkeit liegt insbesondere bei berufsbezogenen Vorsatzdelikten wie Delikten gegen das Vermögen (bspw. Betrug oder Untreue) oder bei besonderer Missachtung der Rechtspflege (bspw. Parteiverrat, Urkundsdelikten oder Schweigepflichtverletzung) vor (BeckOK BRAO/Jähne, 24. Ed. 1.8.2024, BRAO § 7 Rn. 8). Bei außerberuflichen Straftaten ist darauf abzustellen, ob das strafbare Verhalten ein massiv gestörtes Verhältnis zu Recht und Gesetz offenbart (Henssler/Prütting/Henssler, 6. Aufl. 2024, BRAO § 7 Rn. 62).

In die anzustellende Prognose ist auch der Zeitablauf seit der Tatbegehung einzubeziehen. Es hängt jedoch vom konkreten Einzelfall ab, welcher Zeitablauf jeweils zur Minderung des Unrechts und zur Wiederzulassung zur Anwaltschaft ausreicht. Positiv wirken sich ein Geständnis, ernsthafte Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung oder ein freiwilliger Verzicht auf die Zulassung aus (vgl. BGH BeckRS 2010, 17001 Rn. 11).

Bei Fahrlässigkeitsdelikten wird die Unwürdigkeit – mit Ausnahme von massiven Verletzungen der Sorgfaltspflicht – grundsätzlich verneint (Kleine-Cosack/Kleine-Cosack, 9. Aufl. 2022, BRAO § 7 Rn. 27).

Da es bei dem Versagungsgrund der Unwürdigkeit nicht zwingend auf eine Verurteilung ankommt, kann auch bei einer Einstellung nach § 153a StPO die Zulassung versagt werden.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BRAO ist die Zulassung zur Anwaltschaft mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn Tatsachen nachträglich bekannt werden, bei deren Kenntnis die Zulassung hätte versagt werden müssen. Die Rechtsanwaltskammer hat demnach zu prüfen, ob zwischenzeitlich Anhaltspunkte bekannt geworden sind, bei deren früherer Kenntnis eine Zulassung aus den Versagungsgründen des § 7 BRAO hätte versagt werden müssen.

Ist die Zulassung rechtmäßig erfolgt und treten nachträglich Umstände ein, die dem Fortbestand der Zulassung entgegenstehen, kommt ein Widerruf der Zulassung nach § 14 Abs. 2 und 3 BRAO in Betracht. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat (§ 45 Abs. 1, 2 StGB). Insbesondere in Betrugsverfahren (§ 263 Abs. 5 StGB) ist daher die Gefahr einer Verurteilung wegen eines Verbrechens (§ 45 Abs. 1 StGB) in den Blick zu nehmen. Der Versagungsgrund der Unwürdigkeit wird dort allerdings nicht genannt. In diesem Fall besteht nur die Möglichkeit, anwaltsgerichtliche Maßnahmen zu verhängen.

Nach § 113 Abs. 1 BRAO wird gegen einen Rechtsanwalt, der schuldhaft gegen Pflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 59a bestimmt sind, eine anwaltsgerichtliche Maßnahme verhängt. Nach § 113 Abs. 2 BRAO ist ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten eines Rechtsanwalts, das eine rechtswidrige Tat oder eine mit Geldbuße bedrohte Handlung darstellt, eine anwaltsgerichtlich zu ahndende Pflichtverletzung, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtsuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Anwaltsgerichtliche Maßnahmen können unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen zugelassene Berufsausübungsgesellschaften verhängt werden (§ 113 Abs. 3 BRAO).

Anwaltsgerichtliche Maßnahmen reichen von einer Warnung bis zur Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 BRAO). Die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft stellt die schärfste Maßnahme dar und ist daher mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nur unter Beachtung strengster Maßstäbe und zum Schutze überragend wichtiger Belange der Allgemeinheit zulässig (vgl. BVerfG NJW 1984, 2341). Es muss somit eine schuldhafte Tat von erheblicher objektiver Schwere vorliegen (BGHSt 20, 73; Weyland/Reelsen, 11. Aufl. 2024, BRAO § 114 Rn. 35).

Ergeht ein entsprechendes Ausschließungsurteil eines Anwaltsgericht, kann die Zulassung erst nach einer Sperrfrist von acht Jahren nach Rechtskraft des Urteils wiedererteilt werden (§ 7 Satz 3 BRAO).

Von einer anwaltsgerichtlichen Ahndung ist grundsätzlich abzusehen, wenn wegen desselben Verhaltens durch ein Gericht oder eine Behörde bereits eine Strafe, eine Geldbuße oder eine berufsaufsichtsrechtliche Maßnahme verhängt worden ist oder das Verhalten nach Einstellung gem. § 153a StPO nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann (§ 115b Satz 1 BRAO). In diesem Fall ist eine anwaltsgerichtliche Ahndung nur dann zulässig, wenn die Maßnahme zusätzlich erforderlich ist, um den Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten oder wenn als Ahndung das Verbot, auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter oder Beistand tätig zu werden oder die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft in Betracht kommt (§ 115b Satz 2, 3 BRAO).

Das anwaltsgerichtliche Verfahren ist bis zur Beendigung des Straf- oder Bußgeldverfahrens auszusetzen, außer wenn die Sachaufklärung gesichert erscheint (§ 118 Abs. 1 BRAO). Darüber hinaus sind für die Entscheidung im anwaltsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich die tatsächlichen Feststellungen des Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren bindend, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht (§ 118 Abs. 3 BRAO). Wird der Rechtsanwalt im gerichtlichen Verfahren wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung waren, ein anwaltsgerichtliches Verfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift oder einer Bußgeldvorschrift zu erfüllen, eine Verletzung der Pflichten des Mitglieds enthalten (§ 118 Abs. 2 BRAO).

Nach Nr. 23 MiStra sind in Strafverfahren gegen Rechtsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft sowie der Rechtsanwaltskammer grundsätzlich unter anderem die Erhebung der öffentlichen Klage sowie in bestimmten Fällen auch die Einleitung und der Ausgang des Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.

VII. Wirtschaftsprüfer

Die Bestellung als Wirtschaftsprüfer und die Ausschließung aus dem Beruf des Wirtschaftsprüfers folgt im Wesentlichen den gleichen Regeln wie bei Rechtsanwälten.

Nach § 16 Abs. 1 WPO ist die Bestellung als Wirtschaftsprüfer zu versagen, wenn infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht gegeben ist (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 WPO) sowie wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das die Ausschließung aus dem Beruf rechtfertigen würde (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 WPO). Die Rücknahme und der Widerruf der Bestellung richten sich nach § 20 WPO.

Berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen können nach § 67 Abs. 1 WPO verhängt werden, wenn der Wirtschaftsprüfer seine Pflichten schuldhaft verletzt, wobei nach § 67 Abs. 2 WPO ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten eine berufsaufsichtsrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung darstellt, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung der Berufstätigkeit oder für das Ansehen des Berufs bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Berufsgerichtliche Maßnahmen sind in § 68 Abs. 1 WPO geregelt. Nach § 69a WPO ist von einer berufsgerichtlichen Ahndung neben einer bereits verhängten Strafe oder Geldbuße oder einer Einstellung nach § 153a StPO grundsätzlich abzusehen. Die Möglichkeit der Aussetzung des berufsgerichtlichen Verfahrens ist in § 83b WPO geregelt, die Bindungswirkung der Feststellungen des Strafurteils regelt § 83 WPO.

Nach Nr. 24 MiStra sind in Strafverfahren gegen Wirtschaftsprüfer den dort genannten Stellen unter anderem die Erhebung der öffentlichen Klage mitzuteilen, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufs oder der aufgrund des Berufs ausgeübten besonderen Tätigkeit zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen.

VIII. Steuerberater

Auch die Bestellung als Steuerberater und die Ausschließung aus dem Beruf des Steuerberaters ähnelt den Regelungen für Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer.

Nach § 40 Abs. 2 StBer ist die Bestellung als Steuerberater zu versagen, wenn infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht gegeben ist (§ 40 Abs. 2 Nr. 2 StBerG) sowie wenn sich der Bewerber so verhalten hat, dass die Besorgnis begründet ist, er werde den Berufspflichten als Steuerberater nicht genügen (§ 40 Abs. 2 Nr. 4 StBerG). Die Rücknahme und der Widerruf der Bestellung richten sich nach § 46 StBerG.

Berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen können nach § 89 StBerG verhängt werden, wenn der Steuerberater schuldhaft seine Pflichten verletzt, wobei ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten eine berufsaufsichtsrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung darstellt, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung der Berufstätigkeit oder für das Ansehen des Berufs bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Berufsgerichtliche Maßnahmen sind in § 90 StBerG geregelt. Nach § 92 StBerG ist von einer berufsgerichtlichen Ahndung neben einer bereits verhängten Strafe oder Geldbuße oder einer Einstellung nach § 153a StPO grundsätzlich abzusehen. Die Aussetzung des berufsgerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss des Strafverfahrens sowie die Bindungswirkung der Feststellungen des Strafurteils ist in § 109 StBerG geregelt.

Nach Nr. 24 MiStra sind in Strafverfahren gegen Steuerberater den dort genannten Stellen unter anderem die Erhebung der öffentlichen Klage mitzuteilen, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufs oder der aufgrund des Berufs ausgeübten besonderen Tätigkeit zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen

IX. Ärzte

Die Erteilung der Approbation wird versagt, wenn sich der Antragsteller eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ergibt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO). Unter den gleichen Voraussetzungen ist die Approbation nachträglich zu widerrufen (§ 5 Abs. 2 BÄO). Zudem kann ein Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn gegen den Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet worden ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO). Vergleichbare Vorschriften finden sich für Apotheker in § 2 Abs. 1 Nr. 4 ApoG, für Psychotherapeuten in § 3 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG sowie für Zahnärzte in § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZHG.

Unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs ist, wer durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar ist (BVerwG BeckRS 2003, 21187). Als unzuverlässig gilt, wer aufgrund seines bisherigen Verhaltens nicht mehr die Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf als Arzt ordnungsgemäß ausüben wird. Es müssen also Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, der Arzt werde die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten künftig nicht beachten (BVerwG NJW 1998, 2756).

Zu beachten ist, dass sich der Anwendungsbereich der Unzuverlässigkeit bzw. Unwürdigkeit nicht nur auf den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit erstreckt, sondern insbesondere abhängig von der Schwere des Delikts auch Straftaten außerhalb des beruflichen Wirkungskreises erfasst (Spickhoff/Schelling, 4. Aufl. 2022, BÄO § 5 Rn. 20). Wann eine Straftat so schwer wiegt, dass sie vor dem Hintergrund, dass es sich beim Widerruf bzw. der Nichterteilung der Approbation um einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit der Berufswahl handelt und sich somit am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen muss (vgl. OVG Münster, NJW 2003, 1888), zur Annahme der Unzuverlässigkeit bzw. Unwürdigkeit führt, ist eine Frage des Einzelfalls.

Bei schweren, gemeingefährlichen oder gemeinschädlichen oder gegen die Person gerichteten, von der Allgemeinheit besonders missbilligten Vorsatztaten, insbes. bei Verbrechenstatbeständen ist der objektive Unrechtsgehalt so erheblich, dass dieser grundsätzlich den Widerruf der Approbation rechtfertigt (BVerwG BeckRS 2003, 21187; Spickhoff/Schelling, 4. Aufl. 2022, BÄO § 5 Rn. 25).

Eine Unwürdigkeit wurde bspw. angenommen bei einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses (BverfG BeckRS 2017, 147357) und Totschlags (BayVGH MedR 1991, 94); ebenso aber auch bei im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Vermögensdelikten, wie z.B. Betrug unter Ausnutzung des Arzt-Patientenverhältnisses (HessVGH NJW 1986, 2390) oder Honorar- und Abrechnungsbetrug zulasten der gesetzlichen Krankenkassen (OVG Koblenz NJW 1990, 1553).

Als nicht ausreichend für die Annahme einer Unzuverlässigkeit angesehen wurde von der Rechtsprechung etwa wiederholte Trunkenheit im Verkehr zusammen mit Fahren ohne Fahrerlaubnis (OVG Münster, NJW 2003, 1888). Ebenso führt fahrlässiges Handeln, also insbesondere fahrlässige Tötung in Folge eines Behandlungsfehlers regelmäßig nicht zur Unwürdigkeit (Spickhoff/Schelling, 4. Aufl. 2022, BÄO § 5 Rn. 31). Bei der Steuerhinterziehung kommt es auf die Schwere des Vergehens an; bei einem einfachen Steuervergehen etwa hat das OVG NRW die Unwürdigkeit mit Hinweis auf die mangelnde Berufsbezogenheit und das Unrechtsbewusstsein des Arztes abgelehnt (OVG NRW, Urteil vom 25. Mai 1993 – 5 A 2679/91, juris), wohingegen das VG München bei mehrjähriger Steuerverkürzung in Höhe von 60.000 EUR die zu einer Bewährungsstrafe von 10 Monaten führte, die Unwürdigkeit bejaht hat (VGH München BeckRS 2016, 56093).

Im Übrigen kommt ein Widerruf bzw. Nichterteilung auch bei einer Einstellung nach § 153a StPO in Betracht. Auch wenn eine Einstellung nach § 153a StPO richtigerweise nicht die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK widerlegt (vgl. oben unter I.), ist der Behörde nicht verwehrt, die sich aus der Ermittlungsakte ergebenden Erkenntnisse zu verwerten.

Strafgerichtlichen Entscheidungen kommt in Verfahren auf Erteilung, Rücknahme oder Widerruf der Approbation grundsätzlich keine Bindungswirkung zu. Das Bundesverwaltungsgericht billigt es jedoch, dass die Verwaltungsgerichte die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage der gerichtlichen Beurteilung machen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben (BVerwG NJW 2003, 913 (916)). Die Rechtsprechung ist in Ermangelung einer wie im Disziplinarrecht vorhandenen gesetzlichen Norm und mit Blick auf die behördliche und gerichtliche Aufklärungspflicht (vgl. etwa §§ 24, 26 VwVfG) kritisch zu sehen.

Eine Mitteilung an die zuständige Behörde und die Berufskammer ist bei Strafverfahren gegen Angehörige eines Heil- oder Gesundheitsfachberufes gem. Nr. 26 MiStra bei Erlass eines Haft- oder Unterbringungsbefehls, einer Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot und einer Anklageerhebung verpflichtend. In Verfahren wegen fahrlässig begangener Straftaten, außer wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, ist keine Mitteilung zu machen.

X. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder

Geschäftsführer kann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer der dort enumerativ aufgezählten vorsätzlichen Straftaten aus dem vermögens- und unternehmensstrafrechtlichen Bereich verurteilt worden ist. Bei einer Verurteilung etwa wegen Insolvenzverschleppung oder Bankrott kommt es auf die Strafhöhe nicht an, sodass auch eine Verwarnung mit Strafvorbehalt zur Registersperre führt (OLG Naumburg, NZG 2017, 1223). Zudem tritt Amtsunfähigkeit auch bei einer Verurteilung wegen der vorsätzlichen Delikte der §§ 263–264a oder §§ 265b–266a StGB ein, sofern eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt wurde. Eine Verurteilung i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 3 GmbHG ist auch ein Strafbefehl (KG NZG 2019, 31). Unerheblich ist zudem, ob der Betroffene als Täter oder Teilnehmer verurteilt wurde (BGH DNotZ 2020, 867). Der Ausschluss gilt für die Dauer von 5 Jahren.

Über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG haben Geschäftsführer bei ihrer Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister eine entsprechende Erklärung nach § 8 Abs. 3 GmbHG (sog. „weiße Weste-Erklärung“) abzugeben. Werden in dieser Erklärung falsche Angaben gemacht, stellt das eine Straftat nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG dar.

Das Gleiche gilt für den Vorstand gem. § 76 Abs. 3 Nr. 3 AktG, der nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AktG eine entsprechende Erklärung abgeben muss, die bei falschen Angaben gem. § 399 Abs. 1 Nr. 6 AktG strafbar sein kann.

Sofern der Geschäftsführer oder Vorstand ein solches Amt zum Zeitpunkt der Rechtskraft einer Verurteilung innehat, erlischt es automatisch, ohne dass es einer Abberufung bedarf (Schulte, NZG 2019, 646; BGH DNotZ 2020, 867). Es wird dann von Amts wegen ein Amtslöschungsverfahren gem. § 395 FamFG eingeleitet, an dessen Ende der Geschäftsführer aus dem Handelsregister wegen „Fehlens einer wesentlichen Eintragungsvoraussetzung“ gelöscht wird. Um diesen makelbehafteten Eintrag zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, sich durch Beschluss der Gesellschafterversammlung abberufen zu lassen oder das Geschäftsführeramt niederzulegen, wenn absehbar ist, dass es zu einer einschlägigen Verurteilung kommen wird.

Darüber hinaus kann, wenn – wie häufig – der Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers innerhalb der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag auf den Fall beschränkt wird, dass wichtige Gründe dies notwendig machen (§ 38 Abs. 2 GmbHG), eine strafrechtliche Verurteilung auch unabhängig der „einschlägigen“ Straftaten zur Abberufung führen. In § 38 Abs. 2 Satz 2 GmbHG werden die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung als Beispielsfälle eines „wichtigen Grundes“ genannt. Bei strafbarem Verhalten, welches sich gegen die Gesellschaft richtet, etwa Steuerhinterziehung oder Bilanzmanipulation ist von einem solchen wichtigen Grund der Abberufung stets auszugehen (vgl. Hiebl, in Müller/Schlothauer/Knauer, MAH Strafverteidigung, 3. Aufl. 2022, § 33 Rn. 61). Strafbares Verhalten, das sich nicht gegen die Gesellschaft richtet, stellt nur dann einen wichtigen Grund zur Abberufung dar, wenn es in hohem Maße geeignet ist, das Vertrauen in den Charakter des Geschäftsführers zu erschüttern und hohe kriminelle Intensität zeigt (Hiebl, in Müller/Schlothauer/Knauer, MAH Strafverteidigung, 3. Aufl. 2022, § 33 Rn. 62).

Entsprechendes gilt für den Widerruf der Bestellung zum Vorstand einer Aktiengesellschaft (§ 84 Abs. 4 AktG).

Für Mitglieder des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft sind entsprechende Abberufungsgründe nicht normiert, eine Abberufung ist allerdings nach § 103 AktG durch einen Beschluss des Aufsichtsrats grundsätzlich möglich. Nach § 103 Abs. 3 AktG kann zudem ein Gericht auf Antrag des Aufsichtsrats ein Aufsichtsratsmitglied abberufen, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt. Ein Strafverfahren oder eine strafrechtliche Verurteilung könnte als wichtiger Grund gelten und somit zur Abberufung führen.

Eine Einstellung nach § 153a StPO ist keine Verurteilung i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG bzw. § 76 Abs. 3 Nr. 3 AktG, sodass die Amtsunfähigkeit nicht eintritt. Der der Einstellung zugrunde liegende Sachverhalt kann jedoch einen wichtigen Grund zur Abberufung darstellen – dafür ist eine Verurteilung nicht erforderlich, es reicht ein hinreichender Verdacht einer Straftat (vgl. Hiebl, in Müller/Schlothauer/Knauer, MAH Strafverteidigung, 3. Aufl. 2022, § 33 Rn. 61).

Mitteilungspflichten der Staatsanwaltschaften und Gerichte bestehen bei Strafverfahren gegen Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder bestimmter Unternehmen, etwa solche, die zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassen sind oder Bewachungsunternehmen, gegen persönlich haftende Gesellschafter sowie bei Strafverfahren gegen Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsratsorgans eines Börsenträgers (Nr. 24 – 25c MiStra).

XI. Gewerbetreibende

Zur Ausübung eines Gewerbes muss der Gewerbetreibende persönlich zuverlässig sein. Die Ausübung eines Gewerbes ist gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.

Die Zuverlässigkeit ist auf der Grundlage von Tatsachen, die in der Vergangenheit eingetreten sind, mit Bezug auf die Zukunft zu prognostizieren. Die Tatsachen, aus denen sich die fehlende Zuverlässigkeit ergibt, müssen gewerbebezogen sein. Das bedeutet, sie müssen die Zuverlässigkeit im Hinblick auf das konkret ausgeübte Gewerbe infrage stellen, sodass es keine losgelöste absolute Unzuverlässigkeit gibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.12.2008 – 6 B 76/08 Rn. 7; BVerwG, Beschluss vom 11.11.1996, BeckRS 1996, 31225303).

Einer rechtskräftigen Verurteilung bedarf es für die Beurteilung der (Un-)Zuverlässigkeit nicht. Aufgrund des Schutzzwecks des § 35 GewO soll es vielmehr ausreichend sein, wenn das dem Gewerbetreibenden vorgeworfene Verhalten einen Straftatbestand objektiv verwirklicht (VGH München NJW 2016, 2968). Richtig ist insoweit, dass grundsätzlich ein bestehender Vorwurf auch dann die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen kann, wenn sie nicht zu einer strafgerichtlichen Verurteilung führt, etwa weil ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann (vgl. VGH München, Beschluss vom 12.07.2012 – 22 ZB 11.2633, Rn. 7). Es muss allerdings beachtet werden, dass nicht pauschal bei Vorliegen des objektiven Tatbestands auf eine Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann, es muss sich vielmehr aus der Verwirklichung des objektiven Tatbestands ergeben, dass der Gewerbetreibende zu einer ordnungsgemäßen Gewerbeausübung nicht willens oder – unverschuldet – nicht in der Lage ist und dies auch in Zukunft nicht sein wird (vgl. VGH München, Beschluss vom 12.07.2012 – 22 ZB 11.2633, Rn. 7).

Materiellrechtlich können insbesondere Vermögensdelikte zu einer Unzuverlässigkeit führen; zudem insbesondere Insolvenzdelikte, Delikte aus dem Arbeitsstrafrecht oder Steuerdelikte (vgl. BeckOK GewO/Brüning, 62. Ed. 1.6.2024, GewO § 35 Rn. 19 ff.; Pelz, in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 5. Auflage 2020, Kap. 9 Rn. 29).

In einzelnen gesetzlichen Vorschriften wird die Unzuverlässigkeit darüber hinaus als Folge bestimmter Straftaten zeitlich befristet für den Regelfall vermutet (zB §§ 33 c Abs. 2 Nr. 1, 33 d Abs. 3 S. 2, 33 i Abs. 2 Nr. 1, 34 b Abs. 4 Nr. 1, 34 c Abs. 2 Nr. 1 GewO). Diese Regelvermutungen knüpfen wiederum an rechtskräftige Verurteilungen an.

Das Gewerberecht normiert eine Bindungswirkung von Feststellungen aus dem Strafverfahren zugunsten des Gewerbetreibenden. Nach § 35 Abs. 3 S. 1 GewO darf bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit zum Nachteil des Gewerbetreibenden von dem Inhalt eines Strafurteils nicht abgewichen werden, insofern sich das Urteil bezieht

  • auf die Feststellung des Sachverhalts,
  • auf die Beurteilung der Schuldfrage oder
  • auf die Beurteilung der Frage, ob der Gewerbetreibende bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne von § 70 StGB begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.

Gleichgestellt sind gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 GewO entsprechende Feststellungen und Beurteilungen in einem vorläufigen Berufsverbot nach § 132 a StPO, im Strafbefehl, in einer gerichtlichen Entscheidung nach § 204 StPO, durch die die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird sowie in einem Bußgeldbescheid. Es sind daher in einer der genannten Entscheidungen für den Gewerbetreibenden günstige Feststellungen zum Sachverhalt sowie ablehnende oder zeitlich eng begrenzte Entscheidungen über die Verhängung eines Berufsverbots gem. § 70 StGB anzustreben. Ist im Strafverfahren nämlich ein Berufsverbot geprüft worden, so kommt der strafgerichtlichen Entscheidung praktisch eine Sperrwirkung für die Gewerbeuntersagung zu (ebenso Bracher, in MAH Strafverteidigung, 3. Aufl. 2022, § 34 Rn. 43). Eine Einstellung nach § 153a StPO ist nicht von der Bindungswirkung umfasst.

Nach Nr. 39 MiStra sind den Gewerbeaufsichtsämtern unter anderem solche rechtskräftigen Entscheidungen mitzuteilen, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden hervorzurufen.

XII. Banken und Finanzdienstleister

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will, der schriftlichen Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass ein Antragsteller oder eine der in § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG bezeichneten Personen (Geschäftsleiter) nicht zuverlässig ist.

Nach § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG kann die Aufsichtsbehörde eine bereits erteile Erlaubnis aufheben, wenn ihr Tatsachen bekannt werden, die eine Versagung der Erlaubnis nach § 33 Abs.1 Nr. 2 KWG rechtfertigen würden.

Tatsachen, die eine solche Annahme begründen können, sind insbesondere strafbare Handlungen, vor allem aus dem Bereich der Vermögensdelikte und des Wirtschaftsstrafrechts (Erbs/Kohlhaas/Häberle, 252. EL Juni 2024, KWG § 33 Rn. 4).

Im Antrag auf Erteilung der Erlaubnis müssen Angaben gemacht werden, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erforderlich sind (§ 32 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KWG).

Für Zahlungsdienstleister nach dem ZAG gilt das Gleiche. Die Versagung der Erlaubnis zur Erbringung von Zahlungsdiensten oder zum Betreiben des E-Geld-Geschäfts wegen Unzuverlässigkeit ist dort in § 12 Nr. 5 ZAG geregelt.

Nach Nr. 25 Abs. 1 MiStra sind in entsprechenden Strafverfahren der BaFin unter anderem die Anklageschrift, in Verfahren nach § 54 KWG oder § 63 ZAG bereits die Einleitung des Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.

XIII. Architekten

Das Berufsrecht der Architekten ist Landesrecht. Die gesetzlichen Regelungen sind im Einzelnen uneinheitlich. Allerdings sehen sie regelmäßig im Verfahren der Berufszulassung eine Prüfung der Zuverlässigkeit vor, bei der frühere Strafverfahren relevant sein können (Bracher, in Müller/Schlothauer/Knauer, MAH Strafverteidigung, 3. Auflage 2022, § 34 Rn. 66).

Beispielsweise für Hamburg ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Hamburgisches Architektengesetz („HmbArchtG“) die Eintragung in die Architektenliste oder in die Stadtplanerliste einer sich bewerbenden Person zu versagen, wenn sie wegen eines Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt worden ist und sich aus dem der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt ergibt, dass sie zur Erfüllung der Berufsaufgaben nach § 1 HmbArchtG ungeeignet ist. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbArchtG, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass sie die fachliche Eignung oder die Zuverlässigkeit zur Ausübung des Architekten-, Innenarchitekten- oder Stadtplanerberufes nicht besitzt. Unter den gleichen Voraussetzungen ist eine Eintragung nach § 7 Abs. 1 HmbArchtG zu löschen.

Die Landesgesetze sehen auch berufsgerichtliche Verfahren vor, die zur Löschung der Eintragung führen können. In Hamburg ist dies in §§ 21f. HmbArchtG geregelt.

Nach Nr. 24 MiStra sind in Strafverfahren gegen Architekten, soweit diese in einer von der Berufskammer geführten Liste eingetragen sind, den dort genannten Stellen unter anderem die Erhebung der öffentlichen Klage mitzuteilen, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufs oder der aufgrund des Berufs ausgeübten besonderen Tätigkeit zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen

XIV. Beschäftigte in der Kinder- und Jugendhilfe

Nach § 72a Abs. 1 SGB VIII dürfen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 184j, 184k, 184l, 201a Absatz 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB verurteilt worden ist. Dies gilt auch für ehrenamtlich tätige Personen, die Kinder betreuen, erziehen oder einen vergleichbaren Kontakt zu Kindern haben. Zu diesem Zweck haben sich die Träger bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen (§ 45 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII).

Bei einer einschlägigen Verurteilung ist auch die Erlaubnis zur Kindertagespflege (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII) und die Erlaubnis zur Vollzeitpflege (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) zu versagen.

Nach Nr. 27 Abs.1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 16 Abs. 1 bis 3 MiStra sind in entsprechenden Verfahren insbesondere dann Mitteilungen – bspw. über die Erhebung der öffentlichen Klage – zu machen, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufs zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit hervorzurufen.

Für „normale“ Arbeitnehmer kann ein Ermittlungsverfahren ebenfalls Konsequenzen für ihren Job mit sich bringen. Die Kündigung kommt grundsätzlich als arbeitsrechtliche Konsequenz einer Straftat, des Verdachts einer Straftat oder der Haft in Betracht (Dannenfeldt, in MAH Strafverteidigung, 3. Aufl., § 33 Rn. 82).

Die größte Praxisrelevanz hat bei Strafverfahren die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB; es kommt bei Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB, bei Straftaten im außerdienstlichen Bereich oder im Fall der Umdeutung i.S.d. § 140 BGB bei unwirksamer außerordentlicher Kündigung allerdings auch eine ordentliche Kündigung in Betracht.

Welche Konsequenzen drohen, hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um eine betriebliche oder eine außerbetriebliche Straftat handelt.

Bei Straftaten im Rahmen des Dienstverhältnisses kommt eine außerordentliche Kündigung regelmäßig dann in Betracht, wenn Rechtsgüter des Arbeitgebers oder von Arbeitskollegen betroffen sind (Hergenröder, in MüKo BGB, 9. Aufl., KSchG § 1 Rn. 338).

Außerdienstliches Fehlverhalten ist grundsätzlich nur dann kündigungsrelevant, wenn berechtigte (und konkrete) Arbeitgeberinteressen beeinträchtigt sind. Dazu muss das Verhalten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis und dessen Vertrauensgrundlage aufweisen oder negative Auswirkungen auf den Betrieb haben (BAG NZA 2009, 604, 605 Rn. 21). Für die Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung muss die Zuverlässigkeit oder Eignung des Arbeitnehmers infrage stehen oder das Arbeitsverhältnis erheblich belastet sein (Henssler, in MüKoBGB, 9. Aufl., § 626 Rn. 214).

Bei hoheitlich tätigen Mitarbeitern staatlicher Behörden kann aufgrund der strengen Anforderungen an diese darüber hinaus auch ohne unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis eine Kündigung in Betracht kommen (Dannenfeldt, in MAH Strafverteidigung, 3. Aufl., § 33 Rn. 113; vgl. auch Henssler, in MüKo BGB, 9. Aufl., § 626 Rn. 214).

Aufgrund der Hinderung an der Erbringung der Arbeitsleistung kann die Strafhaft (i.Ü zuvor auch schon die Untersuchungshaft) zu einer personenbedingten Kündigung führen, die abhängig von den betrieblichen Auswirkungen als ordentliche oder außerordentliche erfolgen kann (Stoffels in BeckOK ArbR, 72. Ed., BGB § 626 Rn. 150; Dannenfeldt, in MAH Strafverteidigung, 3. Aufl., § 33 Rn. 151).

Auch im Fall einer Einstellung nach § 153a StPO kann eine (außerordentliche) Kündigung die Konsequenz sein. Strafrechtliche Erwägungen sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht bindend und sind für eine Kündigung zudem auch ohne Bedeutung, wenn der Kündigungsgrund nicht die Begehung einer Straftat, sondern die mit dem Vorwurf einhergehende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung ist (LAG Nds Urt. v. 15.3.2002 –10 Sa 1570/01). Darüber hinaus reicht für eine Kündigung bereits der Verdacht einer strafbaren Handlung bzw. einer schwerwiegenden Pflichtverletzung, wenn diese das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen zerstört hat (BAG NZA 2019, 893 Rn. 21, 23).

Allgemeine Mitteilungspflichten bei jeglichen Arbeitnehmern sind in der MiStra nicht vorgesehen. Im Einzelfall kann aber dennoch eine Mitteilungspflicht einschlägig sein. Bei Mitarbeitern im öffentlichen Dienst sind nach Nr. 16 MiStra insbesondere dann Mitteilungen – bspw. über die Erhebung der öffentlichen Klage – zu machen, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufs zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit hervorzurufen.

XVI. Öffentliche Ämter und passives Wahlrecht

Wer wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert nach § 45 Abs. 1 StGB für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. Die Folge tritt kraft Gesetzes ein und bedarf keines besonderen Ausspruchs.

Öffentliche Ämter sind sämtliche Ämter in der staatlichen Verwaltung von Bund, Ländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden und der Justiz sowie Ämter der Körperschaften des öffentlichen Rechts, der öffentlichen Anstalten und der Sozialversicherungen (MüKoStGB/Radtke, 4. Aufl. 2020, StGB § 45 Rn. 13). Auf Jugendliche findet die Vorschrift keine Anwendung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 JGG). Bei Heranwachsenden kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen anordnen, dass der automatische Verlust nicht eintritt (§ 106 Abs. 2 Satz 2 JGG). Sofern dies von Relevanz ist, sollte daher seitens der Verteidigung auf diese Anordnung hingewirkt werden.

Darüber hinaus kann das Gericht nach § 45 Abs. 2 StGB dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz dies besonders vorsieht (vgl. die §§ 92a, 101, 102 Abs. 2, §§ 108c, 109i, 129a Abs. 6, § 264 Abs. 5, § 358 StGB, § 375 Abs. 1 AO).

XVII. Berufsverbot

Generell kann darüber hinaus für alle Berufe und Gewerbe nach § 70 Abs. 1 StGB ein Berufsverbot verhängt werden. Ein Berufsverbot kann nach § 132a Abs. 1 StPO durch Beschluss auch vorläufig verhängt werden. Für Beamte und Notare ist grundsätzlich § 45 StGB lex specialis (MüKoStGB/Bockemühl, 4. Aufl. 2020, StGB § 70 Rn. 12).

Voraussetzung ist, dass jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wird, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist. Das Gericht kann in diesem Fall die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird.

Ein Missbrauch von Beruf oder Gewerbe liegt vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen (BGH NStZ-RR 2020, 75). Erforderlich ist insoweit ein berufstypischer Zusammenhang. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dürfen nur erhebliche Straftaten in die Gefahrenprognose einzustellen sein und nur solche, die ebenfalls einen Missbrauch des Berufs oder Gewerbes oder eine dementsprechend grobe Pflichtverletzung befürchten lassen (BeckOK StGB/Stoll, 62. Ed. 1.8.2024, StGB § 70 Rn. 6). Ein Berufsverbot kommt daher nur in Betracht, wenn der Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter dies erfordert (BVerfG BeckRS 2020, 17573 Rn. 18).

Das Verhängen eines Berufsverbots ist eine Ermessensentscheidung, die sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen muss (§ 62 StGB). Der Umfang der Anordnung ist daher auf das Notwendige zu begrenzen, ggf. auf einen speziellen Teilbereich der beruflichen Tätigkeit, in dessen Rahmen die Anlasstat begangen wurde, wenn damit der prognostizierten Gefahr ausreichend begegnet werden kann (BeckOK StGB/Stoll, 62. Ed. 1.8.2024, StGB § 70 Rn. 8).

Die Verhängung eines Berufsverbots im Strafbefehlsverfahren ist mangels Auflistung in § 407 Abs. 2 StPO nicht zulässig. Ebenso kann eine Einstellung nach § 153a StPO nicht zum Berufsverbot führen.

Ein Verstoß gegen das Berufsverbot ist gem. § 145c StGB strafbar.

XVIII. Jagdchein und Waffenschein

Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, zu versagen.

Ganz allgemein ist unzuverlässig, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die Jagd ordnungsgemäß ausüben wird. Das mag insbesondere auf einer gefährlichen Neigung des Bewerbers zu mangelnder Vorsicht (und damit seiner Untauglichkeit als Träger einer Schusswaffe) oder zu einer irgendwie gearteten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, aber auch überhaupt auf charakterlichen, geistigen oder seelischen Defekten beruhen (Erbs/Kohlhaas/Metzger, 251. EL März 2024, BJagdG § 17 Rn. 3).

Die Zuverlässigkeit ist nach § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG in der Regel zu versagen, wenn der Betroffene wegen eines Verbrechens, vorsätzlichen Vergehens mit einer im Einzelnen bestimmten Verwendung von Waffen oder Munition oder einer Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder Sprengstoff oder einer Straftat gegen jagdrechtliche, tierschutzrechtliche oder naturschutzrechtliche Vorschriften, das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz oder das Sprengstoffgesetz zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt wird.

Besonders relevant in diesem Zusammenhang ist – neben der Verurteilung zu Verbrechen – insbesondere § 17 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 BJagdG. Die Vorschrift betrifft vorsätzliche Vergehen im Zusammenhang mit Waffen und Munition. Erforderlich aber auch genügend ist, dass die Tat einen Mangel an Rechtsbewusstsein oder Selbstbeherrschung bzw. Bedenken- oder Sorglosigkeit in einer Weise offenbart, die Waffen und Munition in der Hand des Täters unerträglich macht (Erbs/Kohlhaas/Metzger, 251. EL März 2024, BJagdG § 17 Rn. 19). In Betracht dafür kommen insbesondere Gewaltdelikte, Trunkenheitsfahrten oder Verstöße gegen das BtMG, nicht aber Steuerhinterziehung (Erbs/Kohlhaas/Metzger, 251. EL März 2024, BJagdG § 17 Rn. 19 m.w.N.)

Der Angeklagte muss zu der Strafe verurteilt worden sein. Ist sie vorbehalten, wie bei der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB), wird die Regelvermutung nicht ausgelöst (Erbs/Kohlhaas/Metzger, 251. EL März 2024, BJagdG § 17 Rn. 10).

Darüber hinaus führt auch das Fehlen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit oder Eignung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG zur Versagung des Jagdscheins, mit Ausnahme des Falknerjagdscheins. Mit dem Versagungsgrund wird das Jagdrecht mit dem Waffenrecht verknüpft, sodass es letztlich – ausgenommen für den Falknerjagdschein – auf die Versagungsgründe im Jagdrecht gar nicht mehr ankommt, sondern die waffenrechtlichen deutlich strengeren Versagungsgründe gelten.

Im Waffenrecht gilt ein strengerer Maßstab. Die auch dort gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG für die Erteilung und gem. § 45 Abs. 2 WaffG für die Rücknahme oder den Widerruf des Waffenscheins erforderliche Zuverlässigkeit richtet sich nach § 5 WaffG. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit bereits dann in der Regel nicht, wenn sie wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt worden sind.

Relevant wird der Unterschied zwischen Jagdrecht und Waffenrecht bei der Frage, ob die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung des Jagdscheins bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens ausgesetzt werden kann (§ 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG).

Die Aussetzungsvorschrift im Jagdrecht verweist nämlich lediglich auf die jagdrechtsspezifischen Unzuverlässigkeitsgründe, nicht aber auf die waffenrechtlichen Versagungsgründe, sodass eine direkte Anwendung der Aussetzungsvorschrift im jagdrechtlichen Verfahren bei Vorliegen allein der waffenrechtlichen Versagungsgründe eigentlich nicht in Betracht kommt.

Die bisher ergangene oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wendet § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG jedoch analog auf diese Fälle an (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 21.08.2018 – 5 Bf 25/17; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.7.2006 – OVG 11 S 35/06; Sächsisches OVG, Beschluss vom 21.3.2017 – 3 B 37/17). Dies hat zur Folge, dass die Entscheidung im jagdrechtlichen Verfahren beispielsweise auch bei einer Steuerhinterziehung ausgesetzt werden kann, obwohl eine entsprechende Verurteilung nicht zur Unzuverlässigkeit im Jagdrecht, sondern nur im Waffenrecht führen würde.

Die Behörde sollte jedoch grundsätzlich, und insbesondere bei analoger Anwendung, im Rahmen ihres Ermessens die Umstände des Einzelfalls und die Besonderheiten des Ermittlungsverfahrens berücksichtigen. Zwar handelt es sich bei § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG lediglich um eine Verfahrensvorschrift, die nach Auffassung des OVG Hamburg grundsätzlich „relativ geringe Eingriffswirkung“ besitzt (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 21.08.2018 – 5 Bf 25/17 Rn. 65). Die Aussetzung kommt jedoch dann einer faktischen dauerhaften Entziehung des Jagdscheins und somit einem gleichwohl schwerwiegenderen Grundrechtseingriff gleich, wenn sich das Ermittlungsverfahren absehbar über mehrere Jahre erstrecken wird. Darüber hinaus ist im Rahmen des Ermessens der Verdachtsgrad zu berücksichtigen. Wäre der Antragssteller aufgrund eines vagen Anfangsverdachts einer nicht einschlägigen Straftat mehrere Monate bis Jahre in seiner privaten Lebensführung eingeschränkt, ist dies im Rahmen des Ermessens zu seinen Gunsten zu berücksichtigen und sollte entsprechend nicht zur Versagung führen. Das Gleiche gilt für die Entscheidung über die Aussetzung im waffenrechtlichen Verfahren.

Auf eine Einstellung gem. § 153a StPO darf die Versagung richtigerweise nicht gestützt werden, weil die Verfahrensbeendigung nach dieser Vorschrift keine Feststellungen zur Verwirklichung des Straftatbestands enthält (vgl. oben unter I.). Die Tatsachen, die zu einem solchen strafrechtlichen Verfahren führten, können allerdings im Verwaltungsverfahren festgestellt werden.

In Strafsachen gegen Inhaber eines Jagdscheins sind nach Nr. 37 MiStra in den in Nr. 37 Abs. 1 MiStra genannten Fällen (insbesondere bei Vorwurf eines Verbrechens und Taten in Zusammenhang mit Waffen) unter anderem die Erhebung der öffentlichen Klage mitzuteilen. Gleiches gilt nach Nr. 36 MiStra bei Strafsachen gegen Inhaber eines Waffenscheins in den in Nr. 36 Abs. 1 MiStra genannten Fällen (unter anderem in Verfahren wegen einer vorsätzlichen Straftat).

XIX. Pilotenlizenz und Mitarbeiter in der Luftfahrt

Zur Erlangung einer Pilotenlizenz muss der Antragssteller die Zuverlässigkeitsprüfung nach dem LuftSiG bestehen. Die Gültigkeitsdauer der Zuverlässigkeitsprüfung beträgt 5 Jahre. Mindestens 3 Monate vor Ablauf muss die Zuverlässigkeitsprüfung vom Inhaber der Pilotenlizenz neu beantragt werden, sodass turnusmäßig alle 5 Jahre eine entsprechende Überprüfung stattfindet.

  • 7 Abs. 1a LuftSiG stellt Regelvermutungen auf, bei deren Vorliegen die Zuverlässigkeit in aller Regel nicht vorliegt. Bei den Regeltatbeständen handelt es sich um typisierte Fallgruppen, die ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9752, S. 53) keinesfalls abschließenden oder ausschließenden Charakter besitzen. In der Regel fehlt es danach bereits an der erforderlichen Zuverlässigkeit bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen.

Dies gilt unabhängig davon, ob die Verurteilung „einschlägig“ war im Sinne eines Konnexes zur Luftsicherheit, sodass auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 18.05.2017, 6 K 7615/16) oder Urkundenfälschung (VGH München NVwZ-RR 2015, 933) zur Unzuverlässigkeit führen kann.

Bei sonstigen Verurteilungen, die keinen Regelfall darstellen, oder beim Vorliegen sonstiger Erkenntnisse, ist gemäß § 7 Abs. 1a Satz 3 LuftSiG im Wege einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person ergeben. Als sonstige Erkenntnisse kommen nach § 7 Abs. 1a Satz 4 Nr. 1, Nr. 5 LuftSiG insbesondere auch laufende oder eingestellte Ermittlungs- und Strafverfahren in Betracht.

Die Luftsicherheitsbehörde kann die Entscheidung über einen gestellten Antrag verweigern, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Das hat die Folge, dass bis zur positiven Entscheidung der Behörde die Pilotenlizenz nicht genutzt werden darf (§ 7 Abs. 6 LuftSiG). Hierzu müssten sich aber aus den bisherigen Ermittlungsinhalten konkrete Zweifel für die positive Feststellung der Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG ergeben.

Auch eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage nach § 153a StPO kann problematisch sein. Zwar wird strafrechtlich durch eine Einstellung nach § 153a StPO weder der zugrundeliegende Sachverhalt noch die Schuld des Betroffenen festgestellt (vgl. unter I.). Das hindert jedoch die Behörden zuweilen nicht daran, den Sachverhalt nichtsdestotrotz zugrunde zu legen, um die Zuverlässigkeit nach dem LuftSiG zu verneinen (so VG Köln, Urteil vom 21.01.2022 – 18 K 1195/21). Die Formulierung in § 18 LuftPersV spricht jedoch auch dafür, dass die Zuverlässigkeit bei einer Einstellung nach § 153a StPO nur dann zu verneinen sein wird, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Personen im Umgang mit Luftfahrzeugen von Bedeutung ist.

Entsprechendes gilt für Mitarbeiter in der Luftfahrt, denen zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zum Sicherheitsbereich eines Flughafens gewährt werden soll sowie Personal der Flugplatz- und Luftfahrtunternehmen einschließlich Fracht-, Post- und Reinigungsunternehmen, die unmittelbar Einfluss auf die Flugsicherheit nehmen können. Diese sind nach § 7 Abs. 1 LuftSiG ebenfalls verpflichtet, sich einer Luftsicherheitsprüfung zu unterziehen.

Zur Überprüfung der Zuverlässigkeit darf die Luftsicherheitsbehörde u.a. unbeschränkte Auskünfte aus dem Bundeszentralregister, eine Auskunft aus dem Erziehungsregister und eine Auskunft aus dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister einholen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 LuftSiG). Darüber hinaus ist in entsprechenden Verfahren nach Nr. 38 MiStra die rechtskräftige Verurteilung mitzuteilen, wenn die Tat geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit und Befähigung der Person für die vorgenannte Tätigkeit hervorzurufen.

XX. Fahrerlaubnis

Bei einer Verurteilung wegen einer rechtswidrigen Tat, die bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, entzieht das Gericht dem Täter nach § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. § 69 Abs. 2 StGB enthält Regelbeispiele, bei denen der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist. Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, dass für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (§ 69a Abs. 1 Satz 1 StGB). Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet (§ 69a Abs. 1 Satz 1 StGB).

Nach § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO kann die Fahrerlaubnis durch Beschluss vorläufig entzogen werden, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden wird.

Unabhängig vom Entzug der Fahrerlaubnis im Strafverfahren hat die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Fahrzeugen erweist. Die Feststellungen eines Strafurteils und die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind für die Fahrerlaubnisbehörde bindend in dem Sinne, dass nicht zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers davon abgewichen werden darf (§ 3 Abs. 4 Satz 1 StVG). Nach § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG stehen der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird einem Urteil gleich.

Eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO entfaltet keine Bindungswirkung für die Fahrerlaubnisbehörde. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis ist somit auch in diesem Fall möglich (vgl. VG Magdeburg NZV 2020, 47).

Nach Nr. 45 MiStra sind der Fahrerlaubnisbehörde in Strafsachen, in denen die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine Sperre in Betracht kommt, entsprechende Mitteilungen zu machen. Gleiches gilt, wenn in einem Strafverfahren Tatsachen bekannt werden, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist.

Ein Fahrverbot kann gem. § 44 StGB auch als Nebenstrafe verhängt werden. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB kann das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten ein Fahrverbot gegen denjenigen verhängen, der wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt wird. Dies gilt nach Abs. 2 auch dann, wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. In der Regel ist ein Fahrverbot anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 StGB oder § 316 StGB die Entziehung der Fahrerlaubnis unterbleibt.

XXI. Ausländer

In welcher Weise ein Ausländer in seinem Aufenthalt von einem gegen ihn geführten Strafverfahren betroffen wird, richtet sich nach der Staatsangehörigkeit und der Rechtsstellung des Ausländers. Grob unterschieden werden können: Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihnen gleichgestellte Drittstaatler, türkische Staatsangehörige mit gemeinschaftsrechtlicher Rechtsstellung und (sonstige) Drittstaatsangehörige, zu denen zumeist auch Asylbewerber zählen.

Sonstige Drittstaatsangehörige und Asylbewerber sind dem Aufenthaltsgesetz unterworfen.

Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Spezielle (nicht abschließende) öffentliche Ausweisungsgründe i.S.d. § 53 Abs. 1 AufenthG sind in § 54 AufenthG festgelegt. Ist ein besonderes Ausweisungsinteresse nach § 54 AufenthG zu bejahen, ist ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbsatz 1 entbehrlich (BVerwGE 157, 325).

  • 54 Abs. 1 und 2 beinhaltet Ausweisungsgründe, die dazu führen, dass das Ausweisungsinteresse besonders schwer (§ 54 Abs. 1 AufenthG) oder schwer (§ 54 Abs. 2 AufenthG) wiegt. Besonders schwer wiegen beispielsweise rechtskräftige Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von über zwei Jahren wegen irgendeiner Straftat (§ 54 Abs.1 Nr. 1 AufenthG) oder eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bei Taten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, bestimmte Eigentumsdelikte sowie auch bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bzw. tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Schwer wiegen unter anderem rechtskräftige Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG).

Die Ausweisungsgründe gelten auch bei einer entsprechenden Verurteilung durch einen Strafbefehl (vgl. VG Augsburg, Beschluss v. 04.03.2020 – Au 1 K 19.453).

Neben solchen Ausweisungsgründen, die auf eine rechtskräftige Verurteilung abstellen, reicht teilweise bereits die Überzeugung der Ausweisbehörde vom Bestehen eines Ausweisungstatbestandes aus, ohne dass es einer Verurteilung bedarf. Im Gefahrenabwehrrecht findet die Unschuldsvermutung grundsätzlich keine Anwendung. Ein schwer wiegendes Ausweisungsinteresse kann sich somit bereits aus einer geständigen Einlassung ergeben. In diesen Fällen kann demnach auch eine Einstellung nach §153 oder 153a StPO zur Ausweisung führen.

Dies gilt insbesondere bei den schwer wiegenden Ausweisungsgründen nach § 54 Abs. 2 Nr. 3, 4 (jegliche Täterschaft oder Teilnahme an Delikten nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG oder deren Versuch sowie Drogenkonsum, wenn keine Suchtbehandlung durchgeführt wird), die allesamt nicht auf eine rechtskräftige Verurteilung abstellen. Darüber hinaus normiert § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG einen Auffangtatbestand für die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit durch Verstöße gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik, wonach ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist.

Abgewogen werden muss das festgestellte Ausweisungsinteresse sodann mit dem Bleibeinteresse. Das Bleibeinteresse wird in § 55 AufenthG näher bestimmt und nimmt insbesondere die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, eine vorhandene Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis, Minderjährigkeit und familiäre Verbindungen in den Blick.

Bereits bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann die Ausländerbehörde das Verwaltungsverfahren um die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder bestimmter Duldungen bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens aussetzen, § 79 Abs. 2, 4 und 5 AufenthG.

Unionsbürger und Gleichgestellte unterliegen dem Aufenthaltsgesetz grundsätzlich nicht. Nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU kann für eine bestimmte Frist festgestellt werden, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt für Unionsbürger nicht besteht.

Eingeschränkt werden darf das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit. § 6 Abs. 2 FreizügG/EU legt fest, dass eine strafrechtliche Verurteilung für sich allein nicht genügt, um eine solche Entscheidung oder Maßnahme zu begründen. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die Voraussetzungen sind somit wesentlich strenger als für Drittstaatenangehörige.

Für gewisse türkische Staatsangehörige gilt eine Sonderregelung. Sofern sie eine gemeinschaftsrechtliche Rechtsstellung nach Art. 6 oder Art. 7 ARB 1/80 genießen, gelten für sie im Ausweisungsrecht grundsätzlich dieselben Vorgaben wie bei EU-Staatsangehörigen (BVerwG NVwZ 2005, 224). Dies gilt insbesondere für türkische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihnen zu ziehen.

Nach Nr. 42 MiStra ist in Strafverfahren gegen Ausländer (Drittstaatsangehörige) der zuständigen Ausländerbehörde bereits die Einleitung des Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.

XXII. Vergabe von öffentlichen Aufträgen

Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen können Straftaten von Unternehmensangehörigen zu Vergabesperren und somit zum Ausschluss von öffentlichen Aufträgen führen. Derartige Ausschlussgründe sehen die §§ 123, 124 GWB vor.

Nach § 123 GWB sind Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn eine Person, deren Verhalten dem Unternehmen zuzurechnen ist, rechtskräftig wegen einer in § 123 Abs. 1 GWB aufgezählten (Wirtschafts-)Straftaten verurteilt worden ist oder gegen ein Unternehmen wegen einer dieser Straftaten eine Geldbuße nach § 30 OWiG verhängt worden ist. Nach § 123 Abs. 3 GWB ist das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.

Nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB können fakultativ zudem Unternehmen unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen werden, wenn das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird, wobei auch wieder das Verhalten von dem Unternehmen zuzurechnenden Personen darunterfällt.

Das Unternehmen kann einen Ausschluss nach § 125 GWB verhindern oder verkürzen, wenn dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Bundeskartellamt nachgewiesen hat, dass es

  1. für jeden durch eine Straftat oder ein Fehlverhalten verursachten Schaden einen Ausgleich gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat,
  2. die Tatsachen und Umstände, die mit der Straftat oder dem Fehlverhalten und dem dadurch verursachten Schaden in Zusammenhang stehen, durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber umfassend geklärt hat und
  3. konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.

Relevante strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle sowie Bußgeldbescheide werden gem. § 2 WRegG elektronisch im Wettbewerbsregister erfasst. Gelöscht wird ein Eintrag erst drei Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung, bei schwerwiegenden Straftaten sogar erst nach fünf Jahren (§ 7 Abs. 1 WRegG). Zu den mitteilungspflichtigen Behörden zählen u. a. Staatsanwaltschaften oder Zoll- und Finanzbehörden.

Neben einem Ausschluss für ein laufendes Vergabeverfahren kann die jeweilige Vergabestelle auch eine Vergabesperre für zukünftige Aufträge verhängen. Gesetzlich ist bis auf die Sondernormen im SchwarzArbG und im MiLoG die Verhängung einer Vergabesperre nicht geregelt. Geregelt ist allein die Höchstdauer von Vergabesperren, die nach § 126 GWB fünf Jahre bei zwingenden Ausschlussgründen und drei Jahre bei fakultativen Ausschlussgründen beträgt.

Bei einer Verurteilung von Vertretungsberechtigten eines Unternehmens wegen Verstößen gegen das Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz, bestimmten Normen des SGB III, dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie § 266a StGB zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen normiert § 21 SchwarzArbG, dass Bewerber bis zu drei Jahre von der Teilnahme am Wettbewerb um einen öffentlichen Liefer- Bau- oder Dienstleistungsauftrag ausgeschlossen werden sollen. Das Gleiche gilt, wenn gegen das Unternehmen oder vertretungsberechtigte Personen eine Geldbuße von mindestens 2.500 EUR verhängt worden ist. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung besteht (§ 21 Abs. 1 Satz 2 SchwarzArbG).

Nach § 19 Abs. 1 MiLoG sollen Bewerber zudem von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen öffentlichen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, die wegen eines Mindestlohnverstoßes mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert Euro belegt worden sind.

 

 

[1] Zur besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich auf alle Geschlechter.

Autorinnen und Autoren

  • Ronja Pfefferl
    Ronja Pfefferl ist Rechtsanwältin in der Kanzlei EVEN Rechtsanwälte in Hamburg. Sie ist sowohl im Bereich der Individualverteidigung als auch in der Unternehmensvertretung tätig. Sie berät und verteidigt insbesondere im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht.
  • Henrik Halfmann
    Henrik Halfmann ist Student der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig und war bei EVEN als Praktikant tätig.

WiJ

  • Dr. Ulrich Leimenstoll

    Umweltstrafrecht – besondere Herausforderungen für die Verteidigung und strafrechtliche Beratung

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung

  • Dr. Carolin Raspé , Dr. Roland Stein

    Strafrechtliche Risiken bei der Sanktions-Compliance

    Außenwirtschaftsrecht, Kriegswaffenkontrollrecht

  • Ellen Mülder

    Wann sind Wirtschaftsstraftäter eine Kriminelle Vereinigung i.S.d. § 129 StGB?

    Wirtschaftsstrafrecht - allgemeiner Teil