Antje Klötzer-Assion, Selina Müller

Schonfrist? – abgelaufen!   Zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften (AWG-E)

I. Einleitung

„Ein klares und übersichtliches Außenwirtschaftsrecht kommt insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute, die nicht über Rechtsabteilungen verfügen. Das Außenwirtschaftsgesetz und die Außenwirtschaftsverordnung wurden daher 2013 grundlegend modernisiert – und mehr als fünfzig Jahre nach ihrem Inkrafttreten sprachlich überarbeitet und gestrafft.“[1]

Dies ist auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima (BMWK) zu lesen, wenn es um das Außenwirtschaftsrecht geht…

II. AWG-Novelle 2025 – AWG-E

Nun hat das BMWK einen Referentenentwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften vorgelegt (im Folgenden AWG-E). Dieser wurde vom Bundeskabinett in der 116. Sitzung am 9.10.2024 verabschiedet[2] und nimmt nun seinen Weg durch das parlamentarische Verfahren.[3] Hintergrund ist die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1226 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der EU und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/1673 vom 29. April 2024[4] in nationales Recht bis zum 20.5.2025 (Richtlinie Sanktionsstrafrecht).[5]

Am gleichen Tag wurde im Amtsblatt der EU die VO (EU) 2024/2642 mit weiteren Verschärfungen der Sanktionen gegen Russland veröffentlicht.[6] Damit treten Finanzsanktionen und Reisebeschränkungen neben die bereits vorliegenden, umfassenden Rechtsakte.

1. Ausweitung der Straftatbestände und Verschärfung der Rechtsfolgen

Als „gestrafft“ wird das neue Außenwirtschaftsstraf- und ordnungswidrigkeitenrecht dann nicht mehr zu bezeichnen sein. Das BMWK und die Bundesregierung vertreten zwar die Ansicht, in Deutschland seien die meisten der in Art. 3 Abs. 1 Richtlinie Sanktionsstrafrecht enthaltenen Tatbestände bereits als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten normiert. Umsetzungsbedarf in nationales Recht bestehe somit nur punktuell.[7]

Tatsächlich wird mit der Umsetzung der Richtlinie das Außenwirtschaftsstraf- und ordnungswidrigkeitenrecht umfassend geändert. Es wird sprachlich schwieriger zu fassen und ist durchsetzt von unbestimmten Rechtsbegriffen. Gegen den Gesetzentwurf sind allein deshalb erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken anzumelden.[8]

Immerhin: Die Nichtvereinbarung der nach dem Russland-Sanktionsregime (Art. 12g VO (EU) Nr. 833/2014) erforderlichen „No-Russia-Clause“ ist nicht im AWG-E enthalten, ebenso wenig Weitergabeverbote bezogen auf geistiges Eigentum. Man darf allerdings davon ausgehen, dass weitere Anpassungen künftig keineswegs ausgeschlossen sind.

Bemerkenswert ist die diesbezügliche Stellungnahme des Bankenverbands vom 19.9.2024, der die Finanzindustrie angesichts der Schaffung eines Umgehungstatbestands in § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E bezogen auf das sog. Einfriergebot einseitig belastet sieht. Der Bankenverband mahnt, eine „nicht ausreichende Sanktionscompliance bei der Industrie“ dürfe „nicht zu Lasten der Institute wirken, indem sie das diesbezüglich höhere Umgehungsrisiko bei ihren Kunden in ihrer Gefährdungsanalyse berücksichtigen und ihre Sorgfaltspflichten dementsprechend anpassen müssen. „Finanzinstitute sind aber bereits jetzt mit umfangreichen Maßnahmen belastet. Aus diesem Grund können wir nicht nachvollziehen, warum sich der Entwurf ‚weitestgehend im von der Richtlinie Sanktionsstrafrecht zwingend vorgegebenen Umfang‘ beschränkt. Es gibt daher keinen Grund, auf eine Strafbewehrung der Nichtbeachtung der ‚No-Russia- bzw. ‚No-Belarus-Clause‘ zu verzichten. Auch die von den Exporteuren durchzuführende Risikobewertung gemäß Abs 12gb VO 833/2014 sollte unseres Erachtens Eingang ins Gesetz finden. Unser Petitum ist an dieser Stelle, die Compliancelasten entsprechend der unterschiedlichen Rollen von Unternehmenskunden und Bank zu verteilen.“[9]

a. Heraufstufung von Ordnungswidrigkeiten zu Straftaten

Mehrere bislang lediglich als Ordnungswidrigkeiten sanktionierte Verstöße werden zu Straftaten heraufgestuft. Das betrifft mit einer Ausnahme Sanktionsverbote im Finanzbereich, die bisher unter die Ordnungswidrigkeiten des § 82 AWV fielen.

Die in § 19 Abs. 5 AWG normierte bußgeldrechtliche Sanktionierung von Verstößen gegen die sog. Jedermannspflicht (u.a. in Art. 6b VO (EU) Nr. 833/2014), wird zum Straftatbestand des § 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG-E heraufgestuft, soweit eine in Ausübung einer Berufspflicht erlangte Information über Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in § 18 Abs. 1 Nr. 2 genannte Pflicht bezieht, der in dem Rechtsakt genannten zuständigen Verwaltungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt. Wenn im Gesetzentwurf also von der „Strafbewehrung der sogenannten Jedermannspflicht“[10] gesprochen wird, ist dies zumindest missverständlich, da Normadressat der neuen Strafnorm eben nicht Jedermann ist. Jedermann bleibt aber bei Verstößen gegen Informationspflichten weiterhin Adressat der Bußgeldnorm des § 19 Abs. 5 AWG.

b. Sanktionierung grob fahrlässigen Verhaltens im Kontext der Dual-Use-VO

In bestimmten Fällen wird grob fahrlässiges Verhalten strafbar. Neben der bereits existierenden Strafbarkeit nach § 17 Abs. 5 AWG bei leichtfertigen Verstößen bezogen auf Waren der gemeinsamen Militärgüterliste wird in § 18 Abs. 1 AWG-E künftig leichtfertiges Zuwiderhandeln in Bezug auf in Anhang I oder IV der VO (EU) 2021/821 gelistete Dual-Use-Güter ebenfalls unter Strafe gestellt. Der Anwendungsbereich ist in Anbetracht der Vielzahl der Unternehmen, welche als Dual-Use-Güter zu klassifizierende Waren exportieren, weit höher.

c. Verzicht auf Ausnahme sog. Bagatellfälle von der Strafbarkeit

Von der Möglichkeit, sog. Bagatellfälle auszunehmen, wurde im AWG-E kein Gebrauch gemacht, was zurecht kritisiert wird.[11] Tatsächlich sieht die Richtlinie Sanktionsstrafrecht in Art. 5 Abs. 3 nicht etwa nur Verschärfungen vor, sondern lässt nach Art. 3 Abs. 2 den Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung den Spielraum, festzulegen, dass bestimmte Verstöße, welche Waren oder Dienstleistungen im Wert von weniger als 10.000 Euro betreffen, nicht als Straftaten geahndet werden sollen. Weshalb die Bundesregierung dies nicht in Betracht zieht, ist nicht nachvollziehbar. Der AWG-E verhält sich dazu nicht.

d. Einführung neuer Regelbeispiele als besonders schwerer Fall mit Strafandrohung von sechs Monaten Freiheitsstrafe im Mindestmaß

Mit der Einführung von neuen Regelbeispielen für den besonders schweren Fall in § 18 Abs. 6a AWG-E wird indes eine neue Qualität der Sanktionierung erreicht.

Zum einen sollen unvollständige oder unrichtige Angaben zu Endverwendung, Ursprung etc. im Mindestmaß zu Freiheitsstrafe von sechs (!) Monaten führen.

Zum anderen soll dieses erhöhte Strafmaß für sog. Umgehungen gelten, welche über Drittstaat-Gesellschaften EU-ansässiger Unternehmen, auf die diese beherrschend Einfluss nehmen, durchgeführt werden.

e. Strafrechtliche Sanktionierung von Umgehungssachverhalten

Auch, wenn es in der Begründung heißt, der Entwurf sehe „abgesehen von den von der Richtlinie Sanktionsstrafrecht umfassten neuen umgehungsbezogenen Tatbeständen (§ 18 Absatz 1 Nummer 3 Buchstaben a und b AWG-E) und Regelbeispielen (§ 18 Absatz 6a AWG-E) keinen allgemeinen Tatbestand der Sanktionsumgehung vor“[12], bleibt es doch bei der expliziten Sanktionierung von Muttergesellschaften, welche über drittstaatsansässige Tochtergesellschaften Geschäfte abwickeln, welche als Umgehung von EU-Embargo Vorschriften eingeordnet werden. Der Diskussion um die verfassungsmäßige Bestimmtheit eines Umgehungsverbots entzieht sich die Bundesregierung, weil ein solches nicht als allgemeines Verbot geschaffen werden soll. Es bestehe „dennoch keine Regelungslücke im deutschen Recht, da die als ‚Umgehung‘ bezeichnete Umleitung von Waren als Verstoß gegen das Ausfuhrverbot nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a AWG-E geahndet werden kann.“[13]

Der Gesetzgeber bleibt hier bei seiner Auffassung zur Novellierung des AWG 2013:

„Die Strafbewehrung von Verstößen gegen Embargos gemäß § 34 Absatz 4 AWG a. F., auch in Verbindung mit § 34 Absatz 6 Nummer 3 AWG a. F., wird grundlegend überarbeitet. § 34 Absatz 4 Nummer 1 AWG a. F. und § 34 Absatz 6 Nummer 3 AWG a. F. werden durch § 17 Absatz 1 AWG n. F. ersetzt. Die Qualifikationstatbestände des § 34 Absatz 6 AWG a. F. werden durch § 17 Absatz und 3 und § 18 Absatz 7 und 8  AWG n. F. ersetzt und an die neue Systematik der Strafbewehrungen angepasst. Insbesondere wird das Strafmaß neu justiert und auf die Qualifikationstatbestände des § 34 Absatz 6 Nummern 3 und 4 AWG a. F. verzichtet. Dies trägt der Aufhebung des § 34 Absatz 2 AWG a. F. und der Neufassung des § 34 Absatz 4 Nummer 1 AWG a. F. Rechnung.“[14]

„Angesichts der weiten Auslegung des Bereitstellungsverbots durch den EuGH verzichtet § 17 und § 18 Absatz 1 AWG n. F. zudem auf die Strafbewehrung von Verstößen gegen das Umgehungsverbot entsprechend § 34 Absatz 1 Nummer 1 AWG a. F.: Nach dem weiten Verständnis des Bereitstellungsverbots des EuGH sind Handlungen, die als Verstöße gegen das Umgehungsverbot angesehen werden könnten, als vollendete oder versuchte Bereitstellungen zu qualifizieren. Dies gilt etwas für Lieferungen von wirtschaftlichen Res- sourcen an gelistete Personen über Dritte oder Ausfuhren aus der Bundesrepublik Deutschland sonstige Drittländer in der Absicht, diese von dort an Gelistete weiterzuliefern. Von Dritten veranlasste Lieferungen können zudem – je nach Fallgestaltung – als mittelbare Täterschaft oder Anstiftung geahndet werden. Entsprechende Überlegungen gelten auch für den Verzicht der Strafbewehrung des Umgehungsverbots der direkten und indirekten Liefer-, Kauf-, Weitergabe- und Ausfuhrverbote von Gütern nach EU-Embargoverordnungen: Auch für Verstöße gegen diese Verbote gelten die oben dargelegten weitgehenden Strafbewehrungen einschließlich der Strafbarkeit von mittelbarer Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe und Versuch. Der Verzicht auf eine Strafbewehrung des Umgehungsverbots trägt den Bedenken der Rechtsprechung gegen die Bestimmtheit dieses Tatbestandsmerkmals Rech- nung, vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2010, Rn. 30 ff. Überdies wird § 18 Absatz 1 AWG n. F. um ein Verbot (Nummer 1) bzw. Genehmigungserfordernis (Nummer 2) im Hinblick auf Erwerbe, Investitionen oder Verfügungen über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen erweitert.“[15]

Das entspricht in der Tat der Praxis.

f. Wegfall der „zweitägigen Karenzzeit“, Abschaffung von persönlichen Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründen

Vor allem für Verantwortliche in kleinen und mittelständischen Unternehmen, die regelmäßig nicht über eine dem internationalen Großkonzern vergleichbare Compliance-Organisation verfügen, und für die – wie in der Einleitung dargestellt – eine Vereinfachung des Außenwirtschaftsrechts vornehmlich gedacht war, gleicht der Umstand, dass zurzeit noch anwendbare Strafausschließungsgründe, insbesondere § 18 Abs. 11 AWG, gestrichen werden sollen, einer Katastrophe.

  • 18 Abs. 11 und 12 AWG enthalten derzeit noch „für die dort bestimmten Straftaten nach § 18 einen persönlichen Strafausschließungsgrund für solche Fälle, in denen der Täter in Unkenntnis eines Rechtsakts der Europäischen Union oder eines daraus resultierenden Verbots oder Genehmigungserfordernisses (Abs. 11) oder eines Einzeleingriffs nach § 6 Abs. 1 Satz 2 (Abs. 12) handelt, wenn die Tat innerhalb einer Karenzzeit von zwei Werktagen nach der Veröffentlichung des Rechtsakts begangen wird und der Täter von den Beschränkungen keine Kenntnis hat. Damit wollte der Gesetzgeber im Interesse einer effektiven Strafverfolgung der Tatsache Rechnung tragen, dass die Rechtsakte der Europäischen Union mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wirksam werden. Andererseits soll die Karenzzeit Unternehmen im Hinblick auf die notwendige Umsetzungsphase in den internen Strukturen, insbesondere auch in der elektronischen Datenverarbeitung entgegenkommen (BT-Drs. 17/11127 S. 29).“[16]
  • 18 Abs. 11 AWG sieht also für die mit Zollfragen und Exportkontrolle befassten Wirtschaftsbeteiligten sowie die in den Kreditinstituten mit der Umsetzung restriktiver Maßnahmen befassten Mitarbeiter nach gegenwärtiger Rechtslage zur Einarbeitung neuer Regelungen wenigstens eine Karenzzeit von zwei Werktagen nach Veröffentlichung beachtlicher Vorschriften im Amtsblatt der EU vor, welche angesichts der Komplexität der europäischen (Embargo)Vorschriften bei gleichzeitig massiver Strafandrohung schon heute als zu knapp bemessen anzusehen ist.[17]

Vom Wegfall dieses Strafausschließungsgrundes wäre gerade die Finanzindustrie massiv betroffen, wie der Bankenverband zutreffend hervorhebt und kritisiert. Er beschreibt die ersatzlose Streichung dieses als Umsetzungsfrist verstandenen persönlichen Strafausschließungsgrundes als „nicht akzeptabel.“[18]

Nicht nur im Finanzsektor, sondern auch in der Industrie, muss jeder neue Rechtsakt „von den zuständigen Abteilungen analysiert und auf prozessuale Konsequenzen überdacht werden, die dann noch innerhalb der Organisation an alle relevanten Stellen kommuniziert werden müssen. Dies nimmt Zeit in Anspruch (die 2 Tage waren schon knapp).“[19]

Ab Inkrafttreten der Änderungen würde dann gelten: Schonfrist? – abgelaufen!

Die Begründung, Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht lasse lediglich eine Straffreiheit zu, soweit sich der Verstoß auf die Ausübung einer humanitären Hilfeleistung für eine bedürftige Person beziehe, während die bisher in § 18 Abs. 11 AWG „vorgesehene Schonfrist mit der Richtlinie Sanktionsstrafrecht nicht mehr zu vereinbaren“ sei, erweist sich als unverständlich und stößt zurecht auf Kritik.[20]

Allein die Tatsache, dass es sich um ein Blankettgesetz im Nebenstrafrecht handelt, welches durch unmittelbar geltendes EU Recht auszufüllen ist, hätte Anlass und Möglichkeit gegeben, die zweitägige Karenzzeit aufrecht zu erhalten. Im Rahmen der AWG Novelle 2013 hatte der Gesetzgeber dies ausweislich der Gesetzesbegründung auch explizit anerkannt.[21]

Denn: „Der Gesetzgeber übernimmt mit der Entscheidung über strafwürdiges Verhalten die demokratisch legitimierte Verantwortung für eine Form hoheitlichen Handelns, die zu den intensivsten Eingriffen in die individuelle Freiheit zählt; es ist eine grundlegende Entscheidung, in welchem Umfang und in welchen Bereichen ein politisches Gemeinwesen gerade das Mittel des Strafrechts als Instrument sozialer Kontrolle einsetzt.“[22]

Derzeit bestehen allein mehr als 30 länderbezogene Embargos der EU mit unterschiedlichster Ausgestaltung.[23]

Illustriert man die Problematik anhand der Sanktionen gegen Russland  nach der VO (EU) Nr. 833/2014[24], zeigt sich ein konsolidierter Rechtstext nach dem sog. 14. Sanktionspaket mit Stand 24.6.2024 im Umfang von 589 Seiten, der von den Rechtsunterworfenen mit Hilfe der FAQ „Commission Consolidated FAQs“[25] im Umfang weiterer 403 Seiten sowie der Durcharbeit der Guidance Note „EU Trade Sanctions in response to Russia’s aggression against Ukraine vom 24.6.2024 innerhalb existierender oder neu einzurichtender Trade Compliance Systeme umgesetzt werden soll. Hinzu kommen die zahlreichen personenbezogenen Maßnahmen sowie die Tatsache, dass vor dem Hintergrund des Umgehungsverbotes auch solche Wirtschaftsbeteiligte zur intensiven Kontrolle der Rechtsnormen angehalten sind, die nicht unmittelbar, aber mit Drittländern handeln, über welche potenziell sanktionierte Güter in sanktionierte Länder und Hände gelangen könnten.

Geschaffen wird stattdessen ein persönlicher Strafausschließungsgrund in § 18 Abs. 11 AWG-E, wenn sich das sanktionierte Verhalten auf humanitäre Hilfe bezieht.

Des Weiteren wird ein persönlicher Strafausschließungsgrund für zur Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten berechtigte Berufsgruppen (insbesondere Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und SteuerbevolImächtigte) eingeführt, welche nicht dem auf der sanktionsrechtIichen Jedermannspflicht beruhenden neuen Straftatbestand des § 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG-E unterfallen sollen, wenn sie im Rahmen ihrer Verschwiegenheitspflicht Informationen nicht melden.[26]

g. Wegfall des persönlichen Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue / Selbstanzeige von Verstößen bei Meldepflichten

Auch auf den persönlichen Strafaufhebungsgrund des § 18 Abs. 13 AWG möchte der AWG-E verzichten, was nicht begreiflich ist. Gerade die Honorierung einer freiwilligen Anzeige von Verstößen und die Rückkehr zur Rechtstreue wären rechtspolitisch das einzig richtige Signal an die Normadressaten, der unter Strafandrohung zwecks Sanktionsdurchsetzung verpflichtet wird, den zuständigen Stellen seine Vermögenswerte zu melden. Der Erwägungsgrund Nr. 28 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht lässt dafür den erforderlichen Spielraum:

„Die Mitgliedstaaten sollten im Einklang mit nationalem Recht sicherstellen, dass mindestens einer der folgenden Umstände als mildernder Umstand angesehen werden kann: wenn der Täter den zuständigen Behörden Informationen zur Verfügung stellt, die sie auf andere Weise nicht hätten erhalten können, und so dazu beiträgt, andere Straftäter zu identifizieren oder vor Gericht zu bringen, oder wenn der Täter den zuständigen Behörden Informationen zur Verfügung stellt, die sie auf andere Weise nicht hätten erhalten können, und so dazu beiträgt, Beweise zu erlangen. Bei der Bewertung mildernder Umstände sollte die Entscheidung über eine eventuelle Minderung der Strafe unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls im Ermessen des Richters oder des Gerichts liegen. Diese Umstände könnten Art, Zeitpunkt und Umfang der bereitgestellten Informationen sowie den Grad der Kooperationsbereitschaft des Täters umfassen.“[27]

2. Signifikant höhere Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten

(Einfach) fahrlässige Verstöße gegen § 18 AWG-E sollen auch in Zukunft als Ordnungswidrigkeiten nach § 19 AWG-E geahndet werden. Das schließt Fälle des § 18 Abs. 8a AWG-E ein, in denen Leichtfertigkeit nicht nachweislich ist.

Der Bußgeldrahmen, der schon nach geltender Rechtslage empfindliche Geldbußen von bis zu 500.000,00 Euro vorsieht, wird in Umsetzung der Richtlinie Sanktionsstrafrecht massiv erhöht – auf bis zu 40 Millionen Euro. Der AWG-E wählt hier die sog. FestbetragsgeIdbuße statt der Alternative der Umsatzbezogenen Geldbuße.

Die Verweisungsnorm § 82 AWV erfährt im Zuge der Anpassung eine grundlegende Änderung.

3. Fazit

Die strukturellen Anpassungen in § 18 AWG-E sind nach Auffassung der Verfasserin sinnvoll. Die Neuordnung der Tatbestände ist vor dem Hintergrund der Ausweitung zwingend.

Angesichts der nicht abnehmenden Regelungsdichte und der Komplexität der europäischen Rechtsakte, welche der Normadressat der §§ 17 ff. AWG in den Tatbestand hineinlesen muss, steigen die straf- und bußgeldrechtlichen Risiken mit der Umsetzung der Richtlinie Sanktionsstrafrecht auch in Deutschland erheblich.

Davon betroffen werden natürliche Personen, die nur gelegentlich am Außenwirtschaftsverkehr teilnehmen und kaum informiert sind, Geschäftsleiter und im Unternehmen Verantwortliche (Ausfuhrverantwortliche, Exportkontrollbeauftragte, Compliance Officer etc.) sowie die juristischen Personen selbst.

Die Pönalisierung der Rechtsberatung ist mit großer Sorge zu beobachten.

Die zunehmende Extraterriorialität der EU Sanktionen zeigt, wohin die Reise künftig gehen wird. Eine Extraterriorialität durch die Hintertür konterkariert die Haltung der EU zur Völkerrechtswidrigkeit anderer Sanktionsregime, die Ausdruck in der Blocking Regulation findet.

Zurecht steht der E in der Kritik, weil die Chancen zur Abmilderung der Rechtsfolgen bei Bagatelldelikten oder die Berücksichtigung von Wertgrenzen nicht ergriffen werden, obwohl die Richtlinie gerade dafür Raum lässt. Eine weitere Belastung der Ermittlungsbehörden sowie der Strafverfolgungsbehörden ist unausweichlich. Fraglich ist, wie die anderen Mitgliedstaaten der EU vorgehen.

4. Übersicht über die Änderungen durch den AWG-E

Ein Vergleich des derzeit vorliegenden AWG-E mit der gegenwärtigen Rechtslage unter Berücksichtigung der Entwurfsbegründung stellt sich wie folgt dar:

§ 18 Abs. 1 AWG idF v. 6.6.2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt durch Art. des Gesetzes vom 27.2.2024
(BGBl. 2024 I Nr. 71)
§ 18 Abs. 1 AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

„(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer„(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in einem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, indem er
1. einem1. einem dort genannten Verbot
a) Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-, Verkaufs-, Erwerbs-, Liefer-, Bereitstellungs-, Weitergabe- oder Investitionsverbot odera) des Handels mit einer Ware, der Einfuhr, Ausfuhr, Verbringung, Lieferung, Durchfuhr, Weitergabe oder Beförderung einer Ware oder des Verkaufs oder Kaufs einer Ware,Buchst. a wird auf tatbestandliche Handlungen im Zusammenhang mit Ein- und Ausfuhrverboten konzentriert.

Das nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie Sanktionsstrafrecht zu bestrafende Handelsverbot wird als Auffangtatbestand ergänzt.

Ebenfalls genannt wird nun das Beförderungsverbot, da es insbesondere im Zusammenhang mit Einfuhrverboten einen über reine Logistikdienstleistungen hinausgehenden Gehalt haben kann.

Erfasst wird unter anderem auch den in Erwägungsgrund 11 der Richtlinie Sanktionsstrafecht im Zusammenhang mit den Sanktionen des Finanzbereichs genannten ,,Handel mit Banknoten„, da Art. 5 i VO (EU) Nr. 833/2014 den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder Ausfuhr von Banknoten verbietet.

b) Sende-, Übertragungs-, Verbreitungs- oder sonstigen Dienstleistungsverbot oder

 

b) der Erbringung technischer Hilfe, eines Vermittlungsdienstes, einer Versicherung oder einer sonstigen Dienstleistung für eine in Buchstabe a genannte Handlung,

 

Die mittlerweile äußerst vielfältigen Dienstleistungsverbote werden nunmehr in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b – d AWG strafbewehrt.

In (1c) werden alle warenbezogenen Dienstleistungsverbote erfasst (mit Ausnahme der warenbezogenen FinanzdienstIeistungen, die in Buchst. c geregelt sind).

c)Verfügungsverbot über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen

 

 

 

 

 

 

 

 

c) der Bereitstellung eines Finanzmittels, einer Finanzhilfe oder eines Krypto-Wallets, der Erbringung eines Ratingdienstes, einer Investitionsdienstleistung, des Wertpapierhandels, des Handels mit Geldmarktinstrumenten oder einer sonstigen Wertpapier- oder FinanzdienstIeistung, einer Transaktion mit einer Zentralbank oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer  Zentralbank handelt, oder der Ausübung einer sonstigen Finanztätigkeit,Buchst. c erfasst auch die sonstigen Sanktionsverbote im Finanzbereich, gemäß der strukturellen Vorgabe, alles in einer Vorschrift zusammenzufassen.

Greift die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie Sanktionsstrafecht geregelten Verbote der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Ausübung von sonstigen Finanztätigkeiten, einschließlich der warenbezogenen Dienstleistungsverbote (Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe) auf.

–         Finanztätigkeiten= unter anderem die Transaktionsverbote des Art. 5 a VO (EU) Nr. 833/2014.

–         Unter den Tatbestand fallen einige Handlungen, die bislang in § 82 AWV als Ordnungswidrigkeiten verfolgt wurden (zum Beispiel § 82 Abs. 9 Nr. 4, 6, 7 und 9 AWV).

 

Folgende Ordnungswidrigkeiten werden zu Straftaten erhoben:

–         Die „Ratingtätigkeit“, Art. 1 Buchst. t, VO (EU) Nr. 833/2014

–         Die ,,Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen“, Art. 1 Buchst. o, VO (EU) Nr. 833/2014

–         Sowie ,,Wertpapier-dienstleistungen“, Art. 1 Buchst. e, VO (EU) Nr. 833/2014

d) der Erbringung einer Rechtsberatung, Public-Relations-Beratung, Wirtschaftsprüfung, Buchführung, Steuerberatung, Unternehmens- oder Managementberatung, IT-Beratung, eines Vertrauensdienstes, einer Sende-, Übertragungs-, Verarbeitungs- oder sonstigen Rundfunktdienstleistung-, einer Architektur- oder Ingenieurdienstleistung oder einer gleichartigen Dienstleistung,Einige konkrete Beispiele der Richtlinie für sonstige DienstIeistungsverbote aus Gründen der Transparenz, um den der Richtlinie Sanktionsstrafecht in Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g adressierten sonstigen Dienstleistungsverboten Rechnung zu tragen.
e) des Abschlusses oder der Fortführung eines Miet- oder Pachtvertrags-, oder einer sonstigen Transaktion mit einem Drittstaat, mit einer Einrichtung eines Drittstaats oder mit einer Organisation oder Einrichtung, die sich im unmittelbaren oder mittelbaren Eigentum oder unter der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle eines Drittstaats oder einer Einrichtung eines Drittstaats befindet,Greift die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie Sanktionsstrafecht normierte Kriminalisierung des Verstoßes gegen ein sektoraIes ,,Transaktionsverbot“ auf, das einzelne in den EU-Sanktionsverordnungen verbotene Rechtsgeschäfte umfasst, die nicht den klassischen sektoralen Sanktionskategorien (wie Ein- und Ausfuhrverbote, DienstIeistungsverbote) zuzuordnen sind.

Die in der Richtlinie Sanktionsstrafecht statuierte Beschränkung auf Transaktionen mit staatlichen Stellen wird ausdrücklich in den Tatbestand übernommen, da es bereits derzeit vereinzelte sektorale Transaktionsverbote gibt, die auch für Privatpersonen greifen (z.B. Art. 5 a VO (EU) Nr. 833/20114) und es überdies nicht auszuschließen ist, dass künftig weitere sektorale Transaktionsverbote verhängt werden, die nicht auf staatliche Akteure beschränkt sind.

Folgende Ordnungswidrigkeiten werden zu Straftaten erhoben:

–         Kooperationsverbot nach Art. 5aa Abs. 1 VO (EU) Nr. 833/2014

–         Miet- und Pachtverbot nach Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 2017/1509. Unter dieses ,,Transaktionsverbot“ fallen damit einige rechtsgeschäftsbezogene Tatbestände, die bislang in § 82 AWV als Ordnungswidrigkeiten verfolgt wurden und entsprechend in Art. 2 gestrichen werden.

f) der Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession an einen Drittstaat, an eine Einrichtung eines Drittstaats oder an eine Organisation oder Einrichtung, die sich im unmittelbaren oder mittelbaren Eigentum oder unter der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle eines Drittstaats oder einer Einrichtung eines Drittstaats befindet, oder der Fortführung eines solchen Auftrags oder einer solchen Konzession,Verbot der Vergabe und Fortführung öffentlicher Aufträge unter Strafe.

Greift entsprechend den Vorgaben der Richtlinie, soweit die Auffragsvergabe sanktionswidrig an staatliche Stellen erfolgt. Fahrlässige Verstöße gegen Buchst. f werden über § 19 Abs. 1 AWG nicht bußgeldbewehrt. § 19 Abs 1 AWG wird entsprechend angepasst. Die Richtlinie Sanktionsstrafecht schreibt nur die Strafbewehrung vorsätzlichen Handelns vor.

g) der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens oder einer sonstigen Investition oderBereitstellungs- und Investitionsverbote werden aus systematischen Gründen in Buchst. g und h verschoben.

Bislang waren Verstöße gegen sanktionsrechtliche Investitionsverbote teils nur bußgeldbewehrt (§ 82 Abs. 9 Nr. 3 und 5 AWV). Künftig erfasst die Strafbewehrung sämtliche Investitionsverbote der EU-Sanktionsverordnungen. Die Bußgeldbewehrungen in § 82 AWV werden gestrichen.

Grund:

–         Vergleichbarer Unrechtsgehalt, der eine Binnendifferenzierung nach Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nicht mehr rechtfertigt.

–         Zwar nicht sanktioniert, aber vergleichbar mit den erfassten Tatbeständen (Neubewertung geboten)

h) der Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen RessourcenDas BereitsteIlungsverbot wird von § 18 Abs 4 Nr 1 Buchst. a AWG in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h AWG verschoben, da es sanktionssystematisch primär den individuellen Finanzsanktionen (den sogenannten Listungen) zuzuordnen ist, siehe beispielsweise Art. 2 Abs. 2 VO (EU) Nr. 269/2014 oder Art. 34 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1509/2017.

Zwar enthalten sektoral wirkende Sanktionsvorschriften ebenfalls Verbote, etwas ,,bereitzusteIlen“ (siehe beispielsweise Art. 2 Abs. 2 Buchst. a VO (EU) Nr.833/2014). Dabei handelt es sich jedoch um sektoral und nicht individuell ausgerichtete Handlungsverbote, die durchweg von den entsprechenden, sektoralen Strafbewehrungen erfasst werden (beispielsweise im Fall von Art. 2 Abs 2 Buchst. a VO (EU) Nr. 833/2014 durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AWG).

eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient oderzuwiderhandelt,
2. gegen eine Genehmigungspflicht für2. einer dort genannten Pflicht zur Verhinderung§ 18 Abs. 1 Nr. 2 nimmt die Pflicht in den Blick, die sich daraus ergibt, dass nach den EU-Sanktionsverordnungen Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von gelisteten Personen eingefroren werden.

Nr. 2 setzt damit Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie um: Die Richtlinie verlangt die Kriminalisierung des Versäumnisses, sanktionsbefangene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen einzufrieren. Wirtschaftsbeteiligte mit direkter Zugriffsmöglichkeit auf sanktionsbefangene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen müssen also – wie bislang auch – jegliche Verwendung von sanktionsbefangenen Geldern und bestimmte Verwendungen

wirtschaftlicher Ressourcen verhindern. Die Pflicht betrifft sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz gelisteter natürlicher oder juristischer Personen, Einrichtungen oder Organisationen oder der dort aufgeführten mit diesen in Verbindung stehenden natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen sind, oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden.

–         Anpassung hat keine Auswirkung auf den Verwaltungsvollzug

–         auch ändert sich dadurch nichts an der von der strafrechtlichen und der verwaltungsrechtIichen Bewertung zu trennenden zivilrechtlichen Beurteilung der Wirksamkeit von Rechtsgeschäften über einzufrierende Vermögensgegenstände.

a) die Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Verbringung, einen Verkauf, einen Erwerb, eine Lieferung, Bereitstellung, Weitergabe oder Investition,a) der Bewegung, des Transfers, der Veränderung oder der Verwendung von Geldern,
b) eine Sendung, Übertragung, Verbreitung oder sonstige Dienstleistung oderb) des Zugangs von Geldern,
c) die Verfügung über eingefrorene Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen

 

c) des Einsatzes von Geldern in einer Weise, die

aa) die Höhe, die Belegenheit, das Eigentum, den Besitz, eine Eigenschaft oder die Zweckbestimmung der Gelder verändert, oder

bb) eine Veränderung bewirkt, die eine Nutzung der Gelder ermöglicht, oder

d) der Verwendung von wirtschaftlichen Ressourcen für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.

 

zuwiderhandelt.
3. einem dort genannten Verbot der Beteiligung an einer Tätigkeit, mit der die Umgehung einer in Nummer 2 genannten Pflicht bezweckt oder bewirkt wird, zuwiderhandelt, indem erBei den neuen § 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b AWG handelt sich um die Umsetzung der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. h Ziff. i und ii der Richtlinie Sanktionsstrafrecht genannten Konkretisierungen des in sämtlichen EU-Sanktionsverordnungen enthaltenen allgemeinen Umgehungsverbots (siehe beispielsweise Art. 9 Abs. 1 VO (EU) Nr. 269/2014).

Dadurch werden Bestandteile des generischen sanktionsrechtlichen Umgehungsverbots, dessen Tatbestand als solcher für eine Strafbewehrung zu unbestimmt ist, so konkretisiert, dass dieser einer Kriminalisierung zugänglich wird. Ziff. iii und iv der Richtlinie Sanktionsstrafrecht werden, da sich diese auf Meldepflichten beziehen, systematisch von § 18 Abs. 5a AWG erfasst.

a) Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in Nummer 2 genannte Pflicht bezieht, verwendet oder an einen Dritten transferiert oder über solche Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen in sonstiger Weise verfügt, um diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen zu verschleiern, oder§ 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AWG erfasst VerschIeierungskonsteIIationen im Zusammenhang mit der Verwendung oder sonstigen Verfügung sanktionsbefangenen und damit einzufrierenden Vermögens, soweit die Verwendung nicht bereits von den vorrangig greifenden § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h und Nr. 2 AWG erfasst wird. Ein tatbestandliches Delta zwischen § 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AWG einerseits und der Einfrierpflicht des § 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG ist insbesondere bei wirtschaftlichen

Ressourcen möglich, soweit diese für andere Zwecke als ,,den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen“ verwendet werden. Denn anders als bei Geldern umfasst das Einfriergebot bei wirtschaftlichen Ressourcen nicht grundsätzlich jegliche Verwendung.

Mit § 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AWG wird zudem jegliche Verwendung wirtschaftlicher Ressourcen strafrelevant, soweit diese mit VerschIeierungsabsicht durchgeführt wird.

b) eine falsche oder irreführende Information zur Verschleierung des Eigentümers oder des Begünstigten von Geldern oder wirtschaflichen Ressourcen, auf die sich eine in Nummer 2 genannte Pflicht bezieht, bereitstellt oder§ 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AWG erfasst Konstellationen, in denen jemand falsche oder irreführende Informationen, einschließlich unvoIIständiger Informationen, verbreitet, um zu verschleiern, dass eine gelistete Person oder Entität eigentlicher Eigentümer oder Begünstigter von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen ist.

Die Strafbewehrung von (schriftlichen) Lügen über die Eigentümer- oder Besitzereigenschaft von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen als Vergehenstatbestand mit einer erhöhten Mindeststrafe stellt allerdings eine im gesamten Nebenstrafrecht außergewöhnlich hohe Sanktion dar.

Es ist daher an dieser Stelle unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zwingend erforderlich, den Straftatbestand so eng wie unionsrechtlich möglich zu fassen.

4. einer dort genannten Genehmigungspflicht für§ 18 Abs. 1 Nr. 4 AWG (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG a.F.) wird den Änderungen

in Abs. 1 Nr. 1 entsprechend angepasst. Art. 3 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie Sanktionsstrafrecht schreibt zudem die Strafbewehrung der ,,Missachtung von Bedingungen“ einer Genehmigung vor. Hiermit werden ausschließlich Bedingungen im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG angesprochen, die als integraler Bestandteil des Verwaltungsaktes keinen gesonderten Bewehrungsbedarf auslösen, denn eine Zuwiderhandlung gegen eine Bedingung lässt die Genehmigung entfallen und führt in der Folge zu einem Handeln ohne Genehmigung.

a) den Handel mit einer Ware, die Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr, Weitergabe oder Beförderung einer oder Kauf einer Ware,
b) die Erbringung technischer Hilfe, eines Vermittlungsdienstes, einer Versicherung oder einer sonstigen Dienstleistung in Bezug auf eine in Buchstabe a genannte Handlung,
c) die Bereitstellung eines Finanzmittels, einer Finanzhilfe oder eines Krypto-Wallets, die Erbringung eines Ratingdienstes, einer Investitionsdienstleistung, des Wertpapierhandels, des Handels mit Geldmarktinstrumenten oder eine sonstigen Wertpapier- oder FinanzdierpstIeistung, eine Transaktion mit einer Zentralbank oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer Zentralbank handelt, oder die Ausübung einer sonstigen Finanztätigkeit,
d) die Erbringung einer Rechtsberatung, PubIic-ReIations-Beratung, Wirtschaftsprüfung, Buchführung, Steuerberatung, Unternehmnens- oder Managementberatung, IT-Beratung, eines Vertrauensdienstes, einer Sende-, Übertragungs-, Verbreitungs- oder sonstigen RundfunkdienstIeistung, einer Architektur- oder IngenieursdienstIeistung oder einer gleichartigen Dienstleistung,
e) den Abschluss oder die Fortführung eines Miet- oder Pachtvertrags oder einer sonstigen Transaktion mit einem Drittstaat, mit einer Einrichtung eines Drittstaats oder mit einer Einrichtung oder einer Organisation, die sich im unmittelbaren oder mittelbaren Eigentum oder unter der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle eines Drittstaats oder einer Einrichtung eines Drittstaats befindet,
f) die Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession an einen Drittstaat, an eine Einrichtung eines Drittstaats oder an eine Organisation oder Einrichtung, die sich im unmittelbaren oder mittelbacen Eigentum oder unter der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle eines Drittstaats oder einer Einrichtung eines Drittstaats befindet, oder die Fortführung eines solchen Auftrags oder einer solchen Konzession,
g) die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens oder eine sonstige Investition oder
h) die Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen
zuwiderhandelt.”

 

§ 18 Abs. 5a AWG idF v. 6.6.2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt durch Art. des Gesetzes vom 27.2.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 71)§ 18 Abs. 5a AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

„(5a) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1529 (ABl. L 239 vom 15.9.2022, S. 1) geändert worden ist, eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.“„(5a) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in einem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahe dient, indem er
1. eine Meldung von GeIdern oder wirtschaftlichen Ressourcen, auf die sich eine in Absatz 1 Nummer 2 genannte Pflicht bezieht und die in seinem Eigentum oder Besitz stehen oder von ihm gehalten oder kontrolliert werden, der in dem Rechtsakt genannten zuständigen Verwaltungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oderDie Änderung des § 18 Abs. 5a AWG setzt in dessen neuer Nr. 1 die Anforderungen von Art. 3 Abs. 1 Buchst. h Ziff. iii der Richtlinie Sanktionsstrafrecht um, wonach die Missachtung von EU-Pflichten für gelistetePersonen, ihre Vermögenswerte zu melden, strafzubewehren ist. Die Richtline sieht dabei keine Einschränkung auf bestimmte EU-Sanktionsverordnungen vor. Daher ist eine Ausweitung des Anwendungsbereichs von § 18 Abs. 5a AWG erforderlich, der derzeit nur die bislang einzige derartige Meldepflicht in Art. 9 Abs. 2 Buchst. a VO (EU) Nr. 269/2014 abgedeckt hat, um allgemein alle Meldepflichten zu erfassen.
2. eine in Ausübung einer Berufspflicht erlangte Information über Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in Absatz 1 Nummer 2 genannte Pflicht bezieht, der in dem Rechtsakt genannten zuständigen Verwaltungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt.“Mit der neuen Nr. 2 werden die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. h Ziff. iv der Richtlinie Sanktionsstrafrecht umgesetzt. Dieser sieht die Strafbewehrung der sogenannten Jedermannspflicht vor, d.h. Informationen zur Umsetzung einer Sanktionsmaßnahme (insbesondere Informationen über mögliche Sanktionsverstöße) an Stellen zu melden, sofern die Informationen in Ausübung einer Berufspflicht erlangt wurde und einzufrierende

oder wirtschaftliche Ressourcen betrifft. Die Jedermannspflicht war bislang als Ordnungswidrigkeit von § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG erfasst. Im neuen § 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG wird die Jedermannspflicht lediglich im Umfang der zwingenden Vorgaben der Richtlinie Sanktionsstrafrecht strafbewehrt. Im Übrigen gilt für Verstöße gegen die Jedermannspflicht weiterhin die bisherige Bußgeldbewährung des § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG. Eine entsprechende Differenzierung in § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG ist nicht erforderlich, da § 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG aufgrund Spezialität in Gesetzeskonkurrenz zu § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG steht.

 

 § 18 Abs. 8a AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

,,(8a) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b oder Nummer 4 Buchstabe a oder Buchstabe b leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, wenn sich die Tat auf Güter mit doppeltem Verwendungszweck bezieht, die in Anhang I oder Anhang IV der Verordnung (EU) 2021/821 aufgeführt sind.“Im neuen § 18 Abs. 8a AWG wird entsprechend Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht die leichtfertige Verletzung der Verbote in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b AWG sowie § 18 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b AWG unter Strafe gestellt, soweit die Handlungen Dual-Use-Güter gemäß Anhang I oder Anhang 2021/821 betreffen. Leichtfertiges Handeln in Bezug auf die in der Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union aufgeführten Waren ist bereits in § 17 Abs. 5 AWG kriminalisiert.

 

§ 18 Abs. 9 AWG idF v. 6.6.2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt durch Art. des Gesetzes vom 27.2.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 71)§ 18 Abs. 9 AWG

Geplante Gesetzesänderung

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

(9) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2, des Absatzes 1a, des Absatzes 2 Nummer 1, 3, 4 oder Nummer 6, des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 5 oder des Absatzes 5 Satz 1 steht einem Handeln ohne Genehmigung ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung gleich.(9) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4, des Absatzes 1a, des Absatzes 2 Nummer 1, 3, 4 oder Nummer 6, des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 5 oder des Absatzes 5 Satz 1 steht einem Handeln ohne Genehmigung ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung gleich.

 

 

Abs. 9 enthält eine Anpassung infolge einer Änderung in Abs. 1.

 

 

§ 18 Abs. 11 AWG idF v. 6.6.2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt durch Art. des Gesetzes vom 27.2.2024
(BGBl. 2024 I Nr. 71)
§ 18 Abs. 11 AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

(11) Nach Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 6, 7, 8 oder Absatz 10, wird nicht bestraft, wer

1. bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung des Rechtsaktes im Amtsblatt der Europäischen Union folgt, und

2. von einem Verbot oder von einem Genehmigungserfordernis, das in dem Rechtsakt nach Nummer 1 angeordnet wird, zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

,,(11 ) Die Tat ist nicht nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, strafbar, wenn die Handlung als humanitäre Hilfe für eine bedürftige Personen erbracht wird.Mit dem neugefassten § 18 Abs. 11 AWG wird in Form eines Strafausschließungsgrunds Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht umgesetzt. Wird ein Sanktionsgebot, zum Beispiel ein Ausfuhrverbot oder das BereitsteIlungsverbot in Ausübung einer humanitären Hilfeleistung für eine bedürftige Person verletzt, bleibt der Sanktionsverstoß damit soweit straffrei.

Der bisherige Abs. 11 entfällt ersatzlos, da die darin bislang vorgesehene Schonfrist mit der Richtlinie Sanktionsstrafrecht nicht mehr zu vereinbaren ist.

 

 

 

§ 18 Abs. 13 AWG idF v. 6.6.2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt durch Art. des Gesetzes vom 27.2.2024
(BGBl. 2024 I Nr. 71)
18 Abs. 13 AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

(13) Nach Absatz 5a wird nicht bestraft, wer eine dort genannte Meldung freiwillig und vollständig nachholt, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.,,(13) Nach Absatz 5a Nummer 2 wird nicht bestraft, wer als Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter eine Information, die ihm in dieser Eigenschaft anvertraut wurde oder bekanntgeworden ist, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt.“Mit dem neugefassten § 18 Abs. 13 AWG wird Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht umgesetzt und ein persönlicher StrafausschIießungsgrund geschaffen. Zur Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten berechtigte Berufsgruppen (insbesondere Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und SteuerbevolImächtigte) unterfallen nicht dem auf der sanktionsrechtIichen Jedermannspflicht beruhenden neuen Straftatbestand des Abs. 5a Nr. 2, wenn sie im Rahmen ihrer Verschwiegenheitspflicht Informationen nicht melden, die sie von einem oder über einen ihrer Mandanten im Rahmen der Beurteilung der Rechtslage des Mandanten oder bei der Ausübung der Verteidigung oder Vertretung dieses Mandanten in oder im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren, einschließlich der Beratung über das Betreiben oder Vermeiden eines Verfahrens, erlangen (S. 1 ). Art. 7 der EU-Grundrechtecharta garantiert das Geheimnis der Rechtsberatung, und zwar sowohl im Hinblick auf ihren Inhalt als auch im Hinblick auf ihre Existenz. Personen, die einen Rechtsanwalt oder eine andere zur rechtlichen Vertretung berechtige Berufsgruppe konsultieren, können vernünftigerweise erwarten, dass ihre Kommunikation privat und vertraulich bleibt. So hat der EuGH in seinem Urteil vom 8. Dezember 2022 – C-694/20 – klargestellt, dass dieser Vertrauensschutz nur in wenigen Ausnahmefällen durch den Gesetzgeber durchbrochen werden darf.

Die abschließende Aufzählung der erfassten Berufe ist erforderlich, da mit einer allgemeinen Formulierung Berufe erfasst werden könnten, für die es keinen ausgeprägten Berufsgeheimnisschutz gibt, wie beispielsweise Insolvenzverwalter.

Der bisher in Abs. 13 enthaltene Strafausschließungsgrund entfällt ersatzlos, da er mit den Vorgaben der Richtlinie Sanktionsstrafrecht nicht vereinbar ist.

 

 

§ 19 Abs. 1 AWG idF v. 6.6.2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt durch Art. des Gesetzes vom 27.2.2024
(BGBl. 2024 I Nr. 71)
§ 19 Abs. 1 AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in

1. § 18 Absatz 1, 1a, 2 Nummer 1 bis 7, Absatz 3 bis 5 oder Absatz 5a oder

2. § 18 Absatz 1b oder 2 Nummer 8 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in

1. § 18 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis e, g oder Buchstabe h, Nummer 2 oder Nummer 4 Buchstabe a bis e, g oder Buchstabe h, 1a, 2 Nummer 1 bis 7, Absatz 3 bis 5 oder Absatz 5a oder

 

Die Ergänzung in § 19 Abs. 1 Nr. 1 AWG ist eine Folgeänderung der Änderungen in § 18 Abs. 1 AWG sowie § 18 Abs. 5a AWG, um fahrlässige Zuwiderhandlungen in den Fällen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f AWG bzw. § 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG von einer Bußgeldbewehrung auszunehmen. Zu berücksichtigen ist, dass ohne eine solche Änderung fahrlässige Verletzungen gegen das Verbot der Auftragsvergabe an staatliche Stelle mit Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden könnten. Dies erscheint unangemessen, da fahrlässige Pflichtverletzungen in Ausübung eines öffentlichen Amtes ohnehin bereits heute durch eigene Strafbewehrungen belegt sind. Zudem könnten auch fahrlässige Verstöße gegen den strafbewehrten Teil der Jedermannspflicht mit Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Eine derartige Strafbewehrung für geringfügiges Unrecht erscheint nicht angemessen.

§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AWG bleibt im Übrigen in Bezug auf den gesamten Abs. 1 des § 18 AWG anwendbar, auch insoweit § 18 Abs. 8a AWG nun für leichtfertiges Handeln eine Strafbewehrung anordnet.

 

2. § 18 Absatz 1b oder 2 Nummer 8 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

 

 

 

 § 19 Abs. 7 AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

,,(7) Abweichend von § 30 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten beträgt das Höchstmaß der Geldbuße im Falle einer Straftat nach § 18 Absatz 1 dieses Gesetzes vierzig Millionen Euro.“Zur Umsetzung des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht der Mindeststandards für das Höchstmaß von Geldbußen gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen vorsieht, werden die neuen Abs. 7 und 8 in § 19 AWG geschaffen.

Art. 7 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht eröffnet den Mitgliedstaaten eine Bewehrungsalternative zwischen umsatzbezogenen Geldsanktionen (Buchst. a Ziff. i und Buchst. b Ziff. i) oder FestbetragsgeIdbuße in den dort genannten Höhen von mindestens 8 Millionen Euro (Buchst. a Ziff. ii) oder 40 Millionen Euro (Buchst. b Ziff. ii). Insofern wird der absolute Mindesthöchstbetrag von 40 Millionen Euro implementiert.

Mit den Abs. 7 und 8 in § 19 AWG wird Art. 7 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie Sanktionsstrafrecht umgesetzt. Insoweit ist für Art. 7 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 Buchst. b Ziff. ii der Richtlinie Sanktionsstrafrecht Regelungsbedarf gegeben. Für Art. 7 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 Buchst. a Ziff. ii der Richtlinie Sanktionsstrafrecht besteht hingegen kein Umsetzungsbedarf, da der Betrag von 10 Millionen Euro nach § 30 Abs. 2 S.1 Nr. 1 OWiG für vorsätzlich begangene Straftaten nach § 18 Abs. 5a AWG einschlägig ist und den insoweit unionsrechtlich vorgesehenen Mindestbetrag von 8 Millionen Euro bereits übertrifft. Auch im Übrigen bleibt es bei den bisherigen Regelungen des § 30 OWiG (insbesondere die Regelungen zur GesamtrechtsnachfoIge und zum Vermögensarrest).

Auch die bei fahrlässige Aufsichtspflichtverletzungen vorgesehene Halbierung der Geldbuße nach § 17 Abs. 2 OWiG greift künftig weiterhin im Sanktionskontext.
Dies ist mit der Richtlinie Sanktionsstrafrecht vereinbar, da dieses fahrlässige Aufsichtspflichtverletzungen nicht schlechter stehen sollte als bei einer von der Leitungsperson selbst begangenen fahrlässigen Straftat.

 

 

 

 

 

 § 19 Abs. 8 AWG-E

Geplante Gesetzesänderung

 

AWG-E

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften; Begründung

(8) Abweichend von § 30 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten beträgt das Höchstmaß der Geldbuße im Falle einer Ordnungswidrigkeit nach § 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit § 18 Abs. 1 dieses Gesetzes vierzig Millionen Euro.“s.o.

 

[1]Https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/ausfuhr-und-ruestungsexportkontrolle.html.

[2]Https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bundeskabinett-ergebnisse-2313986.

[3]Https://dserver.bundestag.de/brd/2024/0498-24.pdf, BR-Drs. 498/24, Entwurf der Bundesregierung, noch nicht beraten, https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-%C3%A4nderung-des-au%C3%9Fenwirtschaftsgesetzes-und-anderer-rechtsvorschriften/316395?rows=25&pos=16&ctx=d.

[4] Richtlinie (EU) 2024/1226, ABl. EU L vom 29.04.2024, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L_202401226.

[5] Zur Frage „Übermächtiges Europa: Wie souverän ist das deutsche Strafrecht noch?“: Esser StraFo 2024, 318 ff.

[6] ABl. EU L vom 9.10.2024, 2024/2642.

[7] „Zum Zwecke der europaweiten Harmonisierung sind für die Umsetzung der Richtlinie noch einige Ergänzungen und Anpassungen erforderlich.“, E-AWG, S. 1; zu dem voraussichtlich nur punktuellen Anpassungsbedarf schon Sattler (BMWK), AW-Prax 8/2024, S. 353 ff; dazu auch Haellmigk AW-Prax Service-Guide 2024, 21; Louca/von Rummel AW-Prax Service – Guide 2024, 17 ff.; Brehm/Ostermeier Harmonisierung des EU-Sanktionsstrafrechts – Quo vadis? ZASA 2023, 125; Voss CCZ 2024, 198, 203 f.

[8] Stellungnahme des DAV Nr. 68/2024 von September 2024, S. 5, abrufbar unter: https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn-68-24-E-zur-aenderung-des-aussenwirtschaftsgesetzes-u-a.

[9] Stellungnahme Bankenverband, Seite 2, https://bankenverband.de/files/2024-10/240919_DK_Stlln_AWG_%C3%84ndG.pdf.

[10] BR-Drs. 498/24, Seite 19.

[11]Stellungnahme der DAV Nr. 68/2024 vom September 2024, BRAK Nr. 70/2024.

[12] AWG-E, Seite 13.

[13] AWG-E, Seite 13.

[14] BT-Drs.17/11127, Seite 26.

[15] BT-Drs.17/11127, Seite 27.

[16] Erbs/Kohlhaas/Diemer, 248. EL Juli 2023, AWG § 18 Rn. 51, 52; Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der persönliche Strafausschließungsgrund der notwendigen Umsetzungsphase Rechnung tragen, MüKoStGB/Wagner, 4. Aufl. 2023, AWG § 18 Rn. 173, beck-online.

[17] Oehmichen NStZ 2013, 339, 345; Sachs/Pelz-Pelz, AWG, § 18 Rn. 118 f. m.w.N.; BT-Drs. 17/12101, Seite 7, 8, https://dserver.bundestag.de/btd/17/121/1712101.pdf.

[18] Stellungnahme des Bankenverbands, Seite 4; kritisch auch der DAV in seiner Stellungnahme Nr. 68/2024 vom September 2024, Seite 10.

[19] Stellungnahme des DAV Nr. 68/2024, Seite 4.

[20] Stellungnahme des DAV Nr. 68/2024, Seite 10.

[21] BT-Drs. 17/11127, Seite 29.

[22] BVerfGE 123, 267.

[23]Https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Embargos/embargos_node.html.

[24] ABLEU Nr. L 1745 vom 24.6.2024, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:02014R0833-20240913.

[25] Https://finance.ec.europa.eu/system/files/2024-01/faqs-sanctions-russia-consolidated_en.pdf.

[26] Art. 3 Abs. 4 Richtlinie (EU) 2024/1226: „Absatz 1 ist nicht so zu verstehen, dass er Angehörige von Rechtsberufen verpflichtet, Informationen zu melden, die sie von einem oder über einen ihrer Klienten im Rahmen der Beurteilung der Rechtslage des Klienten oder bei der Ausübung der Verteidigung oder Vertretung dieses Klienten in oder im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren, einschließlich der Beratung über das Betreiben oder Vermeiden eines Verfahrens, erlangen.“ Dazu die BRAK: „In grundsätzlichem Einklang mit Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2024/1226 sieht der Referentenentwurf in § 18 Abs. 13 AWG-E vor, dass (nur) für den Bereich der Meldepflichten (§ 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG-E) ein Verstoß dann nicht bestraft wird, wenn der Verstoß „als Rechtsanwalt“ begangen wurde und die in Rede stehende Information dem Rechtsanwalt in dieser Eigenschaft anvertraut wurde oder bekanntgeworden ist. Die Richtlinie hat nur insoweit klargestellt, dass diese Ausnahme sowohl auf die Beratung als auch die Vertretung Anwendung findet. Dies wird im Referentenentwurf übernommen. Zwar überzeugt der europäische Regelungsansatz hier nicht, da richtigerweise bereits kein Verstoß gegen die unionsrechtlich determinierte Meldepflicht vorliegt und daher nicht erst auf Ebene der Strafbarkeit eine Einschränkung vorzunehmen ist. Für den Rechtsanwender ist eine Klarstellung indes erforderlich, um staatliche Eingriffe in die durch die Berufsausübungsfreiheit und das Berufsrecht geschützte Mandatssphäre auch in der Praxis effektiv zu unterbinden. Ebenfalls zu begrüßen ist, dass der Referentenentwurf im Einklang mit dem Text der Richtlinie (EU) 2024/1226 den Schutz des Mandatsverhältnisses in den Vordergrund stellt und – anders als der zu Recht kritisierte Richtlinienentwurf – keine Rückausnahmen in § 18 Abs. 13 AWG-E aufgenommen hat. Zudem ist eine gesetzliche Klarstellung erforderlich, dass die in § 18 Abs. 13 AWG-E vorgesehene Regelung auch auf den Bußgeldtatbestand des § 19 Abs. 5 Nr. 1 AWG anzuwenden ist. Die Bußgeldvorschrift soll nach Willen des Referentenentwurfs subsidiär Anwendung finden (z.B. wenn die Information keine einzufrierenden Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen betrifft oder der Verstoß gegen die Meldepflicht fahrlässig begangen wurde).“, Stellungnahme BRAK Nr. 70/2024, Seite 6, 7.

[27] Richtlinie (EU) 2024/1226, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202401226.

Autorinnen und Autoren

  • Antje Klötzer-Assion
    Rechtsanwältin und Diplom-Finanzwirtin (FH) Antje Klötzer-Assion ist Gründerin und Inhaberin der Kanzlei Klötzer-Assion und im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht tätig. Über die klassischen Deliktsbereiche wie z.B. Betrug, Untreue, Korruption, Kapitalmarktstraftaten etc. hinaus zählen u. a. das Arbeitsstrafrecht, das Bau- und Medizinstrafrecht sowie das Außenwirtschafts- und Zollstrafrecht zu ihren Praxisschwerpunkten. Antje Klötzer-Assion ist Mitglied des DAV, des Europäischen Forums für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll e.V. (EFA) sowie der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V. (WisteV).
  • Selina Müller
    Selina Müller ist Rechtsreferendarin in Frankfurt am Main

WiJ

  • Dr. Ulrich Leimenstoll

    Umweltstrafrecht – besondere Herausforderungen für die Verteidigung und strafrechtliche Beratung

    Produkthaftung, Umwelt, Fahrlässigkeit und Zurechnung

  • Dr. Carolin Raspé , Dr. Roland Stein

    Strafrechtliche Risiken bei der Sanktions-Compliance

    Außenwirtschaftsrecht, Kriegswaffenkontrollrecht

  • Ronja Pfefferl , Henrik Halfmann

    Außerstrafrechtliche Folgen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

    Individual- und Unternehmenssanktionen